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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 15.04.2013 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD I-0124/U29-12 |
Rechtsgrundlage: | MVG.DWBO § 42 Buchstabe a, § 63 Abs. 1 Buchstabe a) |
Vorinstanzen: | Schieds- und Schlichtungsstelle des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. Beschluss vom 19. Juli 2012 |
Schlagworte: | Mitbestimmung der Mitarbeitervertretung bei Einstellung von Beschäftigten eines Drittunternehmens |
Leitsatz:
1. Eine Einstellung gemäß § 42 a MVG.DWBO liegt auch vor, wenn für eine dauernde Tä-tigkeit Beschäftigte eines Drittunternehmens neben Beschäftigten der diakonischen Ein-richtung so eingesetzt werden, dass es einer ständigen Koordinierung und Abstimmung der Tätigkeiten der Beschäftigtengruppen bedarf.
2. Für das Vorliegen einer Einstellung ist es ohne Bedeutung, ob die diakonische Einrich-tung selbst die Koordinierung und Abstimmung vornimmt oder dieses den Beschäftigten überlässt.
Tenor:
Die Beschwerde der Dienststellenleitung gegen den Beschluss der Schieds- und Schlichtungsstelle des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlau-sitz e.V. vom 19. Juli 2012, II-24/12, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Einstellung und Beschäftigung der genannten Mitarbeiterinnen nicht unwirksam, son-dern rechtswidrig ist.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten sich darüber, ob die Tätigkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines anderen Unternehmens in der Einrichtung aufgrund von Einstellungen erfolgt, bei denen die Mitarbeitervertretung zu beteiligen ist.
Die Beteiligte zu 2 betreibt ein Krankenhaus mit etwa 600 Betten und neun Fachabteilungen. Im Jahre 2011 führten die Beteiligten eine Kommunikation über die Tätigkeit von bei einem anderen Unternehmen angestellten Servicekräften im Bereich des Krankenhauses. Dabei wurden die zu verrichtenden Tätigkeiten, die Einsatzorte und der Schichtplan genannt. Mit Schreiben vom 7. und 13. März 2012 teilte die Dienststellenleitung der Mitarbeitervertretung mit, dass 17 namentlich genannte Beschäftigte der Fa. D ab 15. März 2012 in den Stationen der Chirurgie, Gefäßchirurgie und Urologie eingesetzt würden. Dem Schreiben vom 13. März 2012 war ein Leistungskatalog beigefügt, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage 1 in Anlage K 5 zum Schriftsatz der Mitarbeitervertretung vom 7. Mai 2012 verwiesen wird. Die Beteiligte zu 2 vereinbarte mit der Fa. D ein Muster-Leistungsverzeichnis (Anlage BF 1 zur Beschwerdebegründung, Bl. 66 ff d.A). Wegen der Einzelheiten einer Stellenbeschreibung einer Pflegekraft wird auf die Anlage B 1 zum Schriftsatz der Dienststellenleitung vom 29. Juni 2012 verwiesen.
Seit dem 15. März 2012 sind die Pflegekräfte im Krankenhaus tätig. Zur Koordination ihrer Tätigkeiten werden von dem Drittunternehmen zwei Vorarbeiterinnen eingesetzt. Es wird im Frühdienst und Spätdienst mit je 5,5 Stunden und einer halbstündigen Pause gearbeitet. In den Stationen, in denen die Servicekräfte eingesetzt werden, sind 13 bis 15 Vollzeitpflegekräfte tätig, jeweils ca. vier im Frühdienst und zwei im Spätdienst. Die durchschnittliche Verweildauer der Patientinnen und Patienten beträgt 5,7 Tage.
Die Beteiligte zu 2 vergibt Leistungen aus den Bereichen Pathologie/Histologie, Labor, Radiologie an Dritte. Küche und Wäscherei werden nicht von der Beteiligten zu 2 betrieben.
Im Bereich Radiologie wurden im Jahre 2012 bei 12.000 Patientinnen und Patienten in den Bereichen, in denen die Servicekräfte tätig sind, 24.441 radiologische Untersuchungen und 313.477 Laboruntersuchungen durchgeführt.
