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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:25.02.2008
Aktenzeichen:KGH.EKD II-0124/N32-07
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 63 Abs. 2 , BGB § 613a , BAT-KF a.F. [in der bis einschl. § 12, 30.6.2007 geltenden Fassung], BAT § 12
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer - , 1 M 115/06, Fundstelle: Kirche und Recht 1/2008, S. 140
Schlagworte:Wechsel des Arbeitsortes nach § 12 BAT-KF a.F.
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Leitsatz:

1. § 613a Abs. 1 BGB führt zum Eintritt des Betriebserwerbers in alle Rechte und Pflichten des Betriebs-veräußerers; dazu gehören auch die durch den Arbeitsvertrag selbst oder durch arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifwerke oder durch kirchliche Arbeitsvertragsregelungen gestalteten Arbeitsbedingungen.
2. Ist der BAT-KF im Arbeitsvertrag in Bezug genommen, ist § 12 BAT-KF erfasst, es sei denn, diese Bestimmung wurde ausdrücklich ausgenommen.
3. Versetzung i.S.d. § 12 BAT-KF ist der Wechsel des Arbeitsortes. Soll dieser Wechsel nur zur Hälfte der Arbeitszeit erfolgen, liegt eine Teilversetzung vor.
4. Der Arbeitnehmer muss bei der Inbezugnahme des gesamten Regelwerks des BAT-KF mit einer Versetzungsklausel rechnen.
5. Eine nach § 12 BAT-KF mögliche (Teil-) Versetzung unterliegt der Ausübungskontrolle.

Tenor:

Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer - vom 15. März 2006 - 2 M 115/06 - wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Mitarbeitervertretung einen Grund hatte, die Zustimmung zur "Teilumsetzung" eines in Bielefeld wohnenden Mitarbeiters zu verweigern, der in Gütersloh als Sozialpädagoge in der Schuldnerberatung eingesetzt ist und wegen Abbaus einer halben Stelle in Gütersloh wegen gesunkener Zuschüsse zu 0,5-Stellenanteilen nach Beckum "umgesetzt" werden soll, wobei er an zwei Wochentagen in Gütersloh und an zwei Wochentagen in Beckum und freitags abwechselnd in Beckum und in Gütersloh Schuldner- und Insolvenzberatung durchführen soll.
Dem Antrag der Dienststellenleitung festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 Abs. 1 MVG zur Ablehnung der Teilumsetzung des Mitarbeiters vorliegt, hat die Schlichtungsstelle der Sache nach entsprochen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Mitarbeitervertretung. Sie meint, die Beschwerde sei zur Entscheidung anzunehmen, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung bestünden. Das Direktionsrecht der Kirchengemeinde sei räumlich auf den Bereich der früheren Dienststelle beschränkt. Diese Beschränkung sei auch nicht dadurch aufgehoben, dass die Dienststelle im Wege des Betriebsübergangs in den Arbeitsvertrag des betroffenen Arbeitnehmers eingetreten sei.
§ 12 BAT-KF berechtige nicht zur Teilumsetzung.
Im Übrigen sei die Maßnahme wegen des zusätzlichen Zeitaufwandes von einer Stunde 26 Minuten bis zwei Stunden zwei Minuten für eine einfache Fahrt für eine Tätigkeit von 3,85 Stunden/Tag unzumutbar.
Die dem Rechtsstreit zugrundeliegende Rechtsfrage, nämlich, ob der BAT-KF der Dienststellenleitung das Recht gewähre, Mitarbeiter beliebig und ohne Rücksicht auf soziale Gesichtspunkte oder auf den Wortlaut ihres Arbeitsvertrages an verschiedenen Orten zu beschäftigen, habe grundsätzliche - über den Einzelfall hinausgehende - Bedeutung. Das gelte auch für die Frage, ob ein mit einem Vollzeitarbeitsvertrag beschäftigter Mitarbeiter im Anwendungsbereich des BAT-KF jederzeit damit rechnen müsse, dass eine Vollzeitstelle in zwei Teilzeitstellen mit jeweils unterschiedlichen Beschäftigungsorten aufgespalten werden könne.
