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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:23.04.2012
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/T59-11
Rechtsgrundlage:MVG.DWBO § 42 Buchstabe c)
Vorinstanzen:Schieds- und Schlichtungsstelle des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V., Beschluss vom 29.9.2011
Schlagworte:Mitbestimmung bei Stufenzuordnung (altes Recht)
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Leitsatz:

Jede Ausfüllung einer unbewussten oder nachträglich entstandenen Normsetzungslücke durch gerichtliche Erkenntnis setzt voraus, dass aus den Umständen auf einen entsprechenden eindeutigen Willen des Normsetzers (Gesetzgebers) zu schließen ist.

Tenor:

Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss der Schieds- und Schlichtungsstelle des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. vom 29. September 2011 - I-23/11 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob auch die Festlegung der "Entgeltstufe" nach dem bei der Dienststelle aufgrund einer Ausnahmegenehmigung des Diakonischen Rates vom 10. Dezember 2007 angewendeten Entgeltbemessungssystem der Mitbestimmung nach § 42 Buchstabe c) MVG.DWBO unterliegt. Diese Bestimmung lautet: "Die Mitarbeitervertretung hat in den folgenden Personalangelegenheiten … ein eingeschränktes Mit-bestimmungsrecht … c) Eingruppierung einschließlich Festlegung der Fallgruppe, Wechsel der Fallgruppe, Umgruppierung". Die seit dem 1. Januar 2010 geltende Neufassung des MVG.EKD ist in das hier anzuwendende MVG.DWBO nicht übernommen worden.
Die Vorinstanz hat im angefochtenen Beschluss vom 29. September 2011 auf den Antrag der Dienststellenleitung erkannt,
dass die Mitarbeitervertretung bei der Eingruppierung von Mitarbeitern gemäß der in der Dienststelle anwendbaren Arbeitsordnung vom 1. April 2007 kein Mitbestimmungsrecht gemäß § 42 Buchstabe c) MVG.DWBO bei der ergänzenden Vereinbarung der Entgeltstufen innerhalb des Entgeltbandes der jeweiligen Entgeltgruppe hat.
Gegen diesen ihr am 21. Oktober 2011 zugestellten Beschluss wendet sich die Mitarbeitervertretung mit ihrer am 21. November 2011 (Fax) eingereichten Beschwerde. Sie macht im Wesentlichen geltend, bei der Antragstellerin bestehe ein hausinternes System für die Fest-legung der jeweiligen Entgeltstufe. Zwar sei § 42 Buchstabe c) MVG.DWBO nicht geändert worden; es sei jedoch kein Wille des Gesetzgebers festzustellen, die Stufenzuordnung vom Mitbestimmungsrecht bei der Eingruppierung auszunehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beschwerdeführerin wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 21. November und 21. Dezember 2011, 6. Januar und 17. April 2012 Bezug genommen.
Sie hat sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt und beantragt
festzustellen, dass die Beschwerdeführerin bei der Eingruppierung von Mitarbeitern gemäß der in der Dienststelle anwendbaren Arbeitsordnung vom 1. April 2007 ein Mit-bestimmungsrecht gemäß § 42 Buchstabe c) MVG.DWBO bei der ergänzenden Vereinbarung der Entgeltstufen innerhalb des Entgeltbandes der jeweiligen Entgeltgruppe hat.
Die Antragstellerin hat sich ebenfalls mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Sie beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze vom 26. Ja-nuar und vom 4. April 2012 Bezug genommen.
II. Die statthafte und zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
1. Über die Beschwerde war im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Ver-handlung zu entscheiden.
2. Die Beschwerde ist nach § 63 Abs. 1 Buchstabe c) MVG.DWBO statthaft. Die Zuläs-sigkeitsvoraussetzungen sind gewahrt.
3. Die Beschwerde ist indessen nicht begründet.
a) Die anzuwendende Bestimmung des § 42 Buchstabe c) MVG.DWBO ist wortgleich mit der zur bis zum 31. Dezember 2009 gültig gewesenen Fassung des § 42 Buchstabe c) MVG.EKD und mit der unverändert geltenden Bestimmung des § 42 Nr. 3 MVG.K. Zu den beiden zuletzt genannten Bestimmungen hat der Kirchengerichtshof der EKD entschieden, dass die Stufenzuordnung von diesem Mitbestimmungstatbestand nicht erfasst ist (zu § 42 Buchstabe c) MVG.EKD a.F.: Beschluss vom 14. Januar 2008 - Az.: I-0124/N33-07; zu § 42 Nr. 3 MVG.K: Beschluss vom 23. März 2011 - Az.: I-0124/S23-10 - beide veröffentlicht unter www.kirchenrecht-ekd.de).
b) Für die hier in Rede stehende Bestimmung des § 42 Buchstabe c) MVG.DWBO gilt nichts Anderes. Auch sie erfasst nach ihrem Wortlaut nicht die Stufenzuordnung. Ein gegenteiliges Ergebnis folgt auch nicht aus der von der Mitarbeitervertretung postulierten Lückenausfüllung. Selbst wenn man zu Gunsten der Mitarbeitervertretung unterstellt, dass diese Bestimmung infolge der Neustrukturierung von Eingruppierungssystemen durch die Einführung von Vergütungsstufen innerhalb der Entgeltgruppen nachträglich ausfüllbar lückenhaft geworden sei, folgt daraus nicht, dass diese Lücke notwendig dadurch geschlossen werden müsste, auch die Stufenzuordnung der Mitbestimmung zu unterstellen.
Jede Ausfüllung einer unbewussten oder nachträglich entstandenen Normsetzungslücke durch gerichtliche Erkenntnis setzt voraus, dass aus den Umständen auf einen entsprechenden eindeutigen Willen des Normsetzers (Gesetzgebers) zu schließen ist. Daran fehlt es hier, ebenso wie in den zu § 42 Buchstabe c) MVG.EKD a.F und zu § 42 Nr. 3 MVG.K ent-schiedenen Fällen. Auch dem hier zuständigen Gesetzgeber sind die vorgenannten Ent-scheidungen des Kirchengerichtshofs der EKD ebenso bekannt wie die Änderung des § 42 Buchstabe c) MVG.EKD ab 1. Januar 2010 und die zu dieser Neufassung ergangene Ent-scheidung des KGH.EKD vom 22. November 2010 - Az.: I-0124/R89-09 - www.kirchenrecht-ekd.de, wonach die Neufassung auch die Stufenzuordnung mitbestimmungspflichtig gemacht hat. Gleichwohl ist der Gesetzgeber untätig geblieben. Diese Umstände lassen nicht zwingend darauf schließen, es sei kein Wille des Gesetzgebers festzustellen, die Stufenzuordnung von der Mitbestimmung entsprechend § 42 Buchstabe c) MVG.DWBO auszuschließen. Vielmehr liegt es näher, aus der Untätigkeit des Gesetzgebers in Kenntnis dieser Umstände zu folgern, dass er es bei der Gesetzeslage belassen und die Stufenzuordnung nicht der Mitbestimmung unterstellen will.
III.Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).