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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:14.01.2008
Aktenzeichen:KGH.EKD II-0124/N52-07
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 42 Buchst. b, § 46 Buchst. A, KMT § 74, BGB § 626
Vorinstanzen:Schiedsstelle der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz - Sprengel Berlin und Görlitz, 15/07
Schlagworte:Ersetzung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur in Aussicht genommenen außerordentlichen krankheitsbedingten Kündigung mit sozialer Auslauffrist gegenüber ordentlich unkündbarer Mitarbeiterin
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Leitsatz:

1. Aus krankheitsbedingten Gründen kann die außerordentliche Kündigung nur berechtigt sein, wenn eine negative Gesundheitsprognose gegeben ist, die bisherigen Arbeitsunfähigkeitszeiten zu erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen bei der Dienststelle geführt haben und diese Beeinträchtigungen im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zukünftig nicht mehr zumutbar sind.
2. Grundlage für die Prüfung der krankheitsbedingten Kündigungsgründe ist der Inhalt des Zustimmungsantrages der Dienststellenleitung. Die Zustimmung kann nicht auf Grund von Umständen ersetzt werden, die der Mitarbeitervertretung nicht zuvor als Bestandteil der Kündigungsgründe mitgeteilt worden waren.
3. In der Regel sind erhebliche betriebliche Belastungen der Mitarbeitervertretung im Einzelnen darzulegen und im mitarbeitervertretungsrechtlichen Beschlussverfahren im Bestreitensfalle zu beweisen.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Mitarbeitervertretung wird der Beschluss der Schiedsstelle der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz - Sprengel Berlin und Görlitz - vom 16. Juli 2007 - 15/07 - abgeändert:
Der Antrag der Dienststellenleitung wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Dienststellenleitung begehrt die Feststellung, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist gegenüber der Mitarbeiterin E vorliegt.
Die beteiligte Dienststellenleitung nimmt in Aussicht, gegenüber der Mitarbeiterin E eine krankheitsbedingte außerordentliche Kündigung mit einer sechsmonatigen Auslauffrist auszubringen.
Frau E ist seit dem 1. Januar 2000 als Mitarbeiterin in der Verwaltung bei der Dienststelle tätig. Ihre vorausgegangene Beschäftigung ist auf die Beschäftigungszeit anzurechnen, womit Frau E gemäß § 74 KMT ordentlich unkündbar ist.
Bei Frau E traten folgende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeitszeiten auf:
2003 46 Arbeitstage,
2004 251 Arbeitstage,
2005 132 Arbeitstage,
2006 191 Arbeitstage,
2007: seit 1. Januar 2007 ist Frau E durchgehend arbeitsunfähig krank, und zwar bis zum Zeitpunkt der mündlichen Anhörung der Beteiligten vor dem Senat.
Für die Arbeitsunfähigkeit der Mitarbeiterin musste die Dienststelle folgende Entgeltfortzahlungskosten einschließlich der Arbeitgeberanteile außerhalb des Entgeltfortzahlungszeitraumes von sechs Wochen aufwenden:
2003 2.468,48 €,
2004 - nichts - Krankengeldzuschuss 1.314,32 €
2005 - -
2006 1.587,30 € und Krankengeldzuschuss 1.119,55 €
2007 - -
Nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung erhielt die Dienststelle keine "Krankschreibungen" mehr. Ein Versuch der Dienststelle, während der ersten lang andauernden Erkrankung deren Ursache und voraussichtliche Dauer zu erfahren, scheiterte.
Mit nicht datiertem Schreiben von Ende April 2007 beantragte die Dienststellenleitung die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur außerordentlichen Kündigung der Mitarbeiterin E mit einer Auslauffrist von sechs Monaten zum Quartalsschluss.
Zur Begründung verwies die Dienststellenleitung auf das nicht abzusehende Ende der lang andauernden Erkrankung der Frau E, auf die Belastung mit erheblichen Mehrkosten und darauf, dass Frau E nach ihrer Einstellung auf einer von fünf Planstellen in der Haushaltsabteilung des Verwaltungsamtes beschäftigt worden sei. Diese Fachabteilung habe die Kernaufgabe, die Haushaltsplanbeschlussfassung der Kirchenkreise, der Kirchengemeinden und nachgeordneten Einrichtungen in enger und ständiger Zusammenarbeit bis zur Beschlusslage vorzubereiten, die Haushaltsbewirtschaftung im laufenden Jahr beratend und überwachend zu begleiten sowie die Jahresrechnungen zu erstellen. Dazu seien in ständigem Kontakt auch besondere Kenntnisse der Intentionen und der sehr unterschiedlichen, inhaltlichen Arbeits- und Interessenschwerpunkte der Kirchengemeinden notwendig.
