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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:31.10.2005
Aktenzeichen:KGH.EKD II-0124/L24-05
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 23a Abs. 2, § 34 Abs. 2 und 3, § 63 Abs. 7, ArbGG § 87 Abs. 2 i.V.m. § 66 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 233 ZPO
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle der Ev. Kirche von Westfalen, Az.: 2 M 98/04, Fundstelle: Die Mitarbeitervertretung 3/06
Schlagworte:Aushändigung von Unterlagen an den Ausschuss für Wirtschaftsfragen
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Leitsatz:

Dem von einer Gesamtmitarbeitervertretung gem. § 6 Abs. 6 MVG.EKD i.V.m. § 23a MVG.EKD gebildeten Ausschuss für Wirtschaftsfragen sind von der Dienststellenleitung zu Händen seines Vorsitzenden mindestens einmal im Jahr rechtzeitig der von einem Wirtschaftsprüfer geprüfte und testierte Jahresabschluss, die Ergebnisrechnungen für alle Teileinrichtungen, der Wirtschaftsplan für alle Teileinrichtungen für das laufende Jahr und eine Aufstellung der vereinbarten Pflegesätze bzw. Leistungsentgelte für die einzelnen Teileinrichtungen auszuhändigen.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Gesamtmitarbeitervertretung wird der Beschluss der Schlichtungsstelle der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer vom 18. Februar 2005 - 2 M 98/04 - abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Dienststellenleitung verpflichtet ist, dem Ausschuss für Wirtschaftsfragen zu Händen seines Vorsitzenden mindestens einmal im Jahr rechtzeitig folgende Unterlagen auszuhändigen:
Den von einem Wirtschaftsprüfer geprüften und testierten Jahresabschluss, die Ergebnisrechnungen für alle Teileinrichtungen, den Wirtschaftsplan für alle Teileinrichtungen für das laufende Jahr und eine Aufstellung der vereinbarten Pflegesätze bzw. Leistunsentgelte für die einzelnen Teileinrichtungen

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Dienststellenleitung verpflichtet ist, dem Ausschuss für Wirtschaftsfragen zu Händen seines Vorsitzenden mindestens einmal im Jahr rechtzeitig den von einem Wirtschaftsprüfer geprüften und testierten Jahresabschluss, die Ergebnisrechnungen für alle Teileinrichtungen, den Wirtschaftsplan für alle Teileinrichtungen für das laufende Jahr und eine Aufstellung der vereinbarten Pflegesätze bzw. Leistungsentgelte für die einzelnen Teileinrichtungen auszuhändigen.
Die Dienststelle A unterhält über das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verteilt Jugendhilfeeinrichtungen und beschäftigt etwa 750 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Die einzelnen Jugendhilfeeinrichtungen sind verselbstständigte Dienststellenteile i.S.d. § 3 Abs. 2 S. 1 MVG.EKD, bei denen örtliche Mitarbeitervertretungen bestehen. Die Antragstellerin ist die Gesamtmitarbeitervertretung.
Im Jahre 2004 beschloss die Gesamtmitarbeitervertretung die Bildung eines Ausschusses für Wirtschaftsfragen. Mit Schreiben vom 13. Januar 2004 bat der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaftsfragen, dem Ausschuss die Unterlagen, die er für die Beratung über die wirtschaftliche Lage der Dienststelle benötige, rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 28. Januar 2004 verwies die Dienststellenleitung darauf, dass aus den zur Verfügung gestellten Jahresabschlüssen die wesentlichen Zahlen für die wirtschaftliche Lage für das jeweilige abgelaufene Geschäftsjahr entnommen werden könnten, und gab weitere Informationen zu den Punkten, über die gemäß § 34 Abs. 2 S. 2 MVG.EKD zu informieren ist. Weitere Unterlagen zur Verfügung zu stellen, lehnte die Dienststellenleitung ab.
