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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:06.07.2004
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/K7-04
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 21 Abs. 3, § 31 Abs. 2 Satz 1, AVR.EKD § 32 Abs. 4
Vorinstanzen:Kirchengericht der EKD - Erste Kammer für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten, Az.: I-2708/H35-03, Fundstelle: Die Mitarbeitervertretung 2005, S. 145
Schlagworte:Streitwert für außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist
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Leitsatz:

1. Kann die Dienststelle den Arbeitsvertrag eines Mitgliedes der Mitarbeitervertretung nicht nach § 21 Abs. 3 MVG.EKD ordentlich kündigen, weil kein wesentlicher Teil der Dienststelle von der Stilllegung betroffen ist, so kann sich nach § 21 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD außerordentlich mit sozialer Auslauffrist kündigen, wenn die Weiterbeschäftigung des Mitgliedes der Mitarbeitervertretung unmöglich ist und das Arbeitsverhältnis deswegen "inhaltsleer" ist oder bei Ablauf der sozialen Auslauffristen sein wird.
2. Entsprechendes gilt, wenn dem Arbeitnehmer nach § 32 Abs. 4 AVR.EKD ordentlich nur noch aus Gründen in seinem Verhalten oder von seiner Person gekündigt werden kann.

Tenor:

1. Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss des Kirchengerichts der Evangelischen Kirche in Deutschland - Erste Kammer für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten - vom 29. Januar 2004 - Az.: I-2708/H35-03 - wird zurückgewiesen.
2. Der Verfahrenswert wird auf 9.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung zu einer von der Antragstellerin beabsichtigten außerordentlichen Kündigung eines Mitglieds der Mitarbeitervertretung.
Beschwerdeführerin ist die Dienststelle.
Mitglied der Mitarbeitervertretung ist der 1950 geborene verheiratete Mitarbeiter D. Dieser nahm im Februar 1985 seine Tätigkeit als EDV-Sachbearbeiter auf, die er später - nach Verlegung der Dienststelle - im Datenverarbeitungs-Service-Center (künftig: DV-SC), einer Außenstelle der fortsetzte. Den Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildete die Mitgliederverwaltung im Fachbereich Mailing/Events. Sein monatliches Gehalt (Stand: Frühjahr 2003) betrug 4.517,27 Euro brutto. Als die Antragstellerin die DV-Software für die Mitgliederverwaltung an die Marketing- und Service GmbH (künftig: JoMa) verkaufte, vereinbarte sie die Übernahme von Herrn D, der im Juli 2002 entsprechend angeschrieben wurde. Das Angebot, im Wege der Abordnung mit dem Ziel der Versetzung für die JoMa tätig zu werden, lehnte er jedoch ab. Unter Berücksichtigung seiner Zugehörigkeit beträgt die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist sechs Monate zum Quartalsende.
Zur Auflösung des DV-SC zum 7. Oktober 2002 ist unstreitig, dass - abgesehen vom Verkauf der DV-Software für die Mitgliederverwaltung an die JoMa - die bis dahin vom DV-SC erledigten Aufgaben entweder auf Fremdfirmen oder auf einen Regionalverband sowie auf einem IT-Arbeitskreis übertragen worden sind.
Unter Hinweis auf eine Entscheidung des erkennenden Gerichts (Beschluss v. 28. Januar 1999 - 0124/ C13-98, ZMV 1999 S. 137) hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 6. August 2003 bei der Mitarbeitervertretung die Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist beantragt. Diese lehnte sie mit Schreiben vom 29. Oktober 2003 ab. Daraufhin hat die Dienststelle die Schlichtungsstelle angerufen, und zwar im wesentlichen mit der Begründung, mit Schließung des DV-SC sei der Arbeitsplatz des Mitarbeiters entfallen. Seine Weiterbeschäftigung auf einer seiner Qualifikation entsprechenden Stelle sei nicht möglich. Das Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses liefe auf bloße Fortzahlung der monatlichen Vergütung hinaus. Das hieße, dass sie ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis fortsetzen müsste, was ihr nicht zuzumuten sei.
