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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 30.01.2017 |
Aktenzeichen: | I-0124/49-2015 |
Rechtsgrundlage: | MVG-EKD § 42 Buchstabe a |
Vorinstanzen: | Gemeinsame Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der EKiR, Az. 1 GS 7/2015 |
Schlagworte: | Eingliederung, Einstellung |
Leitsatz:
1. Eine Einstellung nach § 42 Buchstabe a MVG-EKD ist auch bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von anderen Unternehmen möglich, die auf Grund eines Dienst- oder Werkvertrages Tätigkeiten im Betrieb verrichten.
2. Eine solche Einstellung erfordert, dass die Beschäftigten des anderen Unternehmens gemeinsam mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine Aufgabe zu verrichten haben, die ihrer Art nach weisungsgebunden sind, der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes dient und daher von aufnehmenden Unternehmen organisiert werden muss. Die Personen müssen os in die betriebliche Arbeitsorganisation eingegliedert sein, dass das aufnehmende das für ein Arbeitsverhältnis typi-sche Weisungsrecht inne hat und die Entscheidung über den Arbeitseinsatz auch nach Zeit und Ort trifft; es soll die Arbeitgeberfunktion wenigstens im Sinne einer aufgespaltenen Arbeitgeberstellung teilweise ausü-ben müssen.
3. Für eine Eingliederung reicht es nicht aus, dass grundlegende Angelegenheiten des Arbeitsvertragsver-hältnisses von einer Beschäftigten des vermeintlich aufnehmenden Unternehmens geklärt werden. Dieses ist für den Begriff der Eingliederung ohne Bedeutung.
Tenor:
Auf die Beschwerde der Dienststellenleitung wird der Beschluss der Gemeinsa-men Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 9. November 2015, Az. 1 GS 7/2015, abgeändert und der Antrag der Mitarbeitervertretung zurückge-wiesen.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiterin einer Tochtergesellschaft nach Ablauf einer Befristung eine Einstellung ist, an der die Mitarbeiter-vertretung hätte beteiligt werden müssen.
Die Dienststelle betreibt in E ein Krankenhaus und Seniorenheime. Die Mitarbeiterin der Toch-tergesellschaft, Frau F, wird als Reinigungskraft in der Unterhaltsreinigung eingesetzt, vorran-gig im Seniorenheim G. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2014 unterrichtete die Tochterge-sellschaft die Mitarbeitervertretung darüber, dass das zum 31. Dezember 2014 befristete Ar-beitsverhältnis der Mitarbeiterin bis zum 31. Dezember 2015 verlängert worden sei. Die Mitar-beitervertretung teilte daraufhin der Dienststellenleitung mit, dass sie der Einstellung nicht zu-stimme. Die Mitarbeiterin sei in die Krankenhausgesellschaft integriert. Es fand eine Erörte-rung statt, die die Mitarbeitervertretung am 29. Januar 2015 beendete.
Die Einrichtungen der Beteiligten zu 2. wurden bis 2003 von Reinigungsunternehmen gerei-nigt. Seit 2003 ist die Tochtergesellschaft der Beteiligten zu 2. für die Reinigung zuständig. Sie bediente sich dazu zunächst des bereits vorher tätigen Reinigungsunternehmens, bevor sie die Durchführung der Reinigung mit eigenem Personal übernahm. Die Personalabrechnung der Beschäftigten der Tochtergesellschaft liegt ebenso wie die Personalabrechnung der Betei-ligten zu 2. und weiterer Gesellschaften bei der Holdinggesellschaft. Für die Dienst- und Ein-satzplanung der Reinigungskräfte wird das Dienstplanprogramm der Beteiligten zu 2. genutzt.
Der Geschäftsführer und der Personalalleiter der Beteiligten zu 2. sind zugleich Geschäftsfüh-rer und Personalleiter der Tochtergesellschaft.
Die Mitarbeitervertretung hat vorgetragen, dass die Stations- und Bereichsleitungen bei Be-darf das Reinigungspersonal direkt anweisen würden. Mit ihrem am 9. Februar 2015 beim Kirchengericht eingegangenen Antrag hat die Mitarbeitervertretung verlangt,
festzustellen, dass die Einstellung von Frau F ohne Zustimmung der Beteiligten zu 1. wegen Verletzung des Mitbestimmungsrechts der Beteiligten zu 1. nach § 42 a MVG-EKD rechtswidrig ist.
Die Dienststellenleitung hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat vorgetragen, dass für die Dienst- und Urlaubsplanung der Unterhaltsreinigung ein Mit-arbeiter der Tochtergesellschaft zuständig sei, Herr H, der gegenüber Frau F weisungsbefugt sei. Die bei der Beteiligten zu 2. beschäftigten Frau I und ihr Vertreter Herr J seien in Neben-tätigkeit bei der Tochtergesellschaft beschäftigt und in dieser Position gegenüber Frau F wei-sungsbefugt. Die Reinigung erfolge aufgrund von Plänen, die Herr H erstelle.
Das Kirchengericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Frau F und Frau I als Zeu-ginnen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der Sitzung des Kirchengerichts vom 9. November 2015 verwiesen.
Das Kirchengericht hat dem Antrag der Mitarbeitervertretung durch Beschluss vom 9. No-vember 2015 stattgegeben. Gegen diesen Beschluss, der der Dienststellenleitung am 4. De-zember 2015 zugestellt worden ist, hat diese mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2015, beim Kirchengerichtshof eingegangen am selben Tage, Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 1. Februar 2016, beim Kirchengerichtshof eingegangen am selben Tage, begründet.
