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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:11.10.2021
Aktenzeichen:KGH.EKD II-0124/42-20
Rechtsgrundlage:AVR-Bayern – Anlage 2
Vorinstanzen:Kirchengericht der Evangelische-Lutherischen Kirche in Bayern für Streitigkeiten nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz vom 26.10.2020, Az. MVG - 933
Schlagworte:Streitwert für außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist
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Leitsatz:

Die Eingruppierung einer Reinigungskraft in die Entgeltgruppe 3 Anlage 2 der AVR-Bayern setzt regelmä-ßig die Erforderlichkeit einer mehr als zweimonatigen fachliche Einarbeitung voraus. Jede Einarbeitung, die nicht das geforderte Zeitmaß von zwei Monaten erreicht, bewirkt im Umkehrschluss regelmäßig eine Ein-gruppierung in die Entgeltgruppe 2 der Anlage 2 der AVR-Bayern.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Dienststellenleitung wird der Beschluss des Kirchengerichts der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern für Streitigkeiten nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz vom 26. Oktober 2020, Az. MVG – 933, abgeändert:
Es wird festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund vorliegt, die Zustimmung zur Eingruppierung von Frau E in die Entgeltgruppe 2 der AVR-Bayern zu verweigern.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über die Eingruppierung einer Reinigungskraft. Auf die Arbeitsverhältnisse kommen die AVR-Bayern zur Anwendung. Die Dienststelle begehrt die Eingruppierung der Angestellten in die Entgeltgruppe 2 Anlage 2 der AVR-Bayern. Die bei der Dienststelle gebildete Mitarbeitervertretung und Beteiligte zu 2. vertritt die Auffassung, Reinigungskräfte seien in die Entgeltgruppe 3 Anlage 2 der AVR-Bayern einzugruppieren, da sie Tätigkeiten zu verrichten hätten, die erst nach einer fachlichen Einarbeitung ausgeführt würden.
Die Dienstelle hat beantragt,
festzustellen, dass für die Beteiligte zu 2. kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin in der Hauswirtschaft (Reinigungskraft) Frau E in die Entgeltgruppe 2 Anlage 2 der AVR-Bayern besteht.
Die Beteiligte zu 2. hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen
und die Auffassung vertreten, die bei der Beteiligten zu 1. zu verrichtenden Reinigungsarbeiten seien komplex und benötigten eine längere als zweiwöchige Einarbeitung; sie könnten mit Reinigungsarbeiten im allgemeinen Sprachgebrauch und solchen im privaten Bereich nicht verglichen werden. Das Anforderungsprofil sei anspruchsvoll; zusätzlich zu den „normalen“ Tätigkeiten müssten Desinfektionsarbeiten verrichtet und Reinigungsmittel gemischt werden. Bewohnerbedingt könne es größere Verschmutzungen geben, Reinigungskräfte müssten zudem besondere Obacht auf Bewohner/innen nehmen.
Das Kirchengericht hat den Antrag der Dienststelle zurückgewiesen und die Auffassung vertreten die beabsichtigte Eingruppierung in die Entgeltgruppe 2 sei unzutreffend.
Mit der frist- und formgerecht eingereichten und begründeten Beschwerde verfolgt die Dienststelle ihr erstinstanzliches Begehren weiter.
Die Dienststelle beantragt,
den Beschluss des Kirchengerichts der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern vom 26. Oktober 2020, Az. MVG-933, abzuändern und festzustellen, dass für die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin kein Grund vorliegt, die Zustimmung zur Eingruppierung von Frau E als Reinigungskraft in die Entgeltgruppe 2 der AVR-Bayern zu verweigern.
Die Beteiligte zu 2. beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die wechselseitigen zu den Akten gereichten Schriftsätze sowie auf die Erörterung in der mündlichen Anhörung.
II. Die Beschwerde der Dienststelle ist begründet, ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne von § 41 Abs. 1 lit. a) MVG-EKD besteht für die Beteiligte zu 2. Nicht. Die beabsichtigte Eingruppierung ist zutreffend.
1. Nach der Anlage 2 der AVR-Bayern sind einzugruppieren in die Entgeltgruppe 2 Dienstnehmer/innen mit Tätigkeiten, die nach einer Einübung ausgeführt werden können.