Am 28. April 2004 fand zwischen der Dienststellenleitung und dem Ausschuss für Wirtschaftsfragen ein Gespräch über die wirtschaftliche Lage der Dienststelle statt, das nach Auffassung des Ausschusses für Wirtschaftsfragen auch deshalb unbefriedigend verlief, weil es die Dienststellenleitung abgelehnt hatte, die für die Vorbereitung und Beratung der wirtschaftlichen Lage der Dienststelle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Mit am 22. Juli 2004 bei der Schlichtungsstelle eingegangen Schriftsatz vom 6. Juli 2004 rief die Gesamtmitarbeitervertretung die Schlichtungsstelle an. Die Dienststellenleitung habe jegliche schriftliche Auskunft über die wirtschaftliche Lage der Teileinrichtungen verweigert. Insoweit habe der Ausschuss für Wirtschaftsfragen insbesondere im Hinblick auf die Beschäftigungssicherung erheblichen Aufklärungsbedarf. So gebe es wirtschaftliche Schwierigkeiten in zwei Teileinrichtungen, eine andere Teileinrichtung sei von der Schließung bedroht, eine Teileinrichtung sei unterbelegt, in einer weiteren Teileinrichtung bestehe die Gefahr, dass die von der Agentur für Arbeit finanzierten Maßnahmen wegbrächen, schließlich werde eine Teileinrichtung im Laufe des Jahres 2004 geschlossen. Für die Mitarbeitervertretung sei es, wolle sie ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen und beispielsweise eigene Vorschläge unterbreiten, erforderlich, die wirtschaftliche Situation in den einzelnen Teileinrichtungen genau einschätzen zu können. Die Gesamtmitarbeitervertretung oder sein Ausschuss für Wirtschaftsfragen sei nicht nur über die Lage der Gesamteinrichtung, sondern auch für die Lage der Teileinrichtungen zu unterrichten.
Die Gesamtmitarbeitervertretung hat beantragt,
festzustellen, dass die Dienststellenleitung verpflichtet ist, dem Ausschuss für Wirtschaftsfragen zu Händen seines Vorsitzenden mindestens einmal im Jahr rechtzeitig folgende Unterlagen auszuhändigen:
-den von einem Wirtschaftsprüfer geprüften und testierten Jahresabschluss,
-die Ergebnisrechnungen für alle Teileinrichtungen,
-den Wirtschaftsplan für alle Teileinrichtungen für das laufende Jahr,
-eine Aufstellung der vereinbarten Pflegesätze bzw. Leistungsentgelte für die einzelnen Teileinrichtungen.
Die Dienststellenleitung hat beantragt, "den Schlichtungsantrag zurückzuweisen". Sie hat die Auffassung vertreten, der Ausschuss sei in dem Gespräch vom 28. April 2004 von der Dienststellenleitung umfassend und detailliert über die wirtschaftliche Lage der Dienststelle in einer Weise informiert worden, die weit über die Vorgaben des MVG.EKD hinausgehe. § 23a Abs. 2 MVG.EKD nehme nicht auf § 34 Abs. 3 MVG.EKD Bezug, wonach der Mitarbeitervertretung die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Unterlagen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen seien. § 23a Abs. 2 MVG.EKD regele also weder selbst noch durch Inbezugnahme einer anderen Vorschrift eine Verpflichtung der Dienststellenleitung hinsichtlich der Zurverfügungstellung von Unterlagen. Ein Anspruch auf Zurverfügungstellung des Prüfungsberichts des Wirtschaftsprüfers bestehe nicht. Jedenfalls seien Unterlagen nur zur Verfügung zu stellen und nicht auszuhändigen.
Es könne nicht mit Erfolg verlangt werden, dass dem Ausschuss für Wirtschaftsfragen die Ergebnisrechnungen für alle Teileinrichtungen, der Wirtschaftsplan für alle Teileinrichtungen und eine Aufstellung der vereinbarten Pflegesätze bzw. Leistungsentgelte für die einzelnen Teileinrichtungen ausgehändigt werde. Der Informationsanspruch beziehe sich nur auf die Dienststelle als ganze, nicht auf Dienststellenteile, auch wenn sie unter den in § 3 Abs. 2 MVG.EKD genannten Voraussetzungen als Dienststellen gölten.
