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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 08.08.2007 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD I-0124/N25-07 |
Rechtsgrundlage: | MVG.EKD § 30 Abs. 1 Satz 1 |
Vorinstanzen: | Kirchengericht nach dem MVG der Ev.-Luth. Kirche in Bayern und des Diakonischen Werkes der Ev.-Luth. Kirche in Bayern e.V., Az.: 25/0-6/4-524, Fundstelle: ZMV 1/08, S. 31 |
Schlagworte: | Erforderlichkeit der Mehrkosten des auswärtigen Rechtsanwalts |
Leitsatz:
1. Rechtsgrundlage dafür, dass und inwieweit die Dienststelle die Kosten der Prozessvertretung der Mit-arbeitervertretung zu tragen hat, ist § 30 Abs. 1 S. 1 MVG.EKD.
2. Beauftragt die Mitarbeitervertretung einen nicht am Gerichtsort kanzleiansässigen, sondern auswärtigen Rechtsanwalt, so sind die dadurch bedingten Mehrkosten nur dann erforderlich i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 1 MVG.EKD, wenn die Mitarbeitervertretung nach objektiver Abwägung zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Mehrkosten vertretbar und sachlich gerechtfertigt sind.
3. Die Fachkompetenz des beauftragten Rechtsanwalts rechtfertigt für sich allein nicht, die Mehrkosten für vertretbar und sachlich gerechtfertigt zu halten.
4. Nur wenn ein gleichermaßen qualifizierter und zur Mandatsübernahme bereiter Rechtsanwalt am Gerichtsort nicht gefunden werden kann, oder wenn die Suche nach einem solchen unter den konkreten Um-ständen objektiv nicht möglich oder nicht zumutbar war, können die durch den Beauftragung des auswärti-gen Rechtsanwalt entstandenen Mehrkosten als erforderlich qualifiziert werden.
Tenor:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Kirchengerichts der Evang.-Luth. Kirche in Bayern in mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten vom 29. November 2006 - Az.: 26/0-6/4-524 - wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I. Die Beteiligten haben ihren Sitz in München. Dort sitzt auch das erstinstanzliche Kirchengericht. Die Beteiligten streiten im Beschwerderechtszug noch darüber, ob die Dienststellenleitung auch die Mehrkosten zu tragen hat, die dadurch entstanden sind, dass der von der Mitarbeitervertretung beauftragte Rechtsanwalt seinen Sitz nicht in München, sondern in Erlangen hat.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Vorinstanz dem Antrag der Mitarbeitervertretung, wonach die antragstellende Dienststelle alle Kosten des Verfahrensbevollmächtigten zu tragen hat, mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Kosten auf die beschränkt sind, die bei der Beautragung eines in München ansässigen Rechtsanwalts angefallen wären und den weitergehenden Kostentragungsantrag zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung des Antrags wendet sich die Mitarbeitervertretung mit ihrer Beschwerde.
II. Die Beschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil hierfür kein Grund gegeben ist.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit, Zulässigkeit und das Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 63 MVG.EKD i.V.m. § 1 Übernahmegesetz der Ev.-Luth. Kirche in Bayern (KABl. 2004 S. 48).
2. Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD bedarf die Beschwerde gegen Beschlüsse der Kirchengerichte der Annahme durch den Kirchengerichtshof der EKD. Sie ist nach § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD anzunehmen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen, 2. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, 3. der Beschluss von einer Entscheidung des Kirchengerichtshofs der Evangelischen Kirche in Deutschland, einer Entscheidung eines obersten Landesgerichts oder eines Bundesgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 4. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der Beschluss beruhen kann.
3. Keine dieser Voraussetzungen liegen vor; insbesondere nicht die der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Beschlusses (§ 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MVG.EKD) sind nur anzunehmen, wenn die Entscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich anders zu treffen sein wird; die bloße Möglichkeit einer entgegen gesetzten Entscheidung genügt nicht. Die Gründe, aus denen sich die ernstlichen Zweifel ergeben sollen, müssen in der Beschwerdebegründung aufgezeigt sein. Daran fehlt es hier.
a) Rechtsgrundlage dafür, dass und inwieweit die Dienststelle die Kosten der Prozessvertretung der Mitarbeitervertretung zu tragen hat, ist § 30 Abs. 1 S. 1 MVG.EKD. Hiernach hat die Dienststelle auch die Kosten für eine Vertretung der Mitarbeitervertretung im Verfahren vor dem Kirchengericht zu tragen, wenn und soweit diese Kosten erforderlich waren. Wenn die Voraussetzungen für die Kostentragung dem Grunde nach gegeben ist - hierüber streiten die Beteiligten nicht -, so umfassen die erforderlichen Kosten der Höhe nach mindestens die Kosten, die bei Beauftragung eines am Gerichtsort - hier: München - kanzleiansässigen Rechtsanwalts angefallen wären. Dies hat die Vorinstanz zu Recht erkannt.