Hierzu gehören Dienstnehmer und Dienstnehmerinnen mit einfachsten Tätigkeiten (Anmerkung 2) in den Tätigkeitsbereichen
1. Hauswirtschaft - Handwerk -Technik
Richtbeispiele:
◦ Reinigungskraft
Anmerkung 2 definiert einfachste Tätigkeiten. Sie erfordern keine Kenntnisse und Fertigkeiten aus einer Berufsausbildung. Sie können nach einer kurzen Einübung auch unter Anwendung der dafür benötigen Arbeitsmittel ausgeführt werden. Die Einübung beinhaltet eine bis zu zweiwöchige Einweisung in die Arbeit (z.B. Umgang mit spezifischen Hilfsmitteln oder mit Klienten, organisatorischen Zusammenhängen, Regelungen und Arbeitsabläufen, z.B. HACCP-Konzept).
In Entgeltgruppe 3 einzugruppieren sind Dienstnehmer/innen mit Tätigkeiten, die erst nach einer fachlichen Einarbeitung ausgeführt werden können. Hierzu gehören Dienstnehmer/innen mit sehr einfachen Tätigkeiten (Anmerkung 3) in den Tätigkeitsbereichen
1. Hauswirtschaft – Handwerk -Technik
Richtbeispiele:
◦ Reinigungskraft mit zusätzlichen Aufgaben
2. Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 AVR Bayern ist der Dienstnehmer/ die Dienstnehmerin nach den Merkmalen der übertragenen Tätigkeiten in eine der Entgeltgruppen E1 - E14 gemäß Anlage 2 eingruppiert. Nach Abs. 2 erfolgt die Eingruppierung in die Entgeltgruppe, deren Tätigkeitsmerkmale überwiegend auszuüben sind und die der Gesamttätigkeit das Gepräge geben. Nach Abs. 3 ist für die Eingruppierung nicht die berufliche Ausbildung, sondern allein die Tätigkeit maßgebend, entscheidend ist die für die Ausübung der beschriebenen Tätigkeit in der Regel erforderliche Qualifikation, nicht die formale Qualifikation des Dienstnehmers/ der Dienstnehmerin. Nach Abs. 4 richtet sich die Eingruppierung nach den Obersätzen der Entgeltgruppe, die in den Tätigkeitsbereichen und in den Untersätzen beschrieben werden. Den Sätzen sind Richtbeispiele zugeordnet, die häufig anfallende Tätigkeiten in dieser Eingruppierung benennen.
3. Danach ist die von der Dienststelle vorgesehene Eingruppierung in die Entgeltgruppe 2 zutreffend, die Voraussetzungen für eine Eingruppierung einer Reinigungskraft in die Entgeltgruppe 3 AVR-Bayern liegen nicht vor.
a). Bereits das Richtbeispiel „Reinigungskraft mit zusätzlichen Aufgaben“ wird nicht erfüllt. Übertragen sind Reinigungstätigkeiten, die sich nicht von anderen gewerblichen Reinigungstätigkeiten unterscheiden. Die Benutzung verschiedener Reinigungs- und Desinfektionsmittel in Abhängigkeit von der zu reinigenden Fläche und die desinfizierende Reinigung von Sanitärbereichen sind typische Reinigungstätigkeiten und beinhalten und nicht zusätzliche Aufgaben. Eine „Aufsicht über die Klienten“, die besonderer Sorgfalt bedarf, ist der Reinigungskraft nicht übertragen worden; dass auf Reinigungsmittel Obacht zu geben ist, ist typische Aufgabe einer Reinigungskraft.
c) Unabhängig davon liegen auch keine „sehr einfachen Tätigkeiten“ im Sinne der Entgeltgruppe 3 vor. Sehr einfache Tätigkeiten setzen nach der Anmerkung 3 zu den AVR-Bayern eine mehr als zweimonatige fachliche Einarbeitung voraus. Es ist kein Vortrag zu den Akten gereicht worden, dass in der Einrichtung tatsächlich eine mehr als zweimonatige fachliche Einarbeitung für Reinigungstätigkeiten erfolgt, auch die Erörterung in der mündlichen Anhörung war diesbezüglich unergiebig. Entgegen der Auffassung der Mitarbeitervertretung führt eine Einarbeitung, die länger als zwei Wochen dauert, nicht automatisch zu einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 3, es liegt auch keine Regelungslücke vor. Nach der klaren Entgeltgruppensystematik setzt die Entgeltgruppe 3 erst dann ein, wenn eine mehr als zweimonatige fachliche Einarbeitung erforderlich ist. Jede Einarbeitung, die nicht das geforderte Zeitmaß von zwei Monaten erreicht, bewirkt im Umkehrschluss automatisch in eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 2. So ist es vorliegend.
Auf die Beschwerde war der Beschluss des Kirchengerichts deshalb abzuändern und dem Antrag zu entsprechen.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Absatz 7 MVG-EKD i.V.m. § 22 Absatz 1 KiGG.EKD).