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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 21.03.2022 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD I-0124/43-2020 |
Rechtsgrundlage: | AVR-Bayern, Entgeltgruppe 2, Anlage 2, Anmerkung 2, Entgeltgruppe 3, Anlage 2, Anmerkung 3 |
Vorinstanzen: | Kirchengericht der Ev.-Luth. Kirche in Bayern für Streitigkeiten nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz, Az. MVG-934 vom 26.10.2021 |
Schlagworte: | Eingruppierung einer Reinigungskraft |
Leitsatz:
Für die Eingruppierung kommt es nicht darauf an, dass die Voraussetzungen der nächsttieferen Entgeltgruppe übererfüllt werden. Maßgeblich ist allein die Erfüllung der Merkmale der streitigen Entgeltgruppe.
Tenor:
Auf die Beschwerde der Dienststellenleitung wird der Beschluss des Kirchengerichts der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern für Streitigkeiten nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz vom 26. Oktober 2020, Az. MVG – 934, abgeändert:
Es wird festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund vorliegt, die Zustimmung zur Eingruppierung von Frau E in die Entgeltgruppe 2 der AVR-Bayern zu verweigern.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die Eingruppierung einer Reinigungskraft. Auf die Arbeitsverhältnisse kommen die AVR-Bayern zur Anwendung. Die Dienststelle begehrt die Eingruppierung der Reinigungskraft in die Entgeltgruppe 2 Anlage 2 der AVR-Bayern. Die in der Dienststelle gebildete Mitarbeitervertretung und Beteiligte zu 2 vertritt die Auffassung, Reinigungskräfte seien in die Entgeltgruppe 3 Anlage 2 der AVR-Bayern einzugruppieren, weil sie Tätigkeiten zu verrichten hätten, die erst nach einer fachlichen Einarbeitung ausgeführt würden.
Die Dienstelle hat beantragt,
festzustellen, dass für die Beteiligte zu 2 kein Grund vorliegt, die Zustimmung zur Eingruppierung von Frau E als Reinigungskraft in die Entgeltgruppe 2 Anlage 2 der AVR-Bayern zu verweigern.
Die Beteiligte zu 2 hat beantragt,
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung vorliegt,
und die Auffassung vertreten, die bei der Beteiligten zu 1 zu verrichtenden Reinigungsarbeiten seien komplex und benötigten eine längere als zweiwöchige Einarbeitung; sie könnten mit Reinigungsarbeiten im allgemeinen Sprachgebrauch und solchen im privaten Bereich nicht verglichen werden. Das Anforderungsprofil sei anspruchsvoll; zusätzlich zu den „normalen“ Tätigkeiten müssten Desinfektionsarbeiten verrichtet und Reinigungsmittel gemischt werden. Bewohnerbedingt könne es größere Verschmutzungen geben, Reinigungskräfte müssten zudem besondere Obacht auf Bewohner/innen nehmen.
Das Kirchengericht hat festgestellt, dass für die Beteiligte zu 2 ein Grund besteht, die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung von Frau E zu verweigern und die Auffassung vertreten, die beabsichtigte Eingruppierung in die Entgeltgruppe 2 sei unzutreffend.
Mit der frist- und formgerecht eingereichten und begründeten Beschwerde verfolgt die Dienststelle ihr erstinstanzliches Begehren weiter.
Die Dienststelle beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Kirchengerichts der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern vom 26. Oktober 2020 (Akz. MVG-934) festzustellen, dass für die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin kein Grund vorliegt, die Zustimmung zur Eingruppierung von Frau E als Reinigungskraft in die Entgeltgruppe 2 der AVR-Bayern zu verweigern.
Die Beteiligte zu 2 hält den Beschluss des Kirchengerichts für zutreffend.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die wechselseitigen zu den Akten gereichten Schriftsätze.
II. Die Beschwerde der Dienststellenleitung ist begründet, ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne von § 41 Absatz 1 Buchstabe a MVG-EKD besteht für die Beteiligte zu 2 nicht. Die von der Dienststellenleitung beabsichtigte Eingruppierung ist zutreffend. Der Beschluss des Kirchengerichts ist abzuändern und die von der Dienststellenleitung beantragte Feststellung zu treffen.
1. Nach der Anlage 2 der AVR-Bayern sind einzugruppieren in die Entgeltgruppe 2 Dienstnehmer/innen mit Tätigkeiten, die nach einer Einübung ausgeführt werden können.