II. Die Beschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil hierfür kein Grund besteht.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit, Zulässigkeit und das Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 63 MVG.EKD i.V.m. § 1 EGMVG-Westfalen (KABl. der Ev. Kirche von Westfalen 2003, 404).
2. Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD bedarf die Beschwerde gegen Beschlüsse der Kirchengerichte der Annahme durch den Kirchengerichtshof der EKD. Sie ist nach § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD anzunehmen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen, 2. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, 3. der Beschluss von einer Entscheidung des Kirchengerichtshofs der Evangelischen Kirche in Deutschland, einer Entscheidung eines obersten Landesgerichts oder eines Bundesgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 4. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der Beschluss beruhen kann.
3. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor, vor allem nicht die für ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses gemäß § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MVG.EKD und hinsichtlich der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung i.S.d. § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 MVG.EKD.
a) Ernstliche Zweifel an der materiellen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses sind nur anzunehmen, wenn die Entscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich anders zu treffen sein wird; die bloße Möglichkeit einer entgegen gesetzten Entscheidung genügt nicht. Die Gründe, aus denen sich ernstliche Zweifel ergeben sollen, müssen in der Beschwerdebegründung aufgezeigt sein (vgl. Fey/Rehren, MVG.EKD, Stand Januar 2007, § 63 Rn. 7 m.w.N.).
Die erste Instanz hat festgestellt, dass die Schuldnerberatung durch die Antragstellerin im Wege des § 613a BGB übernommen wurde.
§ 613a BGB führt zum Eintritt des Betriebserwerbers in alle Rechte und Pflichten des Betriebsveräußerers, hierzu gehören auch die durch den Arbeitsvertrag selbst oder die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifwerke oder kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen gestalteten Arbeitsbedingungen (so ausdrücklich Münchener Kommentar zum BGB/Müller-Glöge, 4. Auflage 2005, § 613a BGB Rn. 89).
Der BAT-KF ist uneingeschränkt in § 2 des Arbeitsvertrages vom 29. August 1994 in Bezug genommen, die Vorschrift des § 12 BAT-KF überschrieben mit "Versetzung, Abordnung, Zuweisung" wurde nicht ausgenommen.
Nach seinem Absatz 1 kann der Angestellte aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen versetzt oder abgeordnet werden. Soll der Angestellte an eine Dienststelle außerhalb des bisherigen Dienstortes versetzt oder voraussichtlich länger als drei Monate abgeordnet werden, so ist er vorher zu hören.
Das führt dazu, dass dem Übernehmer das Versetzungsrecht zusteht. Versetzung i.S.d. § 12 BAT ist der Wechsel des Arbeitsortes. Für den BAT-KF, der § 12 BAT übernommen hat, gilt nichts anderes. Ein solcher Wechsel des Arbeitsortes liegt hier vor. Der Mitarbeiter soll in Beckum eingesetzt werden. Da dieser Wechsel nur zur Hälfte seiner Arbeitszeit stattfinden soll, kann von einer Teilversetzung gesprochen werden (vgl. z.B. OVG Nordrhein-Westfalen vom 27. März 1998 - 1 A 1/96.PVL Personalrat 1998, 528).
Gegen die in Bezugnahme des gesamten Regelwerks des BAT-KF bestehen ebenso wenig Bedenken wie gegen die Bezugnahme auf den BAT. Es ist anerkannt, dass bei Einbeziehung einer kollektivrecht-lichen Regelung, wie sie der BAT darstellt, keine Inhaltskontrolle erfolgt (vgl. nur Anwaltkommentar-Arbeitsrecht/Hümmerich, § 310 BGB Rn. 21 m.w.N.), für den BAT-KF gilt im Ergebnis nichts anderes: zwar sind kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinien und damit auch der BAT-KF allgemeine Geschäftsbedingungen. Eine analoge Anwendung des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB kommt nicht in Betracht. Die Überprüfung der AVR nach § 307 Abs. 1 und 3 BGB ist nicht durch § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB eingeschränkt. Der Arbeitnehmer muss aber bei der Bezugnahme auf ein auf dem Dritten Weg gefundenes arbeitsrechtliches Regelungswerk, das dem BAT nachgebildet ist, mit einer Versetzungsklausel rechnen. Diese ist unproblematisch, wenn es, wie hier, um gleiche Tätigkeit geht, die nur - für einen Teil der Arbeitszeit - an einem anderen Ort verrichtet werden soll.
