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Kirchengericht: | Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 10.08.2000 |
Aktenzeichen: | VerwG.EKD I-0124/E7-00 |
Rechtsgrundlage: | VwGO § 43, MVG.BEK § 45 Abs. 2, § 45 Abs. 1, § 46 Buchst. c, VGG.EKD § 16 |
Vorinstanzen: | Gemeinsame Schlichtungsstelle der Bremischen Ev. Kirche und des Diakonischen Werkes Bremen, Az: DI-17/99 ; Fundstelle: Die Mitarbeitervertretung 6/00, S. 280 |
Schlagworte: | Wegfall des Feststellungsinteresses |
Leitsatz:
Beantragt die Mitarbeitervertretung festzustellen, dass die Dienststelle durch die konkrete Maßnahme das - genau zu bezeichnende - Beteiligungsrecht der Mitarbeitervertretung verletzt hat, so ist hierfür grundsätzlich ein Feststellungsinteresse zu bejahen, wenn die Maßnahme noch andauert und keine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Gestaltungs- oder Leistungsklage (§ 16 VGG.EKD, § 43 Abs. 2 VwGO) gegeben ist. Ist die Maßnahme abgeschlossen oder rückgängig gemacht worden, so kann die Mitarbeitervertretung die Feststellung, ihr Mitberatungsrecht sei in dem konkreten Einzelfall verletzt worden, nur begehren, wenn die Maßnahme selbst oder die begehrte Feststellung ihrerseits rechtliche Wirkung erzeugen
Tenor:
1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Bremischen Ev. Kirche und des Diakonischen Werkes Bremen e.V. vom 23. März 2000 - D I - 17/99 - abgeändert.
Der Antrag wird zurückgewiesen.
2. Von einer Kostenentscheidung wird abgesehen.
3. Der Gegenstandswert beträgt 8.000,-- DM.
Gründe:
I. Die antragstellende Mitarbeitervertretung macht geltend, die Dienststelle habe das Beteiligungsrecht mit der ordentlichen Kündigung gegenüber Frau D verletzt. Die Dienststelle hatte als Träger der "Privaten Fachschule für Altenpflege" mit Frau D einen "Vertrag über die Erstausbildung in der Altenpflege" (Anlage B 1 zum Schriftsatz der Dienststelle vom 15. September 1999) abgeschlossen, wonach die "Erstausbildung durch die Private Fachschule" durchgeführt wird, der "theoretische Unterricht in der Fachschule und die fachpraktische Ausbildung (Praktikum) in Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Altenhilfe" stattfinden (§ 1 Abs. 2 des Vertrages). Die Erstausbildung dauert drei Jahre und begann am 1. Oktober 1999; die Probezeit war mit sechs Monaten vereinbart (§ 2 Abs. 2 des Vertrages). Mit Schreiben vom 18. März 2000 kündigte die Dienststelle gegenüber Frau D ordentlich zum Ende der Probezeit. Frau D erhob hiergegen Klage beim Arbeitsgericht. In der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht einigten sich die Parteien nach Rücknahme der Kündigung durch die Dienststelle u.a. auf eine Verlängerung der Probezeit bis zum 30. September 2000.
Mit ihrer Antragsschrift vom 29. März 2000 hat die Mitarbeitervertretung am 31. März 1999 die Schlichtungsstelle angerufen und geltend gemacht, sie sei gemäß § 46 Buchst. c MVG.BEK vor der ordentlichen Kündung gegenüber Frau D zu beteiligen gewesen. Bei ihr handele es sich um eine Mitarbeiterin der Dienststelle i.S. des § 2 Abs. 1 MVG.BEK. Durch die Erledigung des Streites zwischen Frau D und der Dienststelle seien das Rechtschutzbedürfnis bzw. das Feststellungs- oder Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht entfallen, weil die Dienststelle stets derartige Auszubildende habe. Sie hat zuletzt beantragt,
festzustellen, dass die Dienststelle mit der Kündigung der Auszubildenden D das Beteiligungsrecht der Antragstellerin verletzt habe.
Die Dienststelle hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen, und hat entgegnet, infolge der Weiterbeschäftigung der Frau D sei der Antrag der Mitarbeitervertretung unzulässig geworden. Bei Frau D habe es sich auch nicht um eine Mitarbeiterin i.S. des § 2 Abs. 1 MVG.BEK gehandelt. Der Umstand, dass die Arbeitnehmereigenschaft der Altenpflegeschülerinnen umstritten sei, rechtfertige den Antrag nicht.
Die Schlichtungsstelle hat am 7. März 2000 im schriftlichen Verfahren folgenden Beschluss gefasst:
Es wird festgestellt, dass bei der Kündigung der Mitarbeiterin Frau D die Beteiligung der Antragstellerin gemäß § 46 c) MVG-BEK nicht erfolgt ist.
