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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:07.04.2008
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/N75-07
Rechtsgrundlage:MVG-EKiR § 30, § 60 Abs. 1, § 61 Abs. 1, MVG.EKD § 30, § 60 Abs. 1, § 61 Abs. 1
Vorinstanzen:Gemeinsame Schlichtungsstelle der Ev. Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der Ev. Kirche im Rheinland, 1 GS 1/2007, Fundstelle: ZMV 5/2008
Schlagworte:Mitarbeitervertretung: Freistellung von Kosten für eine Schulungsveranstaltung; Anrufungsfrist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR
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Leitsatz:

1. Die Anrufungsfrist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR beginnt mit der positiven Kenntnis des Sachverhalts, in dem ein Rechtsverstoß liegen könnte.
2. Die Frist verlängert sich nicht durch den Versuch, eine Einigung durch Aussprache in der Dienststelle nach § 33 Abs. 3 MVG-EKiR herbeizuführen.
3. Es bleibt offen, ob die Versäumung der Anrufungsfrist zur Unzulässigkeit des Antrages oder zu seiner Unbegründetheit führt.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Dienststellenleitung wird der Beschluss der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Ev. Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der Ev. Kirche im Rheinland vom 6. August 2007 - 1 GS 1/2007 - abgeändert:
Der Antrag der Mitarbeitervertretung wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Dienststelle verpflichtet ist, das Mitarbeitervertretungsmitglied D von weiteren Seminarkosten für das Seminar "Veränderungen in der psychiatrischen Versorgung" in Höhe von 26, 64 € freizustellen.
Die Mitarbeitervertretung beschloss in ihrer Sitzung am 5. Juli 2006, ihr Mitglied, Herrn D, an der Fortbildung "Veränderungen in der psychiatrischen Versorgung" vom 10. September bis 15. September 2006 teilnehmen zu lassen, und beantragte mit Schreiben vom selben Tage bei der Dienststellenleitung Dienstbefreiung und Übernahme der Kosten. Die Dienststellenleitung erteilte mit Schreiben vom 31. Juli 2006 die Dienstbefreiung und fügte der Dienstbefreiung folgenden Satz an:
"Die Teilnahmegebühr in Höhe von max. 450,00 €, Unterbringungs- und Verpflegungskosten bis zur Höhe von 80,00/Nacht sowie Fahrtkosten nach RKR-KF werden von der Dienststelle übernommen."
Herr D nahm an der Schulungsveranstaltung teil. Es fielen fünf Übernachtungen an. Er musste am Sonntag anreisen, weil die Veranstaltung am Morgen des Montags begann. Das Seminar fand in einer Bildungsstätte statt, in der die Teilnehmer gleichzeitig untergebracht worden waren. Die Verpflegung stellte der Veranstalter.
Die Mitarbeitervertretung übermittelte mit Schreiben vom 9. Oktober 2006 der Dienststellenleitung die Rechnung und bat, die Seminarkosten zu begleichen. Die Rechnung gliedert sich in verschiedene Positionen:
- Unterkunft und Verpflegung 387,93 €
- Anteilige Seminarkosten steuerpflichtig: 99,76 €
- Mehrwertsteuer 78,03 €
- Seminargebühr steuerfrei: 310,92 €.
Die reinen Seminargebühren beliefen sich also auf 426,64 € und die Kosten für Unterkunft und Verpflegung auf 449,99 €.
Die Dienststellenleitung teilte daraufhin der Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 24. Oktober 2006, das am 26. Oktober 2006 bei der Mitarbeitervertretung einging (Bl. 7 der Vorakten), mit, dass sich für die Mitarbeitervertretung eine Selbstbeteiligung von 26,64 € ergebe, und überwies 850,00 €. Die Mitarbeitervertretung bat mit Schreiben vom 26. Oktober 2006 um einen Erörterungstermin. Die Beteiligten erörterten die Angelegenheit am 30. November 2006. In der Erörterung wies die Dienststellenleitung ausweislich des Protokolls der Mitarbeitervertretung auf die Höchstgrenze im Reisekostenrecht von 80,00 € pro Übernachtung hin. Herrn D wäre es zuzumuten gewesen, sich günstigere Übernachtungsmöglichkeiten zu suchen.
In ihrer Sitzung vom 6. Dezember 2006 beschloss die Mitarbeitervertretung, die Erörterung zu beenden, die Schlichtungsstelle anzurufen und zu ihrem Beistand einen Anwalt hinzuziehen. Sie teilte diese Beschlüsse mit Schreiben vom 12. Dezember 2006 der Dienststellenleitung mit und beantragte die Kostenübernahme für die Hinzuziehung des Anwalts, die die Dienststellenleitung mit Schreiben vom 19. Dezember 2006 ablehnte.