Hierzu gehören Dienstnehmer und Dienstnehmerinnen mit einfachsten Tätigkeiten (Anmerkung 2) in den Tätigkeitsbereichen
1. Hauswirtschaft - Handwerk -Technik
…
Richtbeispiele:
◦ Reinigungskraft
…
Anmerkung 2 definiert einfachste Tätigkeiten: Sie erfordern keine Kenntnisse und Fertigkeiten aus einer Berufsausbildung und können nach einer kurzen Einübung auch unter Anwendung der dafür benötigen Arbeitsmittel ausgeführt werden. Die Einübung beinhaltet eine bis zu zweiwöchige Einweisung in die Arbeit (z.B. Umgang mit spezifischen Hilfsmitteln oder mit Klienten, organisatorischen Zusammenhängen, Regelungen und Arbeitsabläufen, z.B. HACCP-Konzept).
In Entgeltgruppe 3 einzugruppieren sind Dienstnehmer/innen mit Tätigkeiten, die erst nach einer fachlichen Einarbeitung ausgeführt werden können. Hierzu gehören Dienstnehmer/innen mit sehr einfachen Tätigkeiten (Anmerkung 3) in den Tätigkeitsbereichen
1. Hauswirtschaft – Handwerk -Technik
…
Richtbeispiele:
◦ Reinigungskraft mit zusätzlichen Aufgaben
…
Nach Anmerkung 3 setzen sehr einfache Tätigkeiten eine mehr als zweimonatige fachliche Einarbeitung, jedoch keine Berufsausbildung voraus.
2. Nach § 32 Absatz 1 Satz 1 AVR Bayern ist der Dienstnehmer/ die Dienstnehmerin nach den Merkmalen der übertragenen Tätigkeiten in eine der Entgeltgruppen E1 - E14 gemäß Anlage 2 eingruppiert. Nach Absatz 2 erfolgt die Eingruppierung in die Entgeltgruppe, deren Tätigkeitsmerkmale überwiegend auszuüben sind und die der Gesamttätigkeit das Gepräge geben. Nach Absatz 3 ist für die Eingruppierung nicht die berufliche Ausbildung, sondern allein die Tätigkeit maßgebend, entscheidend ist die für die Ausübung der beschriebenen Tätigkeit in der Regel erforderliche Qualifikation, nicht die formale Qualifikation des Dienstnehmers/ der Dienstnehmerin. Nach Absatz 4 richtet sich die Eingruppierung nach den Obersätzen der Entgeltgruppe, die in den Tätigkeitsbereichen und in den Untersätzen beschrieben werden. Den Sätzen sind Richtbeispiele zugeordnet, die häufig anfallende Tätigkeiten in dieser Eingruppierung benennen.
3. Danach ist die von der Dienststelle vorgesehene Eingruppierung in die Entgeltgruppe 2 zutreffend, die Voraussetzungen für eine Eingruppierung einer Reinigungskraft in die Entgeltgruppe 3 AVR-Bayern liegen nicht vor.
a) Bereits das Richtbeispiel „Reinigungskraft mit zusätzlichen Aufgaben“ wird nicht erfüllt. Übertragen sind Reinigungstätigkeiten, die sich nicht von anderen gewerblichen Reinigungstätigkeiten unterscheiden. Die Benutzung verschiedener Reinigungs- und Desinfektionsmittel in Abhängigkeit von der zu reinigenden Fläche und die desinfizierende Reinigung von Sanitärbereichen sind typische Reinigungstätigkeiten und beinhalten und nicht zusätzliche Aufgaben. Eine „Aufsicht über die Klienten“, die besonderer Sorgfalt bedarf, ist der Reinigungskraft nicht übertragen worden; dass auf Reinigungsmittel Obacht zu geben ist, ist typische Aufgabe einer Reinigungskraft.
b) Unabhängig davon liegen auch keine „sehr einfachen Tätigkeiten“ im Sinne der Entgeltgruppe 3 vor. Sehr einfache Tätigkeiten setzen nach der Anmerkung 3 zu den AVR-Bayern eine mehr als zweimonatige fachliche Einarbeitung voraus. Es ist kein Vortrag zu den Akten gereicht worden, dass in der Einrichtung tatsächlich eine mehr als zweimonatige fachliche Einarbeitung für Reinigungstätigkeiten erfolgt. Entgegen der Auffassung der Mitarbeitervertretung führt eine Einarbeitung, die länger als zwei Wochen dauert, nicht automatisch zu einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 3, es liegt auch keine Regelungslücke vor. Nach der klaren Entgeltgruppensystematik setzt die Entgeltgruppe 3 erst dann ein, wenn eine mehr als zweimonatige fachliche Einarbeitung erforderlich ist. Jede Einarbeitung, die nicht das geforderte Zeitmaß von zwei Monaten erreicht, bewirkt im Umkehrschluss automatisch in eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 2. Für die Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe ist es nicht ausreichend, wenn die Merkmale der unteren Entgeltgruppe übererfüllt werden; es kommt vielmehr darauf an, dass mindestens die Merkmale der höheren Entgeltgruppe erfüllt werden.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Absatz 7 MVG-EKD i.V.m. § 22 Absatz 1 KiGG.EKD).