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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:23.03.2011
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/S54-10
Rechtsgrundlage:BAT-KF AEGP, PEGP
Vorinstanzen:Gemeinsame Schlichtungsstelle der Ev. Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der Ev. Kirche im Rheinland, 1 GS 4/2010
Schlagworte:Eingruppierung AEGP/PEGP
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Leitsatz:

1. In den Allgemeinen Entgeltgruppenplan zum BAT-KF (AEGP) fallen alle Tätigkeiten, für die kein spezieller Entgeltgruppenplan gilt.
2. Der Pflegepersonal-Entgeltgruppenplan zum BAT-KF (PEGP) gilt grundsätzlich für pflegerische Tätigkeiten. Er gilt allerdings nicht für Angestellte im Pflegedienst, für die besondere Tätigkeitsmerkmale im AEPG enthalten sind, es sei denn, dass der AEGP wiederum auf den PEGP verweist (Vorbemerkung 1 zum PEGP). Für Gesundheits- und Krankenpflegerinnen gilt der PEGP, wenn sie die Tätigkeiten von Gesundheits- und Krankenpflegerinnen bzw. Altenpflegerinnen ausüben (Vorbemerkung 2 zum PEGP).
3. “Pflege” bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch in erster Linie “Obhut und Fürsorge” und “sorgende Behandlung” (Wahrig, Deutsches Wörterbuch 2000, “Pflege”). Die Pflege bezieht sich auf Menschen; an ihnen vollziehen sich Obhut, Fürsorge und sorgende Behandlung. Pflegerische Tätigkeiten sind im unmittelbaren Kontakt mit dem Patienten auf dessen gesundheitliches Wohl gerichtet. Der Aufgabenkreis umfasst den Umgang mit Patienten, die Verabreichung verordneter Medikationen, aber auch die Vitalzeichenkontrolle, die Prophylaxe gegen Pneumonie, Kontraktur, Soor, Dekubitus und Thrombose, die Mobilisation (Umbettung, Gehunterstützung) der Kranken, die Anleitung zur Eigenhygiene und weiteres. Rein technische Verrichtungen oder Beobachtungen stellen keine pflegerischen Leistungen dar.
4. Die Tätigkeit einer Hakenhalterin stellt keine pflegerische Tätigkeit i.S. des PEGP dar.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Dienststellenleitung wird der Beschluss der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Ev. Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der Ev. Kirche im Rheinland vom 14. Juni 2010 - Az.: 1 GS 4/2010 - abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund hat, die Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin D in die Entgeltgruppe 3, Fallgruppe 2, Stufe 3 des Allgemeinen Entgeltgruppenplans (AEGP) zum BAT-KF zu verweigern.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Mitarbeitervertretung einen Grund hatte, der von der antragstellenden Dienststellenleitung vorgesehenen Eingruppierung der weit überwiegend als sog. „Hakenhalterin“ bei Operationen eingesetzten Mitarbeiterin D in die Entgeltgruppe 3, Fallgruppe 2, Stufe 3 des AEGP zu verweigern. Der AEGP ist der „Allgemeine Entgeltgruppenplan“ zum BAT-KF. Frau D hat bei der Antragstellerin eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin abgeschlossen. Sie ist seit 1. September 2009 als „Assistenzpersonal im Zentraloperationsbereich“ angestellt worden. Die Mitarbeitervertretung hat nach fruchtloser Erörterung ihre Zustimmung zur Eingruppierung mit der Begründung verweigert, Frau D sei in den Pflegepersonal-Entgeltgruppenplan zum BAT-KF (PEGP) eingruppiert.
Den auf „Ersetzung der Zustimmung“ zu der von der Dienststellenleitung für zutreffend erachteten Eingruppierung nach dem AEGP gerichteten Antrag hat die Schlichtungsstelle in ihrem Beschluss vom 14. Juni 2010 mit im Kern der Begründung zurückgewiesen, eine Eingruppierung in den PEGP liege näher als eine solche in den AEGP.
Hiergegen wendet sich die Dienststellenleitung mit ihrer Beschwerde. Sie macht geltend, zutreffend sei der AEGP: Arbeitsvertraglich sei nicht die Tätigkeit einer Gesundheits- und Krankenpflegerin vereinbart oder übertragen worden, sondern die unter den AEGP fallende Assistenztätigkeit. Wegen näherer Einzelheiten des Vorbringens der Dienststellenleitung im Beschwerderechtszug wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen vom 26. August und 1. November 2010 sowie vom 18. März 2011 Bezug genommen.
Sie beantragt,
den Beschluss der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der EKiR vom 14. Juni 2010 zu dem AZ: 1 GS 4/2010 aufzuheben und festzustellen, dass die Beschwerdegegnerin keinen Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin D in die Fallgruppe 2 AEGP BAT-KF EG 3 Stufe 3 hat.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss nach näherer Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 12. März 2011.
Der Senat hat die Beschwerde zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 11. Februar 2011).
II. Die Beschwerde ist begründet. Die Mitarbeitervertretung hat ihre Zustimmung zu Unrecht mit der Begründung verweigert, einschlägig sei der PEGP. Die Tätigkeit einer „Hakenhalterin“ fällt nicht unter den PEGP.