Die Dienststelle stellte die Leistungen der Servicekräfte in ihrer Veröffentlichung Report Nr. 25 aus Juni 2012 dar. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage BF 7 zum Schriftsatz der Dienststellenleitung vom 4. April 2013 (Bl. 149 f d.A.) verwiesen.
Die Mitarbeitervertretung hat die Auffassung vertreten, dass es sich beim Einsatz der Servicekräfte um Einstellungen handele, weil sie in den Betrieb eingegliedert seien. Ein Austausch mit den examinierten Pflegekräften sei zwingend erforderlich und werde auch durchgeführt. Es sei nicht möglich, an Patientinnen und Patienten ohne vorherige Absicherung beim Pflegepersonal Essen auszugeben, weil prä- und postoperativ eine Nahrungskarenz unterschiedlicher Dauer erforderlich sein könne.
Bei der Maßnahme handele es sich außerdem um die Einführung einer neuen Arbeitsmethode und um eine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung und zur Erleichterung des Arbeitsablaufs.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
1. festzustellen, dass die Einstellung von Frau E ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
2. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau E in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
3. festzustellen, dass die Einstellung von Frau F ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
4. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau F in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
5. festzustellen, dass die Einstellung von Frau G ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
6. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau G in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
7. festzustellen, dass die Einstellung von Frau H ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
8. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau H in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
9. festzustellen, dass die Einstellung von Frau I ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
10. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau I in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
11. festzustellen, dass die Einstellung von Frau J ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
12. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau J in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
13. festzustellen, dass die Einstellung von Frau K ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
14. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau K in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
15. festzustellen, dass die Einstellung von Frau L ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
16. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau L in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
17. festzustellen, dass die Einstellung von Frau M ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
18. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau M in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
19. festzustellen, dass die Einstellung von Frau N ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
20. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau N in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
21. festzustellen, dass die Einstellung von Frau O ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
22. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau O in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
23. festzustellen, dass die Einstellung von Frau P ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
24. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau P in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
25. festzustellen, dass die Einstellung von Frau Q ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
26. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau Q in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
27. festzustellen, dass die Einstellung von Frau R ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
28. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau R in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
29. festzustellen, dass die Einstellung von Frau S ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
30. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau S in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
31. festzustellen, dass die Einstellung von Frau T ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
32. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau T in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
33. festzustellen, dass die Einstellung von Frau U ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
34. festzustellen, dass die Beschäftigung der Frau U in der Dienststelle der Antragsgegnerin ohne vorherige Beteiligung der Antragstellerin rechtswidrig ist,
35. festzustellen, dass es sich bei der Vergabe der Servicetätigkeiten an nicht dem Pflegepersonal zuzuordnende Mitarbeiter um eine grundlegend neue Arbeitsmethode handelt und mangels ordnungsgemäßer Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist,
36. festzustellen, dass es sich bei der Vergabe der Servicetätigkeiten an nicht dem Pflegepersonal zuzuordnende Mitarbeiter um eine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleitung und zur Erleichterung des Arbeitsablaufs handelt und mangels ordnungsgemäßer Beteiligung der Antragstellerin unwirksam ist.
Die Dienststellenleitung hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass es sich nicht um Einstellungen handele. Die von den Beschäftigten des Drittunternehmens auszuführenden Tätigkeiten seien vertraglich standardisiert. Nur die vor Ort eingesetzten Führungskräfte stünden in Kontakt zum Pflegepersonal. Die dort geführten Nachfragen beträfen im Wesentlichen die Zufriedenheit mit den erbrachten Leistungen. Bei den von den Servicekräften erbrachten Leistungen handele es sich um solche, die nicht zum originären Leistungsspektrum der Dienststelle (Diagnostik, Pflege, Therapie) gehörten. Die Dienststelle nehme nicht die für das Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen zu Ort, Zeit und Art der Arbeitsleistung. Den Servicekräften werde eine Liste mit Hinweisen übergeben, welchen Patientinnen und Patienten kein Essen zu reichen sei. Diese Hinweise erhielten auch die Angehörigen.
