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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:28.11.2011
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/T40-11
Rechtsgrundlage:MVG.EKD §§ 47 Abs. 1, 42 Buchstabe c), 63 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 2
Vorinstanzen:Gemeinsame Schlichtungsstelle der Ev. Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der Ev. Kirche im Rheinland, 1 GS 47/2010
Schlagworte:Eingruppierung einer gestellten DRK-Schwester
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Leitsatz:

1. Die auf grundsätzlicher Bedeutung (§ 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 MVG.EKD) gestützte Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, wenn dieser nach der darin enthaltenen Begründung nicht von der Rechtsfrage abhängt, die ihm nach der Beschwerdebegründung zu Grunde liegen soll.
2. Die Pflicht zur Eingruppierung setzt ein durch Arbeitsvertrag begründetes Arbeitsverhältnis voraus, an das der Mitarbeiter und die Dienststelle als Arbeitsvertragsparteien gebunden sind. Sie dient der arbeitsvertrags- und vergütungsordnungsgerechten Entgeltfindung und -bemessung.

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Ev. Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der Ev. Kirche im Rheinland vom 4. Juli 2011 - Az. 1 GS 47/2010 - wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Weigerung der Dienststellenleitung rechtswidrig ist, die Eingruppierung der ab 1. Juni 2010 mit höherwertigen Aufgaben (Oberschwester im Betriebsteil 3) betrauten Frau D in die Entgeltgruppe 11a des Pflegepersonal-Entgeltgruppenplans (PEGP) zum BAT-KF Fallgruppe 1 vorzunehmen. Die Dienststelle vereinbart mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Pflegedienstes im jeweiligen Arbeitsvertrag die Anwendung des BAT-KF. Mit Frau D hat die Dienststelle keinen Arbeitsvertrag geschlossen. Frau D gehört einer Schwesternschaft als deren Mitglied an und ist der Dienststelle gemäß einem Gestellungsvertrag "gestellt" worden.
Die Mitarbeitervertretung beschloss, am 25. August 2010 einen Initiativantrag zur Eingruppierung der Frau D in die Entgeltgruppe 11a des PEGP zum BAT-KF zu stellen. Die Dienststelle lehnte die Eingruppierung mit - im Ergebnis - der Begründung ab, nicht sie, sondern die Schwesternschaft sei hierfür zuständig. Darauf rief die Mitarbeitervertretung am 8. Oktober 2010 die Schlichtungsstelle an.
Die antragstellende Mitarbeitervertretung meint, die Dienststellenleitung sei aus rechtlichen Gründen gehalten, die Eingruppierung vorzunehmen, auch wenn Frau D keinen Arbeitsvertrag mit der Dienststelle geschlossen habe. Wegen der Einzelheiten ihres erstinstanzlichen Vorbringens wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 1. Oktober, 20. November und 7. Dezember 2010, 24. Januar, 28. Januar, 4. März, 13. März, 24. März und 12. April 2011 Bezug genommen.
Sie hat beantragt,
festzustellen, dass die Weigerung der Dienststellenleitung, ihre Mitarbeiterin Frau D in die Entgeltgruppe 11a des PEGP zum BAT-KF einzugruppieren, rechtswidrig ist.
Die Dienststellenleitung hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, für die Eingruppierung der Frau D sei nicht sie, sondern die Schwesternschaft zuständig. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Dienststellenleitung im ersten Rechtszug wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 15. Oktober und 28. Dezember 2010, 19. Januar, 2. März, 23. März und 13. April 2011 Bezug genommen.
Die Vorinstanz hat den Antrag durch ihren Beschluss vom 4. Juli 2011 zurückgewiesen und zur Begründung im Kern ausgeführt, es fehle das für die Eingruppierung vorauszusetzende Arbeitsvertragsverhältnis zwischen der Dienststelle und Frau D.
Gegen diesen ihr am 8. August 2011 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 2. September 2011 per Fax eingereichten Beschwerde. Die Beschwerde-begründungsfrist ist auf den am 7. Oktober 2011 (Fax) eingereichten Antrag antragsgemäß verlängert worden. Die Beschwerdebegründungsschrift vom 22. Oktober 2011 ist am Montag, den 24. Oktober 2011 (Fax) eingereicht worden.
Die Antragstellerin macht geltend, die Beschwerde sei wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 MVG.EKD) wie auch wegen ernstlicher Zweifel an der materiellen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses (§ 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MVG.EKD) zur Entscheidung anzunehmen und sei begründet. Von grundsätzlicher Bedeutung und entscheidungserheblich sei die folgende Rechtsfrage:
"Ist ein (kirchlicher) Arbeitgeber verpflichtet, eine von einer Schwesternschaft im Rahmen der Personalgestellung entsandte Pflegekraft unter Beteiligung der Mitarbeitervertretung einzugruppieren, wenn die Schwesternschaft die Vergütung der Pflegekraft ausschließlich davon abhängig macht, welche Tätigkeiten der Arbeitgeber dieser Pflegekraft überträgt, wie die Pflegekraft aufgrund der übertragenen Tätigkeit nach Maßgabe der bei dem Arbeitgeber anzuwendenden Lohnordnung eingruppiert ist und sich dabei nach der Beurteilung durch den Arbeitgeber richtet?".
