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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:05.08.2004
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/H38-03
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 63 Abs. 7 (i.d.F. ab 1. Januar 2004), ArbGG § 81 , ZPO § 256
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle der Ev. Landeskirche in Baden, Az.: 2 Sch 97/02, Fundstelle: Die Mitarbeitervertretung 2005, S. 38; Rechtsprechungsbeilage zum Amtsblatt der EKD 2005, S. 41
Schlagworte:Globalantrag , Vorlage von Dienstplänen
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Leitsatz:

1. Ein Globalantrag - hier: alle Dienstpläne vorzulegen - ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt, wenn er alle (denkbaren) Fälle umfasst.
2. Ein solcher Globalantrag ist insgesamt unbegründet, wenn er einen oder mehrere Fälle umfasst, in denen dem Begehren rechtlich nicht stattzugeben ist.

Tenor:

Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche in Baden vom 1. Oktober 2003 - 2 Sch 97/2002 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten noch darüber, ob die von der Dienstgeberin aufgestellten Dienstpläne generell der Zustimmung durch die Antragstellerin bedürfen.
Antragstellerin ist die bei A gebildete Mitarbeitervertretung. Die Dienststelle beschäftigt etwa 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
In einem vergleichsweise am 20. März 2002 beendeten Verfahren vor der Schlichtungsstelle der Evangelischen Landeskirche in Baden (Az.: 1 Sch 15/2002) verpflichtete sich die Dienststellenleitung, sofort die geplanten und dann realisierten Dienstpläne der Mitarbeitervertretung zur Verfügung zu stellen.
Die Mitarbeitervertretung hat im vorliegenden Verfahren die Auffassung vertreten, rechtzeitige Vorlage der Dienstpläne bedeute, dass sie ihr von der Dienststellenleitung jeweils acht Wochen im voraus vorzulegen seien und dass jeder Dienplan einen Zeitraum von ebenfalls acht Wochen umfassen müsse. Sie hält zudem jeden Dienstplan für zustimmungspflichtig. Sie hat dazu im ersten Rechtszug umfangreiche Ausführungen gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
die Dienststellenleitung zu verpflichten, ihr alle Dienstpläne, die einen Zeitraum von acht Wochen im voraus erfassen müssen, acht Wochen vor Geltung der vorgelegten Arbeitspläne vorzulegen und ihre Zustimmung einzuholen und bei deren Verweigerung die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens einzuleiten.
Die Dienststellenleitung hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat dazu vorgetragen, mangels eines konkreten Sachvortrags lasse sich nicht erkennen, dass jeder einzelne Dienstplan mitbestimmungspflichtig sei. Sollte es vereinzelt nicht zur Vorlage eines Dienstplans gekommen sein, sei dies bedauerlich. Etwaige Verstöße im Einzelfall, sei es auch gegen getroffene Vereinbarungen, lösten ebenfalls nicht generell ein Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung aus. Ob die Dienstvereinbarung für einen Rahmendienstplan im Pflegedienst, die im September 1996 zugunsten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgeschlossen worden sei, auch nach der Fusion noch gültig sei, so dass die Mitarbeitervertretung hierauf ihr Verlangen stützen könne, jeder Dienstplan müsse jeweils einen Zeitraum von acht Wochen umfassen, sei zumindest zweifelhaft. Keinesfalls müsse jeder Dienstplan bereits acht Wochen vor seinem Inkraftsetzen der Mitarbeitervertretung vorgelegt werden.
Wegen der weiteren Darlegungen der Dienststellenleitung wird ergänzend auf ihr gesamtes erstinstanzliches Vorbringen verwiesen.
