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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:01.12.2003
Aktenzeichen:VerwG.EKD II-0124/H1-03
Rechtsgrundlage:BRAGO § 8 Abs. 2 , § 10 Abs. 3 S. 1 , ArbGG § 12 Abs. 7 S. 2
Vorinstanzen:Schiedsstelle der Konförderation ev. Kirchen in Niedersachsen u. der DW Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe - 2. Kammer der Kirchen, Az.: 2 K 8/02, Fundstelle: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungsreport 4/04, S. 308
Schlagworte:Beschwerde über den Verfahrenswert
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Leitsatz:

1. Das Verfahren nach § 10 Abs. 3 BRAGO gilt auch für das kirchenrechtliche Verfahren.
2. Bleibt die Verfahrenswertbeschwerde i.S.d. § 10 BRAGO des Verfahrensbevollmächtigten erfolglos, hat er die Kosten zu tragen, nicht die Dienststelle.
3. Bei der Festsetzung des Verfahrenswertes bei der Frage der Ersetzung der Zustimmung zur Eingruppierung eines Mitarbeiters /einer Mitarbeiterin, § 60 Abs. 4 MVG.EKD, Mitbeurteilungsrecht der Mitarbeitervertretung nach § 42 Buchst. c MVG.EKD, ist nicht von § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG - in entsprechender Anwendung - auszugehen, sondern von dem Hilfswert des § 8 BRAGO. Je nach Lage des Einzelfalles kann der Wert höher oder niedriger liegen.
So kann er niedriger liegen, wenn es um die Mitbeurteilung der Eingruppierung bei einem befristeten Arbeitsverhältnis von einem Jahr geht.
Er kann höher liegen, wenn es um mehrere Eingruppierungen geht, sei es derselben Art, sei es hinsichtlich unterschiedlich zu bewertender Tätigkeiten der jeweiligen Mitarbeiter /Mitarbeiterinnen.

Tenor:

Die als Beschwerde i.S.d. § 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO aufzufassende Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss der Schiedsstelle der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen und der Diakonischen Werke Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe - 2. Kammer der Kirchen - vom 18. Dezember 2002 - Az.: 2 K 8/02 -, mit dem der Verfahrenswert auf 2.000,- Euro festgesetzt wurde, wird kostenfällig zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Beteiligten haben darüber gestritten, ob der Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Projektleiterin Frau Dipl.-Pädagogin E in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 9 Teil II Abschn. G (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) der Anlage 1a zum BAT zusteht.
Die Dipl.-Pädagogin (Hochschulgrad) war seit dem 15. April 2002 als Projektleiterin in dem vom Europäischen Flüchtlingsfonds geförderten Projekt - Aufnahmeberatung und Grundorientierung von Flüchtlingen - mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Angestellten bei der Kirchengemeinde tätig. Der Arbeitsvertrag war bis zum 14. Februar 2003 befristet.
Mit Antrag vom 19. März 2002 machte die Kirchengemeinde geltend, die Mitarbeitervertretung habe die Zustimmung zu Unrecht verweigert.
Sie hat beantragt, festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund für die Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung von Frau E in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 9 gemäß Anlage 1a zum BAT Teil II Abschnitt G vorliegt. Die Mitarbeitervertretung hat beantragt, den Antrag der Kirchengemeinde zurückzuweisen. Die Schiedsstelle durch Beschluss vom 16. Oktober 2002 festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin Frau E in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 9 der Vergütungsordnung Anlage 1a zum BAT Teil II Abschnitt G vorliegt und damit die nicht erteilte Zustimmung als ersetzt gilt und den Verfahrenswert durch Beschluss des Vorsitzenden vom 18. Dezember 2002, zugestellt am 20. Dezember 2002, auf 2.000,- Euro festgesetzt.
