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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:24.10.2017
Aktenzeichen:KGH.EKD II-0124/34-2017
Rechtsgrundlage:Kirchliche Arbeitnehmerinnen Tarifvertrag (KAT) vom 1. Dezember 2006, zuletzt geändert durch Änderungstarifvertrag Nummer 10 vom 1. Februar 2017, Abteilung 4 der Entgeltordnung (Anlage 1 des KAT, § 14)
Vorinstanzen:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Norddeutschland, Az.: NK-MG 2-2/2016
Schlagworte:Korrigierende Rückgruppierung
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Leitsatz:

Eine nicht tariflichen Vorgaben entsprechenden Eingruppierung kann korrigiert werden, weil die mitgeteilte Vergütungsgruppe nicht vertraglich vereinbart wird, sondern die Eingruppierung lediglich ein gedanklich wertender Vorgang der Zuordnung einer Tätigkeit in ein Vergütungssystem ist. Beruft sich der Arbeitnehmer auf die ihm zuvor als maßgebend mitgeteilte und der Vergütung zu Grunde gelegte Vergütungsgruppe, muss der Arbeitgeber die objektive Fehlerhaftigkeit der bisher gewährten Vergütung darlegen und beweisen. Dieser Darlegungslast genügt er, wenn sich aus seinem Vorbringen einschließlich des unstreitigen Sachverhaltes ergibt, dass es jedenfalls an einer der tariflichen Voraussetzungen für die mitgeteilte Eingruppierung mangelt (st. Rspr.: BAG 17. November 2016 - 6 AZR 487/15; 4. Juli 2012 - 4 AZR 673/10).

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluss des Kirchengerichts für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland vom 4. Mai 2017 – NK-MG 2-2/2016 – abgeändert:
Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über die Eingruppierung eines Friedhofsverwalters.
Die Antragstellerin, eine Kirchengemeinde, betreibt einen Friedhof mit einer Größe von ca. 1,2 ha und zusätzlich einen angrenzenden Ruheforst mit derzeitiger Fläche von ca. 6 ha. Im Ruheforst sind keine Gräber und Wege angelegt; es besteht lediglich ein Waldweg, der mit Grant befestigt ist, der Zugang zu den Gräbern erfolgt über unbefestigten Waldboden. Die Gräber sind durch kleine Gedenktafeln an den entsprechenden Bäumen gekennzeichnet. Im Bereich des Ruheforstes sind wenige Bänke vorhanden.
Auf die Beschäftigungsverhältnisse kommen zur Anwendung der Kirchliche Arbeitnehmerin-nen Tarifvertrag (KAT) vom 1. Dezember 2006, zuletzt geändert durch Änderungstarifvertrag Nummer 10 vom 1. Februar 2017. Die Beteiligte zu 1. beschäftigt im Friedhofsbereich zwei Personen, darunter den Friedhofsverwalter Herr E, der seit 2009 eine Vergütung aus der Ent-geltgruppe K 7 der Abteilung 4 der Entgeltordnung (Anlage 1 des KAT, § 14) erhält. Er unter-steht unmittelbar dem Kirchengemeinderat bzw. einem zuständigen Beauftragtengremium. Herr E arbeitet mit einem weiteren, aus der Entgeltgruppe K 5 vergüteten Mitarbeiter auf dem Friedhof sowie dem angrenzenden Ruheforst zusammen, dem er Arbeiten zuteilt und festlegt, welche Tätigkeiten in welcher Reihenfolge wahrzunehmen sind. Ihm obliegen sämtliche Pfle-ge- und Routinearbeiten auf Friedhof und Ruheforst, zudem führt er Interessenten an einem Ruheforstbegräbnis durch den Ruheforst und organisiert die gesamte praktische Durchfüh-rung von Begräbnissen auf Friedhof und Ruheforst. In welchem Umfang er die mit einer Bei-setzung verbundene vertragliche Abwicklung regelt bzw. welchen Beitrag er dazu leistet, ist zwischen den Beteiligten streitig geblieben.
