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Kirchengericht: | Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 28.01.1998 |
Aktenzeichen: | VerwG.EKD 0124/C13-98 |
Rechtsgrundlage: | MVG § 21 Abs. 2 und Abs. 3; § 63 Abs. 1 Buchst. b) und c), KSchG § 15, BGB § 626 |
Vorinstanzen: | Schlichtungsstelle der Ev.-Luth. Landeskirche Mecklenburgs, Az.: 1/98; Fundstelle: ZMV 3/99 S.137 Rechtssprechungsbeilage zum Amtsblatt der EKD 2000, S.30 |
Schlagworte: | Außerordentliche Kündigung gegenüber einem teilweise freigestellten MAV-Mitglied aus dringenden betrieblichen Gründen. |
Leitsatz:
1. Widerspricht ein Dienstnehmer bei einem Dienststellenübergang (Teilübergang) dem Übergang eines Dienstverhältnisses, so bleibt er Dienstnehmer seines bisherigen Dienstgebers (in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts).
2. Hat ein der Mitarbeitervertretung angehörender teilweise freigestellter Dienstnehmer dem Übergang seines Dienstverhältnisses auf einen neuen Dienstgeber widersprochen und hat der bisherige Dienstgeber wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für ihn, so kann die Fortsetzung des Dienstverhältnisses für ihn unzumutbar sein mit der Folge, daß er unter Einhaltung der ordentliche Kündigungsfrist außerordentlich aus wichtigem Grund kündigen kann (§ 21 Abs. 2 MVG, § 626 Abs. 1 BGB). Die (teilweise) Freistellung des Dienstnehmers bleibt bei der Interessenabwägung außer Betracht (alles in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts).
Tenor:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß der Schlichtungsstelle der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs vom 2. Juni 1998 - 1/98 - wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der genannte Beschluß teilweise geändert und zur Klar-stellung wie folgt neu gefaßt:
Die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur außerordentlichen Kündigung (mit einer Kündigungs-frist von vier Monaten zum Quartalsende) des Dienstverhältnisses von Herrn D wird ersetzt.
Im übrigen wird auf die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert beträgt auch in der Beschwerdeinstanz 5.000,- (fünftausend) DM.
Gründe:
I. Die Antragstellerin widmet sich in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins einer Vielzahl diakoni-scher Aufgaben. Sie beschäftigt rund 300 Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer. Zu ihren Wirkungsbe-reichen gehörte bis zum Jahreswechsel 1997/98 auch die Sucht- und Drogenberatung, in der neun Dienst-nehmer tätig waren. Zum Jahreswechsel 1997/98 übertrug die Antragstellerin diesen Dienststellenteil auf eine gGmbH. Die Dienstverhältnisse gingen bis auf eine Ausnahme auf die Übernehmerin und neue Dienstgeberin über.
In dem Dienststellenteil Sucht- und Drogenberatung war auch der Dipl.-Sozialarbeiter D seit 15. April 1989 beschäftigt. Dieser ist Vorsitzender der bei der Antragstellerin gebildeten Mitarbeitervertretung und in dieser Eigenschaft zu 50% seiner Arbeitszeit freigestellt. Er hat dem Übergang seines Dienstverhältnis-ses auf die gGmbH widersprochen.
Am 11. März 1998 beantragte die Antragstellerin bei der Mitarbeitervertretung (Antragsgegnerin) die Zu-stimmung zu einer vorsorglichen ordentlichen und gleichzeitig auch zu einer außerordentlichen Kündi-gung (mit Auslauffrist) des Dienstverhältnisses von Herrn D. Die Mitarbeitervertretung verweigerte die Zustimmung.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 23. März 1998 wandte sich die Antragstellerin an die Schlichtungsstelle, um eine Ersetzung der verweigerten Zustimmungen zu erreichen. Sie hat vorgetragen:
Herr D genieße als Vorsitzender der Mitarbeitervertretung Kündigungsschutz bis zum Jahr 2001, mit Nachwirkung bis zum Jahr 2002. Nach der Ausgliederung der Sucht- und Drogenberatung sei sein Ar-beitsplatz vollständig entfallen, er könne seine Arbeitsleistung als Sozialarbeiter nicht mehr erbringen. Eine Versetzung innerhalb der Dienststelle sei nicht möglich, ein weiterer Arbeitsplatz für einen Sozial-arbeiter sei nicht mehr vorhanden. Schließlich habe Herr D auch keinen objektiven Grund für seinen Wi-derspruch gehabt.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die Zustimmung der Antragsgegnerin sowohl für die ordentliche Kündigung als auch für die außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist von Herrn D Autrum zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu ersetzen.