Die Schlichtungsstelle hat durch Beschluss vom 1. Oktober 2003 der Dienststellenleitung aufgegeben, der Mitarbeitervertretung alle Dienstpläne, die einen Zeitraum von acht Wochen im voraus erfassen müssen, rechtzeitig vorzulegen, und den Antrag im übrigen zurückgewiesen. Sie hat ihre Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Mitarbeitervertretung sei nach § 34 Abs. 1 Satz 1 MVG.EKD zur Durchführung ihrer Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Der Zeitraum von acht Wochen, der nicht zuletzt für etwaige Dispositionen seitens der Mitarbeiterschaft - sei es in beruflicher, sei es in privater Hinsicht - von großem Wert sei, sei zwar relativ umfassend und weitgefasst. Dabei habe sich die Schlichtungsstelle an der Dienstvereinbarung vom 17. September 1996 i.V.m. dem Personalüberleitungsvertrag zugunsten der ehemaligen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen orientiert. Im übrigen habe sich die Dienststellenleitung im Verfahren 1 Sch 15/2002 am 20. März 2002 vergleichsweise verpflichtet, die Dienstpläne sogleich zur Verfügung zu stellen, jedoch nicht bereits acht Wochen vor deren Inkrafttreten. Das lasse sich rechtlich nicht begründen. Es sei ausreichend, wenn sie rechtzeitig durch deren Vorlage informiert würde. Dienstpläne bedürften jedoch nicht generell der vorherigen Zustimmung, es sei denn, es würde ein Mitbestimmungstatbestand betroffen. Das aber sei von der Mitarbeitervertretung für alle denkbaren künftigen Dienstpläne nicht hinreichend dargelegt worden.
Gegen den Beschluss vom 1. Oktober 2003 hat die Mitarbeitervertretung mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2003, eingegangen am 3. November 2003, Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 12. Februar 2004, eingegangen am selben Tag, begründet hat.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Mitarbeitervertretung gegen die Entscheidung, soweit durch sie der Antrag hinsichtlich des generellen Zustimmungserfordernisses zurückgewiesen worden ist. Sie ergänzt und vertieft ihr diesbezügliches Vorbringen wie folgt:
Es sei nicht ausreichend, dass die jeweiligen Dienstpläne nunmehr rechtzeitig vorgelegt werden müssten (zwecks Überprüfung der Einhaltung der Wochenarbeitszeit und zwecks Kenntniserlangung seitens der im Schichtbetrieb beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihre Dispositionen für die nächsten acht Wochen treffen können müssten). Vielmehr bedürften sämtliche von der Dienststellenleitung aufgestellten Dienstpläne ihrer Zustimmung. Unter den gegebenen Umständen sei jeder einzelne Dienstplan mitbestimmungspflichtig. Das habe das Gericht Erster Instanz zu Unrecht verneint. Zwar gebe es eine zwischen der Dienststellenleitung und der Mitarbeitervertretung getroffene Dienstvereinbarung mit der Festlegung der für die einzelnen Stationen maßgeblichen Arbeitszeiten. Hieran habe sich die Dienststellenleitung aber wiederholt nicht gehalten. Sie nehme vielmehr ständig Einfluss auf die Verteilung der Arbeitszeit, die sie nach den augenblicklichen Bedürfnissen der einzelnen Station bestimme. Damit verstoße sie aber gegen den festgelegten Turnus. Am Zustimmungserfordernis in Bezug auf jeden einzelnen Dienstplan könne mithin kein Zweifel bestehen, so dass die angefochtene Entscheidung teilweise abzuändern sei.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
1. den Beschluss der Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche in Baden vom 1. Oktober 2003 - Az.: 2 Sch 97/2002 - abzuändern,
2. die Dienststellenleitung zu verpflichten, der Mitarbeitervertretung alle Dienstpläne, die einen Zeitraum von acht Wochen umfassen müssen, davor rechtzeitig vorzulegen und die Zustimmung der Mitarbeitervertretung einzuholen.