Infolge krankheitsbedingter Fehlzeiten habe Frau E dort spätestens nach den lang anhaltenden Ausfallzeiten in den Folgejahren nicht mehr eingesetzt werden können, da sie durch ihre teilweise Abwesenheit infolge Krankheit für die zu betreuende Klientel als direkte Ansprechpartnerin über lange Zeiträume nicht mehr kontinuierlich zur Verfügung gestanden habe.
Nachdem betroffene Kirchengemeinden hierüber mehrfach ihre Beschwernisse zum Ausdruck gebracht hätten, sei Frau E dann überwiegend in der Grundstücksabteilung beschäftigt worden und habe dort primär Arbeiten versehen, die auch der Haushaltsabteilung zugute gekommen seien. Da aber die Grundstücksabteilung ausreichend mit Personal besetzt gewesen sei und das auch zur Zeit der Fall sei, sei ihr Einsatz dort unter dem Gesichtspunkt der Personalausstattung eigentlich nicht erforderlich gewesen.
Vor dem Hintergrund, dass Frau E nicht mehr in der Haushaltsabteilung habe eingesetzt werden können, sei diese um eine Mitarbeiterin unterbesetzt gewesen. Dies habe zu einer erheblichen Mehrbelastung der dort noch vorhandenen übrigen Mitarbeiterinnen geführt. Um die Erledigung der vorbeschriebenen Arbeitsaufgaben in der Haushaltsabteilung kontinuierlich auf Dauer zu gewährleisten, sei die entsprechende Planstelle neu zu besetzen. Die Einstellung einer Vertretungskraft sei in der Praxis kaum möglich, weil ausbildungsbedingt Haushaltssachbearbeiter auf der Grundlage ausreichender Kenntnisse in der Kameralistik im Gegensatz zum Prinzip des kaufmännischen Rechnens auf dem freien Markt nicht zu bekommen seien. Ein Einsatz sei daher durch Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter aus kirchlichen Verwaltungsämtern anderer Kirchenkreisverbände zu realisieren, die über eine entsprechende Ausbildung und Vorkenntnisse verfügten. Abgesehen von der grundsätzlich überall knappen Personalausstattung und daraus abzuleitender fehlender Bereitschaft zur Abgabe qualifizierten Personals sei es jedoch nicht realistisch zu erwarten, dass entsprechend ausgebildete und in dieser Materie qualifizierte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter aus anderen kirchlichen Verwaltungsämtern ihren gesicherten Arbeitsplatz aufgäben, um für eine befristete Dauer als Vertretung für Frau E zu arbeiten.
Das dauerhafte Fehlen, der andauernde krankheitsbedingte Arbeitsausfall von Frau E und - daraus resultierend - die dauerhafte Mehrbelastung des Kolleginnen-/Kollegenkreises könne insbesondere auch aus Fürsorgeaspekten für die permanent Mehrarbeit Leistenden nicht hingenommen werden.
Aus betrieblichen und dienstlichen Gründen, auch aus zu bedauernden krankheitsbedingten Gründen sei der andauernde Verzicht auf die Arbeitskraft einer Stelle, der Verlust von Arbeitskraft einer Mitarbeiterin, nicht vertretbar. Die bereits bestehende sehr hohe Arbeitsbelastung aller im Verwaltungsamt tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schließe auch eine dauerhafte anteilige Aufgabenverteilung und Lastenverteilung auf andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus, die unmittelbare und notwendige Folge wäre.
Die Mitarbeitervertretung bat um einen Termin zur Erörterung, der am 22. Mai 2007 stattfand. Mit Schreiben vom 25. Mai 2007, das der Dienststelle am 29. Mai 2007 zuging, erklärte die Mitarbeitervertretung die Erörterung für beendet.
Die Mitarbeitervertretung verwies u.a. darauf, ein betriebliches Eingliederungsmanagement sei nicht durchgeführt worden. Die krankheitsbedingte Abwesenheit der Frau E könne durch den Einsatz von Vertretungskräften überbrückt werden.