Die Schieds- und Schlichtungsstelle des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. hat mit Beschluss vom 19. Juli 2012 den Anträgen zu 1 bis 34 unter Zurückweisung der Anträge zu 35 und 36 stattgegeben. Wegen der Einzelheiten des Beschlusses wird auf die erstinstanzliche Verfahrensakte verwiesen. Gegen diesen Beschluss, der der Dienststellenleitung am 15. August 2012 zugestellt wurde, hat diese mit Schriftsatz vom 12. September 2012, beim Kirchengerichtshof der EKD eingegangen am 14. September 2012, Beschwerde eingelegt. Mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2012, beim Kirchengerichtshof der EKD eingegangen am selben Tage, hat die Dienststellenleitung die Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist um einen Monat beantragt. Die Frist ist vom Kirchengerichtshof der EKD antragsgemäß verlängert worden. Mit Schriftsatz vom 15. November 2012, beim Kirchengerichtshof der EKD eingegangen am selben Tage, hat die Dienststellenleitung die Beschwerde begründet.
Die Dienststellenleitung meint, dass es sich nicht um Einstellungen handele. Solche lägen beim Einsatz von Beschäftigten von Fremdformen nur vor, wenn zusätzlich die von ihnen erbrachte Tätigkeit aufgrund ihres Beitrages zum arbeitstechnischen Zweck der Dienststelle unmittelbar von der Dienststellenleitung organisiert werden muss. Das sei vorliegend nicht der Fall. Die Servicekräfte dienten schon nicht demselben arbeitstechnischen Zweck wie die Beschäftigten der Dienststelle. Sie erbrächten keine Leistungen der pflegerischen und medizinischen Versorgung, sondern pflegefremde Hilfs- und Reinigungsarbeiten, die nicht Gegenstand von pflegerischen Berufen seien. Es handele sich um ergänzende freiwillige Zusatzleistungen. Die Servicekräfte seien zuvor ausschließlich in gesundheitsfernen Berufen tätig gewesen. Sie seien wegen ihrer Herkunft aus dem Hotelbereich oder einer entsprechenden Einweisung durch ihre Arbeitgeberin für die Aufgabe qualifiziert und könnten sich besser auf den Patienten konzentrieren, weil sie nicht überlegen müssten, ob wichtigere Aufgaben zu erledigen wären. Da die räumliche Unterbringung der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus nur Voraussetzung, nicht aber Zweck des Krankenhauses sei, ließe sich die Tätigkeit der Servicekräfte nicht zu dem von der Dienststelle verfolgten arbeitstechnischen Zweck zuordnen. Ferner fehle es an einer Eingliederung der Servicekräfte, weil ihre Tätigkeiten nicht notwendig von der Dienststellenleitung in Ausübung ihres Weisungsrechts organisiert werden müssten. Aus dem Muster-Leistungsverzeichnis in Anlage BF 1 ergäbe sich, dass über die gesamte Schichtdauer das Personal ganz überwiegend ohne Vorgaben tätig werden könne. Der Bedarf ergäbe sich entweder unmittelbar aus dem Plan oder aus den Verhältnissen vor Ort. Ergänzende Einsatzvorgaben erfolgten durch die Vorgesetzten des Drittunternehmens. Eine Vorarbeiterin habe eine interne Rufnummer der Dienststelle und eine Mobilfunknummer der Servicegesellschaft, damit sie jederzeit für Beanstandungen erreichbar sei. Ihr obliege die Koordinierung des Einsatzes der Servicekräfte. Pflegekräfte der Dienststelle hätten keine Weisungsrechte gegenüber den Servicekräften. Es könne nur sein, dass sie die Servicekräfte auf einen konkreten Leistungsbedarf hinwiesen. Ob dem dann abgeholfen würden, liege allein in der Entscheidungsbefugnis der Servicekräfte oder ihrer Vorarbeiterin. Die Information über eine Essenskarenz erfolge durch das Pflegepersonal mündlich oder durch am Bett angebrachte Hinweise. Die Listen für das Essen würden täglich, manchmal sogar untertägig aktualisiert, wenn nach Visiten Kostformen geändert