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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 03.04.2006 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD I-0124/L47-05 |
Rechtsgrundlage: | MVG.K § 65 (i.d.F. seit dem 1. Mai 2005 geltenden Fassung), § 62 Abs. 5 , MVG.EKD § 63 Abs. 2 |
Vorinstanzen: | Schiedsstelle der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen und der Diakonischen Werke Braunschweig, Hannover und Oldenburg - Kammer Diakonisches Werk Oldenburg, Az.: Sl-10/05 |
Schlagworte: | Annahme der Beschwerde zur Entscheidung |
Leitsatz:
1. Über die Annahme der Beschwerde zur Entscheidung hat der Kirchengerichtshof nach § 63 Abs. 2 MVG.EKD auch dann zu entscheiden, wenn die Beschwerde nach § 65 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 MVG.K zugelassen worden ist.
2. § 63 Abs. 2 MVG.EKD kann mangels Rechtsgrundlage nicht durch gliedkirchliches Recht mit der Folge geändert werden, dass der Kirchengerichtshof an die Zulassung der Beschwerde durch die Vorinstanz gebunden wäre.
3. Lässt das gliedkirchliche Recht keine Beschwerde gegen eine erstinstanzliche Entscheidung zu (vgl. § 62 Abs. 5 Satz 1 MVG.K), so ist der Kirchengerichtshof hieran ebenso gebunden wie an materielles gliedkirchliches Mitabeitervertretungsrecht, denn dadurch wird der Rechtskreis der EKD nicht berührt.
Tenor:
Die Beschwerde gegen den Beschluss der Schiedsstelle der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen und der Diakonischen Werke Braunschweig, Hannover und Oldenburg, Kammer Diakonisches Werk Oldenburg, vom 9. Juni 2005 - Sl 10/05 wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der nach § 42 MVG.K angehörten Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung ihrer Zustimmung zur Eingruppierung zusteht. Die Schiedsstelle hat die Beschwerde auf Einspruch zugelassen.
II. Die Beschwerde war vom Kirchengerichtshof nicht nach § 63 Abs. 7 MVG.EKD zur Entscheidung anzunehmen, denn sie ist gem. § 62 Abs. 5 Satz 1 MVG.K nicht statthaft.
1. Über die Annahme der Beschwerde zur Entscheidung in der Sache war nach § 63 Abs. 2 MVG.EKD zu entscheiden. Eine solche Entscheidung ist nicht schon deshalb entbehrlich, weil die Beschwerde nach § 65 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 MVG.K zugelassen worden ist. Diese Entscheidung der Vorinstanz macht eine Entscheidung des Kirchengerichtshofs über die Annahme nicht entbehrlich. Anders wäre dies nur, wenn § 63 Abs. 2 MVG.EKD insoweit durch gliedkirchliches Recht mit der Folge geändert werden könnte und geändert worden wäre, dass der Kirchengerichtshof an die Zulassung der Beschwerde durch die Vorinstanz gebunden wäre. An einer Rechtsgrundlage für eine solche Änderung des Mitarbeitervertretungsgesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland durch gliedkirchliches Recht fehlt es.
Im Rahmen der Prüfung, ob die Beschwerde anzunehmen ist, ist aber zu berücksichtigen, ob das gliedkirchliche Recht eine Beschwerde gegen eine erstinstanzliche Entscheidung nicht zulässt, sondern anordnet, dass das erstinstanzliche Kirchengericht (Schiedsstelle) abschließend entscheidet (vgl. § 62 Abs. 5 Satz 1 MVG.K). An eine solche gliedkirchliche gesetzliche Bestimmung ist der Kirchengerichtshof des EKD ebenso gebunden wie an materielles gliedkirchliches Mitabeitervertretungsrecht, denn dadurch wird der Rechtskreis der EKD nicht berührt.
2. Nach § 62 Abs. 5 MVG.K hat die Schiedsstelle in den Fällen der §§ 42 und 43 MVG.K lediglich zu prüfen und "abschließend" festzustellen, ob für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Mitbestimmung nach § 45 Abs. 2 und 3 MVG.K vorlag. Diese Bestimmung ist auch von der Änderung der Regelungen des § 65 MVG.K über die Statthaftigkeit der Beschwerde an den Kirchengerichtshof durch das Kirchengesetz zur Änderung des Mitarbeitervertretungsgesetzes (MVG.K) vom 21. April 2005 (KABl. Hannover, S. 71) unberührt geblieben und vorliegend zu Grunde zu legen.
a) Durch das Kirchengesetz zur Änderung des MVG.K vom 21. April 2005 ist § 65 MVG.K -"Beschwerde" - mit Wirkung vom 1. Mai 2005 wie folgt geändert worden: § 65 Abs. 1 Unterabs. 1 MVG.K bestimmt, dass die Beschwerde in den dort abschließend aufgezählten sieben Fallgruppen "gegeben" ist. Die Fälle der §§ 42 und 43 MVG.K sind dort nicht erwähnt; dies entspricht der vorangegangenen Fassung des § 65 MVG.K. Nach dem neu geschaffenen Unterabsatz 2 des § 65 Abs. 1 MVG.K ist im übrigen eine Beschwerde gegeben, wenn die Schiedsstelle sie in dem Beschluss zugelassen hat (Satz 1), wobei die Schiedsstelle die Beschwerde zuzulassen hat, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Satz 2) und der Kirchengerichtshof an diese Zulassung gebunden sein soll (Satz 3). Die Regelung in § 62 Abs. 5 MVG.K blieb unverändert. Diese ab 1. Mai 2005 gültige Fassung der §§ 62 und 65 MVG.K ist vorliegend zu Grunde zu legen.
b) Im Verhältnis zu § 65 Abs. 1 MVG.K stellt die unverändert gebliebene Bestimmung des § 62 Abs. 5 Satz 1 MVG.K eine speziellere und deshalb vorrangige Regelung dar. § 62 Abs. 5 Satz 1 MVG.K erfasst nur die zwei Fallgruppen der Mitbestimmung in Personalangelegenheiten der privatrechtlich angestellten Mitarbeiter (§ 42 MVG.K) und der Mitarbeiter in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen (§ 43 MVG.K) und bestimmt insoweit, dass die Schiedsstelle abschließend entscheidet. Damit korrespondiert, dass die Fälle der §§ 42 und 43 MVG.K nicht im abschließenden Katalog der Fallgruppen enthalten ist, für die nach § 65 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MVG.K die "Beschwerde gegeben" ist. Nach § 65 Abs. 1 Unterabs. 2 MVG.K ist die Beschwerde "im übrigen" gegeben, wenn die Schiedsstelle sie wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat. "Im übrigen" i.S. des § 65 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 MVG.K umfasst alle Fälle, für die das MVG.K keine Regelung enthält. Insgesamt ordnet das MVG K die Möglichkeit der Beschwerde in drei Kategorien, nämlich in die Fallgruppen, in denen keine Beschwerde gegeben ist, die, in denen stets die Beschwerde gegeben ist und schließlich alle übrigen Fälle, in denen eine Beschwerde eingelegt werden kann, wenn die Schiedsstelle sie wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat. Angesichts des Zusammenhangs dieser Regelungen wäre es mit deren Sinn und Zweck unvereinbar, anzunehmen, dass die Regelung der Grundsatzbeschwerde für die "übrigen" Fallgruppen eine lex specialis, also eine besondere Regelung, gegenüber denen für speziell aufgeführte Fallgruppen sei.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 12 Abs. 5 ArbGG).