Die Dienststellenleitung hält den Beschluss des Kirchengerichts für unzutreffend, weil Frau F nicht in die Dienststelle eingegliedert sei.
Die Dienststellenleitung beantragt,
den Beschluss der gemeinsamen Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 16. November 2015, Az. 1 GS 7/2015, abzuändern und den Antrag der Antragstellerin und Beteiligten zu 1. zurückzuweisen.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor, dass Frau F dadurch in den Betrieb der Beteiligten zu 2. eingegliedert sei, dass sie Weisungen von Frau I erhalte. Da deren Arbeitszeiten für die Beteiligte zu 2. und die Toch-tergesellschaft nicht abgrenzbar seien, liege eine Eingliederung in den Betrieb der Beteiligten zu 2. vor.
II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Die Beschwerde ist nach § 63 Abs. 1 MVG-EKD statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. Der Kirchengerichtshof der EKD hat sie zur Entscheidung angenommen.
2. Die Beschwerde ist begründet. Der Antrag der Mitarbeitervertretung ist zulässig, aber unbegründet.
a) Der Antrag ist zulässig. Es handelt sich um eine Streitigkeit aus dem Mitarbeitervertre-tungsrecht, für die die Kirchengerichte zuständig sind. Die Anrufung des Kirchengerichts erfolg-te nach einem internen Einigungsversuch im Sinne des § 33 Abs. 3 MVG-EKD rechtzeitig im Sinne des § 61 Abs. 1 MVG-EKD.
b) Der Antrag ist unbegründet. Die weitere befristete Beschäftigung von Frau F ist keine Einstellung in die Dienststelle im Sinne des § 42 Buchst. a MVG-EKD.
Das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, dass es für das Vorliegen einer Einstellung nicht auf das Rechtsverhältnis ankommt, in dem die im Betrieb tätige Person zur Betriebsinhaberin steht. Das Mitbestimmungsrecht wird vielmehr durch die Eingliederung der Person in den Betrieb ausgelöst. Eine Eingliederung in diesem Sinne ist auch bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mern von anderen Unternehmen möglich, die auf Grund eines Dienst- oder Werkvertrages Tätigkeiten im Betrieb verrichten. Dazu ist aber erforderlich, dass diese gemeinsam mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine Aufgabe zu verrichten haben, die ihrer Art nach weisungsgebunden ist, der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes dient und daher vom Unternehmen organisiert werden muss. Die Perso-nen sollen nach dem Bundesarbeitsgericht so in die betriebliche Arbeitsorganisation eingeglie-dert sein, dass die Arbeitgeberin das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidung über den Arbeitseinsatz auch nach Zeit und Ort trifft; sie soll die Arbeit-geberfunktion wenigstens im Sinne einer aufgespaltenen Arbeitgeberstellung teilweise ausüben müssen (BAG, Beschluss vom 13. März 2001, 1 ABR 34/00, Rn. 18). Unerheblich soll hinge-gen sein, ob und ggf. von wem diesen Personen tatsächlich Weisungen hinsichtlich ihrer Tätig-keit gegeben werden (BAG, Beschluss vom 27. Juli 1993, 1 ABR 7/93, Rn. 28).
Nach diesen Grundsätzen liegt bei Frau F keine Einstellung vor. Sie wirkt nicht an dem von der Dienststelle verfolgten arbeitstechnischem Zweck mit. Dieser besteht in der Unterbringung und Pflege der Bewohnerinnen und Bewohner, für die die Reinigung der Räumlichkeiten nur eine Hilfsfunktion hat, der nicht untrennbar mit dem Zweck der Unterbringung und Betreuung ver-bunden ist. Ferner ist ein arbeitsteiliges Zusammenwirken der Beschäftigten der Beteiligten zu 2. und Frau F nicht zu erkennen. Insbesondere konnte in der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden, dass Frau F Weisungen von Beschäftigten der Beteiligten zu 2. erhält. Soweit sich Frau I nach ihrer und der Zeugenaussage von Frau F um deren Betreuung kümmert, handelt es sich nicht um konkrete Weisungen für die Art, den Ort und die Zeit der Ausführung der Ar-beit, sondern um die grundlegenden Angelegenheiten des Arbeitsvertragsverhältnisses. Diese sind aber für den Begriff der Eingliederung ohne Bedeutung, weil die Klärung derartiger vertrag-licher Angelegenheiten auch bei der organisatorischen Eingliederung von Beschäftigten eines anderen Unternehmens in einen Betrieb immer in der Hand der Vertragsarbeitgeberin bleibt, hier also der Servicegesellschaft. Dass eine Mitarbeiterin der Beteiligten zu 2. in ihrer möglich-erweise nicht hinreichend genau abgegrenzten Arbeitszeit die das arbeitsvertragliche Grund-verhältnis zwischen Frau F und der Servicegesellschaft zu klärenden Angelegenheiten regelt, kann demgemäß nicht zu einer organisatorischen Eingliederung in den Betrieb der Beteiligten zu 2. führen.
Frau F nimmt keine Aufgaben wahr, die nur im Rahmen einer Dienstgemeinschaft mit den Be-schäftigten der Beteiligten zu 2. erfüllt werden können. Es ist nicht ersichtlich, warum dieses bei den von ihr geleisteten Reinigungsarbeiten der Fall sein sollte. Auch die Mitarbeitervertretung nimmt eine solche Eingebundenheit in die Dienstgemeinschaft ausdrücklich nicht an.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).
Nause Bock Neuendorf