Es gehe um Informationen zur gemeinsamen Beratung über die wirtschaftliche Lage der Dienstelle. Der Ausschuss für Wirtschaftsfragen werde für eine Dienststelle gebildet und nicht für einen oder mehrere "Betriebe".
Die Schlichtungsstelle hat mit dem der Gesamtmitarbeitervertretung am 2. März 2005 zugestellten Beschluss vom 18. Februar 2005 den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Bereits aus dem Wortlaut des § 23a Abs. 2 S. 3 Halbs. 1 MVG.EKD ergebe sich, dass die Dienststellenleitung den Ausschuss für Wirtschaftsfragen nur zu unterrichten habe. Auch in § 34 Abs. 2 MVG.EKD, auf den § 23a Abs. 2 S. 3 Halbs. 1 MVG.EKD verweise, sei nur von unterrichten und informieren die Rede.
Auch eine systematische Auslegung ergebe, dass die Dienststellenleitung nicht verpflichtet sei, dem Ausschuss für Wirtschaftsfragen über die Information hinaus Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Die Pflicht zur Beratung habe keinen Einfluss auf die Art der Unterrichtung.
Auch die teleologische Auslegung des § 23a Abs. 2 S. 3 Halbs. 1 MVG.EKD führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Beratung auf der Grundlage der Informationen nach § 34 Abs. 2 MVG.EKD habe der Kirchengesetzgeber zunächst für ausreichend gehalten. Erst sobald konkrete Maßnahmen beabsichtigt seien, die beteiligungspflichtige Aufgaben der Mitarbeitervertretung beträfen, seien dieser gem. § 34 Abs. 3 S. 1 MVG.EKD die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Unterlagen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen.
Wenn die Dienststellenleitung auch dem Ausschuss für Wirtschaftsfragen gegenüber zur Vorlage von Unterlagen habe verpflichtet werden sollen, habe dies in § 23a Abs. 2 MVG.EKD bestimmt werden müssen.
Im Übrigen wird auf die Begründung des Beschlusses Bezug genommen.
Gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle hat die Mitarbeitervertretung rechtzeitig am Montag, dem 4. April 2005 Beschwerde eingelegt und am 6. Mai 2005 verspätet begründet, mit der sie unter Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist am 6. Juni 2005, nachdem am 23. Mai 2005 mit "Abvermerk"vom 24. Mai 2005 ein entsprechender richterlicher Hinweis ergangen war, ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt und zusätzlich hilfsweise beantragt,
festzustellen, dass die Dienststellenleitung verpflichtet ist, dem Ausschuss für Wirtschaftsfragen den Wirtschaftsplan für alle Teileinrichtungen für das laufende Jahr und eine Aufstellung der vereinbarten Pflegesätze bzw. Leistungsentgelte für die einzelnen Teileinrichtungen darzulegen und zu erläutern.
Zur Begründung trägt sie vor, der Ausschuss für Wirtschaftsfragen sei ein Ausschuss der Mitarbeitervertretung. Der Ausschuss für Wirtschaftsfragen könne die Rechte beanspruchen, die auch der (Gesamt-) Mitarbeitervertretung zustünden. Der Ausschuss für Wirtschaftsfragen habe die Aufgabe, die Mitarbeitervertretung über die wirtschaftliche Lage der Einrichtung zu unterrichten. Wolle der Ausschuss für Wirtschaftsfragen dieser Aufgabe nachkommen, so müsse er in der Lage sein, die ihm zur Verfügung gestellten Informationen - nach Bewertung - gegenüber der Mitarbeitervertretung zu referieren. Dies sei aufgrund nur mündlich vorgetragener Zahlen nicht möglich. Angesichts der unterschiedlichen Finanzierungsbedingungen in den einzelnen Betriebsstätten genüge die Unterrichtung über konsolidierte Daten nicht, um der Mitarbeitervertretung einen Eindruck über die wirtschaftliche Lage der einzelnen Betriebsstätten zu geben.