Die Mitarbeitervertretung rief mit dem am selben Tage eingegangenen Schriftsatz vom 15. Januar 2007 die Gemeinsame Schlichtungsstelle der Ev. Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der Ev. Kirche im Rheinland (Schlichtungsstelle) an.
Sie hat vorgetragen, die Kosten seien durch die Teilnahme an der Schulung entstanden. Die Dienststellenleitung habe das Seminar genehmigt. Der Hinweis der Dienststellenleitung im Schreiben vom 31. Juli 2006, für Unterbringung und Verpflegung würden nur 80,00 € erstattet, sei ihr nicht verständlich gewesen. Es sei bei einer solchen Fortbildung dem Teilnehmer nicht zumutbar, sich eine Übernachtung außerhalb der Bildungsstätte zu besorgen, um den Übernachtungspreis zu senken. Im Übrigen fände die RKR-KF auf Übernachtungskosten im Zusammenhang mit Schulungen keine Anwendung.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
festzustellen, dass die Dienststellenleitung verpflichtet ist, das Mitglied der Mitarbeitervertretung, Herrn D, von weiteren Seminarkosten für das Seminar "Veränderungen in der psychiatrischen Versorgung" in Höhe von 26,64 € freizustellen.
Die Dienststellenleitung hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Mitarbeitervertretung in der Vergangenheit bereits mehrfach darauf hingewiesen zu haben, bei Schulungen darauf zu achten, dass die Übernachtungskosten pro Nacht die Höhe von 80,00 € nicht überschreiten dürften. Darauf habe sie in ihrem Schreiben vom 31. Juli 2006 wieder ausdrücklich hingewiesen.
Die Erstattung der Unterbringung bei einer Schulung richte sich nach § 30 Abs. 4 MVG-EKiR. Es ginge nicht um die Seminarkosten selbst, die sich nach § 30 Abs. 2 MVG-EKiR richteten, sondern um davon unabhängige Übernachtungskosten. Es komme daher nicht darauf an, ob es kostengünstigere Seminare gebe. Wenn sie Übernachtungskosten in dieser Höhe übernähme, läge darin außerdem eine Begünstigung des Mitglieds der Mitarbeitervertretung.
Die Gemeinsame Schlichtungsstelle hat mit dem der Dienststellenleitung am 16. November 2007 zugestellten Beschluss vom 6. August 2007 dem Antrag der Mitarbeitervertretung entsprochen.
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Mitarbeitervertretung habe zunächst nach § 33 Abs. 4 [Abs. 3] MVG-EKiR eine Einigung durch Aussprache in der Dienststelle versucht und erst nach deren Scheitern die Schlichtungsstelle fristgerecht nach § 61 Abs. 1 MVG-EKiR angerufen.
Dass sich die Erstattung von "Seminarkosten" nach § 30 Abs. 2 MVG-EKiR richte, dagegen die Erstattung der Reisekosten und damit von Verpflegungs- und Übernachtungskosten, die im Zusammenhang mit Schulungen entstanden seien, nach § 30 Abs. 2 [Abs. 4] MVG-EKiR, sei unzutreffend.
Ob Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu hoch seien, sei nicht getrennt, sondern im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit der gesamten Kosten einer Schulung zu untersuchen.
Die im Zusammenhang mit der Schulung entstandenen Kosten seien erforderlich i.S.d. § 30 Abs. 2 MVG-EKiR gewesen.
Im Rahmen der Erforderlichkeit habe die Mitarbeitervertretung zu prüfen, ob nicht eine gleichwertige Schulung günstiger zu bekommen sei. Im vorliegenden Fall habe die Dienststellenleitung die Auswahl der Schulung im Schreiben vom 31. Juli 2006 nicht beanstandet, sondern nur unter Hinweis auf RKR-KF mitgeteilt, dass Unterbringungs- und Verpflegungskosten bis zur Höhe von 80,00 € übernommen würden. Dieser Hinweis sei nicht verständlich, weil nach § 8 RKR-KF für die Übernachtungskosten eine Höchstgrenze von 80,00 € festgelegt sei. Er sei auch nicht beachtlich, weil die Erforderlichkeit für die verschiedenen Kostenkategorien nicht getrennt geprüft werden könne.
Hiergegen wendet sich die Dienststellenleitung mit ihrer am 12. Dezember 2007 beim Kirchengerichtshof eingegangenen und am 15. Januar 2008 begründeten Beschwerde, mit der sie u.a. die Versäumung der Anrufungsfrist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR rügt.
