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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:16.11.1995
Aktenzeichen:VerwG.EKD 0124/9-95
Rechtsgrundlage:
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle der EKD, Az.: 2708/26-95; Fundstelle: Die Mitarbeitervertretung 1/96 S. 37
Schlagworte:Abschließende Entscheidung der Schlichtungsstelle in den Fällen des § 60 Abs. 4 MVG.EKD
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Leitsatz:

In den Fällen, die einem eingeschränkten Mitbestimmungsrecht unterliegen, entscheidet die Schlichtungsstelle abschließend. Gegen die abschließende Feststellung der Schlichtungsstelle ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Tenor:

1. Die Beschwerde der Dienststellenleitung gegen den Beschluß der Schlichtungsstelle vom 25. Juli 1995 - Az.: 2708/26-95.127 - wird als unzulässig verworfen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Dienststellenleitung zu tragen.

Gründe:

I. In der Dienststelle A ist mit Wirkung vom 1. Oktober 1995 die Referatsstelle "Ökumene - Grundsatzfragen, ÖRK, Weltbünde" wiederzubesetzen. Für die Wiederbesetzung schlug die Dienststellenleitung eine Bewerberin vor. Hierzu hatte die Mitarbeitervertretung in Ausübung ihres eingeschränkten Mitbestimmungsrechts (§ 43 Buchst. b MVG.EKD) die Zustimmung erteilt. Der Rat beschloß, einen zweiten Personalvorschlag (männlichen Bewerber) in die Beratung einzubeziehen und führte mit beiden Bewerbern getrennte Vorstellungsgespräche. Anschließend entschied er sich für den männlichen Bewerber und beschloß, daß dieser berufen werden solle. Daraufhin bat die Dienststellenleitung die Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 31. Mai 1995 um Zustimmung. Die Mitarbeitervertretung versagte diese am 1. Juni 1995 mit der Begründung, es liege ein Verstoß gegen die Dienstvereinbarung zur Förderung der Gleichstellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 13. August 1992 vor. Es stehe eine geeignete Bewerberin zur Verfügung. In der Hauptabteilung III seien z.Z. nur männliche Referenten tätig.
Mit Schriftsatz vom 7. Juni 1995 rief die Dienststellenleitung an und machte geltend, die Mitarbeitervertretung habe die Zustimmung zu Unrecht verweigert. Sie hat beantragt,
zu entscheiden, daß die beabsichtigte Maßnahme, Pastor C mit Wirkung vom 1. Oktober 1995 für die Dauer von fünf Jahren in ein Kirchenbeamtenverhältnis auf Zeit zu berufen und zum Oberkirchenrat zu ernennen, vollzogen werden kann.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
die Zustimmung zur beabsichtigten Maßnahme, Herrn Pastor C mit Wirkung zum 1. Oktober 1995 für die Dauer von fünf Jahren in ein Kirchenbeamtenverhältnis auf Zeit zu berufen und zum Oberkirchenrat zu ernennen, nicht zu ersetzen.
Sie hat vorgetragen, die beabsichtigte Personalmaßnahme verstoße gegen mehrere Bestimmungen der Dienstvereinbarung zur Förderung der Gleichstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 13. August 1992. Weiter sei sie ermessensfehlerhaft zustande gekommen.
Die Schlichtungsstelle hat durch Beschluß vom 25. Juli 1995 entschieden, die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zu der beabsichtigten Ernennung werde nicht ersetzt.
In dem Beschluß wird unter anderem ausgeführt, ein Verstoß gegen einzelne Normen der Dienstvereinbarung vom 13. August 1992 sei nicht erkennbar. Jedoch liege in der Entscheidung für den männlichen Bewerber eine ermessensfehlerhafte Entscheidung im Sinne von § 41 Abs. 1 Buchst. a MVG.EKD vor. Insoweit habe die Zielvorgabe der Dienstvereinbarung vom 13. August 1992 erhebliche Bedeutung. Danach sollten nämlich gemäß vereinbartem Zeitplan bis 1997 in dem Bereich, in dem Frauen bislang unterrepräsentiert sind, Frauen 50% der entsprechenden Stellen besetzen. Der Begriff des "Bereichs" sei entsprechend dem Organisationsplan an den Hauptabteilungen zu orientieren. In der Hauptabteilung III seien auf Referentenebene ausschließlich Männer tätig. Damit bleibe bis 1997 nur ein sehr geringer Zeitraum, die Zielvorgabe der Dienstvereinbarung vom 13. August 1992 zu erreichen. Gegen die fachliche Qualifikation der Bewerberin könnten Bedenken nicht vorgebracht werden. Die Dienststellenleitung habe auch keine Anhaltspunkte dafür geliefert, wie die Zielvorgabe zur Verbesserung des Frauenanteils in der Hauptabteilung III auf Referentenebene bis 1997 erreicht werden könne. Angesichts dieser Gesamtumstände sei die Entscheidung für den männlichen Bewerber ermessensfehlerhaft. Wegen des Widerspruchs der Mitarbeitervertretung, der sich auf § 41 Abs. 1 Buchst a MVG.EKD stütze, könne die Zustimmung nicht ersetzt werden. - Im übrigen wird zur Darstellung des Sachverhalts auf den Beschluß der Schlichtungsstelle verwiesen.
