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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:23.09.2009
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/R25-09
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 38 Abs. 4, § 41 Abs. 1, § 42 Buchst. C, § 60 Abs. 5
Vorinstanzen:Kirchengericht der Ev. Kirche in Deutschland - Erste Kammer für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten vom 13.1.2009, I-2708/N37/08, Fundstelle: ZMV 1/2010, S.33
Schlagworte:Eingruppierung – Anhörung und Antrag an das Gericht
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Leitsatz:

Die Stattgabe des Antrags gem. § 60 Abs. 5 MVG.EKD erfordert die Feststellung, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund hatte, ihre Zustimmung zu eben der Eingruppierung zu verweigern, zu der die Dienststellenleitung sie angehört hat. Weicht der an das Gericht gerichtete Feststellungsantrag vom Anhörungsantrag ab, so ist der Feststellungsantrag unbegründet.

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Kirchengerichts der Evangelischen Kirche in Deutschland – Erste Kammer für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten - vom 19. Januar 2009 - I-2708/N13-07 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über die Eingruppierung von 37 bei ihr in ihren Organisationsteilen als Angestellte beschäftigten Rettungsassistenten und -assistentinnen anlässlich der Neufassung des AVR.DW.EKD. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin ist die Dienststellenleitung dieses Organisationsteiles. Die Einrichtung betreibt bundesweit Rettungsdienste.
Die Dienststellenleitung beabsichtigt die Rettungsassistenten nach Entgeltgruppe 6 AVR.DW.EKD zuzüglich 50 v.H. des Unterschiedsbetrags zur Entgeltgruppe 7 AVR.DW.EKD zu vergüten. Sie hat die Mitarbeitervertretung zu dieser von ihr beabsichtigten Eingruppierung der Rettungsassistenten und -assistentinnen angehört. Diese hat die Zustimmung mit der Begründung verweigert, zutreffend sei die Eingruppierung in Entgeltgruppe 7 AVR.DW.EKD.
Die Antragstellerin hat vorgebracht, die Mitarbeiterin habe keinen Grund, ihre Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung zu verweigern. Aus ihren Stellenbeschreibungen wie aus dem Rettungsassistentengesetz seien nur Tätigkeiten übertragen worden und auszuüben, die in die Entgeltgruppe 6 AVR.DW.EKD fielen. Die Eingruppierung in Entgeltgruppe 6 zuzüglich 50 v.H. des Unterschiedsbetrags zur Entgeltgruppe 7 sei ein Entgegenkommen für die Mitarbeitrinnen und Mitarbeiter. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die umfangreichen Schriftsätze und Anlagen der Antragstellerin im ersten Rechtszug Bezug genommen.
Sie hat beantragt,
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiter in die neu reformierten Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der EKD gemäß Anlage 1 AVR mit Wirkung ab 1. Juli 2007 in die Entgeltgruppe 6 zzgl. 50 % der Differenz zur Entgeltgruppe 7 vorliegt.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie halt geltend gemacht, die Rettungsassistenten und -assistentinnen seien zutreffend in Entgeltgruppe 7 AVR.DW.EKD eingruppiert. Sie benötigten insbesondere als Notfallkompetenz nicht nur erweiterte und vertiefte Kenntnisse und entsprechende Fähigkeiten, sondern Fachwissen und Fähigkeiten, die i.d.R. durch eine dreijährige Berufsausbildung, aber auch anderweitig erworben werden könnten (Entgeltgruppe 7, Anmerkung 5, Satz 1 Anlage 1 AVR.DW.EKD). Eine derartige formale Ausbildung sei für Rettungsassistenten nicht vorgesehen, sie benötigten aber entsprechende Fähigkeiten; diese gingen über den Kanon der Fähigkeiten nach dem Rettungsdienstgesetz und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Rettungsassistenten und -assistentinnen hinaus. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen der Mitarbeitervertretung im ersten Rechtszug Bezug genommen.
Das Kirchengericht hat den Antrag der Dienststellenleitung durch Beschluss vom 19. Januar 2009 abgelehnt. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Dienststellenleitung. Der erkennende Senat hat die Beschwerde mit Beschluss vom 15. Juli 2009 zur Entscheidung angenommen.