Auch das gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 MVG-EKiR durchzuführende Einigungsgespräch führe nicht zu einer Verlängerung der Frist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR. Andernfalls könnten sowohl Dienststellenleitung als auch Mitarbeitervertretung durch die Aufforderung der anderen Seite zur Führung eines Einigungsgesprächs die maximale Frist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR unterlaufen. Dem Interesse aller Beteiligten an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nach Ablauf bestimmter Fristen könnte so nicht mehr entsprochen werden.
Aus der Verfahrensakte der ersten Instanz sei ersichtlich, dass zwischen den Beteiligten eine umfangreiche außergerichtliche Korrespondenz sowie Gespräche über den Grund und den Umfang der Kostentragungspflicht der Dienststellenleitung geführt worden seien. Die insoweit von den Beteiligten vertretenen unterschiedlichen Rechtsauffassungen seien umfassend ausgetauscht worden. Erst nachdem die gegensätzlichen Meinungen und Rechtsansichten mehrfach diskutiert worden seien, habe die Dienststellenleitung der Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 24. Oktober 2006 abschließend und verbindlich mitgeteilt, dass die Dienststellenleitung die von der Mitarbeitervertretung begehrten weiteren Kosten in Höhe von 26,64 € nicht begleichen werde.
Dieses Schreiben stelle nicht nur den nach Ansicht der Mitarbeitervertretung vorliegenden Rechtsverstoß i.S.v. § 61 Abs. 1 MVG-EKiR dar, sondern zugleich die schriftliche Erklärung über das Scheitern einer Einigung i.S.v. § 33 Abs. 3 Satz 3 MVG-EKiR.
Da jedenfalls hier die Erklärung des Scheiterns i.S.v. § 33 Abs. 3 Satz 3 MVG-EKiR und der behauptete Rechtsverstoß i.S.v. § 61 Abs. 1 MVG-EKiR zusammenfielen, müsse das Verhältnis der § 61 Abs. 1 und § 33 Abs. 3 MVG-EKiR nicht entschieden werden. Die Zwei-Monats-Frist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR habe spätestens am 24. September 2007 geendet und sei somit zum Zeitpunkt der Antragseinreichung durch die Mitarbeitervertretung bereits abgelaufen.
Außerdem sei § 30 Abs. 4 MVG-EKiR Rechtsgrundlage für die Erstattung von Übernachtungskosten. Diese Bestimmung sei lex specialis gegenüber § 30 Abs. 2 MVG-EKiR.
Sollte § 30 Abs. 4 MVG-EKiR nicht lex specialis gegenüber § 30 Abs. 2 MVG-EKiR sein und sich die Frage, bis zu welcher Höhe die Dienststelle Übernachtungskosten von Mitgliedern der Mitarbeitervertretung zu tragen habe, ausschließlich nach § 30 Abs. 2 MVG-EKiR beurteilen, müssten das von der Dienststelle ohne Ausnahmen stets angewendete RKR-KF und dessen § 8 Abs. 1 Satz 1 und 4 bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "erforderlichen Kosten" berücksichtigt werden.
Ferner liege ein Verstoß gegen das Begünstigungsverbot des § 19 Abs. 1 Satz 2 MVG-EKiR vor. Die Dienststelle dürfe Mitgliedern der Mitarbeitervertretung keine höheren Kosten erstatten als in § 8 RKR-KF vorgesehen.
Überdies liege keine ordnungsgemäße Rechnungserstellung durch die Veranstalterin des durchgeführten Seminars vor. Es sei nicht ersichtlich, welche Kosten für Übernachtung und welche Kosten für Verpflegung in Rechnung gestellt würden. Das wird im Einzelnen ausgeführt.
Die Dienststellenleitung beantragt,
den Beschluss der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Ev. Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der Ev. Kirche im Rheinland vom 16. August 2007 zum Az: 1 GS 1/2007 Az: 12-32 aufzuheben und den Antrag abzuweisen.
Die Mitarbeitervertretung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Antrag sei innerhalb der Frist des § 61 Abs. 1 MVG gestellt.