Gegen den Beschluss der Schiedsstelle vom 16. Oktober 2002 hat die Mitarbeitervertretung mit am 26. November 2002 beim VerwG.EKD eingegangen Schriftsatz vom selben Tage Beschwerde eingelegt. Diese Beschwerde hat das VerwG.EKD mit Beschluss vom 24. März 2003 - II-0124/G28-02 - als unstatthaft verworfen.
Mit der am 2. Januar 2003 beim VerwG.EKD eingegangen Beschwerde wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte der Mitarbeitervertretung "auch" gegen den Beschluss vom 18. Dezember 2002. Bei Streitigkeiten zwischen Dienststellenleitungen und Mitabeitervertretungen, insbesondere bei der Frage, ob der Mitarbeitervertretung ein Grund zur Zustimmungsverweigerung bei Eingruppierungen zustehe, handele es sich um nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten. Die Schiedsstelle habe dies zwar anerkannt, gleichzeitig aber festgestellt, dass die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit niedriger als im Regelfall anzusehen sei, weil das Arbeitsverhältnis auf ein Jahr befristet gewesen sei. Wenn es richtig sei, dass der Streit zwischen der Mitarbeitervertretung und der Dienststellenleitung über die Richtigkeit einer Eingruppierungsentscheidung des Dienstgebers nicht vermögensrechtlicher Natur sei, dann sei auch für wirtschaftliche Überlegungen kein Raum.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
die Entscheidung der Schiedsstelle vom 18. Dezember 2002, zugestellt am 20. Dezember 2002 - 2 K 8/02 -, mit der der Verfahrenswert auf 2.000,- Euro festgesetzt wurde, dahingehend abzuändern, dass der Gegenstandswert auf 4.000,- Euro festgesetzt wird.
Die Dienststelle hat beantragt,
die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen oder als unbegründet zurückzuweisen.
Sie hat vorgetragen, das dem Verfahren zugrunde liegende Beschäftigungsverhältnis mit Frau E sei für den Zeitraum vom 15. Februar 2002 bis einschließlich 14. Februar 2003 beabsichtigt gewesen. Für Frau E ergebe sich eine Vergütungsdifferenz zwischen der Vergütungsgruppe V c und der Vergütungsgruppe IV b BAT in Höhe von monatlich 179,55 Euro brutto. Für den Zeitraum des beabsichtigten Dienstverhältnisses ergebe sich der Gesamtbetrag von 2.295,83 Euro brutto. Dieser Betrag sei einer Festsetzung des Verfahrenswertes zugrunde zu legen. Es seien keine Fakten ersichtlich, die die Festsetzung eines höheren Verfahrenswertes rechtfertigen könnten, zumal das Beschäftigungsverhältnis von Frau E tatsächlich bereits zum Ablauf des 31. Dezember 2002 beendet worden sei und sich der genannte Gesamtbetrag dadurch noch um einen Teilbetrag in Höhe von 269,33 Euro vermindere. Im übrigen liege dieses Beschwerdeverfahren ausschließlich im Gebühreninteresse des die Mitarbeitervertretung im Ev.-Luth. Kirchenkreis A vertretenden Rechtsanwalts. Es werde daher um Entscheidung gebeten, ob der Ev.-Luth. Kirchenkreis A als Träger der Kosten der Mitarbeitervertretung im Ev.-Luth. Kirchenkreis A auch die Anwalts- und Gerichtskosten für dieses Verfahren tragen müsse.
Die Schiedsstelle hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde ist der Kammer prozessrechtsgemäß vorgelegt. Die Formalien der an das Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der EKD gerichteten Beschwerde über den Verfahrenswert sind als gewahrt zu erachten.
