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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:26.02.2018
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/13-2017
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 42 c
Vorinstanzen:Gemeinsame Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der EKiR, Beschluss vom 1. Februar 2017 - 1 GS 28/2016
Schlagworte:Platzierung von MAV-Nachrichten im Intranet
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Leitsatz:

1. Die in den Richtlinien der GKV vorgesehene erforderliche Qualifikation für eine Betreuungskraft macht deutlich, dass die Betreuungskraft ihre Tätigkeit nur nach eingehender fachlicher Einarbeitung ausüben kann, wenn sie über eine solche Qualifikation nicht verfügt. 2. Eine Betreuungskraft, die über die Qualifikation verfügt, erfüllt die Voraussetzungen der Entgeltgruppe SD 3, auch wenn sie (deshalb) nicht eingehend fachlich eingearbeitet werden muss.

Tenor:

Die Beschwerde der Dienststellenleitung gegen den Beschluss der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der EKiR vom 1. Februar 2017 - Az. 1 GS 28/2016 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um die Eingruppierung einer Mitarbeiterin.
Diese Mitarbeiterin, Frau D, ist seit dem 1. Januar 2016 in einem Alten- und Pflegeheim als Betreuungskraft tätig. Für die Eingruppierung findet in der Dienststelle der BAT-KF Anwen-dung. Für den Sozial- und Erziehungsdienst sind unter der Ziffer 5 im Entgeltgruppenplan die Entgeltgruppen für die Beschäftigten „in der Alten- und Familienpflege sowie im Sozial- und Erziehungsdienst (soweit nicht anderweitig geregelt)“ vorgesehen. Die Fallgruppe 1, die zu einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe SD 2 führt, lautet
„Mitarbeiterinnen im Sozial- und Erziehungsdienst oder in der Familienpflege“,
die Fallgruppe 2, nach der in die Entgeltgruppe SD 3 eingruppiert ist,
„Mitarbeiterinnen im Sozial- und Erziehungsdienst oder in der Familienpflege mit Tätigkeiten, für die eine eingehende fachliche Einarbeitung nötig ist“.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 2015 beantragte die Dienststellenleitung bei der Mitarbeitervertretung deren Zustimmung zur Eingruppierung von Frau D in die Entgeltgruppe SD 2, Stufe 1. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2015, der Dienststellenleitung am selben Tage mitgeteilt, verlangte die Mitarbeitervertretung die Erörterung. Im Einvernehmen der Beteiligten wurden der Abschluss eines anderen kirchengerichtlichen Verfahrens abgewartet. Die Mitar-beitervertretung erteilte anschließend die Zustimmung nicht, weil Frau D in die Entgeltgruppe SD 3 eingruppiert sei, und teilte dieses der Dienststellenleitung mit Schreiben vom 5. Juli 2016 mit.
Für die Tätigkeit einer Betreuungskraft verlangen die Richtlinien nach § 53c SGB IX zur Qua-lifikation und zu den Aufgaben von zusätzlichen Betreuungskräften in stationären Pflegeeinrichtungen des GKF-Spitzenverbandes vom 19. August 2008 in der Fassung vom 23. November 2016, dass die Betreuungskraft eine Qualifizierungsmaßnahme durchlaufen hat. Die-se Maßnahme beinhaltet nach einem 40-stündigen Orientierungspraktikum:
- Einen Basiskurs Betreuungsarbeit in stationären Einrichtungen von 100 Stunden, in dem Grundkenntnisse über Kommunikation und Interaktion in der speziellen Situation vermittelt werden.
- Ein Betreuungspraktikum über zwei Wochen in einer stationären Pflegeeinrichtung.
- Einen Aufbaukurs zu Betreuungsarbeit in stationären Pflegeeinrichtungen über 60 Stunden, in dem die Kenntnisse aus dem Basiskurs vertieft und weitere Kenntnisse in anderen Themenbereichen (Rechtskunde, Hauswirtschaft, Ernährungslehre u.a.) vermittelt werden.
Die Dienststellenleitung hat die Auffassung vertreten, dass es für die Tätigkeit einer Betreu-ungskraft keiner eingehenden fachlichen Einarbeitung bedürfe. Eine solche Einarbeitung müsse mindestens vier Wochen dauern und durch eine dreijährig ausgebildete examinierte Pflegekraft erfolgen. Bei der Qualifizierungsmaßnahme handele es sich nicht um eine Einar-beitung, weil bei der Einarbeitung die Mitarbeit im Vordergrund stünde. Die Einarbeitung von Frau D habe etwa drei Wochen gedauert.
