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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:07.03.2001
Aktenzeichen:VerwG.EKD I-0124/F25-01
Rechtsgrundlage:VwGO § 43 Abs. 1
Vorinstanzen:Gemeinsame Schlichtungsstelle der Bremischen Ev. Kirche und des Diakonischen Werkes Bremen e.V. , Az.: D II - 18/99; Fundstelle: Die Mitarbeitervertretung 1/03, S. 36; Rechtsprechungsbeilage zum Amtsblatt der EKD 2003, S. 19
Schlagworte:Feststellungsinteresse bei Streit über Teilgesichtspunkte einer grundlegenden Auseinandersetzung
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Leitsatz:

Streiten die Beteiligten grundlegend darüber, wer zu den Mitarbeitern im Sinne des Mitarbeitervertretungsrechts zählt (hier: Altenpflegeschüler), so fehlt es in der Regel an einem Feststellungsinteresse für einen Streit um einzelne Rechtspositionen, die die Mitarbeitereigenschaft voraussetzen (hier: Beratungsrecht bei ordentlicher Kündigung innerhalb der Probezeit - § 46 Buchst. c MVG.BEK).

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Dienststelle wird der Beschluss der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Bremischen Evangelischen Kirche und des Diakonischen Werkes Bremen e.V. vom 11. Mai 2001 - D II-18/99 - abgeändert:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
2. Der Verfahrenswert wird auf 4.000,--€ festgesetzt.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, inwieweit Altenpflegeschüler, die Umschüler der Altenpflegeschule der beschwerdeführenden Dienststelle sind, Mitarbeiter im Sinne des Bremischen Mitarbeitervertretungsgesetzes sind und der Mitarbeitervertretung bei der Kündigung innerhalb der Probezeit ein Mitberatungsrecht zusteht.
Der Beschwerdeführer ist Träger einer privaten Fachschule für Altenpflege sowie verschiedener Einrichtungen für die Rehabilitation und die Pflege von Menschen, darunter auch Altenpflegeeinrichtungen. Die Altenpflegeschule wird als rechtlich unselbständiger Teil der Einrichtungen des Beschwerdeführers geführt. In den Altenpflegeeinrichtungen sind etwa 137 Stellen mit Pflegekräften besetzt, von denen etwa 89 examiniert sind. In der Altenpflegeschule wurden rund 44 Altenpflegeschüler und 7 Altenpflegehelfer ausgebildet. Die Ausbildung erfolgt nach den Vorschriften der Bremischen Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Berufe in der Altenpflege vom 26. August 1999 (GBl. Bremen S. 231 ff) in Gruppen und dauert drei Jahre. Nach dieser Verordnung haben im ersten Ausbildungsjahr 865 Stunden Theorie und 815 Stunden praktische Unterweisung zu erfolgen, im zweiten Ausbildungsjahr 735 Stunden theoretischer Unterricht und 930 Stunden praktische Ausbildung und im letzten Ausbildungsjahr 840 Stunden Theorie und 855 Stunden praktische Ausbildung. Die schulische (theoretische) Ausbildung wird in der Altenpflegeschule vorgenommen. Die praktische Unterweisung erfolgt in verschiedenen Einrichtungen und Krankenhäusern und bei ambulanten Pflegedienstleistern. Ein großer Teil der praktischen Ausbildung erfolgt in Einrichtungen der Dienststelle, die anderen Teile werden bei Dritten durchgeführt. Unter den Beteiligten ist streitig, ob die praktische Ausbildung überwiegend in Einrichtungen der Dienststelle oder bei Dritten erfolgt.