Die Beteiligte zu 1. begehrt von der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2., der für die Kir-chengemeinde mit zuständigen Gemeinsamen Mitarbeitervertretung, die Zustimmung zu ei-ner korrigierenden Rückgruppierung des Herrn E in die Entgeltgruppe K 6. Sie vertritt die Auf-fassung, die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe K 7 lägen nicht vor, da Herr E keine ge-genüber Arbeitnehmern/innen der Entgeltgruppe 5 erheblich gesteigerte Verantwortung habe, der Friedhof keine angelegte Fläche von mindestens 5 ha ausweise und ihm nicht durch aus-drückliche Anordnung der weitere Mitarbeiter unterstellt sei.
Sie hat beantragt,
festzustellen, dass für die Gemeinsame Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Rückgruppierung des Mitarbeiters Herrn E in die Entgelt-gruppe K 6 der Entgeltordnung zum KAT vorliegt.
Die Gemeinsame Mitarbeitervertretung hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Das Kirchengericht hat dem Antrag entsprochen. Mit der frist- und formgerecht eingereichten und begründeten Beschwerde wendet sich die Beteiligte zu 2. gegen diese Entscheidung.
II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet, die Voraussetzungen für eine korrigierende Rückgruppierung des Mitarbeiters E liegen nicht vor. Die beabsichtigte Neueingruppierung verstößt deshalb gegen die Entgeltordnung zum KAT und damit gegen eine Rechtsvorschrift i.S.v. § 41 Abs. 1 a) MVG-EKD.
1. Bei einer nicht tariflichen Vorgaben entsprechenden Eingruppierung kann grundsätzlich eine Korrektur erfolgen, weil die zunächst mitgeteilte Vergütungsgruppe nicht vertraglich ver-einbart wird, sondern die Eingruppierung lediglich ein gedanklich wertender Vorgang der Zu-ordnung einer Tätigkeit in ein Vergütungssystem ist. Beruft sich der Arbeitnehmer auf die ihm zuvor als maßgebend mitgeteilte und der Vergütung zu Grunde gelegte Vergütungsgruppe, muss der Arbeitgeber allerdings die objektive Fehlerhaftigkeit der bisher gewährten Vergütung darlegen und gegebenenfalls beweisen. Dieser Darlegungslast genügt er, wenn sich aus sei-nem Vorbringen einschließlich des unstreitigen Sachverhaltes ergibt, dass es jedenfalls an einer der tariflichen Voraussetzungen für die mitgeteilte Eingruppierung mangelt (BAG 17. November 2016 - 6 AZR 487/15; 4. Juli 2012 - 4 AZR 673/10).
2. Daran fehlt es. Die Beteiligte zu 1. hat die objektive Fehlerhaftigkeit einer Eingruppierung des Herrn E in die Entgeltgruppe K 7 der Entgeltordnung zum KAT nicht dargelegt.
a) Maßgeblich für die Beurteilung der objektiven Fehlerhaftigkeit der Eingruppierung bzw. der „richtigen“ Eingruppierung ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung, mithin der letzten mündlichen Anhörung der Beteiligten vor dem Kirchengerichtshof (BAG 30. September 2014 - 1 ABR 79/12; 19. Oktober 2016 - 4 ABR 27/15). Maßgeblich ist damit der KAT in der Fas-sung des Änderungstarifvertrages Nr. 10 vom 1. Februar 2017.
Die Entgeltgruppe K 7 der Abteilung 4 (Friedhofsdienst) sieht in dieser Fassung nunmehr fol-gende Eingruppierungsmerkmale vor:
I. Arbeitnehmerin mit einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung von in der Regel mindes-tens zweieinhalbjähriger Dauer, entsprechenden Tätigkeiten und gegenüber der Arbeitnehme-rin der Entgeltgruppe K5 erheblich gesteigerter Verantwortung.