Die Dienststellenleitung hat beantragt,
festzustellen, dass für die Beteiligte zu 2 kein Grund zur Verweigerung ihrer Zustimmung zur Eingruppierung von Frau Din die Entgeltgruppe SD 2, Stufe 1, des Entgelt-gruppenplans zum BAT-KF für Mitarbeiterinnen im Sozial- und Erziehungsdienst (Anlage 9) des BAT-KF vorliegt.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen,
sowie die Wideranträge gestellt,
festzustellen, dass Frau D die Entgeltgruppe SD 3 des Entgeltgruppenplans zum BAT-KF für Mitarbeiterinnen im Sozial- und Erziehungsdienst (Anlage 9) des BAT-KF einzugruppieren ist,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Weigerung der Beteiligten zu 1, Frau D in die Entgeltgruppe SD 3 des Entgeltgruppenplans zum BAT-KF für Mitarbeiterinnen im Sozial- und Erziehungsdienst (Anlage 9) des BAT-KF einzugruppieren, rechtswidrig ist.
Die Mitarbeitervertretung hält die Eingruppierung in die Entgeltgruppe SD 3 für zutreffend. Nachdem ursprünglich alle Betreuungskräfte in dieser Gruppe eingruppiert gewesen seien, habe nur eine geänderte Refinanzierung zum Versuch einer Eingruppierung in die Entgelt-gruppe SD 2 geführt. Es handele sich bei den von einer Betreuungskraft zu verrichtenden Tätigkeiten nicht um einfache Arbeiten.
Die Dienststellenleitung hat beantragt,
die Wideranträge zurückzuweisen.
Das Kirchengericht hat mit Beschluss vom 13. Februar 2017 den Antrag der Dienststellenlei-tung und die Wideranträge der Mitarbeitervertretung zurückgewiesen. Gegen diesen Be-schluss, der der Dienststellenleitung am 13. März 2017 zugestellt wurde, hat sie mit Schrift-satz vom 22. März 2017, beim Kirchengerichtshof eingegangen am selben Tag, Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 15. Mai 2017, einem Montag, der beim Kirchgerichts-hof am selben Tage einging, begründet.
Die Dienststellenleitung hält den Beschluss des Kirchengerichts unter Wiederholung und Ver-tiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens für unzutreffend. Die Richtlinien zur fachlichen Qualifikation erforderten gerade keine fachliche Ausbildung, sondern behandelten eher Cha-raktereigenschaften wie Teamfähigkeit, Zuverlässigkeit und eine positive Haltung gegenüber kranken, behinderten und alten Menschen. Die Betreuungskraft solle ihre Qualifikation im Sinne einer charakterlichen Eignung durch ein Orientierungspraktikum, eine Qualifizierungs-maßnahme oder auch durch Fortbildungen im bestehenden Arbeitsverhältnis nachweisen. Demgegenüber sei eine inhaltliche oder fachliche Ausbildung gerade nicht vorausgesetzt. Ferner ergebe sich aus dem Erfordernis einer Einarbeitung, dass dieses nur nach Beginn des Arbeitsverhältnisses und nicht durch eine vorhergehende Qualifizierung erfüllt werden könne. Die Qualifizierung werde aber verlangt, damit überhaupt eine Einstellung als Betreuungskraft erfolgen könne. Eine eingehende fachliche Einarbeitung benötigten diese Kräfte nicht. Eine Einarbeitung diene dem Erwerb der Kenntnisse und Fertigkeiten, die für die Beherrschung der Arbeitsabläufe „als solche“ erforderlich seien. Eine fachliche und eingehende Einarbeitung sei für eine Betreuungskraft, die Bewohnerinnen und Bewohner bei Alltagstätigkeiten begleite, nicht erforderlich. Da die Entgeltgruppe SD 4 nach der Fallgruppe 3 eine einjährige Ausbil-dung erfordere, könne es für die Entgeltgruppe SD 3 nach der Fallgruppe 2 nicht ausreichend sein, dass eine mehrwöchige Einarbeitung erfolge. Erforderlich sei vielmehr eine zusätzliche eingehende fachliche Einarbeitung, etwa wenn der Einsatzbereich besondere fachliche Kenntnisse erfordere. Das könnte bei besonders demenzerkrankten und schwerstbehinderten Menschen der Fall sein. Die Refinanzierung erfolge nach der Entgeltgruppe SD 2. Frau D führe einfache Tätigkeiten aus.
Die Dienststellenleitung beantragt,
den Beschluss der gemeinsamen Schlichtungsstelle vom 26. Februar 2017 aufzuhe-ben und festzustellen, dass für die MAV der A kein Grund zur Verweigerung der Zu-stimmung zur Eingruppierung von Frau Din die Entgeltgruppe SD 2, Stufe 1, des Ent-geltgruppenplans zum BAT-KF für die Mitarbeiterinnen im Sozial- und Erziehungsdienst des BAT-KF besteht.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Beschluss für zutreffend.
II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1) Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 63 Abs. 1 MVG-EKD statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. Der Kirchengerichtshof der EKD hat sie zur Entscheidung angenommen.