Die Dienststellenleitung hat beantragt, die Beschwerde und den Hilfsantrag aus der Beschwerdebegründungsschrift vom 25. April 2005 zurückzuweisen. Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss nach näherer Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 11. Oktober 2005.
Der Kirchengerichtshof hat mit Beschluss vom 12. September 2005 die Beschwerde unter Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist zur Entscheidung angenommen (§ 63 Abs. 2, 3 MVG.EKD).
Die Akte des vorangegangenen Verfahrens der Schlichtungsstelle der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer - 2 M 98/04 - wurde zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
II. Die zur Entscheidung angenommene, statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde (§ 63 MVG.EKD i.V.m. § 1 EGMVG-Westfalen, §§ 87 ff ArbGG, KABl. der Ev. Kirche von Westfalen 2003, S. 404) ist begründet.
1. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist war gem. § 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 87 Abs. 2 i.V.m. § 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 233 ZPO zu gewähren. Denn der Verfahrensbevollmächtigte der Gesamtmitarbeitervertretung hat die Absendung der Beschwerdebegründungsschrift vom 25. April 2005 durch Einwurf in einen bestimmten Briefkasten noch am selben Tage glaubhaft gemacht. Unverschuldet ist bei Beförderung von Briefen eine Verzögerung durch die Post, wie sie hier vorliegt. Die Beteiligte oder ihre Bevollmächtigten konnten bei einem Einwurf des Briefes am 25. April 2005 in Bremen ohne weiteres damit rechnen, der Brief werde spätestens am 2. Mai 2005, also am Tage des Fristablaufs, beim Kirchengerichtshof der EKD in Hannover eingelangt sein. Unter diesen - normalen - Umständen musste der Verfahrensbevollmächtigte der Gesamtmitarbeitervertretung sich nicht beim Kirchengerichtshof nach dem rechtzeitigen Einlauf der Beschwerdebegründungsschrift erkundigen (vgl. BAG 5. Mai 1995 - 4 AZR 258/95A - AP Nr. 38 zu § 233 ZPO 1977).
2. Der Dienstgeber ist verpflichtet, dem von der Gesamtmitarbeitervertretung gem. § 6 Abs. 6 MVG.EKD i.V.m. § 23a Abs. 2 MVG.EKD gebildeten Ausschuss für Wirtschaftsfragen zu Händen seines Vorsitzenden mindestens einmal im Jahr rechtzeitig den von einem Wirtschaftsprüfer geprüften und testierten Jahresabschluss, die Ergebnisrechnungen für alle Teileinrichtungen, den Wirtschaftsplan für alle Teileinrichtungen für das laufende Jahr und eine Aufstellung der vereinbarten Pflegesätze bzw. Leistunsentgelte für die einzelnen Teileinrichtungen auszuhändigen.
a) Nach § 23a Abs. 2 S. 3 1. Halbs. MVG.EKD ist die Dienststellenleitung verpflichtet, auf der Grundlage der Informationen nach § 34 Abs. 2 MVG.EKD mindestens einmal im Jahr mit dem Ausschuss für Wirtschaftsfragen die wirtschaftliche Lage der Dienststelle zu beraten. Nach § 34 Abs. 2 MVG.EKD hat die Dienststellenleitung die Mitarbeitervertretung einmal im Jahr über die Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und zukünftigen Personalbedarf, zu unterrichten. In rechtlich selbstständigen Einrichtungen der Diakonie mit je mehr als 150 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen besteht darüber hinaus einmal im Jahr eine Informationspflicht über die wirtschaftliche Lage der Dienststelle, die geplanten Investitionen, die Rationalisierungsvorhaben, die Einschränkung oder Stillegung von wesentlichen Teilen der Dienststelle, die wesentlichen Änderungen der Organisation oder des Zweckes der Dienststelle. Besteht eine Gesamtmitarbeitervertretung, ist diese zu informieren.