Die Antragsgegnerin hat um
Zurückweisung des Antrags nachgesucht
und geltend gemacht: Die Dauer der Unkündbarkeit von Herrn D stehe nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu der Störung des Austauschverhältnisses. Dieses sei schon deswegen nicht gestört, weil er als zur Hälfte freigestelltes Mitglied Aufgaben der Mitarbeitervertretung wahrnehme. Bei freigestellten Mitgliedern der Mitarbeitervertretung komme es auf eine tatsächliche Beschäftigungsmöglichkeit nicht an. Eine Begründung für seinen Widerspruch habe Herr D nachgereicht. Tatsachen für eine außerordent-liche Kündigung aus wichtigem Grund lägen nicht vor. Auf dringende betriebliche Erfordernisse zur Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung könne die Antragstellerin sich nicht berufen. Es gebe Mög-lichkeiten der Beschäftigung für Herrn D, wobei seine Freistellung berücksichtigt werden müsse. Im übri-gen betreffe die Übertragung der Sucht- und Drogenberatung keinen wesentlichen Teil der Dienststelle, weil die davon betroffene Zahl von Dienstnehmern unter der von § 17 Abs. 1 KSchG gesetzten Grenze liege.
Die Schlichtungsstelle hat durch Beschluß von 2. Juni 1998 die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist von sechs Monaten zum Quartalsende ersetzt, im übrigen aber den Antrag zu-rückgewiesen. Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt: Der Verlust des Arbeitsplatzes bedeute für Herrn D eine schwere Belastung. Andererseits lasse die Rechtslage eine unbefristete Weiterbeschäf-tigung ohne konkrete Gegenleistung nicht zu. Denn auch die Finanzlage der Dienststelle müsse bei der Abwägung der Umstände ins Gewicht fallen, weil ohne Arbeitsleistung eine Finanzierung durch Dritte entfalle und Eigenmittel nicht vorhanden seien. Die Schaffung einer neuen Stelle sei aber mit dem Haus-haltsrecht nicht vereinbar.
Gegen den Beschluß der Schlichtungsstelle haben beide Beteiligten Beschwerde eingelegt, die Antragstel-lerin mit Anwaltsschriftsatz vom 22. Juli 1998, eingegangen am 28. Juli, die Antragstellerin mit Anwalts-schriftsatz vom 30. Juli 1998, eingegangen am 3. August.
Die Antragsgegnerin (Mitarbeitervertretung) trägt vor: Die Schlichtungsstelle habe die Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses des Herrn D zu Recht nicht ersetzt. Aber auch die Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung dürfe vorliegend nicht ersetzt werden, die gegenteilige Auffassung der Schlichtungsstelle sei rechtlich unzutreffend. Die Schlichtungsstelle habe sich ferner nicht mit der Frage einer Austauschkündigung auseinandergesetzt und auch die Freistellung von Herrn D nicht beachtet.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluß der Schlichtungsstelle zu ändern und den Antrag der Antragstellerin und Beschwerde-gegnerin auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zurückzuweisen.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluß der Schlichtungsstelle zu ändern und
1. die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung von Herrn D unter Berücksichtigung einer Kündigungsfrist von vier Monaten zum Quartalsende zu ersetzen,
2. hilfsweise die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung von Herrn D mit einer Auslauffrist von vier Monaten zum Quartalsende zu ersetzen.
Sie trägt vor: Die fristgemäße Kündigung von Herrn D sei gemäß § 21 Abs. 3 MVG rechtmäßig, da ein wesentlichen Teil der Dienststelle aufgelöst worden sei. Die Suchtberatung habe einen wesentlichen Teil der Antragstellerin bedeutet. Sie habe als in sich geschlossene, eigenständige Abteilung eine herausra-gende Bedeutung gehabt. Für die Auflösung eines wesentlichen Teiles einer Dienststelle komme es auf die qualitative Bedeutung an sowie auf den eigenen abgrenzbaren Betriebszweck. Beide Voraussetzungen würden hier erfüllt.
