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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 09.10.2006 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD I-0124/M33-06 |
Rechtsgrundlage: | MVG.K § 62 Abs. 5 Satz 1 |
Vorinstanzen: | Schiedsstelle der Konföderation ev. Kirchen in Nds. und der DW Braunschweig, Hannover und Oldenburg - Kammer DW Hannovers-, Az.: I-0124/M33-06, Fundstelle: Die Mitarbeitervertretung 2007, S. 33 |
Schlagworte: | Unstatthaftigkeit der Beschwerde nach gliedkirchlichem Recht |
Leitsatz:
Auch nach der nochmaligen Änderung des MVG.K mit Wirkung vom 1. Mai 2006 durch die gesetzesvertretende Verordnung vom 11. März 2006 entscheidet die Schiedsstelle darüber, ob die Mitarbeitervertretung bei der Mitbestimmung in Personalangelegenheiten der privatrechtlichen angestellten Mitarbeiter (§ 42 MVG.K) und der Mitarbeiter in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen (§ 43 MVG.K) einen Grund zur Verweigerung der Zustimmung abschließend hat, abschließend.
Tenor:
Die Beschwerde gegen den Beschluss der Schiedsstelle der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen und der Diakonischen Werke Braunschweig, Hannover und Oldenburg - Kammer Diakonisches Werk Hannovers - vom 30. Mai 2006 - 4 VR MVG 4/06 - wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der nach § 42 MVG.K angehörten Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Einstellung namentlich aufgeführter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Seite steht. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Beschäftigte eines anderen Unternehmens und sollen auf Arbeitsplätzen eingesetzt werden, die bisher von Beschäftigten der Antragstellerin eingenommen wurden.
II. Die Beschwerde war nicht nach § 63 Abs. 2 MVG.EKD zur Entscheidung in der Sache anzunehmen, denn sie ist gemäß § 62 Abs. 5 Satz 1 MVG.K nicht statthaft. Auch nach der nochmaligen Änderung des MVG.K mit Wirkung vom 1. Mai 2006 durch die gesetzesvertretende Verordnung vom 11. März 2006 entscheidet die Schiedsstelle darüber, ob die Mitarbeitervertretung bei der Mitbestimmung in Personalangelegenheiten der privatrechtlichen angestellten Mitarbeiter (§ 42 MVG.K) und der Mitarbeiter in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen (§ 43 MVG.K) einen Grund zur Verweigerung der Zustimmung hat, abschließend.
1. Dabei macht es eine Entscheidung des Kirchengerichtshofs über die Annahme nach § 63 Abs. 2 MVG.EKD nicht entbehrlich, dass die Beschwerde auf § 65 MVG.K gestützt wird. Anders wäre dies nur, wenn § 63 Abs. 2 MVG.EKD insoweit durch gliedkirchliches Recht - hier: § 65 MVG.K - mit der Folge ersetzt werden könnte, dass es für die Zulassung der Beschwerde allein auf gliedkirchliches Recht ankäme. Gliedkirchliches Recht kann die Statthaftigkeit der Beschwerde an den KGH.EKD kraft Regelung im eigenen Rechtskreis der Gliedkirche gegenüber § 63 MVG.EKD zwar einschränken, aber nicht erweitern. Dagegen bedarf es einer entsprechenden kirchengesetzlichen Regelung der EKD, wenn an die Stelle deren Rechts das Recht einer Gliedkirche treten soll. An einer solchen Regelung der EKD fehlt es. Aus demselben Grund bindet ein auf gliedkirchlichem Recht beruhendes " Gegebensein" der Beschwerde durch die gliedkirchliche Schiedsstelle den Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland nicht.
Im Rahmen der Prüfung, ob die Beschwerde anzunehmen ist, ist aber zu berücksichtigen, ob das gliedkirchliche Recht eine Beschwerde gegen eine erstinstanzliche Entscheidung nicht zulässt, sondern anordnet, dass das erstinstanzliche Kirchengericht (Schiedsstelle) abschließend entscheidet (vgl. § 62 Abs. 5 Satz 1 MVG.K). An eine die Beschwerde beschränkende gliedkirchliche gesetzliche Bestimmung ist der Kirchengerichtshof der EKD ebenso gebunden wie an materielles gliedkirchliches Mitarbeitervertretungsrecht, denn dadurch wird der Rechtskreis der EKD nicht berührt (vgl. KGH.EKD, Beschluss vom 3. April 2006 - I-0124/L47-05 - http://www.ekd.de).