1. Für die Eingruppierung einer Mitarbeiterin kommt es auf die ihr übertragene Tätigkeit an. Der erlernte Beruf ist - soweit der nicht für die Tätigkeit selbst vorausgesetzt ist (z.B. Arzt) - ohne Bedeutung. Ob Frau D angesichts ihrer Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin in der Lage wäre, pflegerische Tätigkeiten i.S. des PEGP auszuüben, ist unerheblich; entscheidend ist, welche Tätigkeit ihr ausdrücklich übertragen worden ist. Nach dem Arbeitsvertrag ist sie nicht zur Ausübung einer pflegerischen Tätigkeit angestellt worden, sondern als „Assistenzpersonal im Zentraloperationsbereich“; übertragen worden ist ihr, überwiegend als „Hakenhalterin“ tätig zu werden.
2. In den Allgemeinen Entgeltgruppenplan zum BAT-KF (AEGP) fallen alle Tätigkeiten, für die kein spezieller Entgeltgruppenplan gilt. Die Vorinstanz hat zu Unrecht angenommen, die Tätigkeit der „Hakenhalterin“ falle unter den spezielleren Pflegepersonal-Entgeltgruppenplan zum BAT-KF (PEGP).
a) Der PEGP gilt grundsätzlich für pflegerische Tätigkeiten. Er gilt allerdings nicht für Angestellte im Pflegedienst, für die besondere Tätigkeitsmerkmale im AEPG enthalten sind, es sei denn, dass der AEGP wiederum auf den PEGP verweist (Vorbemerkung 1 zum PEGP). Für Gesundheits- und Krankenpflegerinnen gilt der PEGP, wenn sie die Tätigkeiten von Gesundheits- und Krankenpflegerinnen bzw. Altenpflegerinnen ausüben (Vorbemerkung 2 zum PEGP).
b) “Pflege” bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch in erster Linie “Obhut und Fürsorge” und “sorgende Behandlung” (Wahrig, Deutsches Wörterbuch 2000, “Pflege”). Die Pflege bezieht sich auf Menschen; an ihnen vollziehen sich Obhut, Fürsorge und sorgende Behandlung. Pflegerische Tätigkeiten sind im unmittelbaren Kontakt mit dem Patienten auf dessen gesundheitliches Wohl gerichtet. Der Aufgabenkreis umfasst den Umgang mit Patienten, die Verabreichung verordneter Medikationen, aber auch die Vitalzeichenkontrolle, die Prophylaxe gegen Pneumonie, Kontraktur, Soor, Dekubitus und Thrombose, die Mobilisation (Umbettung, Gehunterstützung) der Kranken, die Anleitung zur Eigenhygiene und weiteres. Rein technische Verrichtungen oder Beobachtungen stellen keine pflegerischen Leistungen dar (vgl.: BAG, Urteil vom 11. November 1998 - 5 AZR 119/98 - Pflegerecht 1999, 261). Rein physikalisch-technische Hilfstätigkeiten wie das Offenhalten von Öffnungen mittels Haken stellen auch dann keine pflegerischen Aufgaben dar, wenn sie an einem Menschen vollzogen werden.
c) Die Tätigkeit einer Hakenhalterin stellt keine pflegerische Tätigkeit i.S. des PEGP dar. Bereits in der unbestritten zutreffenden Tätigkeitsbeschreibung „Hakenhalterin“ kommt zum Ausdruck, dass dies keine Pflegetätigkeit im Sinne des PEGP ist. Der Sache nach obliegt der Hakenhalterin keine Tätigkeit in der Pflege i.S. des PEGP. Ein enger, auf Zuwendung, Obhut, Fürsorge, sorgende Behandlung beruhender Bezug zum Menschen ist bei der Tätigkeit als „Hakenhalterin“ nicht gegeben. Vielmehr geht es dabei allein um eine technisch-mechanische Hilfstätigkeit bei ärztlichen, vor allem chirurgischen operativen Eingriffen. Die Tätigkeit erschöpft sich darin, nach Weisung des Arztes die Operationsöffnung offen zu halten bzw. auf Geheiß des Arztes den Zug des Hakens zu verringern oder gar, den Haken herauszunehmen, damit die Wunde geschlossen werden kann.
d) Auf den Umstand, dass Frau D eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin abgeschlossen hat, kommt es entgegen der Argumentation der Mitarbeitervertretung nicht an. Maßgeblich ist die ihr ausdrücklich übertragene Tätigkeit (vgl. § 12 BAT-KF). Eine Tätigkeit als Gesundheits- und Krankenpflegerin ist ihr nicht übertragen worden; sie übt eine solche auch nicht aus (vgl. auch Vorbemerkung 2 zum PEGP). Sie ist vielmehr als „Assistenzpersonal im Zentraloperationsbereich“ angestellt worden; hauptsächlich, nämlich zu ca. 70 v.H. ihrer Gesamttätigkeit, wird sie als „Hakenhalterin“ eingesetzt.
3. Die von der Dienststellenleitung vorgesehene Eingruppierung in die Entgeltgruppe und die Stufenzuordnung selbst, sind unter den Beteiligten nicht umstritten; der Streit geht lediglich darüber, ob der PEGP zutrifft oder der AEGP.
4. Insgesamt besteht daher für die Mitarbeitervertretung kein Grund, die Zustimmung zur Eingruppierung zu versagen.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).