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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 14.01.2008 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD I-0124/N33-07 |
Rechtsgrundlage: | MVG.EKD § 42 Buchst. c , TV-L § 16 - Entgelttabelle |
Vorinstanzen: | Schlichtungsstelle im Diakonischen Werk Speyer, 1/06 |
Schlagworte: | Stufenzuordnung nach TV-L |
Leitsatz:
Die Stufenzuordnung zur Entgelttabelle des § 16 TV-L unterliegt nicht der Mitbestimmung durch die Mitarbeitervertretung.
Tenor:
Die Beschwerde gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle im Diakonischen Werk Speyer vom 16. Februar 2007 - Az.: 1/06 - wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten aus Anlass der Neueinstellung und Eingruppierung darüber, ob die tarifvertragliche Stufenzuordnung dem Mitbestimmungsrecht nach § 42 Buchst. c MVG unterliegt.
Die beteiligte Dienststelle pflegt Arbeitsverträge abzuschließen, in denen sie - auch hinsichtlich der Vergütung - regelmäßig auf den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Bezug nimmt. § 16 TV-L lautet:
"§ 16
Stufen der Entgelttabelle
1. Die Entgeltgruppen 9 bis 15 umfassen 5 Stufen und die Entgeltgruppen 2 bis 8 6 Stufen. Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 geregelt.
2. Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügen Beschäftigte über einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, bzw. - bei Einstellung nach dem 31.1.2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens 3 Jahren - in Stufe 3. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.
Protokollerklärungen zu § 16 Absatz 2: ...
3. Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gem. § 17 Abs. 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb der selben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):
- Stufe 2 nach 1 Jahr in Stufe 1,
- Stufe 3 nach 2 Jahren in Stufe 2,
- Stufe 4 nach 3 Jahren in Stufe 3,
- Stufe 5 nach 4 Jahren in Stufe 4,
- Stufe 6 nach 5 Jahren in Stufe 5 bei den Entgeltgruppen 2 bis 8.
….“ .
Die Mitarbeitervertretung hat geltend gemacht, die Stufenzuordnung sei mitbestimmungspflichtig. Sie hat beantragt,
festzustellen, dass der Mitarbeitervertretung bei der Zuordnung der Beschäftigten zu den Stufen der Entgelttabelle nach § 16 TV-L ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht nach § 42 Buchst. c MVG zustehe.
Die Dienststellenleitung hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen und hat geltend gemacht, das Mitbestimmungsrecht erstrecke sich nicht auf Entgeltstufen; diese seien rechtlich etwas anderes als die Fallgruppen der abgelösten Tarifregelung.
Die Schlichtungsstelle hat den Antrag in ihrem Beschluss vom 16. Februar 2006 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, es handele sich bei der Zuordnung zu den Entgeltstufen nicht um eine Eingruppierung oder Umgruppierung nach § 42 Buchst. c MVG. Zwar spreche für die Auffassung der Mitarbeitervertretung, dass die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 1 bis 3 TV-L reine Rechtsanwendung darstelle und deshalb der Mitbestimmung zugänglich sei; indessen enthalte § 16 TV-L weitere Merkmale, die der Dienststellenleitung im Einzelfall eine Ermessensentscheidung einräumten und deshalb der Mitbestimmung nicht unterliegen. Der "Mischcharakter" der tariflichen Regelung hindere, ein Mitbestimmungsrecht bei der Stufenzuordnung auch nur teilweise anzuerkennen. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss hat die Mitarbeitervertretung Beschwerde eingelegt. Der Senat hat die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 10. August 2007).
Die beschwerdeführende Mitarbeitervertretung wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und stützt sich ergänzend auf die Entscheidung des VG Mainz vom 10. Oktober 2007 - 5 K 181/07.MZ. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 26. April und 20. November 2007 Bezug genommen. Sie beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass der Mitarbeitervertretung bei der Zuordnung der Beschäftigten zu den Stufen der Entgelttabelle nach § 16 TV-L ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht nach § 42 Buchst. c MVG-Pfalz zusteht.
Die Dienststellenleitung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss nach näherer Maßgabe ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 16. Juli, 13. September 2007 und 3. Januar 2008.
II. Die zur Entscheidung angenommene Beschwerde ist nicht begründet. Die Stufenzuordnung unterliegt nicht dem Mitbestimmungsrecht nach § 42 Buchst. c MVG.EKD. Dies hat die Vorinstanz richtig erkannt.
1. Als Rechtsgrundlage für das umstrittene Mitbestimmungsrecht kommt allein § 42 Buchst. c MVG.EKD in Betracht. Das gliedkirchliche Gesetz über das Mitarbeitervertretungsrecht in der Evangelischen Kirche der Pfalz (MVG-Pfalz) vom 30. November 1995, zuletzt geä. durch das KirchenG vom 19. November 2005 (KABl. S. 224 = ABl.EKD S. 258) hat das MVG.EKD "für die Evangelische Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) in Geltung gesetzt" (§ 1 MVG-Pfalz). Von § 42 Buchst. c MVG.EKD abweichende Bestimmungen enthält das MVG-Pfalz nicht.