Beispiel:
- Gärtnermeisterin mit entsprechenden Tätigkeiten
II. Arbeitnehmerin mit folgender Funktion:
a) Leiterin eines Friedhofs mit mindestens 2 ha angelegter Fläche
b) Gärtnermeisterin mit Vorarbeiterfunktion (ohne Ausbilderfunktion)
c) Arbeitnehmerin, die für einen ganzen Friedhof mit mindestens 5 ha angelegter Flächen die organisatorische Verantwortung trägt, ohne Leiterin im Sinne der Vorbemerkung 4 zu sein. Unverzichtbar ist eine angeordnete Weisungsbefugnis gegenüber mindestens einer Arbeitnehmerin.
b) Ob die Beteiligte zu 1. ausreichend substantiiert hat, dass der Mitarbeiter E keinen An-spruch auf Vergütung aus der Entgeltgruppe K 7 II c) KAT hat, weil die Fläche des Ruhefors-tes keine „angelegte Fläche“ im Sinne der Tarifnorm ist bzw. Herr Kreutzer keine “angeordne-te“ Weisungsbefugnis gegenüber mindestens einem Arbeitnehmer hat, kann dahinstehen; sie hat jedenfalls nicht dargelegt, dass der Arbeitnehmer E keine gegenüber einer Arbeitnehmerin der Entgeltgruppe K 5 erheblich gesteigerte Verantwortung hat; im Gegenteil ist nach dem insoweit zwischen den Beteiligten unstreitigen Sachverhalt davon auszugehen, dass die Tä-tigkeit des Mitarbeiters E mit einer gegenüber der Entgeltgruppe K 5 erheblich gesteigerten Verantwortung verbunden ist und die Voraussetzungen jedenfalls der Entgeltgruppe K 7 I. der Abteilung 4 der Entgeltordnung (Anlage 1 zum KAT, § 14) gegeben sind.
c) Zwischen den Beteiligten ist nicht im Streit, dass der Mitarbeiter E zumindest Anspruch auf Vergütung aus der Entgeltgruppe K 6 hat, weil er über eine mindestens zweieinhalbjährige erfolgreich abgeschlossene Ausbildung verfügt, eine entsprechende Tätigkeit ausübt und ge-genüber einer Arbeitnehmerin der Entgeltgruppe K 5 gesteigerte Verantwortung hat. Auch nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 1. ist das Tarifbeispiel “Arbeitnehmerin mit Vorarbei-terfunktion“ erfüllt, weil der Einsatz des weiteren Mitarbeiters auf dem Friedhof und Ruheforst durch den Mitarbeiter E zumindest in der Funktion eines Vorarbeiters erfolgt.
d) Vorarbeiter arbeiten konkrete Arbeitsaufträge mit zugeordneten Mitarbeitern ab und koor-dinieren den Arbeitseinsatz einer (kleinen) Kolonne, darin liegt die gesteigerte Verantwortung der Tätigkeit. Die Arbeit des Herrn E ist darüber hinaus dadurch geprägt, dass er den organi-satorischen Ablauf von Begräbnissen im Zusammenwirken mit den Angehörigen sowie - im Bereich des Ruheforstes - mit der Landwirtschaftskammer plant, koordiniert und durchführt. Die gegenüber der Tätigkeit eines Vorarbeiters aus der Entgeltgruppe K6 noch gesteigerte und damit gegenüber einem Arbeitnehmer aus der Entgeltgruppe K5 erheblich gesteigerte Verantwortung kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dass er Interessenten an einer Be-gräbnisstelle über den Ruheforst führt und die Modalitäten eines Begräbnisses dort erläutert. Damit übernimmt er eine für den “wirtschaftlichen Erfolg“ eines Ruheforstes wesentliche Funktion, zumal die Interessenten an einem Ruheforstbegräbnis nicht nur aus dem näheren Umkreis der Beteiligten zu 1. kommen und damit Vergleiche zwischen verschiedenen Ruhe-forsten ziehen. Die Verantwortung, die mit dieser Aufgabe verbunden ist, geht über die Ver-antwortung eines Vorarbeiters bzw. wie tariflich erforderlich, einer Arbeitnehmerin der Ent-geltgruppe K 5 erheblich hinaus, sodass die Voraussetzungen der Entgeltgruppe K 7 I gege-ben sind.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG-EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).
Mestwerdt Bock Neuendorf