werden müssten. Ohne Listen dürften keine Mahlzeiten ausgeteilt werden. Wenn Patientinnen und Patienten nicht in der Lage sein, das Essen einzunehmen, würde die dann erforderliche Hilfestellung durch die Pflegekräfte erfolgen. Es gäbe nur ganz gelegentliche Verständigungen zwischen dem Personal der Dienststelle und den Servicekräften darüber, wann und wie bestimmte im Leistungsverzeichnis enthaltene Arbeitsaufgaben in bestimmten Situationen am besten durchgeführt werden sollten. Durch die Servicekräfte werde kein Personal der Dienststelle ersetzt, sondern ein zusätzliches Angebot geschaffen. Diverse Leistungsangeboten seien neu und andere würden - als nunmehr vertraglich vorgesehener Standard - in einer erheblich größeren Qualität und Quantität angeboten. Gänzlich neu sei das Angebot von Botengängen, Hilfestellung bei Aus- und Einpacken der des Gepäcks habe es zuvor nur im absoluten Ausnahmefall gegeben, eine Begleitung von der Aufnahme bis ins Zimmer gar nicht, eine Reinigung von Nachtschränken und -tischen nur, wenn diese freigeräumt waren, Konsolen und Spiegel im Waschbereich nur bei einem Patientenwechsel oder bei besonderen Verunreinigungen, gleiches gelte für die Beseitigung von Sichtverschmutzungen an Mobiliar und Wänden. Die Dienststelle arbeite mit ihrem stationären Bereich der Epileptologie sehr eng mit dem Institut zur Diagnostik der Epilepsie (IDE) zusammen. Beide setzten ärztliche und nicht-ärztliche Beschäftigte für die Behandlung und Betreuung ein, ohne dass seit 1994 je geltend gemacht worden sei, dass es sich um Einstellungen handele.
Die Dienststellenleitung beantragt,
den Beschluss der Schieds- und Schlichtungsstelle des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. zum Geschäftszeichen II-24/12 vom 19. Juli 2012 abzuändern und die Anträge der Antragstellerin insgesamt zurückzuweisen.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Meinung, dass jedes Krankenhaus einen ganzheitlichen Pflege- und Betreuungsansatz verfolge, bei dem die Grundbedürfnisse des Menschen nach Pflege und Sauberkeit berücksichtigt werden müssten. Die Servicekräfte müssten selbstverständlich mit den Beschäftigten der Dienststelle zusammenarbeiten, um den Zweck des Krankenhauses sicherzustellen. Auf den inneren Stationen fragten die Servicekräfte ständig nach, wann bestimmten Patienten Speisen oder Getränke gereicht werden könnten. Sie übernähmen Aufgaben des Pflegepersonals wie das Verbringen von Patienten nach Untersuchungen in entsprechende Pflegebetten, etwa nach Dialysebehandlungen. Aufgrund hoher Fluktuation der Servicekräfte falle ein erhöhter Einweisungsbedarf für Pflegekräfte an. Die Servicekräfte bereiteten Speisen mundgerecht vor, schenkten Getränke ein, rückten Nachtschränke zurecht, sammelten die Essenstabletts ein und brächten Getränke nach. Das hätte zuvor das Pflegepersonal gemacht, das bei Bedarf und Wunsch auch gereinigt, gelüftet oder aufgeräumt habe, ein- und ausgepackt, und den Patienten unterstützt hätte. Betten würden nicht neu bezogen, sondern in die Bettenzentrale gebracht. Es gäbe eine Vielzahl von Weisungen der Pflegekräfte gegenüber den Servicekräften.
Die Dienststellenleitung erwidert, dass es keinen erhöhten Einweisungsbedarf gäbe, weil die Fluktuation der Servicekräfte nicht hoch sei und die Einweisungen zudem durch die Vorarbeiterin und zwei andere Kräfte des Drittunternehmens erfolgten. Die Betten würden durchaus auch auf der Station aufbereitet, wenn dieses zulässig und unbedenklich sei, insbesondere wenn die Bettenzentrale nicht besetzt sei. Im Übrigen erfolge die Bettenaufbereitung nicht durch Pflegekräfte, sondern durch Beschäftigte der Krankenhauswäscherei.