Gegen den Beschluß der Schlichtungsstelle hat die Dienststellenleitung mit Schriftsatz vom 22. August 1995, eingegangen beim Verwaltungsgericht am folgenden Tage, Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor:
Die Entscheidung des Rates zur beabsichtigten Personalmaßnahme sei nicht ermessensfehlerhaft. Eine Dienstvereinbarung, wonach bis 1997 in bestimmten Bereichen ein Frauenanteil von 50% erreicht sein müsse, bestehe nicht. Die in der Dienstvereinbarung vorgesehene Konkretisierung der Zielvorgabe im Hinblick auf Zeitplan und Einzelschritte der Umsetzung sei bislang noch nicht vorgenommen. Die Schlichtungsstelle habe weiter den Begriff des "Bereichs" verkannt.
Dieser Begriff dürfe nicht an dem Organisationsplan und dessen Gliederung in Hauptabteilungen orientiert werden, vielmehr sei unter "Bereich" die klassische Gliederung nach Besoldungs-, Vergütungs- und Lohngruppen zu verstehen. Schließlich habe der Rat bei seiner Personalentscheidung den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum ausschöpfen können. Er habe sich dabei nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen oder allgemeine Wertmaßstäbe mißachtet. Der Rat sei zu dem Ergebnis gelangt, daß es sich bei dem männlichen Bewerber um den geeigneteren zukünftigen Mitarbeiter für das vorgesehen Aufgabengebiet handele.
Die Dienststellenleitung beantragt,
1. den Beschluß der Schlichtungsstelle vom 24. Juli 1995 -Az.: 2708/26-95.127- aufzuheben,
2. festzustellen, daß für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 Abs. 1 Buchst. a, letzte Alternative MVG.EKD vorliegt.
Die Mitarbeitervertretung beantragt;
die Anträge zurückzuweisen.
Die Mitarbeitervertretung macht in erster Linie geltend, die Beschwerde der Dienststellenleitung sei unzulässig, weil im Streitfall der kirchliche Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet sei. Nach § 60 Abs. 4 Satz 1 MVG.EKD entscheide die Schlichtungsstelle in den Fällen des eingeschränkten Mitbestimmungsrechts abschließend. Das Rechtsmittel der Beschwerde sei in diesen Fällen nicht gegeben. Hilfsweise trägt sie vor, die beabsichtigte Personalmaßnahme verstoße gegen verschiedene Vorschriften der Dienstvereinbarung zur Förderung der Gleichstellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 13. August 1992. Weiter sei die Entscheidung des Rates ermessensfehlerhaft. Bei richtiger Ermessensausübung hätte die Auswahlentscheidung zugunsten der Bewerberin ausfallen müssen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten, insbesondere wegen aller Einzelheiten, wird zur Darstellung des Sachverhalts auf den Inhalt ihrer chriftsätze sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die Beschwerde der Dienststellenleitung ist nicht statthaft: das Gesetz (§ 3 Abs. 1 VGG.EKD in Verbindung mit § 63 Abs. 1 MVG.EKD) sieht sie nicht vor, schließt sie vielmehr ausdrücklich aus (§ 60 Abs. 4 Satz 1 MVG.EKD). Da es folglich an einer Zulässigkeitsvoraussetzung für die Beschwerde fehlt, mußte sie nach § 16 Abs. 1 Satz 1 VGG.EKD in entsprechender Anwendung des § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO als unzulässig verworfen werden.