Es sei für sie als Antragstellerin unzumutbar, ein Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit fortzuführen, wenn der Dienstnehmer aufgrund des Wegfalles seiner bisherigen Tätigkeit eine sinnvolle Arbeitsleistung nicht mehr erbringen könne. Bei der Frage der Unzumutbarkeit sei insbesondere zur berücksichtigen, daß der betroffene Mitarbeiter dem Übergang seines Dienstverhältnisses ohne triftigen Grund widersprochen habe.
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten, insbesondere wegen aller Einzelheiten, wird zur Darstel-lung des Sachverhalts auf den Inhalt ihrer Schriftsätze neben allen Anlagen Bezug genommen. Der An-tragsgegnerin war zur abschließenden Äußerung eine Ausschlußfrist bis zum 11. Dezember gesetzt wor-den. Späteres Vorbringen konnte daher nicht mehr berücksichtigt werden.
II. Die Beschwerden beider Beteiligten sind an sich statthaft nach § 63 Abs. 1 Buchst. b) und c) MVG. Sie sind auch fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig. In der Sache blieb die Beschwerde der Antragsgegnerin (Mitarbeitervertretung) in vollem Umfang erfolglos, während die Beschwerde der Antragstellerin (Dienstgeberseite) zwar zu einem geringen Teil (Dauer der angenomme-nen Auslauffrist) begründet ist, im wesentlichen aber ebenfalls keinen Erfolg haben konnte. Abgesehen von der Länge der Auslauffrist ist die Entscheidung der Schlichtungsstelle (Ersetzung der Zustimmung für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grunde) zutreffend.
1. Die Schlichtungsstelle ist zutreffend davon ausgegangen, daß das Dienstverhältnis von Herrn D, we-gen seines Widerspruchs nicht auf den neuen Dienstgeber übergegangen ist, sondern daß Herr D Dienstnehmer der Antragstellerin geblieben ist.
Die Schlichtungsstelle hat die Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses von Herrn D zu Recht nicht ersetzt. Eine ordentliche Kündigung kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 MVG kann, wenn die Dienststelle ganz oder zu einem wesentlichen Teil aufgelöst wird, unter den vom Gesetz aufgeführten Voraussetzungen eine ordentliche Kündigung ausgesprochen werden. Danach ist eine ordentliche Kündigung nur im Falle einer „Auflösung“ zulässig. Ei-ne solche liegt hier aber nicht vor:
Auflösung (=Stillegung) ist die endgültige Aufgabe des Zweckes einer Dienststelle und damit auch die Auflösung der zu diesem Zwecke geschaffenen Organisationen (vgl. zur h.M. Fit-ting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG 18. Aufl. § 103 Rn 12, § 111 Rn 52 m.w.N.; ihnen folgend Baumann-Czichon/Germer, MVG.EKD (1997) § 21 Rn 6 sowie Fey/Rehren (gleichz. Hrsg.), MVG.EKD, Stand Januar 1998, § 46 Rn 2). Betriebsübergang (Dienststellenübergang) - einschließlich teilweisem Betriebsübergang (teilweisem Dienststellenübergang) - bedeutet keine Auflösung (=Stillegung). Denn Auflösung und Betriebsübergang (Dienststellenübergang) schließen einander aus, weil der Überneh-mer nach § 613 a BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen (Dienstverhältnissen) eintritt (so für den Betriebsübergang einschließlich teilwei-sem Betriebsübergang) die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. BAG U. v. 23. April 1980, BAGE 33, 94, 101 = AP Nr. 8 zu § 15 KSchG 1969, zum III 1 der Gründe; U. v. 27. September 1984, BAGE 47, 13, 23 = AP Nr. 39 zu § 613 a BGB, zu B III 2 a.E. der Gründe; U. v. 27. Februar 1987, BAGE 54, 215, 231 = AP Nr. 41 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; zu IV 1 der Gründe; U. v. 28. April 1988, AP Nr. 74 zu § 613 a BGB, zu II der Gründe; vgl. weiter Fit-ting/Kaiser/Heither/Engels, aaO, § 103 Rn 13 sowie § 111 Rn 52; anders Baumann-Czichon/ Germer, aaO, § 21 Rn 8, die ihre abweichende Meinung jedoch nicht begründen. Vorliegend kann bei einem teilweisen Dienststellenübergang auf einen anderen Dienstgeber nicht von einer „Auflösung“ (oder teilweisen Auflösung) einer Dienststelle gesprochen werden. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzun-gen einer ordentlichen Kündigung nach § 21 Abs. 3 Satz 1 MVG liegen nicht vor.