II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Beschwerde ist nach § 63 Abs. 1 Buchstabe a) MVG.DWBO statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. Einer Annahme der Beschwerde bedarf es nicht. Vorliegend ist die alte, für das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. jedenfalls für die Einlegung der Beschwerde noch gültige Fassung des § 63 MVG.EKD anzuwenden. Zwar hat die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz durch ihr Kirchengesetz über die Anwendung des Mitarbeitervertretungsgesetzes der EKD vom 16. April 2010 eben dieses Gesetz in der aktuellen Fassung der Bekanntmachung vom 15. Januar 2010 (ABl.EKD Seite 3) übernommen (Kirchengesetz vom 16. April 2010, KABl., Seite 108). Indessen hatte das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. bis zur Einlegung der Beschwerde noch nicht nach § 16 des Kirchengesetzes vom 16. April 2010 beschlossen, dieses zu übernehmen. § 63 Abs. 2 MVG.EKD in der aktuellen Fassung gilt deshalb hier nicht.
2. Die Beschwerde ist unbegründet, weil die Anträge der Mitarbeitervertretung zulässig und begründet sind, soweit das Kirchengericht ihnen stattgegeben hat.
a) Die Anträge der Mitarbeitervertretung sind zulässig, soweit damit die Feststellungen verlangt werden, dass die Einstellungen der genannten Beschäftigten rechtswidrig sind. Soweit die Mitarbeitervertretung beantragt und das Kirchengericht entschieden hat, dass die Maßnahmen unwirksam seien, sind die Anträge dahingehend auszulegen, dass es um ihre Rechtswidrigkeit geht. Bei Einstellungen handelt es sich um einen tatsächlichen Vorgang, nämlich um die Eingliederung von Beschäftigten in einen Betrieb oder eine Dienststelle. Solche tatsächlichen Vorgänge können nicht wirksam oder unwirksam sein, weil sie geschehen und damit existent sind. Für die bloße Existenz gibt es keine Wirksamkeitsvoraussetzungen. Tatsächlich will die Mitarbeitervertretung die Mitarbeitervertretung mit ihren Anträgen die Feststellung erreichen, dass die Beschäftigung der Servicekräfte nicht ohne ihre Beteiligung hätte erfolgen dürfen. Es geht damit nicht um die Wirksamkeit tatsächlicher Vorgänge, sondern um ihre Vereinbarkeit mit der Rechtsordnung. Demgemäß ist das Verlangen der Mitarbeitervertretung auf die Feststellung gerichtet, dass sie vor der Beschäftigung der Servicekräfte zu beteiligen gewesen wäre, diese Einstellungen also ohne die Beteiligung rechtswidrig sind.
Für die Anträge auf Feststellung der Verletzung eines Mitbestimmungsrechts liegen die Voraussetzungen für Feststellungsanträge vor. Diese sind gegeben, wenn die begehrte Feststellung auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses oder einzelner Berechtigungen aus einem Rechtsverhältnis gerichtet ist. Dazu gehört auch der Streit um das Bestehen oder Nichtbestehen eines Mitbestimmungsrechts an einer Maßnahme (Schwab/Weth/Weth, ArbGG, § 81 Rn. 27, 29). Das erforderliche Feststellungsinteresse setzt voraus, dass die zu klärende Frage noch tatsächliche Bedeutung für die Zukunft haben kann. Handelt es sich um eine in der Vergangenheit bereits abgeschlossene Maßnahme, besteht kein Feststellungsinteresse mehr, hierfür noch zu klären, ob ein Mitbestimmungsrecht bestanden hätte. Vielmehr müsste der Antrag dann auf gleichartige in der Zukunft zu erwartende Fälle gerichtet sein (Germelmann-Matthes, ArbGG, § 81 Rn. 25). Diesen Anforderungen genügen die Anträge der Mitarbeitervertretung. Bei ihnen geht es um die Feststellung, dass die Mitarbeitervertretung ein von der Dienststelle zu beachtendes Mitbestimmungsrecht bei der Beschäftigung von Servicekräften hat. Hierfür liegt das erforderliche Feststellungsinteresse vor. Wenn nämlich ein Mitbestimmungsrecht bestehen sollte, hätte es die Dienststelle mit der Folge nicht beachtet, dass die Mitarbeitervertretung noch zu beteiligen wäre. Es geht damit nicht nur um eine in der Vergangenheit abgeschlossene und unabänderliche Maßnahme.
b) Die Anträge sind begründet. Die Beschäftigung der Servicekräfte erfolgt aufgrund von Einstellungen im Sinne von § 42 Buchstabe a) MVG.DWBO, bei denen die Mitarbeitervertretung zu beteiligen ist.