Die Beschwerde ist statthaft. Gegen Entscheidungen der Schlichtungsstelle oder ihrer Vorsitzenden, die keine Entscheidungen über die Hauptsache darstellen, kann nach näherer Maßgabe der § 16 VGG.EKD, §§ 146, 147 VwGO Beschwerde eingelegt werden. Der angefochtene Beschluss ist eine beschwerdefähige Entscheidung i.S.d. § 146 Abs. 1 VwGO. Die Beschwerde ist nach dem Wert der Beschwer statthaft, § 16 VGG.EKD, § 146 Abs. 3 VwGO. Der Gebührenunterschied übersteigt die Mindestbeschwer (vgl. VerwG.EKD v. 10. August 2000 - 0124/E6-00). Das gilt auch für § 10 Abs. 3 BRAGO. Das Verfahren nach § 10 Abs. 3 BRAGO gilt auch für das kirchenrechtliche Verfahren.
2. Die Schiedsstelle hat ausgehend von dem Hilfswert des § 8 Abs. 2 BRAGO den Verfahrenswert hinsichtlich der Ersetzung der Zustimmung zur Eingruppierung einer Mitarbeiterin, die lediglich befristet für ein Jahr eingestellt wurde, auf 2.000,- Euro festgesetzt.
Das ist nicht zu beanstanden.
Es ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Mitarbeitervertretung einzuräumen, dass bei der Frage des Verfahrenswertes beim Zustimmungsersetzungsverfahren hinsichtlich der Eingruppierung die unterschiedlichsten Auffassungen vertreten werden.
Manche legen den Hilfswert des § 8 Abs. 2 BRAGO zugrunde (vgl. z.B. LAG Köln 30.09.1997 - 5 Ta 196/97 - LAGE § 8 BRAGO Nr. 36). Andere gehen zwar vom Hilfswert des § 8 Abs. 2 BRAGO aus, modifizieren ihn aber im Lichte des § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG (vgl. LAG Hamburg 01.09.1995 - 7 Ta 13/95 - LAGE § 8 BRAGO Nr. 30). Wieder andere legen den "gesetzlichen Ausgangswert" von 4.000,- Euro zugrunde und bestimmen den Wert des Gegenstandes "nach Lage des Falles niedriger oder höher" (vgl. z.B. Thüringer LAG 21.01.1997 - 8 Ta 137/96 - LAGE § 8 BRAGO Nr. 34). Das LAG Düsseldorf (16.12.1981 EzA § 8 BRAGO Nr. 3; 26.11.1998 - 9 BV 95/98 - LAGE § 8 BRAGO Nr. 41) greift auf § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG zurück und legt den dreifachen Jahresbetrag der Vergütungsdifferenz ./. 25% zugrunde, "sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistung geringer ist".
Ausgangspunkt ist nicht § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG, sondern der Hilfswert des § 8 Abs. 2 BRAGO. Je nach Lage des Einzelfalls kann der Wert höher oder niedriger liegen. So liegt er höher, wenn es in einem Verfahren um die Zustimmung zur Eingruppierung mehrerer Mitarbeiter geht, wobei noch zwischen unterschiedlich zu bewertenden Tätigkeiten unterschieden werden mag.
Er liegt niedriger, wenn es, wie hier, um die Eingruppierung bei einem auf nur ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnis geht, also die Angelegenheit von geringerer Bedeutung ist als bei der Frage der Eingruppierung bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, mit der Folge, dass der von der Schiedsstelle angenommene Betrag von 2.000,- Euro als nicht unangemessen scheint.
Der Beschwerdeführerin als den von der Mitarbeitervertretung beauftragten Rechtsanwalt trifft die Kostentragungspflicht für die von ihm erfolglos eingelegte Verfahrenswertbeschwerde (Germelmann/Matthes/Prütting ArbGG, 4. Aufl. 2002 Rz 132; Rolf Schaefer, Anwaltsgebühren im Arbeitsrecht, Bonn 2000 Kap. G. Rn 30 ff.; LAG Köln 31.03.2000 - 10 Ta 50/00 - LAGE § 10 BRAGO Nr. 10). Entgegen der Befürchtung der Dienststelle muss die Dienststelle nicht die Anwaltsgebühren für dieses Verfahren tragen.
Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss der Kammer (§ 16 VGG.EKD, § 101 Abs. 5, § 150 VwGO).