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Kirchengericht: | Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 18.11.2003 |
Aktenzeichen: | VerwG.EKD II-0124/H18-03 |
Rechtsgrundlage: | VwGO § 146 , § 147 , BRAGO § 8 Abs. 2 |
Vorinstanzen: | Schlichtungsstelle der EKD, Az.: 2708/G3-02 |
Schlagworte: | Mitbestimmung bei Einführung einer Dienstkleidung, deren Tragen dem einzelnen Mitarbeiter überlassen bleibt |
Leitsatz:
Wird die Wahl einer aus drei Mitgliedern bestehenden Mitarbeitervertretung angefochten, so beträgt der Verfahrenswert in der Regel 10.000,- Euro.
Tenor:
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Mitarbeitervertretung wird der Beschluss über den Verfahrenswert der Schlichtungsstelle der EKD vom 17. Juni 2003, Az.: 2708/G3-02, abgeändert und der Verfahrenswert auf 12.000,- Euro festgesetzt.
Gründe:
I. Die Beteiligten haben über die Wirksamkeit der Wahl der aus drei Personen bestehenden Mitarbeitervertretung gestritten. Außerdem hatte die Verfahrensbevollmächtigte der Mitarbeitervertretung beantragt, "die aufschiebende Wirkung der Anfechtung auszusetzen". Die Schlichtungsstelle hat den Verfahrenswert auf 4.000,- Euro festgesetzt.
Gegen diesen der Verfahrensbevollmächtigten der Mitarbeitervertretung am 20. Juni 2003 zugestellten Beschluss wendet sich die Verfahrensbevollmächtigte der Mitarbeitervertretung mit ihrem am 21. Juli 2003 beim VerwG.EKD eingegangenen Beschwerde. Sie möchte den Verfahrenswert in angemessener Höhe festgesetzt wissen, unter Berücksichtigung der Bedeutung der Wahlanfechtung, der in diesem Verfahren vorhandenen vielfältigen Rechtsfragen sowie des Antrages auf Aufhebung der aufschiebenden Wirkung.
Die Schlichtungsstelle hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Mitarbeitervertretung ist zulässig und begründet. Der angefochtene Beschluss über den Verfahrenswert war abzuändern und der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für den ersten Rechtszug auf 12.000,- Euro festzusetzen.
1. Die Formalien der an das Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der EKD gerichteten Streitwertbeschwerde waren als gewahrt anzusehen.
a) Die Beschwerde ist statthaft. Gegen Entscheidungen der Schlichtungsstellen oder ihrer Vorsitzenden, die keine Entscheidungen über die Hauptsache darstellen, kann nach näherer Maßgabe der § 16 VGG.EKD, §§ 146, 147 VwGO Beschwerde eingelegt werden. Der angefochtene Beschluss ist eine beschwerdefähige Entscheidung i.S.d. § 146 Abs. 1 VwGO. Die Beschwerde ist nach dem Wert der Beschwer statthaft, § 146 Abs. 3 VwGO.
b) Die Beschwerdefrist ist gewahrt. Zwar ist die zweiwöchige Beschwerdefrist (§ 16 VGG.EKD, § 147 Abs. 1 VwGO) nicht gewahrt. Das ist aber unbeachtlich. Denn die Beschwerdefrist hat mangels Rechtsbehelfsbelehrung (§ 16 VGG.EKD, § 58 VwGO) nicht zu laufen begonnen; die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO ist gewahrt.
2. Die Streitwertbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Einheitliche Bewertungsgrundsätze für den Bereich der "Anfechtung der Wahl der Mitarbeitervertretung" gibt es nicht.
Im Streitwertkatalog i.d.F. vom Januar 1996 (erarbeitet von der aus Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit zusammengesetzten Arbeitsgruppe) (abgedruckt bei Kopp/Schenke VwGO 13. Aufl. 2003 Anhang zu § 164 Rz. 14) wird unter II 30 "Personalvertretungsrecht" auf den "Auffangwert" verwiesen, also auf 4.000,- Euro, § 13 Abs. 1 S. GKG. Im Kommentar selbst wird unter dem Stichwort "Personalvertretungsrecht" (S. 1764) wiederum auf den Streitwertkatalog verwiesen.