2. Demgegenüber hat die Schlichtungsstelle die Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung zu Recht ersetzt. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 MVG darf einem Mitglied der Mitarbeitervertretung nur gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die den Dienstgeber zur außerordentlichen Kündigung berechti-gen. Diese Bestimmung nimmt inhaltlich auf den nicht abdingbaren § 626 Abs. 1 BGB Bezug. Danach kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündi-gungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Be-rücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragstei-le die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet wer-den kann.
Hiernach kann der Dienstgeber in erster Linie bei schwerwiegendem Fehlverhalten des Dienstnehmers außerordentlich kündigen. Erfaßt wird aber auch der Fall, daß die ordentliche Kündigung ausgeschlos-sen ist und der Dienstgeber - etwa wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes des Dienstnehmers - für des-sen Arbeitsleistung keine Verwendung mehr hat. So hat das Bundesarbeitsgericht unter Bezugnahme auf seine frühere Rechtsprechung in einem Fall, in dem die ordentliche Kündigung aufgrund eines Ta-rifvertrages ausgeschlossen war, die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gebilligt, weil die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bei völligem Wegfall seines Arbeitsplatzes dem Arbeitge-ber unzumutbar geworden war (BAG U. v. 5. Februar 1998, NZA 1988, 771, 773). Weiter hat das Bundesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt, für die Anwendung der Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei in solchen Fällen kein Raum, da der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit ei-nen Dauertatbestand darstelle. Zu verlangen sei hier dann aber die Einhaltung der ordentlichen Kündi-gungsfrist: es würde einen Wertungwiderspruch bedeuten, wenn Arbeitnehmer mit einem besonderen Kündigungsschutz durch eine fristlose Kündigung schlechter gestellt würden als Arbeitnehmer, denen gegenüber eine ordentliche Kündigung zulässig ist und denen aus demselben Kündigungsgrund (z.B. Betriebsstillegung) nur ordentlich gekündigt werden könnte. Mit einer Auslauffrist, die das Bundesar-beitsgericht als ein besonderes soziales Entgegenkommen des Arbeitgebers versteht, soll das nichts zu tun haben (BAG, aaO).
Wenn trotz tariflichen Ausschlusses der ordentlichen Kündigung die außerordentliche Kündigung we-gen Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung zulässig ist, muß diese Rechtsfolge auch gelten für den Fall des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung aufgrund einer besonderen gesetzlichen Regelung wie der des § 21 Abs. 2 Satz 1 MVG.
3. Ob Herr D dem Übergang seines Dienstverhältnisses auf den neuen Dienstgeber mit objektiv beachtli-chen Gründen widersprechen konnte (worauf das Bundesarbeitsgericht abgestellt hat in einem Fall, in welchem die Arbeitnehmerin nicht Mitglied eines Betriebsrats war, U. v. 19. März 1998 - 8 AZR 139/97 - NZA 1998, 750, 751), braucht nicht untersucht zu werden. Denn § 626 Abs. 1 BGB verlangt „die Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles“, und dazu gehört auch die Frage, ob der Dienstgeber eine andere Beschäftigungsmöglichkeit hat und ob er bei der Kündigung soziale Ge-sichtspunkte ausreichend berücksichtigt hat (§ 1 Abs. 3 KSchG).