Bereits in einem vorausgegangenen mitarbeitervertretungsrechtlichen Beschlussverfahren hat die Antragstellerin die Ersetzung der durch die Mitarbeitervertretung verweigerten Zustimmung angestrebt. Jenem Verfahren hat eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung nach § 21 Abs. 3 MVG.EKD zugrunde gelegen. Die Schlichtungsstelle (ab 1. Januar 2004: Kirchengericht) wies mit Beschluss vom 27. Mai 2003 (Az.: II-2708/G36-02) den Antrag jedoch mit der Begründung zurück, durch Auflösung des DV-SC sei die Dienststelle weder ganz noch zu einem wesentlichen Teil aufgelöst worden. Die hiergegen von der Dienststelle eingelegte Beschwerde ist vom erkennenden Senat durch Beschluss vom 6. Juli 2004 (Az.: I-0124/H25-03) als unbegründet zurückgewiesen worden.
Im vorliegenden Verfahren ist die Antragstellerin der Auffassung, dass es i.S. der Rechtsprechung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist unzumutbar sei, das Arbeitsverhältnis mit dem 1950 geborenen Herrn D jahrelang ohne Gegenleistung fortzusetzen. Weil es bei ihr für Herrn D keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr gebe, würde sie gezwungen werden, an einem sinnentleerten Arbeitsverhältnis festzuhalten. Weil das DV-SC - entgegen der von ihr vertretenen Auffassung - keinen wesentlichen Teil der Dienststelle darstelle, bleibe allein der Weg über die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist.
Die Bundesgeschäftsstelle hat beantragt,
die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung des MAV-Mitglieds mit sozialer Auslauffrist von sechs Monaten zum Quartalsende zu ersetzen.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat dazu in erster Linie die Auffassung vertreten, der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung von Herrn D stehe auf jeden Fall dessen Unkündbarkeit nach § 32 Abs. 4 AVR entgegen.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Kirchengericht der Evangelischen Kirche in Deutschland - Erste Kammer für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten - hat mit Beschluss vom 29. Januar 2004 dem Antrag stattgegeben. Es hat die Zustimmungsersetzung im wesentlichen wie folgt begründet: Für eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist bedürfe es eines Sachverhalts, der sich konkret nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirke. Das sei in erster Linie bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Dienstnehmers anzunehmen, ausnahmsweise aber auch im Falle tariflicher oder einzelvertraglicher Unkündbarkeit eines Arbeitsverhältnisses, wenn die Dienste nicht in Anspruch genommen werden könnten und der Dienstgeber jahrelang zur Entgeltzahlung verpflichtet wäre. Allerdings bedürfe es einer Auslauffrist, die der Kündigungsfrist im Fall zulässiger ordentlicher Kündigung zu entsprechen habe. Diese Grundsätze seien auch bei Unkündbarkeit eines Mitglieds der Mitarbeitervertretung anwendbar.
Durch Auflösung des DV-SC sei der Arbeitsplatz weggefallen. Die Bemühungen der Dienststelle, Herrn D eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen, seien erfolglos geblieben, wohingegen Herr D seine Weiterbeschäftigung bei der JoMa abgelehnt habe. Könne die Dienststelle aber die Dienste des MAV-Mitglieds nicht mehr in Anspruch nehmen, sei wegen Fehlens jeglicher Weiterbeschäftigungsmöglichkeit vom Vorliegen eines sinnentleerten Arbeitsverhältnisses auszugehen.
Das Gericht Erster Instanz hat ferner ausgeführt, dass die in § 32 Abs. 4 AVR statuierte Unkündbarkeit kein anderes Ergebnis rechtfertige. Diese durch Bezugnahme im Arbeitsvertrag anwendbare Richtlinie sei entsprechend den vom Bundesarbeitsgericht zu § 55 Abs. 2 Unterabsatz 2 BAT aufgestellten Grundsätzen auszulegen. Auf die diesbezüglichen Darlegungen des erstinstanzlichen Gerichts wird verwiesen.
Zur Unzumutbarkeit hat das Kirchengericht ausgeführt, die Zumutbarkeitsgrenze wäre im vorliegenden Fall überschritten, wenn die Dienststelle an dem Arbeitsverhältnis mit dem heute 53-jährigen Herrn D festhalten müsste, obwohl für ihn keine adäquate Beschäftigungsmöglichkeit mehr bestehe. Es handele sich vorliegend um einen Ausnahmefall, so dass die Zustimmung zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist antragsgemäß habe ersetzt werden müssen.