Die Dienststellenleitung beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung, soweit die Mitarbeitervertretung ihr Antragsbegehren in der Beschwerdeinstanz weiterverfolgt: Es fehle weiterhin an der Schlüssigkeit des Vorbringens. Bereits die eigenen Darlegungen der Beschwerdeführerin rechtfertigten es nicht, ihr die Vorlage jedes einzelnen Dienstplans vor seinem Inkraftsetzen zur Zustimmung aufzugeben. Die Mitarbeitervertretung selbst habe auf den bestehenden Rahmendienstplan im Pflegedienst hingewiesen. Dessen Umsetzung in Form eines Dienstplans stelle nichts anderes als den mitbestimmungsfreien Vollzug dar.
Wegen ihres weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Beschwerdeäußerung verwiesen. Im übrigen wird auf das gesamte Vorbringen der Beteiligten einschließlich der von ihnen vertretenen Rechtsauffassungen und der überreichten Anlagen Bezug genommen.
Die Beteiligten haben in der Verhandlung am 5. August 2004 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt und auf weiteren schriftsätzlichen Vortrag verzichtet.
II. Die Beschwerde ist an sich statthaft (§ 63 Abs. 1 Buchst. c MVG.EKD a.F.) und weil sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, auch im übrigen zulässig.
Die Entscheidung über die Statthaftigkeit und Zulässigkeit der Beschwerde hat sich nach den Bestimmungen des MVG.EKD in der Fassung zu richten, die zur Zeit der Einlegung und Begründung der Beschwerde gegolten hat. Die Neufassung der Bestimmungen über die Beschwerde im MVG.EKD durch Art. 5 Nr. 31 des Kirchengesetzes über die Errichtung, die Organisation und das Verfahren der Kirchengerichte der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 6. November 2003 (ABl.EKD S. 408), das am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist (Art. 8 § 2 Abs. 1), sind nicht anzuwenden. Die vorliegende Beschwerde ist vor dem Inkrafttreten der in Rede stehenden Änderung des MVG.EKD eingelegt und begründet worden. Dagegen richtet sich die Durchführung des Verfahrens selbst in der Zeit nach dem 1. Januar 2004 nach den seit diesem Tag für das Verfahren in Streitigkeiten aus dem MVG geltenden Verfahrensvorschriften, nämlich gemäß § 63 Abs. 7 MVG.EKD nach den Vorschriften über das Beschwerdeverfahren des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
1. Das Beschwerdegericht hatte nicht mehr über die doppelte Acht-Wochenfrist zu entscheiden. Die Frage, ob die Dienstpläne, die einen Zeitraum von acht Wochen zu umfassen haben, auch bereits jeweils acht Wochen vor ihrem Inkraftsetzen der Mitarbeitervertretung vorgelegt werden müssen, hat die erste Instanz dahin beantwortet, dass Rechtzeitigkeit der Vorlage genügt. Die Mitarbeitervertretung hat dies nicht angegriffen, so dass die Entscheidung insoweit rechtskräftig geworden ist.
2. Der Antrag zu Ziffer 2, der Dienststellenleitung aufzugeben, sämtliche Dienstpläne vor ihrem Inkraftsetzen zur Zustimmung vorzulegen, konnte in dieser Allgemeinheit keinen Erfolg haben.
a) Für den Bereich des Betriebsverfassungsrechts ist anerkannt, dass bei Anträgen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats diejenige Maßnahme des Arbeitgebers oder derjenige betriebliche Vorgang, für die bzw. für den ein Mitbestimmungsrecht in Anspruch genommen oder vom Arbeitgeber geleugnet wird, so genau bezeichnet werden muß, dass mit der Entscheidung über diesen Antrag feststeht, für welche Maßnahme oder welchen Vorgang ein Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint worden ist (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., Rdnr. 9 zu § 81, m.w.Nachw.). Dem Bestimmtheitserfordernis genügt auch ein sog. Globalantrag, mit etwa die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts hinsichtlich einer jeden Anordnung von Überstunden begehrt wird. Ein solcher Antrag ist nicht unzulässig, aber schon dann unbegründet, wenn nur hinsichtlich einer denkbaren Anordnung von Überstunden ein Mitbestimmungsrecht zu verneinen ist (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, aaO, m.w.Nachw.).