Mit bei der Schlichtungsstelle am 12. Juni 2007 eingegangenem Antrag hat die Dienststellenleitung um "Zustimmungsersetzung" ersucht.
Sie hat - soweit in der Beschwerdeinstanz von Interesse - beantragt,
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist der Mitarbeiterin Frau E gemäß Anhörungsschreiben von Ende April 2007 vorliegt.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Mit dem der Dienststellenleitung am 20. Juli 2007 zugestellten Beschluss vom 16. Juli 2007 hat die Schiedsstelle festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist der Mitarbeiterin Frau E gemäß Anhörungsschreiben von Ende April 2007 vorliegt.
In den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass das Arbeitsverhältnis aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zu einer tatsächlichen Beschäftigung führen werde. Bei tariflich ordentlich unkündbaren Mitarbeitern sei die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist denkbar und auch sozial gerechtfertigt. Ein Verstoß gegen § 626 BGB oder § 1 KSchG sei bei Ausspruch der Kündigung jedenfalls nicht von vornherein anzunehmen. Über die Rechtswirksamkeit einer solchen Kündigung entschieden letztlich die Arbeitsgerichte. Die Schiedsstelle sei dazu weder berufen, noch aufgrund der begrenzten Erkenntnisquellen dazu in der Lage. Anhaltspunkte dafür, dass ein Verfahren nach § 84 SGB IX erfolgreich gewesen wäre, seien nicht ersichtlich.
Hiergegen wendet sich die Mitarbeitervertretung mit ihrer am 30. Juli 2007 beim Kirchengerichtshof eingegangenen Beschwerde, mit der sie vorträgt, das erstinstanzliche Gericht habe den Umfang seiner Prüfungskompetenz verkannt. Dem Kirchengericht werde derselbe Prüfungsumfang auferlegt wie einem Arbeitsgericht. Die Mitarbeitervertretung verweist darauf, die (dauernde) Unfähigkeit der Mitarbeiterin, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, stehe nicht fest. Ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX habe nicht stattgefunden.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
den am 16. Juli 2007 verkündeten Beschluss der Schiedsstelle der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz - Sprengel Berlin und Görlitz - vom 16. Juli 2007 zum Aktenzeichen 15/07 aufzuheben und den Antrag der Dienststellenleitung zurückzuweisen.
Die Dienststellenleitung beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Mitarbeiterin, die bis heute, 26. Oktober 2007, nicht an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt sei, habe sich geweigert, zur Ermittlung der Gründe für die Erkrankungen beizutragen. Die Prüfungskompetenz des Kirchengerichts müsse zwangsläufig hinter der des Arbeitsgerichts zurückbleiben, da nur im arbeitsgerichtlichen Verfahren eine Kündigung - und damit der Einsatzzeitpunkt für den Prüfungsmaßstab - vorliege, im kirchengerichtlichen Verfahren jedoch nicht.
Der Kirchengerichtshof hat die Beschwerde mit Beschluss vom 5. November 2007 zur Entscheidung angenommen.
Auf die Auflage des Senats vom 6. November 2007 (Bl. 56 f. der Senatsakten) haben die Dienststellenleitung mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2007 (Bl. 68 ff. der Senatsakten) und die Mitarbeitervertretung mit Schriftsatz vom 3. Januar 2008 (Bl. 84 ff. der Senatsakten) ergänzend vorgetragen. Darauf wird Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist begründet. Der Mitarbeitervertretung steht ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur außerordentlichen krankheitsbedingten Kündigung mit sozialer Auslauffrist gegenüber der Mitarbeiterin E zu, was in Abänderung des Beschlusses der Schiedsstelle zur Zurückweisung des Antrages der Dienststellenleitung führte.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit und Zulässigkeit der Beschwerde hat sich nach den Bestimmungen des MVG.EKD in der Fassung zu richten, die zur Zeit der Einlegung und Begründung der Beschwerde gegolten hat. Die Neufassung der Bestimmungen über die Beschwerde im MVG.EKD nach Artikel 5 Nr. 31 des Kirchengesetzes über die Errichtung, Organisation und das Verfahren der Kirchengerichte der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 6. November 2003 (ABl.EKD S. 408), das am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist (Artikel 8 § 2 Abs. 1), ist anzuwenden. Die Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hat die Änderungen des § 63 MVG.EKD gliedkirchengesetzlich übernommen (Artikel 1 MVG-Anwendungsgesetz vom 23. April 2005, in Kraft seit 1. Dezember 2005, KABl. S. 70).
