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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 20.12.2007 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD I-0124/N43-07 |
Rechtsgrundlage: | MVG.EKD § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 |
Vorinstanzen: | Kirchengericht für Streitigkeiten aus der Anwendung des Mitarbeitervertretungsgesetzes der Ev Kirchen in Mitteldeutschland e.V. - Kammer für da Diakonische Werk, I/5-2005, Fundstelle: Kirche und Recht 1/2008, S. 141 |
Schlagworte: | Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung und Grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage; hier: Eigenständigkeit eines Dienststellenteils |
Leitsatz:
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung (§ 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MVG.EKD) sind nur anzunehmen, wenn die Entscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich anders zu treffen sein wird; die bloße Möglichkeit einer entgegengesetzten Entscheidung genügt nicht. Die Gründe, aus denen sich die ernstlichen Zweifel ergeben sollen, müssen in der Beschwerdebegründung aufgezeigt sein (KGH.EKD in ständiger Rechtsprechung, vgl. statt vieler: KGH.EKD, Beschluss vom 8. August 2007 - I-0124/N25-07).
2. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage im Sinne des § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 MVG.EKD setzt voraus, dass die Entscheidung der mitarbeitervertretungsrechtlichen Streitigkeit von der Beantwortung dieser Rechtsfrage abhängt, diese klärungsbedürftig und klärungsfähig und die Klärung von allgemeiner Bedeutung für die kirchliche oder diakonische Rechtsordnung ist (auch schon KGH.EKD, Beschluss vom 30. Juni 2006 - I-0124/M21-06 - ZMV 2006, S. 307, 308).
3. Für die Eigenständigkeit eines nach § 3 Abs. 2 MVG.EKD als Dienststelle fingierten Dienststellenteils ist entscheidend, dass der Dienststellenteil durch Aufgabenbereich und Organisation überhaupt, mithin im Verhältnis zu einem oder mehreren anderen Teilen der Dienststelle, eigenständig ist. Diese Voraussetzung kann rechtlich auch bei einem Vorstandsbüro im Verhältnis zu einem oder mehreren anderen, technischen Zwecken dienenden Einrichtungs- oder Dienststellenteilen erfüllt sein.
Tenor:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Kirchengerichts für Streitigkeiten aus der Anwendung des Mitarbeitervertretungsgesetzes der Ev. Kirchen in Mitteldeutschland e.V. - Kammer für das Diakonische Werk - vom 31. Mai 2007 - I/5-2005 - wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten nach Erledigung anderer wechselseitiger Anträge nur noch über den Feststellungsantrag der beteiligten Stiftung, dass der Dienststellenteil Stiftungsvorstand als eine Dienststelle im Sinne des § 3 Abs. 2 MVG.EKD gilt.
Die beteiligte Stiftung gehört dem diakonischen Werk an. Sie unterhält verschiedene Einrichtungen, darunter ein Krankenhaus. Im Jahr 2005 beschlossen die dem Stiftungsvorstand zugeordneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehrheitlich, dass das Vorstandsbüro als eine eigene Dienststelle i.S.d. § 3 Abs. 2 MVG.EKD gelten solle; der Vorstand selbst ist damit einverstanden. Gleichwohl wurde die Mitarbeitervertretung gewählt, die sowohl das Vorstandsbüro, als auch das Krankenhaus umfasst.
Die Vorinstanz hat dem Antrag der Dienststellenleitung durch ihren Beschluss vom 31. Mai 2007 stattgegeben. Hiergegen richtet sich die auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses und auf grundsätzliche Bedeutung gestützte Beschwerde der Mitarbeitervertretung.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerde- und Beschwerdebegründungsschrift vom 4. Juli 2007 Bezug genommen.
II. Die Beschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil hierfür kein Grund gegeben ist.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit, Zulässigkeit und das Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 63 MVG.EKD i.V.m. § 1 MVG-AusfG EKM vom 20. November 2004 (ABl.EKD 2005, S. 23).
2. Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD bedarf die Beschwerde gegen Beschlüsse der Kirchengerichte der Annahme durch den Kirchengerichtshof der EKD. Sie ist nach § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD anzunehmen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen, 2. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, 3. der Beschluss von einer Entscheidung des Kirchengerichtshofs der Evangelischen Kirche in Deutschland, einer Entscheidung eines obersten Landesgerichts oder eines Bundesgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 4. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der Beschluss beruhen kann.
3. Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend gegeben. Insbesondere liegen die von der Beschwerde geltend gemachten Gründe für deren Annahme nicht vor.
a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung (§ 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MVG.EKD) liegen nicht vor. Sie sind nur anzunehmen, wenn die Entscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich anders zu treffen sein wird; die bloße Möglichkeit einer entgegen gesetzten Entscheidung genügt nicht. Die Gründe, aus denen sich die ernstlichen Zweifel ergeben sollen, müssen in der Beschwerdebegründung aufgezeigt sein (KGH.EKD in ständiger Rechtsprechung, vgl. statt vieler: KGH.EKD, Beschluss vom 8. August 2007 - I-0124/N25-07).
Daran fehlt es hier. Der Ansatz der Beschwerde, wonach es für den nach § 3 Abs. 2 MVG.EKD als Dienststelle fingierten Dienststellenteil einer Eigenständigkeit "gegenüber dem Rechtsträger" bedürfe, findet im Gesetz keine Stütze. Entscheidend ist vielmehr, ob der Dienststellenteil durch Aufgabenbereich und Organisation überhaupt, mithin im Verhältnis zu einem oder mehreren anderen Teilen der Dienststelle, eigenständig ist. Diese Voraussetzung kann rechtlich auch bei einem Vorstandsbüro im Verhältnis zu einem oder mehreren anderen technischen Zwecken dienenden Einrichtungs- oder Dienststellenteilen erfüllt sein. Das Kirchengericht hat diese Voraussetzungen als erfüllt erachtet. Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Fiktion des § 3 Abs. 2 MVG.EKD zu Recht von der Vorinstanz festgestellt worden sind.
b) Die Beschwerde war auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zur Entscheidung anzunehmen. Für § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 MVG.EKD ist nicht dargetan, inwieweit der von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage i.S.d. Vorschrift ist gegeben, wenn die Entscheidung der mitarbeitervertretungsrechtlichen Streitigkeit von der Beantwortung dieser Rechtsfrage abhängt, diese klärungsbedürftig und klärungsfähig und die Klärung von allgemeiner Bedeutung die kirchlich oder diakonische Rechtsordnung ist (vgl. KGH.EKD, Beschluss vom 30. Juni 2006 - I-0124/M21-06 - ZMV 2006 S. 307; vgl. zur grundsätzlichen Bedeutung nach § 63 Abs. 1 Buchst. g MVG.EKD a.F.: KGH.EKD, Beschluss vom 19. Mai 2005 - II-0124/K40-04 - ZMV 2006 S. 20). Es fehlt an der allgemeinen Bedeutung einer Klärung der von der Beschwerde selbst formulierten Rechtsfrage. Sie ergibt sich nicht aus dem MVG.EKD. Über "Haupt- und Glieder" verhält sich das MVG.EKD nicht. Auch die weiteren rechtlichen Erwägungen, die die Beschwerde in diesem Zusammenhang anstellt, gehen von einem Vorverständnis aus, dass dem MVG.EKD nicht zu entnehmen ist. Liegen - wie hier - die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 MVG.EKD vor, so ergibt sich daraus, dass eine hinreichende Eigenständigkeit gegeben ist, zugleich, dass eine solche auch für den oder die verbleibenden Teile der Dienststelle anzunehmen ist. Auf die Größenverhältnisse der derart eigenständigen Teile der Dienststelle kommt es nicht an.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).