Die Mitarbeitervertretung ist der Ansicht, die Altenpflegeschüler seien Mitarbeiter im Sinne des § 2 MVG.BEK; sie sei deshalb zu beteiligen, wenn die Dienststelle einem Altenpflegeschüler kündige. Auslöser des vorliegenden Verfahrens war der Antrag der Mitarbeitervertretung, wonach die Dienststelle das Mitbestimmungsrecht verletzt habe, indem sie die Altenpflegeschülerin D ohne Anhörung der Mitarbeitvertretung in der Probezeit gekündigt hat. Insoweit wurde das Verfahren für erledigt erklärt. Sodann kündigte die Mitarbeitervertretung den Antrag an, festzustellen, dass sie gemäß den §§ 32, 38 MVG.BEK zu beteiligen sei, wenn die Dienststelle Umschülern in der Altenpflege kündige. Dieser Antrag wurde nicht gestellt. Vielmehr hat die Mitarbeitervertretung zuletzt beantragt festzustellen,
dass die von der Dienststelle in ihrer Fachschule für Altenpflege ausgebildeten Altenpflegeschüler/innen Mitarbeiter im Sinne des § 2 MVG.BEK sind und bei deren Kündigung die Mitarbeitervertretung gemäß § 46 Buchst. bzw. § 42 Buchst. c MVG.BEK zu beteiligen ist.
Die Dienststelle hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hielt ihn mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses für unzulässig und zudem für unbegründet.
Die Schlichtungsstelle hat durch ihren Beschluss vom 11. Mai 2001 erkannt, dass die Antragstellerin gem. § 46 Buchst. c MVG.BEK ein Mitberatungsrecht bei der ordentlichen Kündigung von Altenpflegeschülern innerhalb der Probezeit in der Fachschule für Altenpflege hat.
Zur Begründung hat sie unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht zur betriebsverfassungsrechtlichen Auszubildendeneigenschaft von Umschülern im Kern ausgeführt, die Altenpflegeschüler seien zur Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des § 2 Abs. 1 MVG.BEK, weil die betriebliche Ausbildung überwiegend in den Einrichtungen der Dienststelle vorgenommen werde. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Gegen diesen ihr am 15. Mai 2001 zugestellten Beschluss wendet sich die Dienststelle mit ihrer am 14. Juni 2001 eingelegten Beschwerde. Sie hält den Antrag nach wie vor für unzulässig und zudem für unbegründet. Aus dem unstreitigen Verlauf der Ausbildung für den Ende des Jahres 2000 abgeschlossenen Kurs Nr. 5/97 ergebe sich, dass die praktische Ausbildung überwiegend nicht in Einrichtungen der Dienststelle durchgeführt werde, denn nach der Zahl der Teilnehmer seien in der Summe nur 63 Teilnehmer in ihrer Dienststelle, dagegen 75 anderweitig praktisch ausgebildet worden.
Sie beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Bremischen Evangelischen Kirche und des Diakonischen Werkes Bremen e.V. vom 11. Mai 2001 - D II-18/99 - den Antrag abzuweisen.
Die Mitarbeitervertretung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und meint, die praktische Ausbildung finde überwiegend in Einrichtungen der Dienststelle statt, wie der Kurs 10/99 zeige. Hiernach findet für alle 21 Altenpflegeschüler die praktische Ausbildung im ersten und im dritten Jahr nur in Einrichtungen der Dienststelle und nur im zweiten Ausbildungsjahr bei Dritten statt.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten in beiden Rechtszügen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die nach § 63 Buchst. c MVG.BEK statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde ist begründet. Es fehlt für den in die Beschwerde gelangten Teil des Antrags an einem hinreichenden Feststellungsinteresse (§ 16 VGG.EKD, § 43 VwGO). Ob ein hinreichendes Feststellungsinteresse besteht, ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen, weil es eine Prozess- bzw. Prozessfortsetzungbedingung ist. Dabei ist hier das Feststellungsinteresse für den Feststellungsantrag zu prüfen, der in die Beschwerde gelangt ist.