2. Nach § 42 Buchst. c MVG.EKD hat die Mitarbeitervertretung ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht in der Personalangelegenheit "Eingruppierung einschließlich der Festlegung der Fallgruppe, Wechsel der Fallgruppe, Umgruppierung". Unter keinen dieser Begriffe fällt die Stufenzuordnung nach § 16 TV-L. Dies hat die Vorinstanz richtig erkannt.
a) Dies folgt zum einen aus den Erwägungen der Vorinstanz zum Gegenstand der Eingruppierung. Erkennbar geht § 42 Buchst. c MVG.EKD von denselben Begriffen und denselben Begriffsinhalten aus, wie sie aus den Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes, vor allem aus dem BAT, geläufig sind.
aa) Unter Eingruppierung ist die rechtliche Zuordnung ("Einreihung") der Tätigkeit des Angestellten (Beschäftigten) in ein bestimmtes kollektives Vergütungsschema zu verstehen; sie ist ein Akt strikter Rechtsanwendung (BAG 6. August 2002 - 1 ABR 49/01 - AP Nr. 27 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung = BAGE 102, 135, 141, 144; BVerwG 21. März 2005 - 6 PB 8.04 - AP Nr. 1 zu § 68 LPVG Mecklenb.-Vorpommern). Die Zuordnung des Beschäftigten in eine Entgeltstufe nach § 16 Abs. 2 TV-L stellt keinen Akt strikter, jedes Ermessen ausschließender Rechtsanwendung dar. Denn nach § 16 Abs. 2 Satz 4 räumt dem Arbeitgeber - hier: Dienststellenleitung - ausdrücklich ein, "unabhängig hiervon" - mithin von den relativ strengen Regelungen in den Sätzen 1 bis 3 des § 16 Abs. 2 - "bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung zu berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist". Dies stellt schon von ihrem Wortlaut her eine Ermessensregelung dar und damit ein Gegenteil eines Aktes der bloßen rechtlichen Zuordnung.
bb) Der TV-L selbst unterscheidet ebenfalls deutlich zwischen der Eingruppierung und der Stufenzuordnung. Zwar sind § 12 - Eingruppierung - und § 13 - Eingruppierung in besonderen Fällen - in der derzeit gültigen Fassung des TV-L nur als "Platzhalter" ohne jeden Inhalt enthalten. Diese Lücke ist aber derzeit noch durch § 22 BAT gefüllt. Nach § 22 Abs. 2 BAT ist der Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Von dieser Systematik geht auch § 15 TV-L aus. § 15 Abs. 1 Satz 2 TV-L unterscheidet zwischen Entgeltgruppe, in der ein Beschäftigter eingruppiert ist, und der Entgeltstufe, der der Beschäftigte zugeordnet ist. Nach dieser Bestimmung erhalten die Beschäftigten monatlich ein Tabellenentgelt; dessen Höhe bestimmt sich nach der Entgeltgruppe, in welcher der oder die Beschäftigte eingruppiert ist, und nach der für ihn oder sie geltenden Stufe (vgl. VG Mainz vom 10. Oktober 2007 - 5 K 181/07.MZ, S. 7 des Umdrucks).
b) Die Stufenzuordnung ist auch nicht als "Festlegung einer Fallgruppe 2 i.S.d. § 42 Buchst. c MVG.EKD zu verstehen. Unter Fallgruppe waren innerhalb der BAT die einzelnen Untermerkmale einer bestimmten Vergütungsgruppe zu verstehen. Ihr Vorliegen war in sehr vielen Fällen Voraussetzung für einen Bewährungsaufstieg in die höhere Vergütungsgruppe nach Ablauf der Bewährung in der jeweiligen Fallgruppe. Von diesem Vorstellungsbild geht erkennbar auch die Regelung des § 42 Buchst. c MVG.EKD aus. Diese Bestimmung kann auf die Entgeltstufenzuordnung im TV-L nicht angewendet werden. Denn die Entgeltstufen stellen keine Fallgruppen dar.
c) Auf das von ihr vorgelegte Urteil des VG Mainz vom 10. Oktober 2007 - 5 K 181/07.MZ - kann sich die Mitarbeitervertretung nicht mit Erfolg stützen. Das VG Mainz hat vielmehr erkannt, dass es sich bei der Stufenzuordnung nach § 16 TV-L nicht um eine Eingruppierung i.S.d. Mitbestimmungstatbestandes des § 78 Abs. 2 Nr. 1 LPVG Rheinland-Pfalz handelt (Umdruck S. 6). Es hat jedoch ein Mitbestimmungsrecht nach der Auffangvorschrift des § 73 Abs. 1 LPVG Rheinland-Pfalz als gegeben erachtet. Eine solche Auffangvorschrift ist im MVG.EKD nicht enthalten.
d) § 42 Buchst. c MVG.EKD kann auch nicht im Wege der Lückenausfüllung analog auf die Stufenzuordnung nach § 16 TV-L angewendet werden.
Es kann dahinstehen, ob diese Vorschrift infolge der Rechtsentwicklung zum TV-L mit seiner neuen rechtlichen Figur der Stufenzuordnung möglicherweise lückenhaft geworden ist oder ob dies wegen des Systemwechsels nicht der Fall ist. Selbst wenn man zu Gunsten der beschwerdeführenden Mitarbeitervertretung von einer planwidrigen Lücke ausgeht, kann diese nicht vom Gericht geschlossen werden. Denn es ist nicht eindeutig, dass der Kirchengesetzgeber des MVG.EKD oder der der jeweiligen Gliedkirche diese Lücke in der Weise füllen würde oder gar "müsste", dass hinsichtlich der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 TV-L insgesamt oder auch nur hinsichtlich der Stufenzuordnung nach den Sätzen 1 bis 3 dieser Bestimmung ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht zu normieren wäre. Es ist vielmehr Sache des Kirchengesetzgebers zu entscheiden, ob und wie insoweit eine Mitbestimmung für die Mitarbeitervertretung errichtet werden soll oder nicht und wie sich diese Mitbestimmung zur Ermessensregelung in § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L verhalten soll.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).