Daraus ergibt sich zunächst, dass der von der Gesamtmitarbeitervertretung gebildete Ausschuss für Wirtschaftsfragen wie die Gesamtmitarbeitervertretung zu unterrichten ist.
Von der Vorlage von Unterlagen oder von deren Überlassung ist keine Rede.
Daraus kann aber nicht geschlossen werden, der Ausschuss für Wirtschaftsfragen habe keinen Anspruch auf Aushändigung der im Antrag genannten Unterlagen.
Denn entgegen der Auffassung der Schlichtungsstelle ist die Aushändigung von Unterlagen an den Ausschuss für Wirtschaftsfragen im Gesetz angelegt. Andernfalls wäre die vom Kirchengesetz verlangte Beratung der wirtschaftlichen Lage der Dienststelle seitens der Dienststellenleitung mit dem Ausschuss für Wirtschaftsfragen sinnvoll nicht möglich.
aa) Auf einen Gegenschluss aus § 106 BetrVG kann nicht abgestellt werden. Denn der Wirtschaftsausschuss ist eine eigenständige Einrichtung, wie ihre in § 107 BetrVG geregelte Bestellung und Zusammensetzung zeigen, wenn auch Beteiligter im Beschlussverfahren auf Arbeitnehmerseite nicht der Wirtschaftsausschuss, sondern der Betriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat ist (BAG 11. Juli 2000 - 1 ABR 43/99 - AP Nr. 2 zu § 109 BetrVG 1972 zu B 1b der Gründe). Dem gegenüber ist der Ausschuss für Wirtschaftsfragen nach § 6 Abs. 6 MVG.EKD i.V.m. § 23a Abs. 2 MVG.EKD ein von der Gesamtmitarbeitervertretung beschlossenes Gremium, das, wie sich aus § 23a Abs. 1 MVG.EKD ergibt, aus Mitgliedern der Gesamtmitarbeitervertretung besteht.
bb) Da der von der Gesamtmitarbeitervertretung gebildete Ausschuss für Wirtschaftsfragen sich somit von der Gesamtmitarbeitervertretung ableitet, stehen ihm nicht weniger Rechte als der Gesamtmitarbeitervertretung zu. Und die Gesamtmitarbeitervertretung hat gem. § 6 Abs. 6 MVG.EKD i.V.m. § 34 Abs. 3 MVG.EKD Anspruch auf die rechtzeitige Zurverfügungstellung der zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Unterlagen. Das bezieht sich nicht nur auf § 34 Abs. 1 MVG.EKD, nämlich in Konsequenz der generellen Informationsrechte nach § 34 Abs. 1 S. 1 MVG.EKD, sondern auch auf § 34 Abs. 2 MVG.EKD, der besondere Informationspflichten der Dienststellenleitung regelt, die über § 6 Abs. 6 MVG.EKD der Gesamtmitarbeitervertretung gegenüber zu erfüllen sind. Diesen besonderen Informationspflichten der Dienststellenleitung entsprechen besondere Informationsrechte der Mitarbeitervertretung bzw. Gesamtmitarbeitervertretung. § 34 Abs. 3 MVG.EKD umfasst sowohl die allgemeinen Informationsrechte nach § 34 Abs. 1 MVG.EKD als auch die nach § 34 Abs. 2 MVG.EKD. Das ergibt sich daraus, dass Absatz 3 den Absätzen 1 und 2 nachgeordnet ist und sein Wortlaut die Zurverfügungstellung von Unterlagen nicht auf die allgemeinen Informationsrechte des § 34 Abs. 1 MVG.EKD beschränkt.