Gegen diesen ihr am 10. Mai 2000 zugestellten Beschluss hat die Dienststelle am 13. Juni 2000 - Dienstag nach Pfingsten - Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet. Sie wiederholt und vertieft ihr vorinstanzliches Vorbringen und beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Bremischen Evangelischen Kirche vom 23. März 2000 - D I - 17/99 den Antrag abzuweisen.
Die Mitarbeitervertretung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
II. Die statthafte und auch sonst zulässig Beschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluss erkennt zu Unrecht, dass für den gestellten Feststellungsantrag noch ein Feststellungsinteresse oder Fortsetzungsfeststellungsinteresse besteht, nachdem die Dienststelle im Einvernehmen mit Frau D die Kündigung zurückgenommen hat und sie die Erstausbildung zur Altenpflegerin gemäß dem Erstausbildungsvertrag fortsetzt.
1. Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung (§ 16 VGG.EKD, § 125 Abs. 2, § 130a VwGO).
2. Das nach § 16 VGG.EKD, § 43 Abs. 1 VwGO vorauszusetzende Feststellungsinteresse ist für den gestellten Antrag, wie er in die Beschwerde gelangt ist, nicht gegeben. Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger - hier: Antragsteller - ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Für das Feststellungsinteresse ist regelmäßig auf das umstrittene Rechtsverhältnis abzustellen, hier auf die Frage der Mitberatung der Mitarbeitervertretung nach § 46 Buchst. c MVG.BEK. Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 MVG.BEK kann die Mitarbeitervertretung die Schlichtungsstelle anrufen, wenn sie nicht nach § 45 Abs. 1, § 46 MVG.BEK an einer Maßnahme beteiligt worden ist. Geht der Antrag dahin, festzustellen, dass die Dienststelle durch die konkrete Maßnahme das - genau zu bezeichnende - Beteiligungsrecht der Mitarbeitervertretung verletzt hat, so ist hierfür grundsätzlich ein Feststellungsinteresse zu bejahen, wenn die Maßnahme noch andauert und keine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Gestaltungs- oder Leistungsklage (§ 16 VGG.EKD, § 43 Abs. 2 VwGO) gegeben ist. Ist die Maßnahme abgeschlossen oder rückgängig gemacht worden, so kann die Mitarbeitervertretung die Feststellung, ihr Mitberatungsrecht sei in dem konkreten Einzelfall verletzt worden, nur begehren, wenn die Maßnahme selbst oder die begehrte Feststellung ihrerseits rechtliche Wirkung erzeugen. Anderenfalls kann das Feststellungsinteresse nicht (mehr) bejaht werden. So liegt es hier. Die Maßnahme - Kündigung der Frau D - ist mit deren Einverständnis zurückgenommen worden. Damit ist das Feststellungsinteresse - auch in Form der Fortsetzungsfeststellungsklage - entfallen, weil es auf die Kündigung gegenüber Frau D zu beziehen ist.
3. Will die Mitarbeitervertretung dagegen festgestellt wissen, dass Maßnahmen der genau zu bezeichnenden Art, mithin unabhängig vom - erledigten - Einzelfall, grundsätzlich ihrer Mitberatung (oder auch einem anderen Mitwirkungsrecht) unterliegen, so muss sie einen entsprechenden Antrag stellen. Einen solchen Antrag hatte sie zwar nach der erstinstanzlichen Entscheidung schriftsätzlich angekündigt; er ist jedoch weder dort noch im Beschwerderechtszug gestellt worden. Zudem wäre auch fraglich, ob ein berechtigtes Interesse der Mitarbeitervertretung an der alsbaldigen Feststellung anerkannt werden kann, dass die ordentliche Kündigung der Dienststelle gegenüber Personen, die eine Erstausbildung zur Altenpflegerin durchlaufen, während deren Probezeit der Mitberatung nach den §§ 45, 46 Buchst. c MVG.BEK unterliegt. Das berechtigte Interesse kann nur anerkannt werden, wenn die Entscheidung über das strittige Rechtsverhältnis in Rechtskraft erwachsen kann. Es wäre hier die Frage, ob § 46 Buchst. c MVG.BEK greift. Nach ihrer Argumentation macht die Mitarbeitervertretung nichts geltend, was speziell die Frage der Mitberatung nach § 45 i.V.m. § 46 Buchst. c MVG.BEK betrifft. Sie meint vielmehr, dass es sich bei den Personen, die eine Erstausbildung in der Altenpflege durchlaufen, um Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen der Dienststelle i.S. des § 2 Abs. 1 MVG.BEK handele. Eine Entscheidung hierüber wäre - wenn überhaupt - bei einer Sachentscheidung über diese Anträge inzidenter zu treffen und würde als Inzidententscheidung nicht in Rechtskraft erwachsen.
III. Von einer Kostenentscheidung wird abgesehen (§ 13 VGG.EKD). Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 8 Abs. 2 BRAGO.