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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 28.03.2012 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD I-0124/T55-11 |
Rechtsgrundlage: | MVG.K. § 19 |
Vorinstanzen: | Schiedsstelle der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen und der Diakonischen Werke Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe-Kammer Diakonisches Werk Braunschweig, Beschluss vom 9.8.2011- Az: K 11 |
Schlagworte: | Individualanspruch für Freizeitausgleich für eine Schulungsteilnahme |
Leitsatz:
Die Verfolgung von Individualansprüchen (Freizeitausgleich für eine Schulungsteilnahme außerhalb der persönlichen Arbeitszeit) zählt nicht zu den gesetzlichen Aufgaben der Mitarbeitervertretung nach dem Kirchengesetz der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (MVG.K); dies gilt auch, wenn die Ansprüche auf Mitarbeitervertretungstätigkeiten gestützt werden.
Tenor:
Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss der Schiedsstelle der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen und der Diakonischen Werke Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe - Kammer Diakonisches Werk Braunschweig - vom 9. August 2011 - Az. K 11 - wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I. Die antragstellende Mitarbeitervertretung will festgestellt wissen, dass die beteiligte Dienststelle verpflichtet sei, drei Mitgliedern der Mitarbeitervertretung nach näherer Maßgabe der im ersten Rechtszug zuletzt gestellten Anträge für die außerhalb ihrer persönlichen Ar-beitszeit liegenden Anteile der Mitarbeitervertretungsschulungen Freizeitausgleich unter Fortzahlung der Vergütung zu gewähren.
Die Vorinstanz hat mit ihrem Beschluss vom 9. August 2011 die Anträge als zulässig, jedoch unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 11. November 2008 - 1 AZR 646/07 - AP Nr. 51 zu § 611 BGB Kirchendienst - als nach § 19 MVG.K unbegründet abgelehnt.
Gegen den Beschluss der Vorinstanz richtet sich die Beschwerde der Mitarbeitervertretung. Sie hält den Beschluss unter Hinweis auf die gegenteilige Entscheidung der Schlichtungsstelle für Mitarbeitervertretungsrecht - MVG - beim Diakonischen Werk in Kurhessen-Waldeck e.V. (jetzt: Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck - Kammer für den diakonischen Bereich) vom 29. Juli 2010 - Az.: S 9/07 - für unrichtig und meint, entgegen dem verfahrensleitenden Hinweis des Senatsvorsitzenden liege keine Geltendmachung von Individualansprüchen der Mitglieder der Mitarbeitervertretung vor. Wegen der Einzelheiten ihres zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beschwerdeführerin vom 21. Oktober 2011 und 3. Februar 2012 Bezug genommen.
Sie beantragt,
die Beschwerde zur Entscheidung anzunehmen, den angefochtenen Beschluss abzu-ändern und nach ihren Schlussanträgen der ersten Instanz zu erkennen.
Die Dienststellenleitung beantragt,
die Beschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen, sondern zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil hierfür kein Grund gegeben ist.
1. Nach § 65 Abs. 2 Satz 1 MVG.K, wie auch nach § 63 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD, bedarf die Beschwerde gegen Beschlüsse der Kirchengerichte der Annahme durch den Kirchenge-richtshof der EKD. Sie ist nach § 65 Abs. 2 Satz 2 MVG.K, wie auch nach § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD, anzunehmen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen, 2. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, 3. der Beschluss von einer Ent-scheidung des Kirchengerichtshofes der Evangelischen Kirche in Deutschland, eines obersten Landesgerichts oder eines Bundesgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 4. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der Beschluss beruhen kann.
2. Es liegt kein Annahmegrund vor.
a) Der verkürzt als Divergenzannahme bezeichnete Annahmegrund nach § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 MVG.EKD und - gleichlautend - § 65 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 MVG.K liegt nicht vor. Die herangezogene Entscheidung der Schlichtungsstelle für Mitarbeitervertretungsrecht - MVG - beim Diakonischen Werk in Kurhessen-Waldeck e.V. (jetzt: Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck - Kammer für den diakonischen Bereich) ist nicht divergenzfähig.
b) Der geltend gemachte Annahmegrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MVG.EKD) liegt ebenfalls nicht vor.
aa) Ernstliche Zweifel an der materiell-rechtlichen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses sind nur anzunehmen, wenn die Entscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich anders zu treffen sein wird; die bloße Möglichkeit einer entgegen ge-setzten Entscheidung genügt nicht (st. Rechtsprechung des KGH.EKD, zuletzt Beschluss vom 23. Februar 2012 - II-0124/T20-11 - www.kirchenrecht-ekd.de). Maßgeblich ist, dass die Entscheidung in der Sache, nicht aber nur deren Begründung, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anders ausgehen wird. Die Gründe, aus denen sich die ernstlichen Zweifel an der materiellen Richtigkeit der Entscheidung ergeben sollen, müssen innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist schriftsätzlich vorgetragen worden sein (KGH.EKD, Beschluss vom 28. November 2011 - I-0124/T40-11 - www.kirchenrecht-ekd.de).
bb) Solche Umstände liegen nicht vor. Die Vorinstanz hat die Anträge der Mitarbeitervertre-tung zu Recht zurückgewiesen.
(1) Der Antrag der Mitarbeitervertretung ist schon deshalb nicht begründet, weil sie Individualansprüche ihrer Mitglieder auf bezahlten Freizeitausgleich wegen Mitarbeitervertretungstätigkeiten durch Schulungsteilnahme außerhalb der persönlichen Arbeitszeit verfolgt. Die Verfolgung von Individualansprüchen zählt nicht zu den gesetzlichen Aufgaben der Mitarbeitervertretung nach dem Kirchengesetz der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (MVG.K); dies gilt auch, wenn die Ansprüche auf Mitarbeitervertretungstätig-keiten gestützt werden (vgl. für das BetrVG: BAG, 15. Februar 1989 - 7 AZR 193/88 - AP Nr. 70 zu § 37 BetrVG 1972).
(2) Die Ansprüche sind zudem nach § 19 MVG.K nicht begründet. Dies hat die Vorinstanz richtig erkannt.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).