Wenn dann nach dem Kirchengesetz Aufgabe des Ausschusses für Wirtschaftsfragen ist, die Mitarbeitervertretung bzw. Gesamtmitarbeitervertretung über wirtschaftliche Fragen zu unterrichten, so kann er dieser Aufgabe sowie der weiteren im Kirchengesetz vorgesehenen Beratung mit der Dienststellenleitung über die wirtschaftliche Lage der Dienststelle nur gerecht werden, wenn "auf der Grundlage der Informationen nach § 34 Abs. 2 MVG.EKD" die "erforderlichen Unterlagen" zur Verfügung gestellt sind/werden. Es liegt auf der Hand, dass die vom Kirchengesetzgeber gewollte Ermöglichung der "Konzentration von Fachwissen über ökonomische Zusammenhänge" durch Bildung des Ausschusses für Wirtschaftsfragen durch die Mitarbeitervertretung oder die Gesamtmitarbeitervertretung (vgl. "Begründung zum Entwurf eines Dritten Kirchengesetzes zur Änderung des Mitarbeitervertretungsgesetzes" "zu Nr. 10") nur dann Sinn macht, wenn den Ausschussmitgliedern nicht nur mündlicher Vortrag gehalten wird, sondern ihm "erforderliche Unterlagen" zur Verfügung gestellt werden, damit er die Beratung mit der Dienststellenleitung sachkundig und ggf. nach Klärung von Zweifelsfragen durch Rückfragen bei der Dienststellenleitung oder nach Hinzuziehung eines Sachverständigen aus der Dienststelle durchzuführen in der Lage ist. Das gilt insbesondere auch für die Unterrichtung der Mitarbeitervertretung oder Gesamtmitarbeitervertretung: ein anschauliches verständliches Bild kann der Ausschuss für Wirtschaftsfragen nur aufgrund vorhandener "erforderlicher Unterlagen" zeichnen.
Dem entspricht es, dass nach der "Begründung zum Entwurf eines Dritten Kirchengesetzes zur Änderung des Mitarbeitervertretungsgesetzes" "zu Nr. 10" "als Mindestvoraussetzung ... vorgesehen ... ist ..., dass die Dienststellenleitung einmal im Jahr die grundsätzliche wirtschaftliche Situation mit dem Ausschuss [scil. für Wirtschaftsfragen] auf der Grundlage der nach § 34 MVG.EKD zur Verfügung zu stellenden Unterlagen und Informationen erläutert."
b) Die von der Gesamtmitarbeitervertretung für den Ausschuss für Wirtschaftsfragen verlangten Unterlagen sind "erforderliche" und dem Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaftsfragen zur Verfügung zu stellen.
aa) Der von einem Wirtschaftsprüfer geprüfte und testierte Jahresabschluss ist "erforderliche Unterlage". In ihm manifestiert sich die wirtschaftliche Lage der Dienststelle. Nur auf Basis dieser Unterlage ist eine Beratung des Ausschusses für Wirtschaftsfragen mit der Dienststellenleitung und die Unterrichtung der Mitarbeitervertretung oder Gesamtmitarbeitervertretung über wirtschaftliche Angelegenheiten überhaupt sinnvoll möglich. Die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaftsfragen können nicht darauf verwiesen werden, mündlich mitgeteilte oder mittels Vortragstechnik sichtbar gemachte Zahlen und Erläuterungen zu notieren, sich zu merken, schon wegen der damit einhergehenden Gefahr, Wichtiges nicht oder nicht richtig erfasst zu haben.
Hinzu kommt, dass im Allgemeinen eine Mitteilung des Inhalts von Urkunden eine wertende Beurteilung voraussetzt. Der Inhalt von Urkunden kann durchaus unterschiedlich bewertet werden. Der Ausschuss für Wirtschaftsfragen und die Dienststellenleitung sollen einen identischen Informationsstand haben. Ein Informationsstand, der durch Unterlagen vermittelt wird, die dem Ausschuss für Wirtschaftsfragen nicht zugänglich sind, reicht nicht aus.
bb) "Notwendige Unterlagen" in diesem Zusammenhang sind auch die Ergebnisrechnungen für alle Teileinrichtungen, der Wirtschaftsplan für alle Teileinrichtungen für das laufende Jahr und eine Aufstellung der vereinbarten Pflegesätze bzw. Leistungsentgelte für die einzelnen Teileinrichtungen.