2) Die Beschwerde ist unbegründet, weil der Antrag der Dienststellenleitung zwar zulässig, aber unbegründet ist.
a) Der Antrag ist zulässig. Das Scheitern der Einigung gemäß § 33 Abs. 3 Satz 3 MVG-EKD ist von der Mitarbeitervertretung mit ihrem Schreiben vom 5. Juli 2016 hinreichend deutlich erklärt worden. Die Frist des § 38 Abs. 4 MVG-EKD braucht bei Eingruppierungen nicht eingehalten zu werden (KGH, Beschluss vom 8. August 2005, I-0124/L22-05).
b) Der Antrag ist unbegründet. Die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur Eingruppierung von Frau D in die Entgeltgruppe SD 2, Stufe 1, ist nicht zu ersetzen, weil Frau D in die Entgelt-gruppe SD 3, Stufe 1, eingruppiert ist. Die Merkmale dieser Entgeltgruppe werden von ihr erfüllt.
Sie ist Mitarbeiterin im Sozial- und Erziehungsdienst.
Die von ihr erledigen Tätigkeiten erfordern eine eingehende fachliche Einarbeitung. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob Frau D eine solche eingehende Einarbeitung erhalten hat. Auch ist es nicht von Bedeutung, dass es sich bei der Qualifizierung vor Aufnahme der Tätigkeit als Betreuungskraft nicht um eine Einarbeitung handelt. Maßgeblich ist vielmehr, dass eine eingehende fachliche Einarbeitung erforderlich wäre, wenn die Mitarbeiterin nicht über die in den Richtlinien des GKV vorgesehene Qualifizierung verfügte. Ohne diese Qualifizierung wäre eine solche Einarbeitung erforderlich, weil die Qualifizierung fachliche Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die für die Tätigkeit der Betreuungskraft benötigt werden. Dieses passt in die Systematik der Fallgruppen 1 bis 3 von Ziffer 5 der Anlage 9.
Die Fallgruppe 2 stellt für die Eingruppierung nicht das Erfordernis auf, dass die Beschäftigte für die Tätigkeit eine besondere Qualifikation benötigt, sondern verlangt eine eingehende fachliche Einarbeitung. Die Eingruppierung in die Fallgruppe 2 könnte demgemäß auch erfolgen, wenn die Beschäftigte nicht zuvor die in den Richtlinien geforderte Qualifikation erworben hät-te. Tatsächlich bringt die Richtlinie aber zum Ausdruck, welche Kenntnisse eine Betreuungs-kraft für ihre Tätigkeit benötigt. Insbesondere die in § 4 Abs 3 der Richtlinien vorgesehenen Module 1 und 3 sollen zusätzliche und erforderliche Kenntnisse für die Tätigkeit der Betreu-ungskraft vermitteln. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Inhalt dieser Qualifikation nur die erforderliche charakterliche Eignung sicherstellen soll. Das ergibt sich ohne weiteres aus den in den Modulen zu vermittelnden Kenntnissen. Diese zusätzlichen und erforderlichen Kenntnisse müssten bei einer Tätigkeit ohne vorherigen Erwerb der Qualifikation, die nach der Fallgruppe 2 möglich wäre, im Rahmen der Einarbeitung auf die Stelle erworben werden. Da es sich bei den Kenntnissen zum Teil um abstrakte Gegenstände handelt, müsste die Einarbeitung einen theoretischen Schwerpunkt haben und deshalb im Sinne des Fallgruppe 2 ohne Frage besonders eingehend sein.
Die Argumentation der Dienststellenleitung, dass es keiner Einarbeitung bedürfe, weil die Mitarbeiterinnen ja über die Qualifikation verfügten, verkennt, dass eine solche Qualifikation nach der Fallgruppe 2 nicht gefordert ist. Einer nicht entsprechend qualifizierten Mitarbeiterin aber ließen sich die Inhalte der Qualifikation nach den Richtlinien nur mittels intensiver Einarbeitung mit großen theoretischen Anteilen vermitteln.
Auch dem Ansatz der Dienststellenleitung, dass es bei der Qualifikation nicht um den Erwerb von Fähigkeiten gehe, die für die Tätigkeit der Betreuungskraft erforderlich seien, wird nicht gefolgt. Selbst wenn die Aufgaben der Betreuungskraft regelmäßig in der Begleitung der Betreuten bei Alltagstätigkeiten bestehen sollte, heißt das nicht, dass sie keine fachlichen Kennt-nisse benötigten. Auch hier geben die in § 4 Abs. 3 vorgesehenen Module 1 und 3 hinreichend Auskunft darüber, welche fachliche Qualifikation erforderlich ist. Dieser Qualifikation bedarf es auch bei der Begleitung von Alltagstätigkeiten. Nicht für diese Alltagstätigkeiten, sondern für die Betreuung von Menschen bei Alltagstätigkeiten sind die vermittelten Kenntnisse nötig. Sie müssten bei Beschäftigten ohne die Qualifikation durch eingehende fachliche Einarbeitung vermittelt werden. Mit diesem Verständnis passt die Fallgruppe 2 in das System der Fallgruppen 1 bis 3. Fallgruppe 1 erfordert keine besonderen Kenntnisse, Fallgruppe 2 solche, für die eine eingehende fachliche Einarbeitung nötig ist, die allerdings auch durch vorherige Qualifika-tion schon erworben werden können, und die Fallgruppe 3 eine mindestens einjährige Ausbildung.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG-EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).