1. In die Beschwerde gelangt ist das Verfahren nur im Umfang der angefochtenen Entscheidung. Sie hat dem Sachantrag der Mitarbeitervertretung nur insoweit stattgegeben, als sie der antragstellenden Mitarbeitervertretung das Mitberatungsrecht nach § 46 Buchst. c MVG.BEK für den Fall zuerkannt hat, dass die Dienststelle einen Vertrag über die Ausbildung zur Altenpfleger innerhalb der Probezeit ordentlich kündigen will.
2. Das Feststellungsinteresse setzt nach § 16 VGG.EKD i.V.m. § 43 VwGO voraus, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten festgestellt werden soll und dass der Verfahrensbetreiber ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung hat. Dies gilt sowohl für die originäre Feststellungsklage als auch für die sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklage (vgl. Redeker/von Oertzen, VwGO § 130 Rn 32).
a) Vorliegend handelt es sich nicht um ein Fortsetzungsfeststellungsverfahren. Ein solches hätte nur vorgelegen, wenn der jetzt noch verfolgte Antrag darauf gerichtet wäre, den ursprünglichen Antrag hinsichtlich der Kündigung der Altenpflegeschülerin in Form einer Feststellung, dass die Dienststelle gegen § 46 Buchst. c MVG.BEK verstoßen habe, weiterzuverfolgen. Das ist nicht der Fall. Vielmehr ist der Streit hinsichtlich des ursprünglichen Antrags für erledigt erklärt worden.
b) Mit dem in die Beschwerde gelangten Teil des Verfahrens wird eine rechtlich vom ursprünglichen Antrag losgelöste Feststellung begehrt. Indessen fehlt dem Antrag das Feststellungsinteresse im Sinne der § 16 VGG.EKD, § 43 Abs. 1 VwGO unter dem Gesichtspunkt der alsbaldigen Feststellung. Ein solches Interesse ist nur zu bejahen, wenn die begehrte Feststellung unter den Beteiligten befriedende Wirkung haben kann. Dies setzt voraus, dass der Streit durch die im Tenor der Entscheidung ausgesprochene oder unter Berücksichtigung der Beschlussbegründung zum Ausdruck gekommene Feststellung beigelegt wird, sobald diese in Rechtskraft erwachsen ist.
Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben. Die Beteiligten streiten nicht nur über das Bestehen des Mitberatungsrechts nach § 46 Buchst. c MVG.BEK, sondern auch, wenn nicht gar vor allem, über die grundlegende Frage, ob die Altenpflegeschüler zur ihrer Berufsausbildung Beschäftigte der Dienststelle und damit deren Mitarbeiter im Sinne des § 2 Abs. 1 MVG.BEK sind. Das zeigen der im ersten Rechtszug zuletzt gestellte Antrag und die dazu abgegebene Begründung der Mitarbeitervertretung sowie die Einlassung der Dienststelle. Dieser Antrag ist durch den angefochtenen Beschluss der Schlichtungsstelle nicht vollständig beschieden worden. Vielmehr beschränkt sich der Beschlusstenor auf die Klärung des Bestehens des Mitberatungsrechts nach § 46 Buchst. c MVG.BEK. Damit ist nur ein punktueller Aspekt aus dem Gesamtstreit der Beteiligten erstinstanzlich entschieden worden.. Diese punktuelle Klärung setzt zwar die Beantwortung der Vorfrage voraus, ob Altenpflegeschüler gemäß § 2 Abs. 1 MVG.BEK Mitarbeiter der beteiligten Dienststelle sind. Die Beantwortung dieser Vorfrage nimmt jedoch an der Rechtskraft der Feststellungsentscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen des Mitberatungsrechts bei einer Kündigung innerhalb der Probezeit nicht teil. Wird ein anderer punktueller Gesichtspunkt aus demselben Streitkomplex zum Gegenstand einer (weiteren) Feststellungsklage erhoben, so muss die Frage der Mitarbeitereigenschaft erneut geprüft werden. Die vorangegangene Entscheidung hat insoweit keine Rechtskraftwirkung.
III. Die Nebenentscheidung beruht auf § 8 BRAGO.