1. Nach § 43 Buchst. a MVG.EKD hat die Mitarbeitervertretung bei der Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses ("Einstellung") ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht in Gestalt der Zustimmung. Sie darf ihre Zustimmung jedoch nur verweigern, wenn einer der in § 41 Abs. 1 Buchst. a bis c MVG.EKD aufgeführten Gründe vorliegt. Kommt es wegen der Verweigerung der Zustimmung nicht zu einer Einigung, kann die Dienststellenleitung nach näherer Regelung des § 38 Abs. 4 MVG.EKD die Schlichtungsstelle anrufen. In den Fällen des eingeschränkten Mitbestimmungsrechts hat die Schlichtungsstelle nach § 60 Abs. 4 Satz 1 MVG.EKD lediglich zu prüfen und abschließend festzustellen, ob für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 vorliegt. Nach dem Wortlaut des § 60 Abs. 4 Satz 1 MVG.EKD entscheidet die Schlichtungsstelle "abschließend". Das kann nach allgemeinem Sprachgebrauch nur bedeuten, daß es kein Rechtsmittel gegen den entsprechenden Beschluß der Schlichtungsstelle gibt und daß die Anrufung des kirchlichen Verwaltungsgerichts hier nicht möglich ist (ebenso Fey/Rehren, MVG.EKD, PraxisKommentar, 1994, § 60 RdNr. 5). Demgemäß enthält der Zuständigkeitskatalog des § 63 Abs. 1 MVG.EKD (und entsprechend die Bestimmung des § 3 Abs. 1 VGG.EKD) auch keine Regelung darüber, daß gegen die abschließende Feststellung der Schlichtungsstelle ein Rechtsmittel gegeben sei. Rechtssystematisch betrachtet, sind die Regelungen des § 60 Abs. 4 Satz 1 MVG.EKD und des § 63 Abs. 1 MVG.EKD widerspruchsfrei und in sich stimmig. Sie geben auch den Willen des kirchlichen Gesetzgebers wieder. Dem Gesetzgeber des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 12. November 1993 waren die Bestimmungen der §§ 63 Abs. 1 und 40 Abs. 4 Satz 1 MVG.EKD bekannt, er hat keinen Anlaß gesehen, den Zuständigkeitskatalog des § 63 Abs. 1 MVG.EKD zu erweitern. Daraus werden auch Sinn und Zweck der Regelung des § 60 Abs. 4 Satz 1 MVG.EKD erkennbar. Bei Meinungsverschiedenheiten über Angelegenheiten, die der eingeschränkten Mitbestimmung unterliegen, soll möglichst schnell abschließende Klarheit geschaffen werden. Dafür spricht auch, daß diese Art von Meinungsverschiedenheiten ausdrücklich im Zuständigkeitskatalog der Schlichtungsstelle aufgezählt sind (§ 60 Abs. 1 Buchst. q MVG.EKD), in der Zuständigkeitsregelung für das kirchliche Verwaltungsgericht jedoch fehlen.
Ob die vom Gesetz angeordnete abschließende Zuständigkeit der Schlichtungsstelle den Vergleich mit staatlichem Recht aushält oder in der Praxis zu unbefriedigenden Ergebnissen führt, weil auf diese Weise Sachverhalte von erheblicher Bedeutung und Auswirkung der Nachprüfung durch die Rechtsmittelinstanz entzogen sind, darf für die Auslegung des Gesetzes durch das kirchliche Verwaltungsgericht keine Rolle spielen. Das Gericht ist an das Gesetz gebunden (§§ 2, 8 VGG.EKD). Es liegt in der alleinigen Kompetenz und Verantwortung des kirchlichen Gesetzgebers, die Zuständigkeit des kirchlichen Verwaltungsgerichts zu bestimmen.
2. Die Statthaftigkeit der eingelegten Beschwerde ergibt sich auch nicht aus § 63 Abs. 1 Buchst. b MVG.EKD, wie die Schlichtungsstelle in ihrer Rechtsmittelbelehrung angenommen hat. Die Beteiligten streiten vorliegend nicht darüber, welche Rechte (und Pflichten) ihnen aus der eingeschränkten Mitbestimmung erwachsen. Darüber herrscht zwischen ihnen überhaupt keine Uneinigkeit. Ihr Streit betrifft vielmehr die Frage, ob die Mitarbeitervertretung ihre Zustimmung zu einer bestimmten Personalmaßnahme zu Recht verweigert hat oder nicht. Dabei handelt es sich um eine Meinungsverschiedenheit im Sinne des § 60 Abs. 1 Buchst. q MVG.EKD. Das ist ein anderer Tatbestand. Dabei geht es um die Frage, wie das, was inhaltlich in Ausübung eines Rechts vorgebracht wird, zu bewerten ist. Bei § 63 Abs. 1 Buchst. b MVG.EKD handelt es sich insbesondere um Streitigkeiten über die Einhaltung der Verfahrensbestimmungen des § 38 (so zutr. Fey/Rehren, aaO, § 63 RdNr. 5).
3. Die Beteiligten streiten auch nicht über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Dienstvereinbarung. Daß eine bestimmte Dienstvereinbarung besteht, nämlich die vom 13. August 1992, darüber herrscht zwischen den Beteiligten keinerlei Uneinigkeit. Angegriffen wird lediglich die Auslegung der Dienstvereinbarung durch die Schlichtungsstelle. Auch dabei handelt es sich um einen Tatbestand, der von § 63 Abs. 1 MVG.EKD nicht übernommen worden ist.
4. Die Rechtsmittelbelehrung durch die Schlichtungsstelle im Beschluß vom 25. Juli 1995 ist nicht zutreffend. Das ändert jedoch nichts an der Unzulässigkeit der eingelegten Beschwerde, denn ein unzulässiges Rechtsmittel wird nicht durch eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung zulässig (BVerwGE 33, 209, 211; 63, 198, 200).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 Abs. 2 VGG.EKD.