Für den Bereich der Betriebsverfassung wird überwiegend in Anlehnung an § 9 BetrVG auf starre Sätze nach Maßgabe der zu wählenden Betriebsratsmitglieder zurückgegriffen. Die Ergebnisse weichen jedoch erheblich von einander ab (vgl. GKG-ArbGG/Wenzel Stand: 12/02 § 12 ArbGG Rz. 278 c m.w.N.).
Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 8 Abs. 2 BRAGO. Danach ist der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen. In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert, wie es weiter heißt, auf 4.000,- Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,- Euro anzunehmen.
Die trotz des ungewöhnlich weitreichenden Strukturrahmens gänzlich undifferenzierte Streitwertgrundnorm stellt Wissenschaft und Rechtsprechung vor die Aufgabe, die im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren in Frage kommenden Streitgegenstände innerhalb des vorgegebenen Bewertungsrahmens in ein Bewertungssystem einzubinden, das falladäquate Abstufungen zulässt und zugleich tragenden Grundsätzen des Arbeitsgerichtsprozesses ausreichend Rechnung trägt. Das eröffnet die Herausarbeitung typisierender Bewertungsgrundsätze (Wenzel aaO. Rz. 164). Das gilt auch für das mitarbeitervertretungsrechtliche Verfahren.
Der Gegenstandswert einer Mitarbeitervertretungswahlanfechtung wird maßgebend durch die Größe der Dienststelle und die Zahl der wählenden Mitglieder der Mitarbeitervertretung beeinflusst.
In der Rechtsprechung zum Betriebsverfassungsrecht besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass bei der Wertfestsetzung eine Staffelung entsprechend § 9 BetrVG nach der Anzahl der Betriebsratsmitglieder zu erfolgen hat (LAG Hamm 9. März 2001 - 13 TaBV 7/01 - LAGE § 8 BRAGO Nr. 48a).
Das lässt sich auf den Bereich des MVG.EKD ohne weiteres übertragen.
Mit dem LAG Hamm aaO., dem LAG Berlin (Beschluss v. 17. Dezember 1991 - 1 Ta 50/91 -), dem Hessischen LAG (Beschluss v. 5. Mai 1999 - 5/6 Ta 253/98 -, 3. März 2000 - 5 Ta 791/99 -), dem LAG Rheinland-Pfalz (Beschluss v. 30. März 1992 - 9 Ta 40/92 -), Thüringer LAG (Beschluss v. 13. November 1998 - 8 Ta 134/98 -) hält die Kammer es für angemessen, den Gegenstandswert für die Anfechtung der Wahl einer aus einer Person bestehenden Mitarbeitervertretung auf das Eineinhalbfache des Ausgangswertes des § 8 Abs. 2 BRAGO festzusetzen.
Wird die Wahl einer aus drei Mitgliedern bestehenden Mitarbeitervertretung angefochten, wie es hier der Fall ist, so erhöht sich der Streitwert um den vollen Ausgangswert, mit anderen Worten, es ist von einer Erhöhung um den vollen Ausgangswert für jede weitere Staffel des § 8 MVG.EKD auszugehen (vgl. LAG Hamm aaO. zu § 9 BetrVG). Sonach beträgt der Wert für das vorliegende Wahlanfechtungsverfahren 10.000,- Euro.
3. Dem Antrag, "die aufschiebende Wirkung der Anfechtung auszusetzen", kommt ein eigener Wert zu. Der Sache nach ging es darum, im Rahmen einer Regelungsanordnung gem. § 123 VwGO i.V.m. § 62 MVG.EKD die aufschiebende Wirkung der Anfechtung auszusetzen. Ob eine solche Regelung zulässig und begründet ist, ist für die Frage des Streitwertes unerheblich. Für Verfahren nach § 123 VwGO ist grundsätzlich ein geringerer Streitwert als in dem entsprechenden Hauptprozess anzunehmen. Das gilt auch dann, wenn sich der Streitwert nach dem Auffangwert bestimmt. Nachdem dieser im Hinblick auf den Wortlaut des MVG.EKD nicht unproblematische Antrag ausweislich der Akten keine wesentliche Rolle gespielt hat, erscheint insoweit die Hälfte des Hilfswerts als angemessen, aber auch ausreichend.
Sonach war der Streitwert auf 12.000,- Euro festzusetzen.
4. Die Entscheidung erging ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss der Kammer, § 16 VGG.EKD, § 101 Abs. 3 , § 150 VwGO.