4. Die Antragstellerin hat - entgegen den Vorwürfen der Antragsgegnerin - das Mitbestimmungsverfah-ren ordnungsgemäß eingeleitet.
a) Soweit die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Oktober 1991 (2 AZR 156/91 - EzA BetrVG 1972 § 102, 83) gel-tend macht, das Anhörungsverfahren sei bereits deswegen rechtsfehlerhaft, weil die Antragstellerin ihr Antragsschreiben vom 11. März 1998 nicht an den Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung, son-dern nur an die Mitarbeitervertretung gerichtet hat, kann sie damit keinen Erfolg haben. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht mit Hinweis auf seine Rechtsprechung zur Anhörung des Betriebsrats ausgeführt, daß der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung (bzw. sein Stellvertreter) richtiger und alleiniger Erklärungsgegner bei der Mitteilung über die Absicht der Kündigung sei und daß die Entgegennahme der Mitteilung des Dienstgebers durch ein hierzu nicht ermächtigtes Mitglied der Mitarbeitervertretung des Mitwirkungsverfahren nicht einleite. Es hat aber weiter ausgeführt, daß das nicht ermächtigte Mitglied als Erklärungsbote anzusehen sei und die Wirksamkeit der Mittei-lung erst dann eintrete, wenn diese dem Vorsitzenden bzw. dem Vertreter zugehe (Nr. 2 der nicht amtlichen Leitsätze, EzA BetrVG 1972 § 102, 83). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Mitar-beitervertretung hat auf den Antrag der Dienstgeberseite vom 11. März 1998 den Beschluß vom 17. März 1998 gefaßt und der Dienstgeberseite mit Fax vom 20. März 1998 geantwortet. Daraus geht hervor, daß der Antrag der Dienstgeberseite dem zuständigen Mitglied der Mitarbeitervertre-tung rechtzeitig zugegangen ist. Dies wird bekräftigt durch den Hinweis der Mitarbeitervertretung am Schluß ihrer Stellungnahme, bei der Beschlußfassung habe der Vorsitzende Herr D den Raum verlassen.
b) Die Antragsgegnerin macht unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29. März 1990 (2 AZR 420/89 - NZA 1990, 894) weiter geltend, im Antragsschreiben vom 11. März 1998 sei die Kündigungsfrist nicht in ausreichender Weise angegeben worden, die Wen-dung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ genüge hierfür nicht. Das erwähnte Urteil des Bundesar-beitsgerichts betrifft, wie schon sein Leitsatz zeigt, die Anhörung des Betriebsrats bei einer be-triebsbedingten Änderungskündigung. Die Angabe der Kündigungsfrist wird überdies nur verlangt für den Fall, daß sich aus dieser Angabe erst die Tragweite der geplanten personellen Maßnahme (dort: Reduzierung des Weihnachtsgeldes) ermitteln läßt. Vorliegend geht es aber nicht um eine be-triebsbedingte Änderungskündigung, die ein verhältnismäßig begrenztes Ziel wie die Änderung des Weihnachtsgeldes verfolgt, sondern um eine Beendigungskündigung, bei der die Tragweite der Mitarbeitervertretung ohne weiteres verständlich gewesen sein dürfte. Wie lang die Kündigungs-frist bei der Dauer des Dienstverhältnisses von Herrn D war, dürfte der Mitarbeitervertretung eben-falls bekannt gewesen sein, denn sie verfügt sicherlich über die erforderlichen arbeitsrechtlichen Grundkenntnisse. Letztlich ist dieser Punkt aber auch ohne Bedeutung, weil - wie bereits dargestellt - eine ordentliche Kündigung wegen des gesetzlichen Sonderkündigungsschutzes gar nicht in Be-tracht kommt.
c) Die von der Antragsgegnerin im Antrag der Dienstgeberseite vom 11. März 1998 vermißte Angabe der Unterhaltsverpflichtungen von Herrn D wäre zu fordern, wenn es um eine betriebsbedingte Kündigung und die Frage der sozial gerechtfertigten Auswahl ginge (allgemeiner Kündigungs-schutz). Dieser Gesichtspunkt tritt jedoch zurück bei einer außerordentlichen Kündigung aus wich-tigem Grund (Sonderkündigungsschutz eines Mitgliedes der Mitarbeitervertretung). Wenn der An-tragsgegnerin Angaben in dieser Richtung wichtig erschienen wären, hätte sie diese ohne weiteres in Erfahrung bringen können, in dem sie eine Erörterung der beabsichtigten Kündigungsmaßnahme verlangte (§ 38 Abs. 2 Satz 2 MVG).
