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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 04.06.2012 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD II-0124/T4-11- |
Rechtsgrundlage: | MVG.EKD § 63 Abs. 2, Abs. 7; ZPO § 256 Abs. 1 |
Vorinstanzen: | Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster (Westf.) Beschlüsse vom 21. Juni 2011 (Hauptsache) - 2 M 45/11 |
Schlagworte: | Einstweilige Verfügung - vergangenes Geschehen |
Leitsatz:
Tenor:
Die Beschwerde gegen den Beschluss der Schiedsstelle der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen und der Diakonischen Werke Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe - Kammer der Kirchen - vom 30. Dezember 2010 - Az. 1 K 5/10 - wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I. Die Beteiligten haben darüber gestritten, ob die Mitarbeitervertretung einen Grund hatte, ihre Zustimmung zur Eingruppierung der Frau E zu verweigern. Dabei war unter den Beteiligten vor Allem strittig, ob sich das Mitbestimmungsrecht auch auf die Stufenzuordnung innerhalb der Entgeltgruppe bezieht. Die Mitarbeitervertretung hat sich in dem am 2. März 2010 anhängig gemachten Verfahren noch im selben Monat der Hilfe ihrer verfahrensbe-vollmächtigten Rechtsanwältin bedient. Nachdem das Kirchenkreisamt als Vertreter der an-tragstellenden Dienststelle ihre Anträge zu 1. und 3. zurückgenommen hat, streiten die Betei-ligten nur noch darüber, ob die Antragstellerin die durch die Hinzuziehung der Verfahrensbe-vollmächtigten entstandenen Kosten zu tragen hat; dies hat der Vorsitzende der Schiedsstelle durch den angefochtenen Beschluss bejaht.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Dienststelle geltend, die Hinzuziehung eines rechtsanwaltlichen Verfahrensbeistandes sei nicht erforderlich gewesen. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens im Beschwerderechtszug wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze vom 14. Februar und 12. April 2011 Bezug genommen.
Sie beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Kostentragungs-antrag zurückzuweisen.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Beschwerde nach näherer Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 8. Juli 2011 für un-begründet.
II. Die Beschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil hierfür kein Grund gegeben ist.
1. Nach § 65 Abs. 2 Satz 1 MVG.K, wie auch nach § 63 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD, bedarf die Beschwerde gegen Beschlüsse der Kirchengerichte der Annahme durch den Kirchenge-richtshof der EKD. Sie ist nach § 65 Abs. 2 Satz 2 MVG.K, wie auch nach § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD, anzunehmen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses be-stehen, 2. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, 3. der Beschluss von einer Ent-scheidung des Kirchengerichtshofes der Evangelischen Kirche in Deutschland, eines obers-ten Landesgerichts oder eines Bundesgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 4. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der Beschluss be-ruhen kann.
2. Der geltend gemachte Annahmegrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (Nummer 1 a.a.O.) liegt nicht vor.
a) Ernstliche Zweifel an der materiell-rechtlichen Richtigkeit des angefochtenen Be-schlusses sind nur anzunehmen, wenn die Entscheidung mit überwiegender Wahrschein-lichkeit voraussichtlich anders zu treffen sein wird; die bloße Möglichkeit einer entgegen ge-setzten Entscheidung genügt nicht (st. Rechtsprechung des KGH.EKD, zuletzt Beschluss vom 28. November 2011 - I-0124/T40-11 - www.kirchenrecht-ekd.de). Maßgeblich ist, dass die Entscheidung in der Sache, nicht aber nur deren Begründung, mit überwiegender Wahr-scheinlichkeit anders ausgehen wird. Die Gründe, aus denen sich die ernstlichen Zweifel an der materiellen Richtigkeit der Entscheidung ergeben sollen, müssen innerhalb der Be-schwerdebegründungsfrist schriftsätzlich vorgetragen worden sein.
b) Diese Voraussetzung liegt nicht vor. Es ist nicht anzunehmen, dass die Entscheidung über die Kostentragung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anders ausfallen würde.