Die Fristberechnung der Dienststellenleitung sei mit § 33 Abs. 3 MVG-EKiR nicht vereinbar. Die Beteiligten seien verpflichtet, in strittigen Fragen eine Einigung durch Aussprache anzustreben. Die schriftliche Mitteilung der Dienststellenleitung, sie werde Zahlung nicht leisten, ersetze die Aussprache nicht. Die Mitarbeitervertretung sei daher verpflichtet, mit der Dienststellenleitung das Gespräch zu suchen, was sie mit der Bitte um mündliche Erörterung auch getan habe. Solange die Beteiligten den Versuch der Einigung durch Aussprache unternommen hätten, sei die Mitarbeitervertretung gehindert, einen Antrag an das Kirchengericht zu richten. Es könne aber nicht sein, dass die Mitarbeitervertretung an der Antragstellung aus Rechtsgründen gehindert gewesen sei, andererseits aber die Antragsfrist bereits zu laufen begonnen haben solle. Die Mitarbeitervertretung habe dann nach erfolgloser Aussprache zeitnah die mündliche Erörterung für beendet erklärt und innerhalb von zwei Monaten ab diesem Zeitpunkt den Antrag an das Kirchengericht gerichtet.
Auch im Übrigen verteidigt sie den angefochtenen Beschluss und setzt sich mit der Argumentation der Beschwerde im Einzelnen auseinander.
Auf die Beschwerdebegründung vom 15. Januar 2008, auf die Beschwerdebeantwortung vom 31. März 2008 sowie die Replik der Dienststellenleitung vom 3. April 2008 wird Bezug genommen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 25. Februar 2008 die Beschwerde der Dienststellenleitung zur Entscheidung angenommen.
II. Die Beschwerde ist begründet.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit, Zulässigkeit und über das Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 63 MVG.EKD i.V.m. § 1 MVG-EKiR (KABl. 2005, S. 142).
2. Die Dienststellenleitung ist nicht verpflichtet, das Mitglied der Mitarbeitervertretung D von weiteren Seminarkosten für das Seminar "Veränderungen in der psychiatrischen Versorgung" in Höhe von 26,64 € freizustellen.
a) Gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrages der Mitarbeitervertretung bestehen keine Bedenken. Zwar steht der dem Feststellungsbegehren zugrunde liegende Freistellungsanspruch nur dem jeweiligen Mitglied der Mitarbeitervertretung zu, das an der betreffenden Schulungsveranstaltung teilgenommen hat. Die Mitarbeitervertretung kann aber die kirchengerichtliche Feststellung eines Freistellungsanspruchs im Interesse seines am Verfahren nicht beteiligten Mitglieds - wie im vorliegenden Fall - selbst verlangen (vgl. für den staatlichen Bereich OVG Rheinland-Pfalz vom 13. Juli 2006 - 4 A 10187/06 - PersR 2006, 482 = Personalvertretung 2007, 23 [zu II der Gründe Abs. 2 betreffend Erstattungsanspruch im Rahmen des Personalvertretungsrechts]).
b) Der Antrag ist aber deswegen zurückzuweisen, weil die Mitarbeitervertretung die Anrufungsfrist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR nicht gewahrt hat, wobei offen bleiben kann, ob die Versäumung der Frist zur Unzulässigkeit des Antrages (so Bohnenkamp in Berliner Kommentar zum MVG.EKD 2007, § 61 Rn. 6) oder zur Unbegründetheit des Antrages führt (so Fey/Rehren, MVG.EKD, Stand Januar 2008, § 61 Rn. 1a).
Die Anrufungsfrist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR war am Tage des Eingangs der Antragsschrift am 15. Januar 2007 bei der Gemeinsamen Schlichtungsstelle bereits abgelaufen. Denn die Dienststellenleitung hatte mit dem bei der Mitarbeitervertretung am 26. Oktober 2006 eingegangenem Schreiben vom 24. Oktober 2006 an die Mitarbeitervertretung deutlich gemacht, dass "sich für sie eine Selbstbeteiligung von 26,64 €" "ergibt", also genau der Betrag, um den es im vorliegenden Verfahren geht. Somit war die Anrufungsfrist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR am 27. Dezember 2006 abgelaufen, der am 15. Januar 2007 bei der Gemeinsamen Schlichtungsstelle eingegangene Antrag mithin verspätet.
Der Auffassung der ersten Instanz, die Mitarbeitervertretung habe zunächst nach § 33 Abs. 4 MVG-EKiR - gemeint ist Absatz 3 - eine Einigung durch Aussprache in der Dienststelle versucht und erst nach deren Scheitern die Schlichtungsstelle fristgerecht nach § 61 Abs. 1 MVG-EKiR angerufen, vermag der Senat nicht zu folgen.