Das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, dass es für das Vorliegen einer Einstellung nicht auf das Rechtsverhältnis ankommt, in dem die im Betrieb tätigen Personen zur Betriebsinhaberin stehen. Das Mitbestimmungsrecht wird vielmehr durch die Eingliederung der Personen in den Betrieb ausgelöst. Eine Eingliederung in diesem Sinne ist auch bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von anderen Unternehmen möglich, die auf Grund eines Dienst- oder Werkvertrages Tätigkeiten im Betrieb verrichten. Dazu ist aber erforderlich, dass diese gemeinsam mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine Aufgabe zu verrichten haben, die ihrer Art nach weisungsgebunden ist, der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes diene und daher vom Unternehmen organisiert werden müsse. Die Personen sollen nach dem Bundesarbeitsgericht so in die betriebliche Arbeitsorganisation eingegliedert sein, dass die Arbeitgeberin das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidung über den Arbeitseinsatz auch nach Zeit und Ort trifft; sie soll die Arbeitgeberfunktion wenigstens im Sinne einer aufgespaltenen Arbeitgeberstellung teilweise ausüben müssen. Dazu soll die detaillierte Beschreibung der dem Auftragnehmer übertragenen Tätigkeit in dem zugrunde liegenden Vertrag und die enge räumliche Zusammenarbeit im Betrieb, die Unentbehrlichkeit einer von der Fremdfirma erbrachten Hilfsfunktion für den Betriebsablauf und die Einweisung und Koordination des Fremdfirmeneinsatzes durch Mitarbeiter des Betriebsinhabers nicht ausreichen (BAG, Beschluss vom 13. März 2001, 1 ABR 34/00, Rn. 18). Unerheblich ist hingegen, ob und ggf. von wem diesen Personen tatsächlich Weisungen hinsichtlich ihrer Tätigkeit gegeben werden (BAG, Beschluss vom 27. Juli 1993, 1 ABR 7/93, Rn. 28).
Nach diesen Grundsätzen liegt bei den Servicekräften eine Einstellung vor. Sie wirken an dem von der Dienststelle in den Krankenhausstationen verfolgten arbeitstechnischem Zweck mit. Die Mitarbeitervertretung weist zu Recht darauf hin, dass der arbeitstechnische Zweck eines Krankenhausbetriebs sich nicht auf die unmittelbaren Funktionen von Behandlung und Pflege beschränkt, sondern dass dazu auch die Unterbringung, Verpflegung und nicht-medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten gehört. Mit der zumindest teilweisen Erweiterung ihres Angebots an die Patientinnen und Patienten durch Beschäftigung der Servicekräfte geht es der Dienststelle ersichtlich um eine Verbesserung im Bereich der nicht-medizinischen Versorgung und Unterbringung. Die von den Servicekräften zu verrichtenden Dienste sollen die Sauberkeit der Räume, Möbel und Einrichtungen sowie durch die Hilfe bei Ankunft und Verlassen des Krankenhauses sowie bei internen Gängen das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten verbessern. Damit wird kein eigenständiger Zweck verfolgt, der neben der medizinischen Aufgabenstellung liegt, sondern der Erreichung des medizinischen Zwecks unmittelbar zugearbeitet. Es gibt keine außerhalb des Krankenhauszwecks stehende Funktion „Steigerung des Wohlbefindens der Patientinnen und Patienten“. Vielmehr dienen auch die Dienstleistungen der Servicekräfte dem Heilbehandlungszweck.