Gegen diesen am 5. April 2004 zugestellten Beschluss hat die Mitarbeitervertretung mit Schriftsatz vom 29. April 2004, eingegangen am 30. April 2004, Beschwerde eingelegt, die sie mit einem am 1. Juni 2004 eingegangenen Schriftsatz vom 27. Mai 2004 begründet hat. Wegen der Begründung bezieht sie sich auf ihr Vorbringen erster Instanz, das sie wie folgt ergänzt und vertieft:
Das Kirchengericht habe den besonderen Kündigungsschutz des Mitarbeiters verkannt. Eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist sei wegen § 32 Abs. 4 AVR nicht statthaft. Sie widerspreche dem eindeutigen Wortlaut der Richtlinie. Danach könne einem an sich unkündbaren Mitarbeiter nämlich nur noch aus in seiner Person oder in seinem Verhalten liegenden Gründen gekündigt werden. Eine betriebsbedingte Kündigung aus wichtigem Grund sei mithin bei sog. unkündbaren Arbeitsverhältnissen ausdrücklich ausgeschlossen. Der Schutz vor Kündigungen, die wie hier durch Bezugnahme auf die AVR individualrechtlich ausgeschlossen seien, sei aber stärker als der in einer Tarifnorm statuierte Kündigungsausschluss. Die Analogie zu der zu § 55 Abs. 2 BAT ergangenen Rechtsprechung sei daher nicht angängig. Zudem könne von einem sinnentleerten Arbeitsverhältnis nicht die Rede sein. Die vormals durch Herrn D erledigten Aufgaben seien nicht gänzlich fortgefallen. Es bestehe im Gegenteil weiterhin das Bedürfnis für die Tätigkeit eines EDV-Programmierers und eines EDV-Technikers, so dass er unabhängig vom Vorhandensein einer freien Stelle beschäftigt werden könnte.
Im übrigen habe konkret die Möglichkeit bestanden, Herrn D weiterzubeschäftigen. Das habe man erst jetzt durch entsprechende Mitteilung aus dem hausinternen Mitteilungsblatt erfahren. Statt diese Stelle mit einem externen Bewerber wiederzubesetzen, hätte sie Herrn D angeboten werden müssen. Zudem seien noch nicht alle zumutbaren Mittel ausgeschöpft gewesen, um Herrn D anderweitig weiterbeschäftigen zu können, beispielsweise nach einer Umorganisation oder nach Freikündigen eines Arbeitsplatzes.
Zur Frage der anderweitigen Beschäftigung hat sich die Mitarbeitervertretung im Termin zur mündlichen Verhandlung auf zwei im hausinternen Mitteilungsblättern veröffentlichte Stellenangebote sowie auf ein an gleicher Stelle veröffentlichtes Stellengesuch bezogen. Wegen des Inhalts dieser Anzeigen wird auf die zur Akte gereichten Ablichtungen verwiesen.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
den Beschluss des Kirchengerichts vom 29. Januar 2004 - Az.: I-2708/H 35-03 - abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.
Die Bundesgeschäftstelle beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihren bisherigen Sachvortrag und trägt ergänzend vor: Die Zustimmung sei zu Recht vom Kirchengericht ersetzt worden. Durch den Wegfall des Arbeitsplatzes von Herrn D und durch die Übertragung seiner Aufgaben auf die JoMa gebe es für Herrn D keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr. Den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die JoMa aber habe Herr D abgelehnt. Zugriffsmöglichkeiten auf andere Teilorganisationen habe sie in personeller Hinsicht nicht. Weil das Arbeitsverhältnis auf Jahre hinaus nur in einer Vergütungszahlung bestehen würde, würde es als sinnentleertes Arbeitsverhältnis fortbestehen. Nicht unberücksichtigt bleiben könne, dass Herr D durch den verweigerten Wechsel zur JoMa mitursächlich für die jetzige Situation geworden sei. Abgesehen davon, dass nach neuester Rechtsprechung ein Freikündigen nicht verlangt werden könne, sei weder von der Beschwerdeführerin noch von Herrn D dargelegt worden, wie man sich denn eine qualifikationsgerechte Beschäftigung vorzustellen habe.
II. Die Beschwerde ist statthaft und zulässig; der Senat hat sie durch Beschluss vom 9. Juni 2004 zur Entscheidung angenommen.