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdebegründungsschrift vom 22. Oktober 2011 Bezug genommen.
Die Dienststellenleitung beantragt, die Beschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen; auf den Inhalt ihrer Schriftsätze vom 12. September und 25. November 2011 wird Bezug genommen.
II. Die Beschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil hierfür kein Grund gegeben ist.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit, Zulässigkeit und Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 63 MVG.EKD i.V.m. § 1 MVG.EKiR (KABl. 2005, S. 142).
2. Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD bedarf die Beschwerde gegen Beschlüsse der Kirchengerichte der Annahme durch den Kirchengerichtshof der EKD. Sie ist nach § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD anzunehmen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen, 2. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, 3. der Beschluss von einer Entscheidung des Kirchengerichtshofes der Evangelischen Kirche in Deutschland, einer Entscheidung eines obersten Landesgerichts oder eines Bundesgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 4. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der Beschluss beruhen kann.
Keine dieser Voraussetzungen liegt vor, vor allem nicht die zu § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 MVG.EKD.
a) Die Annahme der Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage nach § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 MVG.EKD setzt u.a. voraus, dass die Entscheidung der Vorinstanz auf einem abstrakten Rechtssatz als Antwort auf die abstrakte Rechtsfrage beruht, den die Vorinstanz im angefochtenen Beschluss selbst gebildet oder übernommen hat oder ihm der vom Beschwerdeführer selbst formulierte abstrakte Rechtssatz zwingend zu entnehmen ist, und, dass die Entscheidung der Vorinstanz auf diesem Rechtssatz beruht (vgl. statt vieler: zuletzt KGH.EKD, Beschluss vom 12. April 2010 - I-0124/S13-10 - ZMV 2010, S. 264). Die auf grundsätzlicher Bedeutung (§ 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 MVG.EKD) gestützte Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, wenn dieser nach der darin enthaltenen Begründung nicht von der Rechtsfrage abhängt, die ihm nach der Beschwerdebegründung zu Grunde liegen soll (vgl. zur Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72a ArbGG: BAG, Beschluss vom 28. Januar 1981 - 4 AZN 468/80 - EzA § 72a ArbGG 1979 Nr. 25).
So verhält es sich hier. Die Vorinstanz hat die angefochtene Entscheidung nicht auf den von der Beschwerde selbst gebildeten, als tragend bezeichneten Rechtssatz gestützt. Die Vorinstanz hat vielmehr zur Begründung ihrer Entscheidung den abstrakten Rechtssatz formuliert, die Eingruppierung setze ein Arbeitsvertragsverhältnis zwischen demjenigen, der eingruppiert werden soll oder muss und demjenigen, der die Eingruppierung vorzunehmen habe, voraus. Ein Arbeitsrechtsverhältnis bestehe zwischen der von der Schwesterschaft "gestellten" Frau D und der Dienststelle nicht. Daran ändere sich nichts, wenn die Schwesternschaft zur Festlegung der Vergütung der Frau D eine Auskunft von der Dienststelle benötige, wie Frau D entsprechend dem bei der Dienststelle angewendeten BAT-KF eingruppiert wäre. Diese Fragestellung berühre nur das vertragliche Gestellungsverhältnis zwischen der Schwesternschaft und der Dienststelle.
b) Auch die Voraussetzungen für eine Annahme der Beschwerde zur Entscheidung nach § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MVG.EKD liegen nicht vor.
aa) Ernstliche Zweifel an der materiell-rechtlichen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses sind nur anzunehmen, wenn die Entscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich anders zu treffen sein wird; die bloße Möglichkeit einer entgegen gesetzten Entscheidung genügt nicht (st. Rechtsprechung des KGH.EKD, zuletzt Beschluss vom 10. März 2011 - I-0124/S62-10 - ZMV 2011, 213). Maßgeblich ist, dass die Entscheidung in der Sache, nicht aber nur deren Begründung, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anders ausgehen wird. Die Gründe, aus denen sich die ernstlichen Zweifel an der materiellen Richtigkeit der Entscheidung ergeben sollen, müssen innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist schriftsätzlich vorgetragen worden sein.
bb) Solche Zweifel liegen hier nicht vor. Die Vorinstanz hat den auf § 47 Abs. 1 i.V.m. § 42 Buchstabe c) MVG.EKD gestützten Initiativantrag der Antragstellerin zu Recht zurückgewiesen.
Sie hat richtig erkannt, dass die Pflicht zur Eingruppierung ein durch Arbeitsvertrag begründetes Arbeitsverhältnis voraussetzt, an welches der Mitarbeiter und der Arbeitgeber gebunden sind. Sie dient der arbeitsvertrags- und vergütungsordnungsgerechten Entgeltfindung und -bemessung. Daran fehlt es hier.