Diese Tätigkeit wird von den Servicekräften in arbeitsteiligem Zusammenwirken mit den Beschäftigten der Dienststelle verrichtet. Es bedarf einer ständigen rein tatsächlichen Koordination der Arbeitsbereiche insbesondere der Servicekräfte und der Pflege, aber auch des ärztlichen Bereichs, damit diese auf einer Station, aber ohne sich bei der Arbeit gegenseitig zu behindern, ihre Aufgaben erfüllen können. Dieses hat darüber hinaus zum Teil auch aufeinander abgestimmt zu erfolgen, wenn es die Patientenbedarfe erfordern. So können Pflegekräfte etwa nur dann Patientinnen und Patienten bei der Nahrungsaufnahme helfen, wenn das Essen von den Servicekräften dann bereitgestellt wird, wenn die Pflegekräfte Zeit für eine solche Hilfestellung haben. Auch setzt die Berücksichtigung von Speisevorschriften voraus, dass das Pflegepersonal diese rechtzeitig fertigstellt, damit sie von den Servicekräften berücksichtigt werden können. Über diese sich bereits aus den eigentlichen Arbeitsaufgaben ergebenden Fälle des koordinierten Zusammenwirkens ist die Tätigkeit von Servicekräften sowie pflegerischen und ärztlichen Personal auf einer Station gar nicht anders möglich als mit einer Abstimmung und Rücksichtnahme auf die Arbeitserfordernisse der übrigen Beschäftigten. Anders als bei einer Gebäudereinigung oder einem Handwerkers muss nicht nur vorübergehend, sondern über die gesamte Dauer der täglichen Schichten das Tätigwerden miteinander abgestimmt werden, um sich nicht gegenseitig zu behindern.
Die Tätigkeit der Servicekräfte ist weisungsgebunden. Dabei nimmt die Dienststelle einen Teil der Aufgabenstellung auf Arbeitgeberseite ein. Das geschieht dadurch, dass sie die Servicekräfte neben den bei ihr Beschäftigten aus dem pflegerischen und ärztlichen Bereich mit einer Daueraufgabe zum selben arbeitstechnischen Zweck tätig werden lässt. Dieses kann nicht ohne eine fortlaufende Koordinierung und Abstimmung der Arbeitsabläufe geschehen; die Arbeitsprozesse müssen in ihrem zeitlichen und inhaltlichen Ablauf so synchronisiert werden, dass sie bestmöglich, jedenfalls aber ohne gegenseitige Störungen durchgeführt werden können. Diese Organisation abhängiger Arbeit ist typischer Inhalt der Arbeitgeberstellung, die nur von dem Unternehmen durchgeführt werden kann, um dessen Betrieb es sich handelt. Es kann dahingestellt bleiben, ob vorliegend entsprechende organisatorisch-planerische Maßnahmen der Beteiligten zu 2 feststellbar sind. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, wäre dieses Ausdruck der Entscheidung der Beteiligten zu 2, den in den Stationen der Beteiligten zu 2 tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die erforderliche Koordinierung durch Abstimmung untereinander selbst zu überlassen. Die detaillierten Leistungsbeschreibungen aus dem Vertrag zwischen der Beteiligten zu 2 und dem Drittunternehmen reichen nicht aus, um die tägliche Arbeit auf den Stationen zu ermöglichen, weil sich aus ihnen notwendigerweise keine Koordinierung der täglichen Arbeit ergeben kann. Selbst wenn die Beteiligte zu 2 insoweit nichts geregelt haben sollte, ist dieses eine konkrete, von der Beteiligten zu 2 getroffene Organisationsentscheidung. Nur bei einem derartigen Verständnis der Aufgabenstellung auf Arbeitgeberseite lässt sich der Zweck des Mitbestimmungsrechts bei Einstellungen verwirklichen, der darin besteht, die Arbeitnehmervertretung eine Mitsprachemöglichkeit der personellen Zusammensetzung des Arbeitsverbandes zu gewährleisten (BAG, Beschluss vom 5. März 1991, 1 ABR 39/90, Rn. 26). Die tägliche und sowohl räumlich als auch organisatorisch enge Zusammenarbeit auf den Stationen führt bei natürlicher Betrachtung zu einer gemeinsamen Tätigkeit, in der das Miteinander der Beschäftigten von entscheidender Bedeutung ist. § 41 Abs. 1 Buchstabe c) MVG.DWBO klar zum Ausdruck, dass hier nach dem Willen des Gesetzgebers eine Mitwirkungsmöglichkeit der Mitarbeitervertretung bestehen soll.
Diesem Verständnis steht nicht die unternehmerische Freiheit der Dienststelle entgegen. Die Beteiligte zu 2 ist nicht gehindert, mit einem Drittunternehmen den Einsatz von Servicekräften zu vereinbaren und durchzuführen. Sie ist nur gehalten, vor dem konkreten Einsatz der Servicekräfte für die einzelne einzusetzende Person das Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung zu beachten.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).