2. Ist eine ordentliche Kündigung im konkreten Fall wegen tarifvertraglicher Bestimmungen nicht möglich - wie hier im Hinblick auf § 74 KMT -, und stellt sich deshalb die Frage einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist, ist die Mitbestimmung nach § 42 Buchst. b MVG.EKD abweichend von § 46 Buchst. b MVG.EKD gegeben. Andernfalls käme es zu einem Wertungswiderspruch: Die Rechte der Mitarbeitervertretung wären bei "unkündbaren" Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schwächer ausgestaltet als bei kündbaren (vgl. nur Fey/Rehren, MVG.EKD, Stand Januar 2005, § 42 Rn. 21, § 46 Rn. 15a; aus dem staatlichen Recht: BAG vom 5. Februar 1998 - 2 AZR 227/97 - AP Nr. 143 zu § 626 BGB [zu II 5 der Gründe]).
3. Entgegen der Auffassung der ersten Instanz hat die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist gegenüber der Mitarbeiterin E. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB liegen nicht vor.
a) Dabei kann dahinstehen, wie weit die Prüfungspflicht der Kirchengerichte geht (vgl. z.B. Kirchliche Schlichtungsstelle Karlsruhe, Beschluss vom 23. August 2006 - 2 Sch 19/2006 - ZMV 2007, 36 einerseits und Fey, ZMV 2007, 37 andererseits).
b) Denn selbst wenn nur darauf abgestellt wird, welcher Sachverhalt von der Dienststellenleitung der Mitarbeitervertretung vorgetragen wurde, liegen die rechtlichen Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB nicht vor.
aa) Aus krankheitsbedingten Gründen kann die außerordentliche Kündigung nur berechtigt sein, wenn eine negative Gesundheitsprognose gegeben ist, die bisherigen Arbeitsunfähigkeitszeiten zu erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen bei der Dienststelle geführt haben und diese Beeinträchtigungen im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zukünftig nicht mehr zumutbar sind.
Grundlage für die Prüfung der krankheitsbedingten Kündigungsgründe ist der Inhalt des Zustimmungsantrages der Dienststellenleitung von April 2007. Die Zustimmung kann nicht aufgrund von Umständen ersetzt werden, die der Mitarbeitervertretung nicht zuvor als Bestandteil der Kündigungsgründe mitgeteilt worden sind.
bb) Im vorliegenden Fall kann eine negative Gesundheitsprognose unterstellt werden.
Denn es fehlt an der hinreichenden Darlegung erheblicher betrieblicher Belastungen.
Deren Darstellung ist auch nicht entbehrlich. Denn ein Fall, der das entbehrlich macht, liegt nicht vor. Einen solchen Fall nimmt die staatliche Rechtsprechung etwa dann an, wenn der Arbeitnehmer bereits längere Zeit arbeitsunfähig krank ist - im Fall des Bundesarbeitsgerichts 1,5 Jahre - und im Zeitpunkt der Anhörung der Mitarbeitervertretung die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit noch völlig ungewiss ist. Bei krankheitsbedingter dauernder Arbeitsunfähigkeit ist in aller Regel ohne weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen auszugehen (BAG vom 29. April 1999 - 2 AZR 431/98 - EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 46).
Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Frau E war ab 10. April 2006 arbeitsunfähig krank, also im Zeitpunkt des Zugangs des Anhörungsschreibens vom April 2007 noch nicht 1,5 Jahre, wie von der staatlichen Rechtsprechung für eine Dauererkrankung vorausgesetzt (BAG vom 30. Januar 1986 - 2 AZR 668/84, NZA 1987, 555, 29. April 1999 - NZA 1999, 785).