d) Die Antragstellerin hat der Mitarbeitervertretung auch keine unrichtigen und unvollständigen An-gaben über den Kündigungssachverhalt gemacht. Die Antragsgegnerin vermißt im Antragsschrei-ben vom 11. März 1998 die Angabe, daß Herr D ebenso wie Frau E Diplom-Sozialarbeiter sei. Es ist jedoch kaum vorstellbar, daß die Mitglieder einer Mitarbeitervertretung nicht wissen, welche Tätigkeit der von ihnen gewählte Vorsitzende ausübt und über welche Ausbildung er verfügt.
e) Die Antragstellerin hat im Antragsschreiben auch nicht „verschwiegen“, daß Herr D zur Hälfte sei-ner Arbeitszeit freigestellt ist. Es ist auch hier kaum vorstellbar, daß eine Mitarbeitervertretung nicht weiß, daß und in welchem Umfang ihr Vorsitzender freigestellt ist.
5. Die Zustimmung der Antragsgegnerin ist, wie die Schlichtungsstelle zutreffend erkannt hat, zu erset-zen.
a) Bei der Regelung des Sonderkündigungsschutzes des § 21 Abs. 2 und Abs. 3 MVG erscheint eine Rechtsvergleichung mit der Regelung des § 15 KSchG angezeigt.
Nach § 15 Abs. 1 bis 3 KSchG ist die Kündigung des Mitglieds eines Betriebsrates oder einer Per-sonalvertretung (einschließlich der vom Gesetz genannten weiteren Personen) unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen und daß die Zustimmung des Betriebsrates (Personal-rats) vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Der Schutz des § 15 Abs. 1 bis 3 KSchG wird den in der Vorschrift genannten Personen aber nicht ausnahmslos zuteil. § 15 Abs. 4 und 5 KSchG erklärt eine Kündigung gegenüber einem Mandatsträger in den Fällen einer Betriebs-stillegung oder Stillegung einer Betriebsabteilung unter den dort genannten Voraussetzungen für zulässig. Dies deutet darauf hin, daß nach Ansicht des Gesetzgebers die in § 15 KSchG genannten Personen eines besonderen Schutzes vor einer Kündigung nicht bedürfen, soweit die Kündigung Folge einer generellen Maßnahme ist und sie sich nicht gegen die einzelnen Mandatsträger richtet. Des weiteren hat der Gesetzgeber mit der Regelung des § 15 Abs. 4 und 5 KSchG den betriebswirt-schaftlichen Interessen und der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit des Unternehmers, hier speziell der Freiheit des Unternehmers zu entscheiden, ob und inwieweit er seinen Betrieb fortführen will, den Vorrang vor dem Schutz der Mandatsträger vor Kündigungen eingeräumt. Der Arbeitgeber soll nicht gezwungen sein, eine Betriebs- oder Betriebsabteilungsstil-legung mit Rücksicht auf die Mandatsträger zu unterlassen bzw. ein Arbeitsverhältnis mit einem Mandatsträger allein des Amtes wegen fortsetzen zu müssen, obwohl keine Beschäftigungsmög-lichkeit für diesen mehr besteht. § 15 Abs. 4 und 5 KSchG läßt in diesen Fällen eine ordentliche Kündigung der Mandatsträger zu, ohne daß es einer Zustimmung des Betriebsrates hierzu bedarf (so ausdrücklich BAG B. v. 18. September 1997 - 2 ABR 15/97 - AP Nr. 35 zu § 103 BetrVG 1972, B II 2 a der Gründe m.w.N.).
Wenn ein Betriebsratsmitglied dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf einen anderen Ar-beitgeber widerspricht und der alte Arbeitgeber keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für ihn hat, ist in analoger Anwendung des § 15 Abs. 4 und 5 KSchG eine außerordentliche Kündigung zuläs-sig, die ebenfalls nicht der Zustimmung des Betriebsrats bedarf (BAG aaO, zu B II 2 b cc (4) der Gründe). Dabei wird der Freistellung des Betriebsratsmitgliedes keine besondere Bedeutung bei-gemessen. Denn die Freistellung hat nicht den Zweck, ein freigestelltes Betriebsratsmitglied in wei-tergehendem Maße als ein nicht freigestelltes Betriebsratsmitglied vor einer Kündigung zu schüt-zen. Schutzzweck der Freistellung ist die Gewährleistung einer möglichst wirksamen Betriebsrats-arbeit. Auch das freigestellte Betriebsratsmitglied ist jedoch in erster Linie Arbeitnehmer des Be-triebes. Sein Arbeitsverhältnis besteht im Hinblick auf die Erfüllung einer arbeitsvertraglich be-stimmten Arbeitsleistung, nicht zur Ausübung seines Betriebsratsmandates. Das Betriebsverfas-sungsgesetz kennt kein „freischwebendes“ Betriebsratsmitglied. Ansonsten ließe sich auch rechtfer-tigen, daß ein Betriebsfremder Betriebsratsmitglied werden kann (so BAG aaO, zu B II 2 b dd der Gründe).