Die Beschwerdeführerin rügt den angefochtenen Beschluss als inhaltlich unrichtig. Sie hebt hervor, nur zu 20% ihrer Einsatzzeit hätten die in Rede stehenden Rettungsassistenten und -assistentinnen unmittelbar mit Notfallpatienten zu tun. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen der Beschwerdeführerin vom 9. April, 6. Mai, 10. Juli und 3. September 2009 Bezug genommen.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den angefochtenen Beschluss abzuändern und festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund für die Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiter in die neu reformierten AVR.DW.EKD mit Wirkung ab 01. Juli 2007 in die Entgeltgruppe 6 vorliegt.
Die Mitarbeitervertretung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss nach näherer Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 17. Juni und 27. August 2009, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Die erstmals in der Beschwerde begehrte Feststellung kann mangels damit konsistenter Anhörung der Mitarbeitervertretung nicht getroffen werden.
1. Mit ihrer Beschwerde will die Dienststellenleitung nicht die Stattgabe ihres erstinstanzlichen Antrags, sondern die Stattgabe eines hiervon abweichenden Antrags erreichen. Erstinstanzlich wollte die Dienststellenleitung nach dem dort gestellten Antrag die Feststellung erreichen, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund hatte, ihre Zustimmung zur Eingruppierung in die Entgeltgruppe 6 mit einer Zulage von 50 v.H. der Differenz zur Entgeltgruppe 7 AVR.DW.EKD zu verweigern. Nunmehr begehrt die Dienststellenleitung nicht diese Feststellung, sondern die, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund habe, ihre Zustimmung zur Eingruppierung in die Entgeltgruppe 6 AVR.DW.EKD, also ohne den hälftigen Differenzbetrag zur Entgeltgruppe 7 AVR.DW.EKD, zu verweigern.
2. Rechtsgrundlage für den Antrag sind § 38 Abs. 4, § 41 Abs. 1, § 42 Buchst. c § 60 Abs. 5 MVG.EKD. Die Eingruppierung stellt keinen Willensakt dar, sondern lediglich einen rechtlichen Vollzugsakt, nämlich die Anwendung der AVR.DW.EKD auf die übertragenen Tätigkeiten. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 AVR.DW.EKD „ist“ der Mitarbeiter in einer Entgeltgruppe eingruppiert; er wird nicht etwa vom Dienstgeber in eine solche eingruppiert. Daran hat die Novelle des § 12 AVR.DW.EKD nichts geändert.
a) Die Stattgabe des Antrags gem. § 60 Abs. 5 MVG.EKD erfordert die Feststellung, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund hatte, ihre Zustimmung zu eben der Eingruppierung zu verweigern, zu der die Dienststellenleitung sie angehört hat. Weicht der an das Gericht gerichtete Feststellungsantrag vom Anhörungsantrag ab, so ist der Feststellungsantrag unbegründet. Das ist hier der Fall. Die Mitarbeitervertretung ist zur Eingruppierung nur in die Entgeltgruppe 6 AVR.DW.EKD nicht angehört worden, sondern (nur) zu einer Eingruppierung in die AVR.DW.EKD mit einer Zulage in Höhe von 50 v.H. der Differenz zur Entgeltgruppe 7 AVR.DW.EKD.
b) Der zweitinstanzlich erstmals gestellte Antrag stellt im Verhältnis zur Anhörung der Mitarbeitervertretung wie auch zum erstinstanzlichen Antrag nicht etwa ein für eine Antragsänderung im gerichtlichen Verfahren meistens schadloses „Weniger“, sondern ein „Anderes“ dar. Denn die Mitarbeitervertretung ist zu einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 6 AVR.DW.EKD ohne die Zulage überhaupt nicht angehört worden. Daran ändert nichts, dass die Mitarbeitervertretung auch einer solchen Eingruppierung mit möglicherweise identischer Begründung die Zustimmung versagt hätte. Entscheidend bleibt, dass die Mitarbeitervertretung eben hierzu nicht angehört worden ist. Denkbar ist nämlich ebenso, dass die Mitarbeitervertretung ihre Zustimmungsverweigerung auch auf einen anderen Grund gestützt haben könnte, wenn sie konsistent zum jetzt gestellten Beschwerdeantrag angehört worden wäre.
3. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dahinstehen, welche Entgeltgruppe der AVR.DW.EKD mit oder ohne Zulage für die Eingruppierung zutrifft und ob der erstinstanzlichen Entscheidung in der Sache selbst und in der Begründung zu folgen ist. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob und inwieweit die Zubilligung einer Zulage nur für eine spezielle Berufsgruppe als Eingruppierung i.S. des § 42 Buchst. c MVG.EKD zu verstehen ist.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).