Aber auch von einem dem Vorstehenden gleichwertigen Fall, nämlich dass in den nächsten 24 Monaten mit einer anderen - günstigeren - Prognose nicht gerechnet werden kann (BAG a.a.O., BAG vom 12. April 2002 - 2 AZR 148/01 - EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 49), kann mangels entsprechenden Vortrags nicht ausgegangen werden.
aaa) Als erhebliche betriebliche Belastung können die Entgeltfortzahlungskosten von 2003 bis April 2007 einschließlich, soweit der Sechs-Wochenzeitraum überschritten wurde, nicht angesehen werden. Es handelt sich um einen Betrag von 6.489,65 € für vier Jahre (2002 bis 2006), der auch bei unterstellter angespannter wirtschaftlicher Situation der Einrichtung nicht geeignet ist, die sogenannte betriebliche Komponente einer krankheitsbedingten Kündigung zu belegen.
bbb) Soweit sich die Dienststellenleitung auf Betriebsablaufstörungen im Anhörungsschreiben beruft, sind diese trotz des Auflagenbeschlusses des Senats vom 7. November 2007 nicht hinreichend konkret geworden:
So heißt es im Schriftsatz vom 7. Dezember 2007 Bl. 5 (Bl. 72 der Senatsakten) zwar, längere Ausfallzeiten einer Sachbearbeiterin/eines Sachbearbeiters der Haushaltsstelle im Verwaltungsamt generierte bei den diesem Sachbearbeiter zugewiesenen Körperschaften unmittelbar negative Folgen und lösten Unmut aus. Eine kurzzeitige Krankheit - oder Urlaubsvertretung - lasse sich auch ohne Detailkenntnisse der besonderen Ausrichtung der einzelnen Körperschaft überbrücken. Jedoch wiederholte lange Krankheitsausfälle seien vor dem Hintergrund der Grundsituation nicht als Vertretungstätigkeit zufriedenstellend zu bewältigen. In diesem Kontext seien die Ausführungen in dem an die Mitarbeitervertretung gerichteten Zustimmungsantrag zu verstehen. Nachdem die ursprünglich von der Mitarbeiterin E betreuten Körperschaften (Kirchengemeinden) aus den genannten Gründen bei der Leitung des Verwaltungsamtes ihre Beschwernisse zum Ausdruck gebracht gehabt hätten, habe diese Mitarbeiterin infolge der dauerhaften und wiederholten krankheitsbedingten Abwesenheit nicht mehr mit den Aufgaben in der Haushaltsstelle betraut bleiben können. Das zuvor von der Mitarbeiterin E bearbeitete Aufgabenspektrum habe auf die übrigen, ohnehin schon ausgelasteten Kolleginnen und Kollegen in der Haushaltsabteilung übertragen und auf diese aufgeteilt werden müssen. Die Bereitschaft der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hierzu sei auch deshalb gegeben gewesen, weil Vertretungen - zumal häufige -, jeweils unterschiedlicher Vertragskräfte, in jedem Fall ein erneutes gedankliches Einarbeiten erforderten und trotzdem eine gute Beratungs- und Betreuungsarbeit nicht garantierten. Die übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Haushaltsabteilung stellten sich dieser zusätzlichen Aufgabe und hätten den durch den Ausfall der Mitarbeiterin E entstandenen Aufgabenzuwachs durch intensive Mehrarbeit zu bewältigen.
Es ist aber nicht dargelegt, welche(r) Mitarbeiter(in) für welche zu betreuende Körperschaft zuständig ist (war) und bei welchen zu betreuenden Körperschaften wann weswegen Unmut ausgelöst worden sein soll und wem gegenüber dieser wie geäußert wurde.
Es ist nicht dargestellt, wann wem was übertragen wurde.
Auf Nachfrage des Beschwerdegerichts während des Anhörungstermins wurde durch die Ausführungen des Verwaltungsamtsleiters vielmehr deutlich, dass der krankheitsbedingte Ausfall der Mitarbeiterin E im Rahmen der flexiblen Arbeitszeit aufgefangen wurde und dass die Überstunden, auch wenn durch sie der vorgesehene Ausgleichszeitraum überschritten wurde, nicht gekappt wurden, sondern übernommen, also fortgeschrieben wurden.
ccc) Fehlt es sonach an Betriebsablaufsstörungen aufgrund der krankheitsbedingten Ausfälle der Frau E, kommt es weder auf eine einzelfallbezogene Interessenabwägung an noch auf die Frage des betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX, das nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - für alle Arbeitnehmer besteht, nicht nur für behinderte Menschen, und dessen Durchführung keine formale Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung ist, sondern - nur - eine Konkretisierung des dem gesamten Kündigungsschutzrecht innewohnenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darstellt.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).