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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 05.02.2024 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD I-0124/27-23 |
Rechtsgrundlage: | Kirchlicher Tarifvertrag Diakonie (KTD), Vergütungsgruppe EG 7 Erfahrungsstufe 5, MVG-EKD §§ 41, 60 Absatz 5 |
Vorinstanzen: | Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Ev.-Luth. Kirche in Norddeutschland - Kammer für den Bereich des DW Schleswig-Holstein, Az. NK-MG 7 2/2023 DWSH, vom 21.07.2023 |
Schlagworte: | Eingruppierung einer Mitarbeiterin im Bereich der ambulanten und stationären Pflege |
Leitsatz:
1) Die Entscheidung über die Begründetheit der Zustimmungsverweigerung nach § 41 MVG ist nach der Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu treffen.
2) Ist die Zustimmung zu einer Eingruppierung verweigert worden, weil es zum Zeitpunkt der Beteiligung der Mitarbeitervertretung für die Eingruppierung keine kirchliche Arbeitsrechtsordnung gab, entfällt dieser Grund jedenfalls dann, wenn eine solche Arbeirtsrechtsordnung für die beantragte Eingruppierung bis zur Entscheidung des Kirchengerichts zustande gekommen ist.
Tenor:
Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss des Kirchengerichts für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland - Kammer für den Bereich des Diakonischen Werkes Schleswig-Holstein - vom 21. Juli 2023, Az.: NK-MG 7 2/2023 DWSH, wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die richtige Eingruppierung einer Mitarbeiterin.
Die Dienststellenleitung hat bei der Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 9. Februar 2023 die Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin in die Vergütungsgruppe EG 7 Erfahrungsgruppe 5 Stationäre und ambulante Pflege beantragt. Die Mitarbeitervertretung hat die Zustimmung allein deshalb verweigert, weil die Dienststellenleitung zwar die Entgelttabellen und die Eingruppierungsmerkmale des Kirchlichen Tarifvertrages Diakonie (KTD) aufgrund einer Zusage an die Beschäftigten anwende, nicht aber den Tarifvertrag insgesamt.
Zum 1. Januar 2024 ist für die Dienststelle ein von ihr und der Gewerkschaft ver.di geschlossener Anerkennungstarifvertrag in Kraft getreten, nachdem der KTD mit Übergangsfristen und mit modifiziertem Inhalt gilt. Die Übergangsvorschriften und Modifikationen betreffen nicht die Entgelttabellen und Eingruppierungsmerkmale.
Die Dienststellenleitung hat mit am 24. Februar 2023 beim Kirchengericht eingegangenem Schriftsatz beantragt,
festzustellen, dass ein Grund für die Verweigerung der Zustimmung zu der Eingruppierung der Mitarbeiterin E in die EP 7/5 Eingruppierungsmerkmale stationäre und ambulante Pflege nicht besteht.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass von der Dienststelle ein kirchenrechtlich-legitimiertes Arbeitsrecht anzuwenden sei. Dem genüge die Dienststelle nicht, wenn sie nur im sogenannten Ersten Weg die Geltung der Entgeltordnung des Tarifvertrages vorsehe.
Das Kirchengericht hat dem Antrag der Dienstellenleitung mit Beschluss vom 26. Mai 2023 stattgegeben, weil die Dienststellenleitung mit der Eingruppierung die Eingruppierungsmerkmale, die Erfahrungsstufen und die Entgelttabelle des KTD vollständig anwende. Der Mitbestimmung unterliege nicht die Frage, ob von der Dienststelle außerhalb der Eingruppierung vollständig kirchliches Arbeitsrecht zur Geltung gebracht werde.
Gegen diesen Beschluss, der der Mitarbeitervertretung am 1. August 2023 zugestellt wurde, hat diese mit Schriftsatz vom 15. August 2023, beim Kirchengerichtshof eingegangen am selben Tage, Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2023, beim Kirchengerichtshof eingegangen am selben Tage, begründet.
Die Mitarbeitervertretung ist der Auffassung, dass die Zustimmung zu Recht verweigert worden sei, weil die Dienststellenleitung keine kirchenrechtlich legitimierte Arbeitsrechtsregelung anwende.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Kirchengerichts vom 21. Juli 2023 den Antrag abzuweisen.
Die Dienststellenleitung beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass es keinen Zustimmungsverweigerungsgrund gebe.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1) Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 63 Absatz 1 MVG-EKD statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.
2) Die Beschwerde ist unbegründet, weil der Antrag der Dienststelle zulässig und begründet ist.
a) Zur Zulässigkeit des Antrags wird auf die Ausführungen im Beschluss des Kirchengerichts verwiesen, die mit der Beschwerde nicht angegriffen werden und gegen die auch im Übrigen keine Bedenken ersichtlich sind.
b) Der Antrag ist begründet, weil für die Mitarbeitervertretung kein Grund für die Verweigerung der Zustimmung mehr besteht.
Die Entscheidung über die Begründetheit der Zustimmungsverweigerung ist nach der Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu treffen. Dieses entspricht den Gegebenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes. Gegenstand eines Verfahrens auf Ersetzung der Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme nach § 99 Absatz 4 BetrVG ist die Frage, ob die beabsichtigte personelle Maßnahme aufgrund eines konkreten, an den Betriebsrat gerichteten Zustimmungsersuchens des Arbeitgebers angesichts der vom Betriebsrat vorgebrachten Verweigerungsgründe gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist. Verfahrensgegenstand ist nicht, ob die Maßnahme im Zeitpunkt der Antragstellung durch den Arbeitgeber zulässig war. Diese gegenwarts- und zukunftsbezogene Frage ist nach Maßgabe der Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu beantworten (BAG, Urteil vom 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 Rn. 17; Juris). Diese Grundsätze gelten auch im mitarbeitervertretungsrechtlichen Verfahren. Zwar ist das Rechtsschutzziel dieses Verfahrens die Feststellung, ob für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 MVG-EKD vorliegt, § 60 Absatz 5 Satz 1 MVG-EKD. Daraus folgt aber nicht, dass zu prüfen ist, ob ein solcher Grund zum Zeitpunkt der Zustimmungsverweigerung gegeben war. Vielmehr zeigt § 60 Absatz 5 Satz 2 MVG-EKD, dass es im Kern um dieselbe Entscheidung geht wie im betriebsverfassungsrechtlichen Verfahren. Die Feststellung nach § 60 Absatz 5 Satz 1 MVG-EKD führt nämlich dazu, dass die Zustimmung der Mitarbeitervertretung als ersetzt gilt. Eine solche Wirkung kann erst mit Eintritt der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung erzielt werden. Nicht rückwirkend, sondern ausschließlich zukunftsbezogen kann es zu einer Klärung kommen. Demgemäß kommt es für die Entscheidung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor einem Kirchengericht an.
In diesem Zeitpunkt hat der einzige von der Mitarbeitervertretung genannte Grund für die Zustimmungsverweigerung nicht mehr vorgelegen. Die Entgeltordnung, nach der die Mitarbeiterin eingruppiert werden soll, ist nämlich seit dem 1. Januar 2004 Teil einer im sogenannten zweiten Weg zustande gekommenen kirchlichen Arbeitsrechtsordnung durch Tarifvertrag. Der Grund für die Verweigerung der Zustimmung liegt damit nicht mehr vor. Es braucht deshalb nicht entschieden zu werden, ob ein Zustimmungsverweigerungsgrund gegeben wäre, weil die Dienststellenleitung die tarifliche Vergütungsordnung zunächst ohne eine Tarifgeltung im Übrigen angewendet hat.