Denn die Frist zur Anrufung des Kirchengerichts/der Schlichtungsstelle beträgt grundsätzlich zwei Monate nach Kenntnis eines Tatbestandes nach § 60 Abs. 1 MVG-EKiR. Unter Kenntnis ist positive Kenntnis zu verstehen. § 60 Abs. 1 MVG-EKiR regelt die Alleinzuständigkeit des Kirchengerichts/der Schlichtungsstelle für alle Streitigkeiten, die sich aus der Anwendung des MVG-EKiR ergeben. Dazu gehört auch, ohne dass es insoweit Erörterungen bedarf, der Anspruch auf Freistellung von weiteren Seminarkosten i.S.d. § 30 MVG-EKiR für die Teilnahme an dem Seminar "Veränderungen in der psychiatrischen Versorgung".
Am 26. Oktober 2006 hatte die Mitarbeitervertretung Kenntnis davon erlangt, dass die Dienststellenleitung nicht gewillt war, den Restbetrag von 26,64 € zu übernehmen. Damit war ihr ein Sachverhalt bekannt, in dem ein Rechtsverstoß der Dienststellenleitung liegen könnte, weil eben doch ein Anspruch auf Freistellung des Mitglieds der Mitarbeitervertretung D von weiteren Seminarkosten für das genannte Seminar bestehen könnte. Dann aber lief die Anrufungsfrist an und endete mit Ablauf des 27. Dezember 2006.
Daran ändert auch § 33 Abs. 3 MVG-EKiR nichts. Es ist zwar richtig, dass Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung in streitigen Fragen eine Einigung durch Aussprache anzustreben haben und erst, wenn die Bemühungen um eine Einigung in der Dienststelle gescheitert sind, andere Stellen im Rahmen der dafür geltenden Mitbestimmungen angerufen werden dürfen, sonach auch das Kirchengericht/die Schlichtungsstelle. Es ist ferner richtig, dass das Scheitern der Einigung von der Mitarbeitervertretung oder von der Dienststellenleitung schriftlich erklärt werden muss.
Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall der dem Schreiben der Dienststellenleitung an die Mitarbeitervertretung vom 24. Oktober 2006 vorangegangene Schriftwechsel, Schreiben der Dienststellenleitung an die Mitarbeitervertretung vom 31. Juli 2006 (Bl. 5 der Vorakten), Schreiben der Mitarbeitervertretung an die Dienststellenleitung vom 9. Oktober 2006 als Einigungsversuch und das Schreiben der Dienststellenleitung an die Mitarbeitervertretung vom 24. Oktober 2006 als schriftliche Erklärung des Scheiterns der Einigung seitens der Dienststellenleitung verstanden werden können, ändert § 33 Abs. 3 MVG-EKiR an dem Anlaufen und dem Lauf der Anrufungsfrist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR nichts. Vielmehr muss den auf dem Gebot der vertrauensvollen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit beruhenden Vorschriften innerhalb der Anrufungsfrist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR Rechnung getragen werden. Darauf weisen Bauer u.a., Mitarbeitervertretungsgesetz für den Bereich der ev. Kirchen und Diakonischen Werke im Rheinland, Westfalen und Lippe, Stand Mai 2006, § 33 Anm. 3 ausdrücklich hin, wenn unter 3.2. ausgeführt ist, nach Erklärung des Scheiterns der Einigung könnten von beiden Seiten andere Stellen, die zu einer Entscheidung oder zu einer Überprüfung des Beratungsergebnisses berechtigt seien, im Rahmen der dafür maßgeblichen Vorschriften angerufen werden, wobei "gegebenenfalls vorgeschriebene Fristen einzuhalten" "sind", wobei mit "Vgl. § 61 Abs. 1" ausdrücklich auf die in dieser Bestimmung geregelte Anrufungsfrist verwiesen ist. Dabei ist im Zweifel in einer Anrufung des Kirchengerichts/der Schlichtungsstelle innerhalb der Frist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR die ausdrückliche Erklärung des Scheiterns der Einigung innerhalb der Dienststelle zu sehen.
Jedenfalls verlängert sich die Anrufungsfrist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR durch den Versuch einer Einigung durch Aussprache in der Dienststelle nach § 33 Abs. 3 MVG-EKiR nicht.
c) Ist der Antrag der Mitarbeitervertretung verfristet, war auf die weiteren, durch die Beteiligten aufgeworfenen Fragen - Verhältnis § 30 Abs. 4 und § 30 Abs. 2 MVG-EKiR, Relevanz einer Reisekostenregelung, Begünstigungsverbot des § 19 Abs. 1 Satz 2 MVG-EKiR, Erforderlichkeit der Unterscheidung zwischen Übernachtungs- und Verpflegungskosten bei den Hotelkosten - nicht mehr einzugehen.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).