aa) Die Kosten eines von der Mitarbeitervertretung als Verfahrensbevollmächtigten heran-gezogenen Rechtsanwalts sind gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 MVG.K (= § 30 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD) dem Grunde nach von der Dienststelle nur zu tragen, wenn und soweit diese Heranziehung erforderlich war (st. Rechtsprechung seit VerwG.EKD, Beschluss vom 11. Juli 1997 - 0124/A16-96 - NZA 1997, 1303; KGH.EKD, Beschluss vom 28. November 2011 - I-0124/T18-11 - www.kirchenrecht-ekd.de). Die Erforderlichkeit der Heranziehung eines Re-chtsanwalts zur Vertretung im gerichtlichen Verfahren setzt voraus, dass bei objektiver Be-trachtung entweder der Sachverhalt und/oder die Rechtsfrage(n) als schwierig anzusehen sind. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Mitarbeitervertretung bei pflichtgemäßer Be-rücksichtigung der objektiven Begebenheiten und Würdigung aller Umstände, insbesondere auch der Rechtslage, die Führung eines Verfahrens und die Beauftragung eines Rechtsan-waltes für erforderlich halten konnte. Die Prüfung der Erforderlichkeit hat die Mitarbeiterver-tretung nicht allein anhand ihrer subjektiven Bedürfnisse vorzunehmen. Sie ist vielmehr ge-halten, die Interessen der Dienstgemeinschaft an einer sachgerechten Ausübung des kirchli-chen Amtes eines Mitarbeitervertreters einerseits und die berechtigten Interessen der Dienststelle andererseits gegeneinander abzuwägen. Dabei hat sie auch die Kostenbelange der Dienststelle zu berücksichtigen (KGH.EKD, Beschluss vom 7. April 2008 - I-0124/N65-07 - www.kirchenrecht-ekd.de).
bb) Hieran gemessen erweist sich die Entscheidung der Vorinstanz als zutreffend.
(1) Die Mitarbeitervertretung durfte im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspiel-raumes im März 2010 auch für das vorliegende Verfahren die Heranziehung rechtsanwaltli-chen Beistandes hinsichtlich der Frage der Mitbestimmung bei der Stufenzuordnung für er-forderlich i.S. des § 31 Abs. 2 Satz 1 MVG.K halten. Die Frage, ob auch die Stufenzuordnung dem Mitbestimmungsrecht bei der Eingruppierung nach § 42 Nr. 3 MVG.K unterliegt, war zur Zeit der Heranziehung der Verfahrensbevollmächtigten im März 2010 schwierig und vom Kirchengerichtshof der EKD noch nicht entschieden. Zur früheren Fassung des § 42 Buchstabe c) MVG.EKD hatte der Kirchengerichtshof der EKD entschieden, dass die Stufen-zuordnung nicht unter diese Bestimmung fällt (KGH.EKD, Beschluss vom 14. Januar 2008 - I-0124/N33-07 - www.kirchenrecht-ekd.de); zur ab dem 1. Januar 2010 geänderten Fassung dieser Bestimmung hat der Kirchengerichtshof der EKD erkannt, dass die Stufenzuordnung nunmehr von der Mitbestimmung erfasst ist (KGH.EKD, Beschluss vom 22. Oktober 2010 - I-9124/R89-09 - www.kirchenrecht-ekd.de). Im staatlichen Bereich gab es zu den verschiede-nen staatlichen Normen unterschiedliche höchstrichterliche Entscheidungen mit gegensätzli-chen Argumentationen. Insgesamt herrschte noch keine für einen rechtsunterworfenen Laien hinreichend erkennbare Rechtsklarheit, auch wenn der Laie über rechtliche Kenntnisse ver-fügt, wie sie hier für den Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung behauptet werden.
(2) Es ist nicht erkennbar, dass die Mitarbeitervertretung darauf verwiesen werden könnte, sich im vorliegenden Fall keiner rechtsanwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten zu bedienen, weil sie sich auch in anderen gleichgelagerten Fällen eines rechtsanwaltlichen Verfahrens-bevollmächtigten bediente.
aaa) Werden zwischen denselben Beteiligten eine Reihe mitarbeitervertretungsrechtlicher Streitigkeiten über dieselben verfahrensentscheidenden Gesichtspunkte geführt, so ist nicht ohne Weiteres anzunehmen, dass die Mitarbeitervertretung die Hinzuziehung rechtsanwaltli-chen Verfahrensbeistandes für jedes dieser Verfahren für erforderlich erachten darf. Viel-mehr ist die Mitarbeitervertretung gehalten, wegen der Pflicht der Dienststelle, die erforderli-chen Kosten zu tragen (§ 30 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD, § 31 Abs. 2 Satz 1 MVG.K) insoweit auch auf das Interesse der Dienststelle Rücksicht zu nehmen, die Kosten für solche Verfah-ren möglichst niedrig zu halten. Zweckmäßig können insoweit Vereinbarungen der Beteiligten über die Führung eines oder zweier dieser Verfahren als sog. Musterverfahren sein.
bbb) Der Fall, dass zwischen denselben Beteiligten eine Reihe gleichgelagerter Verfahren anhängig und deshalb eine rechtsanwaltliche Vertretung nicht in jedem dieser Verfahren ge-boten ist, liegt erkennbar nicht vor. Denn es handelt sich um verschiedene Dienstgeber, nämlich um verschiedene Kirchengemeinden. Deren Zuordnung zum selben Kirchenkreisamt ändert daran nichts.