Der Sonderkündigungsschutz nach § 21 MVG ist demgegenüber für die Mitglieder einer Mitarbei-tervertretung stärker ausgestaltet. Die ordentliche Kündigung ist nur bei völliger oder teilweiser Auflösung der Dienststelle zulässig. Im übrigen darf nur aus wichtigem Grund außerordentlich ge-kündigt werden. In beiden Fällen aber bedarf die Kündigung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung.
b) Bei der Prüfung, ob vorliegend die verweigerte Zustimmung der Mitarbeitervertretung durch das Verwaltungsgericht zu ersetzen ist, muß vorweg auf zwei Gesichtspunkte besonders hingewiesen werden: a) die beabsichtigte außerordentliche Kündigung ist die Folge einer generellen Maßnahme (Dienststellenteilübertragung) und richtet sich nicht gegen den einzelnen Mandatsträger als sol-chen, b) die Grundentscheidung des kirchlichen Gesetzgebers gibt ebenso wie die Grundentschei-dung des staatlichen Gesetzgebers dem wirtschaftlichen Interesse der Dienstgeberseite und auch ih-rer grundrechtlich geschützten Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) den Vorrang vor dem Kündigungsschutz des Mandatsträgers.
Die Antragstellerin hat für Herrn D nach der Übertragung der Sucht- und Drogenberatung auf einen anderen Dienstgeber keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr. Daß dies anders sei, hat die Antrags-gegnerin zwar behauptet, aber nicht näher dargelegt. Die Antragstellerin braucht auch nicht der Frau E anstelle von Herrn D zu kündigen, um ihn deren Arbeitsplatz freizuhalten. Es kann dahin-stehen, ob Frau E der Dienstgeberseite zuzuordnen ist oder nicht, jedenfalls ist ihre ausbildungbe-dingte Verwendbarkeit besser als die von Herrn D. Auch hinsichtlich der sozialen Schutzbedürftig-keit ist Herr D nicht vorzuziehen. Jedenfalls hat die Antragsgegnerin dies trotz gerichtlicher Anfra-ge nicht dargelegt. Weiter ist Frau E nicht schon deswegen sozial besser gestellt, weil sie eine Frau ist.
Damit liegt ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vor (§ 21 Abs. 2 MVG in Ver-bindung mit § 626 Abs. 1 BGB). Die Antragstellerin müßte das Gehalt weiter zahlen, obwohl sie für die Arbeitsleistung des Herrn D keine Verwendung mehr hat (vgl. zu der vorliegenden Proble-matik allgemein BAG U. v. 5. Februar 1998 - 2 AZR 227/97 - NZA 1998, 771, 773 m.w.N.). Auf eine Verfristung kann die Antragsgegnerin sich nicht berufen, weil in der fehlenden Beschäfti-gungsmöglichkeit ein Dauertatbestand zu sehen ist, der für die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB keinen Raum läßt (BAG aaO, S. 774). Schließlich spielt auch die hälftige Freistellung von Herrn D für die Interessenabwägung keine Rolle. Hier folgt das Verwaltungsgericht ebenfalls der Argumentation des Bundesarbeitsgerichts (vgl. AP Nr. 35 zu § 103 BetrVG 1972, zu B II 2 b dd der Gründe). Allerdings muß die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten werden, wie das Bundesar-beitsgericht in vergleichbaren Fällen verlangt.
6. Diese Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 16 Satz 1 VGG.EKD, § 130 a VwGO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 Abs. 2 VGG.EKD. Die Verpflichtung der Antrag-stellerin, die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu erstatten, erstreckt sich jedoch nur auf Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts F, des früheren Verfahrensbevollmächtigten der Antrags-gegnerin. Hinsichtlich der Festsetzung des Gegenstandswertes verbleibt es bei der Entscheidung der ersten Instanz.