Das ergibt sich aus der Hilfsfunktion des von der Gesamtmitarbeitervertretung gebildeten Ausschusses für Wirtschaftsfragen für die Gesamtmitarbeitervertretung. Denn die Gesamtmitarbeitervertretung ist gem. § 34 Abs. 2 S. 3 MVG.EKD zu informieren. § 23a Abs. 2 S. 3 MVG.EKD verweist auf § 34 Abs. 2 MVG.EKD. Wenn aber die Gesamtmitarbeitervertretung Adressat für die Informationen bezüglich der Dienststelle als ganzes ist, dann ist sie es auch hinsichtlich der Teileinrichtungen.
Zwar hat die einzelne Mitarbeitervertretung den Informationsanspruch hinsichtlich ihrer Dienststelle, Teileinrichtung. Die Gesamtmitarbeitervertretung und damit der von ihr gebildete Ausschuss für Wirtschaftsfragen können aber ihre Aufgaben nur dann sinnvoll wahrnehmen, wenn der von der Gesamtmitarbeitervertretung gebildete Ausschuss für Wirtschaftsfragen auch die Informationen hinsichtlich der Teileinrichtungen und die dazu erforderlichen Unterlagen hat. Nur dann kann der Ausschuss für Wirtschaftsfragen mit der notwendigen Kenntnis mit der Dienststellenleitung die wirtschaftliche Lage der Dienststellenleitung in ihrer Gesamtheit beraten und die Gesamtmitarbeitervertretung über wirtschaftliche Angelegenheiten unterrichten. Die Aufgaben des Ausschusses für Wirtschaftsfragen sind nur dann erfüllbar, wenn nicht nur die Ergebnisse der gesamten Dienststelle mitgeteilt und anhand erforderlicher Unterlagen belegt werden, sondern es ist auch erforderlich, nachvollziehen zu können, wie sie zusammen kommen, nämlich auf der Grundlage der Daten der einzelnen Teileinrichtungen, über die zu informieren ist und die mit "erforderlichen Unterlagen" zu belegen sind.
cc) Die Unterlagen sind dem Ausschuss für Wirtschaftsfragen zu Händen seines Vorsitzenden zur Verfügung zu stellen. Soweit Unterlagen "zur Verfügung zu stellen" sind, bedeutet dies, dass die Dienststellenleitung die betreffenden Urkunden - zumindest in Abschrift - aus der Hand geben muss (VerwG.EKD jetzt KGH.EKD, Beschluss vom 30. Mai 1996 - 0124/A1-96 zu § 34 Abs. 2 S. 1 MVG.EKD zur Zurverfügungstellung von erforderlichen Unterlagen an die Mitarbeitervertretung, ZMV 1996, 192).
Entsprechendes gilt für die Zurverfügungstellung von erforderlichen Unterlagen an den Ausschuss für Wirtschaftsfragen. Die erforderlichen Unterlagen müssen dem Ausschuss für Wirtschaftsfragen, d.h. seinen Mitgliedern, - über seinen Vorsitzenden - ohne Beisein des Dienstgebers bei seiner Beratung und Festlegung dessen, was aus der Sicht des Ausschusses für Wirtschaftsfragen Gegenstand der Beratung mit der Dienststellenleitung werden soll, zugänglich sein und von ihm ausgewertet werden können. Die zeitliche Vorgabe ergibt sich aus dem Wort "rechtzeitig". Informationen und Zurverfügungstellung der erforderlichen Unterlagen hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass die vom Kirchengesetzgeber vorgeschriebene Beratung der Dienststellenleitung mit dem Ausschuss für Wirtschaftsfragen über die Lage der Dienststelle auf gleichem, anhand von Unterlagen untermauerten, Kenntnisstand erfolgen und der Ausschuss für Wirtschaftsfragen die Gesamtmitarbeitervertretung sachgerecht über wirtschaftliche Fragen unterrichten kann.
3. Nachdem dem Hauptantrag zu entsprechen war, ist der Hilfsantrag nicht mehr angefallen, so dass es nicht darauf ankommt, ob er in der Beschwerdeinstanz zulässig hat angebracht werden können.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 12 Abs. 5 ArbGG).