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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 03.02.2014 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD II-0124/V39-13 |
Rechtsgrundlage: | MVG.EKD § 41 Abs. 1, § 42 Buchstabe c); AVR.DW.EKD § 12, Anlage 1 |
Vorinstanzen: | Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer - in Münster (Westf.) Beschluss vom 9. Juli 2013 |
Schlagworte: | Eingruppierung von Mitarbeitern in der Stroke Unit |
Leitsatz:
1. Die Übertragung der Tätigkeit einer Gesundheitspflegerin in einer Stroke Unit erfüllt regelmäßig nicht die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 8 AVR.DW.EKD. Die nach § 12 Abs. 3 AVR.DW.EKD für die Ausübung der Tätigkeit in der Stroke Unit in der Regel erforderliche Qualifikation ist die einer Gesundheitspflegerin/eines Gesundheitspflegers.
2. Die in der Stroke Unit beschäftigten Gesundheitspfleger/innen sind nicht in der Intensivpflege tätig. Zwischen einer Stroke Unit und einer Intensivstation bestehen im Hinblick auf Umfang und Intensität der Behandlungsvorgänge und im Hinblick auf das erforderliche erweiterte Fachwissen signifikante und eingruppierungsrelevante Unterschiede.
Tenor:
Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer - in Münster (Westf.) vom 9. Juli 2013 - 2 M 2/13 - wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung von zwei Mitarbeitenden in die Vergütungsgruppe EG 7 AVR.DW.EKD bestanden hat (§ 42 Buchstabe c), § 41 Abs. 1 MVG.EKD).
Die Dienststelle betreibt ein Krankenhaus mit ca. 4.000 Beschäftigten. Angegliedert an die neurologische Station besteht an einem Standort eine Stroke Unit, in der ausschließlich Schlaganfallpatienten behandelt werden. Die Patienten sind in aller Regel ansprechbar und müssen nicht beatmet sediert, intubiert oder invasiv versorgt werden. Der Schwerpunkt der Tätigkeit in einer Stroke Unit liegt in der Auflösung der Thromben und dem Monitoring der Patienten. Im Rahmen des Monitorings wird ein EKG abgeleitet, Blutdruck und Sauerstoffsät-tigung werden permanent gemessen. Weitere Tätigkeiten sind Blutzucker- und Temperatur-kontrollen, Erfassung des neurologischen Status und die Assistenz bei ärztlichen diagnosti-schen Maßnahmen. Sobald eine Beatmung notwendig wird oder eine sonstige Gefährdung eintritt, erfolgt die Verlegung auf die Intensivstation. Diese unterscheidet sich von einer Stroke Unit dadurch, dass die Patienten regelmäßig in einem lebensbedrohlichen Zustand sind und modernste Techniken und Apparate eingesetzt werden, um eine ständige Überwachung gewährleisten und im Notfall rechtzeitig eingreifen zu können.
Die Dienststellenleitung setzt seit dem 14. Mai 2012 Frau D in der Stroke Unit ein. Sie ist 1987 geboren, hat am 1. April 2012 ihre Ausbildung als Krankenschwester abgeschlossen und anschließend sechs Wochen auf der Intensivstation gearbeitet. Seit dem 1. Oktober 2012 wird Herr E auf der Stroke Unit in unmittelbarem Anschluss an die absolvierte Ausbildung zum Krankenpfleger eingesetzt.
Mit Schreiben vom 3. Mai 2012 beantragte die Dienststellenleitung die Zustimmung zur Ein-gruppierung des Mitarbeiters und mit Schreiben vom 13. Mai 2012 zur Eingruppierung der Mitarbeiterin in die Entgeltgruppe 7 AVR.DW.EKD. Nach Erörterung hat die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7 AVR verweigert. Ihrer Auffassung nach sind die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 AVR gegeben.
Die Dienststellenleitung hat beantragt,
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zu-stimmung zur Eingruppierung der Mitarbeitenden in die Entgeltgruppe 7 AVR.DW.EKD vorliegt.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Schlichtungsstelle hat dem Antrag der Dienststellenleitung entsprochen. Mit der frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde begehrt die Mitarbeitervertretung die Abänderung dieser Entscheidung.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die Schlichtungsstelle hat zu Recht erkannt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zu der vorgesehenen Eingruppierung der beiden Mitarbeitenden in die Entgeltgruppe 7 AVR.DW.EKD besteht. Die vorgesehene Eingruppierung verstößt nicht gegen eine Rechtsvorschrift oder eine rechtliche Vorgabe aus einem Vertrag (§ 41 Abs. 1 MVG.EKD).
1. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 AVR.DW.EKD ist die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter nach den Merkmalen der übertragenen Tätigkeiten in die Entgeltgruppen gemäß der Anlage 1 eingruppiert. Nach § 12 Abs. 2 AVR.DW.EKD erfolgt die Eingruppierung in die Entgeltgruppe, deren Tätigkeitsmerkmale die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter erfüllt und die der Tätigkeit das Gepräge geben. Für die Eingruppierung ist nach § 12 Abs. 3 AVR.DW.EKD nicht die berufliche Ausbildung, sondern allein die Tätigkeit der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters maßgebend; entscheidend ist die für die Ausübung der Tätigkeit in der Regel erforderliche und nicht die formale Qualifikation.