Die Entscheidung über die Statthaftigkeit und Zulässigkeit der Beschwerde hat sich nach den Bestimmungen des MVG.EKD in der Fassung zu richten, die zur Zeit der Einlegung und Begründung der Beschwerde gegolten hat. Die Neufassung der Bestimmungen über die Beschwerde im MVG.EKD nach Art. 5 Nr. 31 des Kirchengesetzes über die Errichtung, die Organisation und das Verfahren der Kirchengerichte der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 6. November 2003 (ABl.EKD S. 408), das am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist (Art. 8 § 2 Abs. 1), ist anzuwenden. Die vorliegende Beschwerde ist nach Inkrafttreten der in Rede stehenden Änderung des MVG.EKD eingelegt und begründet worden.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung war zu ersetzen. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit Herrn D ist der Antragstellerin nicht mehr zuzumuten.
1. Die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung war zu erteilen. Einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung steht der Sonderkündigungsschutz nach § 21 Abs. 2 MVG.EKD nicht entgegen.
Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD darf einem Mitglied der Mitarbeitervertretung nur gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die den Dienstgeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigen. Die außerordentliche Kündigung bedarf nach Satz 2 dieser Vorschrift der Zustimmung der Mitarbeitervertretung. Hinsichtlich der Anforderungen einer solchen außerordentlichen Kündigung gelten die zu § 626 Abs. 1 BGB zum Vorliegen eines wichtigen Grundes entwickelten Grundsätze. Das lässt sich dem Wortlaut entnehmen (vgl. auch Krah in Fey/Rehren, MVG.EKD, Stand: Januar 2004, Rz. 11 zu § 21). Danach müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Nach dem Wortlaut der Norm ist eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn auch der wichtige Grund, der eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen vermag, in aller Regel sich aus dem Verhalten des Dienstnehmers, beispielsweise aus einer schwerwiegenden Pflichtverletzung oder Verfehlung, ergeben mag.
2. Eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung ist auch durch § 32 Abs. 4 AVR nicht schlechthin ausgeschlossen. Die Anwendbarkeit der Arbeitsvertragsrichtlinien ergibt sich aus § 2 des mit Herrn D am 30. Januar 1985 geschlossenen Dienstvertrags.
a) Nach dem Wortlaut des § 32 Abs. 4 AVR ist der wegen seiner Beschäftigungsdauer und seines Lebensalters geschützte Mitarbeiter außerordentlich nur noch aus verhaltens- oder personenbedingten Gründen kündbar. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung ist jedoch für beide Vertragsteile unabdingbar. Es kann weder einzelvertraglich noch durch kollektivrechtliche Vereinbarung von vornherein ausgeschlossen werden. Unzumutbares kann von Rechts wegen keiner Partei zugemutet werden (vgl. KR-Fischermeier, 7. Aufl. 2004 Rdnr. 57 zu § 626, m. zahlr. Nachw.). Folgerichtig hat das Bundesarbeitsgericht im Fall eines nach § 55 BAT tariflich unkündbaren Angestellten des öffentlichen Dienstes entschieden, dass in Extremfällen nach § 626 BGB unter Gewährung einer notwendigen Auslauffrist außerordentlich betriebsbedingt gekündigt werden kann (BAG 27. Juni 2002 - 2 AZR 367/01 - AP § 55 BAT, 4).
b) Der Einwand der Mitarbeitervertretung, die AVR hätten wegen ihrer Geltung auf einzelvertraglicher Grundlage einen höheren Rang als Tarifnormen, so dass die Rechtsprechung zu § 55 Abs. 2 BAT nicht zur Auslegung der AVR herangezogen werden dürfe, ist unbegründet. Abgesehen davon, dass auch die Anwendbarkeit des BAT auf das einzelne Arbeitsverhältnis oftmals nicht auf beiderseitiger Tarifgebundenheit, sondern - wie im vorliegenden Fall die Anwendbarkeit der AVR - auf einer Bezugnahme im Arbeitsvertrag beruht, gilt - wie dargelegt - der Grundsatz, dass das Recht zur außerordentlichen Kündigung weder einzelvertraglich noch tariflich von vornherein ausgeschlossen werden darf. Die vom Bundesarbeitsarbeitsgericht (BAG vom 27. Juni 2002, aaO) zugelassene Ausnahme gründet letztlich auf Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. auch BAG 5. Februar 1998 - 2 AZR 227/97 - NZA 1998, 771), so dass es bei der Auslegung der Norm, aus der sich die grundsätzliche Unkündbarkeit ergibt, nicht auf eine etwaige Rangordnung der auszulegenden Normen ankommen kann.
c) Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf dieses Urteil des Bundesarbeitsgerichts (vom 5. Februar 1998, aaO) hat das erkennende Gericht bereits am 28. Januar 1999 (Az.: 0124/C13-98 - ZMV 1999, 137) entschieden, dass die Rechtsfolge der Zulässigkeit der außerordentlichen Kündigung wegen Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung auch für den Fall des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung aufgrund einer besonderen gesetzlichen Regelung wie der des § 21 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD gelten müsse. Hierauf wird auch in der angefochtenen Entscheidung des Kirchengerichts zutreffend verwiesen.
3. Die danach auch im vorliegenden Fall nicht grundsätzlich ausgeschlossene außerordentliche betriebsbedingte Kündigung erfordert aber zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs, dem Mitarbeiter eine der fiktiven Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist einzuräumen, weil einem vergleichbaren Arbeitnehmer ohne gesteigerten Kündigungsschutz bei gleicher Sachlage nur fristgerecht gekündigt werden könnte (vgl. BAG 11. März 1999 - 2 AZR 427/98 - Der Betrieb 1999, 1612). Diese Voraussetzung ist vorliegend dadurch erfüllt, dass die außerordentliche Kündigung mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende des Quartals ausgesprochen werden soll. Die Zustimmung ist vom Kirchengereicht ausdrücklich mit dieser Maßgabe ersetzt worden.
4. Die Dienststelle kann Herrn D nicht mehr qualitätsgerecht beschäftigen. Das hat das Kirchengericht mit zutreffender Begründung angenommen. Die Antragstellerin würde demgemäss verpflichtet sein, dem heute 53 Jahre alten Herrn D auf Jahre hinaus ohne entsprechende Gegenleistung das monatliche Gehalt weiterzuzahlen. Das ist ihr nicht zuzumuten.
a) Herr D hat als DV-Systemtechniker in der Außenstelle unstreitig eine hochspezialisierte Tätigkeit ausgeübt. Eingruppiert war er nach Vergr. IVa AVR. Nach Bewährungsaufstieg in die Vergr. III erhielt er seit dem 1. Juli 2001 die höhere Vergütung. Die von ihm hauptsächlich und schwerpunktmäßig ausgeführten Aufgaben sind im Rahmen der Rationalisierung im Zeitraum von Juli bis September 2002 auf die JoMa übertragen worden. Mit der Auflösung des DV-SC zum 7. Oktober 2002 war der Arbeitsplatz entfallen. Bereits mit Schreiben vom 26. September 2002 hat die Dienststellenleitung ihn von der Arbeitsleistung ab 7. Oktober 2002 freigestellt.
b) Es ist nicht erkennbar und auch von der Mitarbeitervertretung nicht hinreichend dargelegt worden, wie denn eine adäquate Beschäftigung des Herrn D bei der Dienststelle noch erfolgen könnte. Dass es weiterhin ein Bedürfnis für die Tätigkeit eines Programmierers und eines EDV-Technikers geben soll, wie die Beschwerdeführerin behauptet, ändert nichts daran, dass ein solcher Programmierer/Techniker ersichtlich nicht bei der Dienststelle beschäftigt wird und dass es also auch keine entsprechende Stelle gibt. Diese Aufgaben werden, sollten sie anfallen, nicht von der Dienststelle selbst, sondern extern erledigt. Einem Übergang seines Dienstverhältnisses auf die JoMa hatte Herr D seinerzeit ausdrücklich widersprochen. Herr D wollte einen "angemessenen und zumutbaren Einzelarbeitsarbeitsplatz in erreichbarer Nähe seines Wohnorts" befindet. Der Hinweis der Mitarbeitervertretung, Herr D habe seinerzeit widersprochen, weil der Betriebsübergang zu einer Verschlechterung der Arbeitbedingungen nach Jahresfrist geführt hätte, ist nicht überzeugungskräftig. Zwar war er von der Dienststellenleitung insoweit mit Schreiben vom 12. Juli 2002 tatsächlich nicht richtig informiert worden. Der von Herrn D seinerzeit für die Einlegung des Widerspruchs eingeschaltete Rechtsanwalt konnte das mit einem Blick auf § 613a BGB ohne weiteres erkennen. Im Widerspruchsschreiben vom 26. Juli 2002 findet sich als Widerspruchsgrund denn auch keinerlei Hinweis auf eine finanzielle Verschlechterung im Falle des Wechsels zur JoMa.