Wenn bei dem Übernehmer, hier der Dienstelle, Versetzungsmöglichkeiten gegeben sind, dann führt der Verweis im Arbeitsvertrag auf BAT-KF und damit auf seinen § 12 hier im Ergebnis zur Erweiterung des Direktionsrechts des Arbeitgebers auf die bei ihm vorhandenen Bereiche, mit anderen Worten, der Mitarbeiter kann innerhalb der neuen Dienststelle versetzt werden.
Die vorliegende Teilversetzung hält auch der vorzunehmenden Ausübungskontrolle stand.
Die Ausübung des Weisungsrechts muss nach billigem Ermessen erfolgen, § 106 Satz 1 Gewerbeordnung oder § 315 BGB, der die Ausübung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts auch nach billigem Ermessen fordert.
Der vom Kläger dargestellte Zeitaufwand für An- und Abfahrten für zwei oder drei Tage pro Woche erscheint als noch zumutbar, zumal diesem der bisherige Zeitaufwand gegenübergestellt werden muss (vgl. z.B. Hessisches LAG vom 11. April 2001 - 3 SaGa 2095/00 - betreffend Versetzung von Frankfurt nach Koblenz für eine in Mainz wohnhafte Mitarbeiterin). Die erste Instanz hat einen zusätzlichen Fahrtenaufwand von einer dreiviertel Stunde an zehn Tagen im Monat errechnet. Das Arbeitsgericht Frankfurt (1 Ca 5428/07) hält 90 Minuten für eine einfache Fahrt für zumutbar.
b) Auch eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ist nicht gegeben.
Die Beschwerde sieht die dem Rechtsstreit zugrundeliegende Rechtsfrage darin, ob der BAT-KF der Dienststellenleitung das Recht gewährt, Mitarbeiter beliebig und ohne Rücksicht auf soziale Gesichtspunkte oder auf den Wortlaut ihres Arbeitsvertrages an verschiedenen Orten zu beschäftigen, wie auch die Frage, ob ein mit einem Vollzeitarbeitsvertrag beschäftigter Mitarbeiter im Anwendungsbereich des BAT-KF jederzeit damit rechnen müsse, dass seine Vollzeitstelle in zwei Teilzeitstellen mit jeweils unterschiedlichen Beschäftigungsorten aufgespalten werden kann.
Die Beschwerde verkennt, dass einer Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung nur dann zukommt, wenn Rechts- und Tatsachenfragen in der Rechtsprechung bisher noch nicht geklärt worden sind und die Klärungsfähigkeit, d.h. Entscheidungserheblichkeit sowie die Klärungsbedürftigkeit zu bejahen ist. Beides muss der einheitlichen Fortentwicklung der kirchlichen Rechtsordnung dienen (VerwG.EKD vom 10. Juli 1997, ZMV 1997, 246). Annahmefähig sind nur solche Rechtsfragen, die ein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse an der Entscheidung verdeutlichen und (noch) nicht höchstrichterlich entschieden worden sind (vgl. Fey/Rehren, MVG.EKD, Stand Juli 2007, § 63 Rn. 8).
Das ist hier schon deswegen nicht der Fall, weil der Arbeitsvertrag auf BAT-KF und damit auf dessen Bestimmung § 12 verweist, der die Versetzung regelt. Und eine Teilversetzung/Teilumsetzung ist dann an § 315 BGB oder § 106 Gewerbeordnung zu messen. Hier liegt der Anwendungsbereich des § 41 Buchst. a MVG.EKD.
c) Soweit mit der Beschwerdebegründung vom 26. Juni 2007 auf S. 4 f. unter 2.2. ein Verfahrensmangel angesprochen worden sein sollte, ist dieser nicht im Einzelnen dargelegt.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).