2. Die allgemeinen Merkmale einer Vergütungsgruppe sind grundsätzlich erfüllt, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin eine Tätigkeit ausübt, die als Regel-, Richt- oder Tätigkeits-beispiel zu dieser Vergütungsgruppe genannt ist (KGH.EKD, Beschluss vom 29. Oktober 2012 - II-0124/T16-11 - www.kirchenrecht-ekd.de). Enthält eine Eingruppierungsbestimmung neben einem Obersatz Richtbeispiele, ist deshalb zunächst zu prüfen, ob ein Richtbeispiel einschlägig ist. Wird die Tätigkeit vom Richtbeispiel nicht oder nicht vollständig erfasst, ist auf die allgemeinen Merkmale zurückzugreifen.
3. In die Entgeltgruppe 7 der AVR.DW.EKD sind Mitarbeiter/innen mit Tätigkeiten, die Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen, eingruppiert. Hierzu gehören Mitarbeiter/innen mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben u.a. in den Tätigkeitsbereichen Pflege und Betreuung; als Richtbeispiel wird die Gesundheits- und Krankenpflegerin genannt. In die Entgeltgruppe 8 sind Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eingruppiert, denen Tä-tigkeiten übertragen worden sind, die vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Tätigkeiten voraussetzen. Hierzu gehören Mitarbeiter/innen mit eigenständiger Wahrnehmung von schwierigen Aufgaben u.a. in den Tätigkeitsbereichen Pflege und Betreuung. Als Richtbeispiel wird die Gesundheitspflegerin im OP-Dienst, in der Intensivpflege oder in der Psychiatrie aufgeführt.
a) Die Dienststelle hat beiden Mitarbeitenden mit der Übertragung von Tätigkeiten in der Stroke Unit Aufgaben einer Gesundheitspflegerin/eines Gesundheitspflegers übertragen. Die nach § 12 Abs. 3 AVR.DW.EKD für die Ausübung der Tätigkeit in der Stroke Unit in der Regel erforderliche Qualifikation ist die einer Gesundheitspflegerin/eines Gesundheitspflegers. Zwar haben 8 von 30 Mitarbeitenden der Stroke Unit die einjährige Weiterbildung im Bereich der Stroke Unit durchlaufen; das Verhältnis von Mitarbeitenden mit und ohne Weiterbildung zeigt aber, dass für die Ausübung der beschriebenen Tätigkeiten in der Regel die Qualifikation einer Gesundheitspflegerin/eines Gesundheitspflegers ausreichend ist.
b) Entgegen der Auffassung der Beschwerde erfüllt die in einer Stroke Unit übertragene Tätigkeit regelmäßig nicht die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 8 AVR.DW.EKD. Die in der Stroke Unit beschäftigten Gesundheitspfleger/innen sind weder im OP-Dienst noch in der Psychiatrie tätig; sie sind auch nicht in der Intensivpflege tätig. Wie der Obersatz zum Ausdruck bringt, ist die Entgeltgruppe 8 vorgesehen für Mitarbeiter/innen mit Tätigkeiten, die ver-tieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Tätigkeiten voraussetzen. Die Weiterbildung der Intensivpflege vollzieht sich im Rahmen einer zweijährigen Weiterbildung mit ca. 700 Theoriestunden und weiteren praktischen Unterweisungen und Einsätzen. Das Richtbeispiel gibt damit einen Anhaltspunkt dafür, in welchem Umfang vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten vorausgesetzt werden, um eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 AVR.DW.EKD rechtfertigen zu können.
c) Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist die Arbeit in einer Stroke Unit auch nicht die in der "Intensivpflege“. Zwar ist in dem Richtbeispiel nicht von einer "Intensiveinheit" die Rede. Dass sich daraus ein anderes Verständnis einer Tätigkeit in der Intensivmedizin ergibt, erschließt sich nicht, dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Regelmäßig vollzieht sich der Einsatz einer Gesundheitspflegerin/eines Gesundheitspflegers in der Intensivpflege in einer Einheit der Intensivmedizin. Zwischen einer Stroke Unit und der Intensivstation bestehen im Hinblick auf Umfang und Intensität der Behandlungsvorgänge signifikante Unterschiede. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Patienten von der Stroke Unit dann auf die Intensivstation verlegt werden, wenn sie ernst- bzw. lebensbedrohlich erkrankt sind und deshalb eine "Intensivpflege" erforderlich ist. Bei einer Stroke Unit handelt es sich somit zwar um eine spezialisierte Normalstation; diese spezialisierte Tätigkeit löst im Vergütungssystem der AVR.DW.EKD aber keine höhere Eingruppierung aus. Maßgenblich ist, dass Tätigkeiten einer Gesundheitspflegerin/eines Gesundheitspflegers übertragen sind und nicht herausgehobene Tätigkeiten in der Intensivpflege.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).