c) Die Dienststellenleitung hat sich vergeblich bemüht, Herrn D anderweitig unterzubringen, sei es extern z.B. bei kirchlichen Diakonischen Werken, sei es bei rechtlich unselbständigen Untergliederungen. Wenn die Mitarbeitervertretung einwendet, die Dienststelle habe in personalrechtlicher Hinsicht Zugriff auf andere Teilorganisationen, führt dieser Einwand in der Sache nicht weiter, weil die Organisation und der konkrete Arbeitsplatz zunächst einmal näher bezeichnet werden müssten, auf deren Besetzung durch Herrn D sie nach dem Verständnis der Mitarbeitervertretung hätte Einfluss nehmen müssen, ganz abgesehen davon, dass nicht erkennbar ist, in welchem Verfahren die an sich nicht zuständige Dienststelle die jeweilige örtlich zuständige Mitarbeitervertretung zu einer Zustimmung veranlassen könnte bzw. die Zustimmungsersetzung sollte betreiben können.
d) Es ergibt sich danach, dass die Dienststelle gezwungen wäre, das Dienstverhältnis mit Herrn D bis zum Eintritt seines Rentenalters im Jahre 2015 bei Zahlung der Vergütung ohne Gegenleistung, d.h. als sinnentleertes Arbeitsverhältnis, fortzusetzen. Das ist ihr auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Herrn D nicht zuzumuten.
5. Das neue Vorbringen der Mitarbeitervertretung in der Beschwerdeinstanz führt zu keiner anderen Entscheidung.
a) Soweit sich die Beschwerdeführerin auf das Stellengesuch aus dem hausinternen Mitteilungsblatt vom 9. Juni 2004 bezogen hat, ist festzustellen, dass für eine Mitarbeiterin der Dienststelle eine neue Tätigkeit im Raum Stuttgart und Heilbronn gesucht wird. Die Erörterungen im Beschwerdetermin haben ergeben, dass die Stelle, würde sie frei werden, wahrscheinlich gar nicht wiederbesetzt würde, weil die bisher von der Mitarbeiterin wahrgenommenen Aufgaben anderweitig verteilt würden.
b) Unwidersprochen geblieben ist auch die Auskunft der Dienststellenleitung, die ausgeschriebene Stelle (Ausgabe vom 12. Mai 2004) sei nach Vergr. III AVR (mit Bewährungsaufstieg nach Vergr. II AVR) vergütet. Herr D ist aber zuletzt nur in einer Tätigkeit nach Vergr. IVa AVR tätig gewesen, wenn er auch wegen des Bewährungsaufstiegs eine Vergütung nach Vergr. III AVR erhalten hat. Ganz abgesehen hiervon, bedarf es nach dem Anforderungsprofil guter englischer und französischer Sprachkenntnisse, worüber Herr D nur teilweise verfügt. Zudem fehlt es Herrn D, der im Groß- und Außenhandel ausgebildet worden ist, an der Ausbildung zum Bilanzbuchhalter bzw. an entsprechenden beruflichen Fachkenntnissen und Erfahrungen.
c) Die bei einem Landesverband zu besetzende Stelle ist in dem hier interessierenden Zusammenhang ohne jede Bedeutung. Gesucht wird nämlich laut Ausgabe vom 23. Juni 2004 für die Mitgliederverwaltung eine Verwaltungskraft. Die Vergütung würde nach der unwidersprochen gebliebenen Auskunft der Dienststellenleitung nach Vergr. VII AVR erfolgen, ganz abgesehen davon, dass die Stelle nur befristet bis zum 31. Juli 2006 ausgeschrieben worden ist.
6. Insgesamt ergibt sich danach das Vorliegen eines wichtigen Grundes i.S. von § 626 Abs. 1 BGB, so dass die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung zu ersetzen und die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen war.
III. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst (§ 63 Abs. 1 MVG.EKD i.d.F. vom 6. November 2003, § 12 Abs. 5 ArbGG). Die Wertfestsetzung beruht auf § 23 Abs. 3 RVG i.V.m. § 22 Abs. 2 KiGG.EKD, wobei der Antrag unterstellt wurde.