b) Diesen Anforderungen hat auch der von der Beschwerdeführerin gestellte Antrag zu genügen. Zwar handelt es sich um einen Leistungsantrag. Weil von ihm jedoch ausnahmslos sämtliche Dienstpläne erfasst werden sollen, ist er ebenfalls ein Globalantrag, der als solcher dem Bestimmtheitserfordernis zu genügen hat. Das wäre nicht der Fall, wenn hinsichtlich auch nur eines Dienstplans das Zustimmungserfordernis entfallen würde. Mit Recht weist die Mitarbeitervertretung darauf hin, dass sich das Mitbestimmungsrecht aus § 40 Buchst. d MVG.EKD auf die Aufstellung des einzelnen Dienstplans erstreckt (vgl. auch BAG 28. Oktober 1986 - 1 ABR 11/85 - AP § 87 BetrVG 1972, 20). Mitbestimmungsfrei sind jedoch Regelungen, die den Turnus bestimmen, in dem die Beschäftigten in die Dienstpläne eingereiht werden. So ist die Zuweisung zu den einzelnen Schichten, wenn sie nach einem fest vorgegebenen Rhythmus erfolgt, nur noch der mitbestimmungsfreie Vollzug einer generell-abstrakten Regelung (BAG 18. April 1989 - 1 ABR 2/88 - AP § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, 34; Baumann-Czichon/Dembski/Germer/Kopp, MVG-EKD, 2. Aufl., Rdnr. 29 zu § 40).
c) Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich der Antrag der Mitarbeitervertretung als unbegründet. Sie selbst erwähnt den Rahmendienstplan im Pflegedienst, in dem von den Beteiligten für die einzelnen Stationen Beginn und Ende der Arbeitszeit festgelegt worden sind. Mit Abschluss dieser Dienstvereinbarung hat die Mitarbeitervertretung das Mitbestimmungsrecht aus § 40 Buchst. d MVG.EKD ausgeübt. Die Zuweisung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu den einzelnen Schichten stellt sich in diesen Fällen nach dem zuvor Gesagten nur noch als mitbestimmungsfreier Vollzug dar. Dann aber bedarf ein solcher Dienstplan nicht mehr der vorherigen Zustimmung durch die Beschwerdeführerin. Er ist ihr zwar rechtzeitig vorzulegen, damit sie die Einhaltung des Vereinbarten überprüfen kann. Das bereits ausgeübte Mitbestimmungsrecht kann aber grundsätzlich nicht noch einmal in Anspruch genommen werden.
d) Dieses Ergebnis wird auch nicht wieder dadurch in Frage gestellt, dass die Dienststellenleitung sich wiederholt nicht an das Vereinbarte gehalten, sondern sich bei den Dienstplänen an den momentanen Bedürfnissen einzelner Stationen orientiert haben soll. Diese (hier zugunsten der Mitarbeitervertretung als wahr unterstellten) Verstöße lösen in den Fällen bereits im voraus zwischen den Beteiligten getroffener Arbeitszeitabsprachen nicht erneut die Zustimmungspflichtigkeit der Dienstpläne aus. Die Mitarbeitervertretung setzt hier zur künftigen Unterbindung solcher Regelverstöße das Institut des Globalantrags ein. Das ist aus den vorstehenden Erwägungen nicht angängig. Das einmal im voraus generell-abstrakt ausgeübte Mitbestimmungsrecht, das seinen Niederschlag in Form des Rahmendienstplanes im Pflegedienst gefunden hat, lebt nicht gleichsam wieder auf. Um die Dienststellenleitung zur Beachtung der getroffenen Vereinbarungen anzuhalten, stehen der Mitarbeitervertretung andere Möglichkeiten zur Verfügung.
3. Der in der Beschwerdeinstanz gestellte Antrag zu Ziffer 2 ist danach unbegründet, so dass die Beschwerde zurückzuweisen war.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.d.F. vom 6. November 2003, § 12 Abs. 5 ArbGG).