Beauftragt die Mitarbeitervertretung einen nicht am Gerichtsort kanzleiansässigen, sondern auswärtigen Rechtsanwalt, so sind die dadurch bedingten Mehrkosten nur dann erforderlich i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 1 MVG.EKD, wenn die Mitarbeitervertretung nach objektiver Abwägung zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Mehrkosten vertretbar und sachlich gerechtfertigt sind. Die Fachkompetenz des beauftragten Rechtsanwalts rechtfertigt für sich allein nicht, die Mehrkosten für vertretbar und sachlich gerechtfertigt zu halten. Nur wenn ein gleichermaßen qualifizierter und zur Mandatsübernahme bereiter Rechtsanwalt am Gerichtsort nicht gefunden werden kann, oder wenn die Suche nach einem solchen unter den konkreten Umständen objektiv nicht möglich oder nicht zumutbar war, können die durch die Beauftragung des auswärtigen Rechtsanwalt entstandenen Mehrkosten als erforderlich qualifiziert werden (vgl. zu § 40 BetrVG: BAG, Beschluss v. 15. November 2000 - 7 ABR 24/00 - EzA § 40 BetrVG 1972 Nr. 92). Insoweit steht der Mitarbeitervertretung ein gewisser Beurteilungsspielraum zu (vgl. zu § 40 BetrVG: BAG Beschluss v. 16. Oktober 1987 - 6 ABR 2/85 - AP Nr. 31 zu § 40 BetrVG 1972).
b) Diese Voraussetzungen dafür, dass die Dienststelle vorliegend die Mehrkosten zu tragen hätte, liegen nicht vor; vielmehr erweist sich die angefochtene Entscheidung im Ergebnis als richtig. Die beschwerdeführende Mitarbeitervertretung hat - auch unter Berücksichtigung des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums - nicht aufgezeigt, dass sie die Mehrkosten für erforderlich erachten durfte. Aus den Ausführungen der beschwerdeführenden Mitarbeitervertretung folgt nicht, dass sie keinen in München ansässigen gleichermaßen qualifizierten Rechtsanwalt habe finden können oder es ihr zumutbar war, einen solchen Rechtsanwalt zu suchen, der sie als Verfahrensbevollmächtigter vor dem Kirchengericht in München vertreten hätte.
Aus den mitgeteilten Befragungen von Institutionen im Bereich der Mitarbeitervertretung folgt dies jedenfalls nicht. Die Mitarbeitervertretung hätte sich bei ihrer Suche nach einem gleichermaßen qualifizierten Rechtsanwalt in München - dort sind etwa 17.000 Rechtsanwälte, darunter weit mehr als 100 Fachanwälte für Arbeitsrecht, zugelassen - nicht auf die mitgeteilten Anfragen beschränken dürfen. Es hätte nahe gelegen und es war der Mitarbeitervertretung zuzumuten, sich an die Rechtsanwaltskammer zu wenden oder sich in einschlägigen, öffentlich zugänglichen Verzeichnissen über einschlägig qualifizierte Rechtsanwälte, vor allem über Fachanwälten für Arbeitsrecht kundig zu machen und dort an-zufragen, inwieweit unter Beachtung der ACK-Klausel die Bereitschaft zur Übernahme des Mandats besteht. Das Mitarbeitervertretungsrecht weist gegenüber dem Betriebsverfassungsrecht und dem Personalvertretungsrecht zwar Besonderheiten auf. Sie sind jedoch nicht so groß, dass sich ein Rechtsanwalt oder gar ein Fachanwalt für Arbeitsrecht hierin nicht mit zumutbarem Aufwand einarbeiten kann, wenn er mit dem Mitarbeitervertretungsrecht bisher nicht befasst war. Der bloße Umstand, dass der von Mitarbeitervertretung beauftragte Rechtsanwalt relativ häufig in Mitarbeitervertretungssachen tätig ist, rechtfertigt für sich allein nicht, die mit seiner Mandatierung verbundenen Mehrkosten für erforderlich halten zu dürfen.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).