ccc) Auch der Gesichtspunkt, dass die Mitarbeitervertretung für alle dem Kirchenkreisamt zugeordneten Kirchengemeinden zuständig ist und, dass gleichgelagerte Streitigkeiten mit verschiedenen dieser Gemeinden zentral durch das Kirchenkreisamt geführt wurden, ändert vorliegend nichts. Es hätte für das Gericht erkennbar werden müssen, weshalb die Mitarbei-tervertretung eine rechtsanwaltliche Vertretung im vorliegenden Verfahren nicht für erforder-lich halten durfte. Konkret verweist die Antragsschrift der Dienststellenleitung auf das Verfah-ren 4 K 11/09 vor der Schiedsstelle der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen und der Diakonischen Werke Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe - Kam-mern der Kirchen - (Beschwerdeinstanz: KGH.EKD I-0124/S23-10 - Beschluss vom 23. März 2011 - www.kirchenrecht-ekd.de). Dort hatte aber nicht die vorliegende Antragstellerin, son-dern eine andere Kirchengemeinde das Verfahren betrieben. Entsprechendes gilt für die wei-teren vorgelegten Zustimmungsverweigerungen. Bei ihnen ist nicht erkennbar, inwieweit diese bereits zu gerichtlichen Verfahren geführt hatten, als sich die Mitarbeitervertretung für eine anwaltliche Vertretung im vorliegenden Verfahren entschied. Die hierauf gestützte Bitte an die Schiedsstelle, jene Verfahren auszusetzen, konnte jedenfalls nicht so verstanden werden, dass das vorliegende Verfahren ausgesetzt werden sollte. Vielmehr sollten nach der Vorstellung des Kirchenkreisamtes die genannten vier Auseinandersetzungen ausgesetzt werden, bis die vorliegende Sache entschieden sei. Das aber legt nahe, eine rechtsanwaltli-che Vertretung im vorliegenden Verfahren für erforderlich halten zu dürfen.
Zwecks Kostenvermeidung hätte es nahe gelegen, dass die verschiedenen Kirchengemein-den des Kirchenkreises, z.B. mit Hilfe des Kirchenkreisamtes, eine Musterverfahrensverein-barung mit einer oder zwei der beteiligten Kirchengemeinden einerseits und der für den gan-zen Kirchenkreis und deren Kirchengemeinden gebildeten Mitarbeitervertretung zu treffen. Ohne eine solche Musterverfahrensvereinbarung lag es - umgekehrt - nahe, dass sich die Mitarbeitervertretung gegenüber jeder Gemeinde als der insoweit autonom agierenden Ar-beitgeberin selbständig positioniert und sie sich im jeweiligen Verfahren rechtsanwaltlicher Hilfe versichert, weil nicht erkennbar ist, welche Gemeinde sich in welchem Verfahren wie verhalten wird.
3. Die Beschwerde war auch nicht nach § 65 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 MVG.K (= § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 MVG.EKD) zur Entscheidung anzunehmen. Eine hierauf gestützte Beschwerde ist nur zur Entscheidung anzunehmen, wenn dargelegt wird, dass die angefochtene Ent-scheidung ohne den Verfahrensfehler anders ausgefallen sein könnte. Die Beschwerde legt die Voraussetzungen für diesen Annahmegrund nicht hinreichend dar. Es ist misslich, einer Seite eine Frist zur Stellungnahme auf ein argumentativ wiederholtes Vorbringen der Gegen-seite einzuräumen und die Entscheidung ohne Berücksichtigung der fristgerechten Stellung-nahme zu treffen. Ob darin stets ein Verfahrensfehler i.S. des § 65 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 MVG.K (= § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 MVG.EKD) zu sehen ist oder ob dies nicht der Fall ist, wenn eine nochmalige Stellungnahme sich als überflüssig erweist, weil alle Tatsachenge-sichtspunkte ausgeschöpft und ernstlich in Frage kommende rechtliche Argumente bereits vorgebracht worden sind, kann indessen dahingestellt bleiben. Es fehlt nämlich die Darlegung, dass, und weshalb der angefochtene Beschluss im Ergebnis darauf beruhen kann, dass der Beschluss hierauf beruhen könnte. Letzteres ist nur anzunehmen, wenn erhebliche Umstände dafür sprechen, dass die angegriffene Entscheidung bei Berücksichtigung der fristgerechten Einlassung anders gefasst worden sein könnte. Dies ist weder dargelegt, noch ersichtlich. Die Darlegungen in jenem Schriftsatz vom 3. Januar 2011 wiederholen letztlich nur die bisherigen Ausführungen zur Kostentragung, die die Dienststelle zuvor gemacht hatte.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).