2. Nach § 62 Abs. 5 MVG.K hat die Schiedsstelle in den Fällen der §§ 42 und 43 MVG.K lediglich zu prüfen und "abschließend" festzustellen, ob für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 45 Abs. 2 und 3 MVG.K vorlag. Diese Bestimmung ist von der Änderung der Regelungen des § 65 MVG.K über die Statthaftigkeit der Beschwerde an den Kirchengerichtshof durch das Kirchengesetz vom 21. April 2005 (KABl. Hannover, S. 71) ebenso unberührt geblieben wie von der nochmaligen Änderung des MVG.K mit Wirkung vom 1. Mai 2006 durch die gesetzesvertretende Verordnung vom 11. März 2006 (KABl. Hannover, S. 30). Deshalb ist auch im vorliegenden Fall die unverändert gebliebene Bestimmung des § 62 Abs. 5 Satz 1 MVG.K zu Grunde zu legen.
a) Durch die gesetzesvertretende Verordnung zur Änderung des MVG.K vom 11. März 2006 (aaO) ist zwar der § 65 - "Beschwerde" - MVG.K mit Wirkung vom 1. Mai 2006 nochmals geändert worden: Die Bestimmungen des MVG.K über die Statthaftigkeit und die Annahme der Beschwerde gegen erstinstanzliche Entscheidungen sind weitgehend, aber nicht völlig den entsprechenden Bestimmungen des § 63 MVG.EKD angeglichen worden. Eine völlige Angleichung der Regelungen über das Rechtsmittel der Beschwerde, wie sie vom KGH.EKD angeregt worden ist, hat der Gesetzgeber des MVG.K indessen nicht vorgenommen. Insbesondere unterblieb es, in § 62 Abs. 5 Satz 1 MVG.K das Wort "abschließend" zu streichen.
b) Im Verhältnis zu § 65 Abs. 1 MVG.K stellt die unverändert gebliebene Bestimmung des § 62 Abs. 5 Satz 1 MVG.K eine speziellere und deshalb vorrangigere Regelung dar. § 62 Abs. 5 Satz 1 MVG.K erfasst nur die zwei Fallgruppen der Mitbestimmung in Personalangelegenheiten der privatrechtlich angestellten Mitarbeiter (§ 42 MVG.K) und der Mitarbeiter in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen (§ 43 MVG.K) und bestimmt, dass die Schiedsstelle über diese Angelegenheiten abschließend entscheidet.
c) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin regelt § 62 Abs. 5 Satz 1 MVG.K nicht nur die Zuständigkeit der Schiedsstelle, sondern bestimmt auch, dass diese in den dort genannten Fällen abschließend entscheidet (statt vieler: KGH.EKD, Beschluss vom 3. April 2006 - I-0124/L47-05 - aaO). Es mag zwar unter dem Gesichtspunkt der Gesetzgebungssystematik ungewöhnlich sein, dass die Regelung über die Zuständigkeit der Schiedsstelle zugleich eine Regelung über die (Nicht-)Statthaftigkeit der Beschwerde gegen deren Entscheidungen enthält. Dieser Umstand ist jedoch nicht geeignet, anzunehmen, dass dem Wort "abschließend" in diesem Zusammenhang keine oder eine andere Bedeutung als die zukomme, dass gegen die Entscheidungen kein Rechtsmittel (oder kein Rechtsbehelf) gegeben sei.
3. Die Beschwerde ist auch nicht im Wege einer ergänzenden oder korrigierenden Auslegung des MVG.K statthaft, indem angenommen würde, der Verordnungsgeber (Gesetzgeber) der letzten Änderung der Bestimmungen des MVG.K über die Statthaftigkeit und Zulässigkeit der Beschwerde habe es versehentlich unterlassen, in § 62 Abs. 5 Satz 1 MVG.K das Wort "abschließend" zu streichen. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Zielrichtung der nochmaligen Änderung des § 65 MVG.K, nämlich die Möglichkeiten der Beschwerde an den KGH.EKD zu erweitern, trifft zwar zu; indessen hat der Verordnungsgeber (Gesetzgeber) bei der nochmaligen Änderung des MVG.K eben die Anregung des KGH.EKD zur völligen Angleichung nicht aufgegriffen. Dabei war ihm die ständige Rechtsprechung des KGH.EKD - vormals VerwG.EKD (statt vieler: KGH.EKD, Beschluss vom 3. April 2006 - I-0124/L47-05 - aaO) - bekannt. Schon dieser Umstand steht der Annahme eines Versehens bei der Rechtsetzung entgegen.
4. Es mag zwar als misslich anzusehen sein, wenn - wie die Beschwerde zu Recht hervorhebt - für zwei unmittelbar benachbarte Einrichtungen der Diakonie unterschiedliches Beschwerderecht gilt und dies - über den Einzelfall hinaus - zu unterschiedlichen materiellrechtlichen Ergebnissen führen kann, weil die verschiedenen erstinstanzlichen Kirchengerichte oder Schiedsstellen unterschiedlich entschieden haben. Indessen übersieht die Beschwerdeführerin, dass für die Einrichtung D das Beschwerderecht des § 63 Abs. 2 MVG.EKD anzuwenden ist, denn sie liegt im Rechtskreis der Bremischen Evangelischen Kirche und deren Diakonischen Werkes. Dagegen gehört die Antragstellerin dem Diakonischen Werk Hannovers an mit der Folge, dass sie dem MVG.K unterliegt. An diese unterschiedlichen Gesetzeslagen ist auch der KGH.EKD gebunden. Billigkeitserwägungen sind insoweit unbehelflich.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 12 Abs. 5 ArbGG).