(1) Unstreitig liegt ein Vertragsarbeitsverhältnis zwischen Frau D und der Dienststelle nicht vor.
(2) Die Antragstellerin scheint der Ansicht zu sein, die Dienststellenleitung habe die Eingruppierung als einen Akt ihrer Willensbetätigung vorzunehmen, nämlich sich zu entschließen, Frau D die von der Antragstellerin für richtig gehaltene Vergütungshöhe zuzubilligen. Dem kann nicht gefolgt werden. Eingruppierung bedeutet nicht, dass der Dienstgeber eine bestimmte Entgeltgruppe des BAT-KF willentlich zuzuweisen hat. Die Mitarbeitenden werden nicht durch eine Willensbetätigung der Dienststellenleitung in eine Entgeltgruppe eingruppiert, sondern sind kraft der Regelungen des im Arbeitsvertrag als anwendbar vereinbarten BAT-KF (oder der hinsichtlich des Eingruppierungsmechanismus entsprechenden anderen Arbeitsvertragsregelungen, wie z.B. AVR.DW.EKD), in der Entgeltgruppe eingruppiert, die der ihnen ausdrücklich übertragenen Tätigkeit entspricht. Die Mitarbeitervertretung kann gegenüber der Dienststellenleitung im Wege des Initiativrechts nur geltend machen, dass für das durch einen Arbeitsvertrag mit der Dienststelle begründete Arbeitsverhältnis eine andere als die von der Dienststellenleitung für richtig gehaltene Eingruppierung zutreffe (vgl. § 47 Abs. 1 i.V.m. § 42 Buchstabe c) MVG.EKD) und es rechtswidrig wäre, wenn die Dienststellenleitung dem nicht folgte.
(3) Die Erwägung der Beschwerde, das mitbestimmungsrechtliche Verfahren, wonach die Eingruppierung der Mitbestimmung durch die Mitarbeitervertretung unterliege, berühre den individualrechtlichen Anspruch der Mitarbeiterin auf eine eingruppierungsgerechte Vergütung oder auf eine gegenüber dem nach der Eingruppierung geschuldeten Entgelt höher liegende Individualvergütung nicht, ist zwar richtig. Aus dem Nebeneinander von Mitbestimmung und Individualanspruch kann aber nicht abgeleitet werden, dass es für den Dienstgeber eine Pflicht zur Eingruppierung ohne Bestehen eines Arbeitsvertrages gebe. Die Mitbestimmungsregelung des MVG.EKD (§ 42 Buchstabe c)) für sich allein löst keine Pflicht der Dienststellenleitung zur "Eingruppierung" aus, sondern nur die Pflicht zur Beteiligung der Mitarbeitervertretung an einer auf anderer Rechtsgrundlage beruhenden Eingruppierung. Diese Beteiligung besteht darin, dass der Mitarbeitervertretung nach § 42 Buchstabe c) MVG.EKD ein kontrollierendes Mitprüfungsrecht zusteht, ob die als "Eingruppierung" genannte Bewertung der rechtlichen Zuordnung in die zugrundeliegende Vergütungsordnung zutrifft oder nicht. Das Initiativrecht des § 47 Abs. 1 i. V. m. § 42 Buchstabe c) MVG.EKD hat nur zum Inhalt, die Dienststellenleitung zu veranlassen, bei der Eingruppierung die Rechtsauffassung der Mitarbeitervertretung zu Grunde zu legen. Sie kann mangels gesetzlicher Anspruchsgrundlage aber nicht durchsetzen, dass die bloße Beschäftigungsdienststelle, mit der die "gestellte" Mitarbeiterin gerade keinen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, für die Bemessung einer Vergütung, die nicht von ihr zu leisten ist, einen "Eingruppierungsakt", geschweige denn, einen solchen mit einem bestimmten Inhalt, vornehme.
(4) Der Umstand, dass Angehörige eines Ordens, von Schwesternschaften und vergleichbaren Einrichtungen im Falle ihrer "Gestellung" nach § 3 Abs. 2 MVG.EKD mitarbeitervertretungsrechtlich als Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Beschäftigungsdienststelle "gelten", ändert hieran nichts. Die Fiktion betrifft nur das Mitbestimmungsrecht. Sie verpflichtet die Dienststelle nicht zur Eingruppierung aller dort tätigen gestellten und deshalb fingierten Mitarbeiter.
cc) Ob und auf welcher Rechtsgrundlage die Schwesternschaft nach für die Schwesternschaft geltenden Bestimmungen gehalten ist, zu klären, in welche Entgeltgruppe des BAT-KF Frau D eingruppiert ist, und, ob und inwieweit dort eine Gremienmitbestimmung der Angehörigen der Schwesternschaft vorgesehen ist, ist für das vorliegende Verfahren ohne rechtliche Bedeutung.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).