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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:07.04.2008
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/N65-07
Rechtsgrundlage:MVG-EKiR § 20, § 33 Abs. 3, § 61 Abs. 1, MVG.EKD § 20, § 31 Abs. 3, § 61 Abs. 1
Vorinstanzen:Gemeinsame Schlichtungsstelle der Ev. Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der Ev. Kirche im Rheinland, 1 GS 23/2007
Schlagworte:Antragsänderung im Termin zur mündlichen Anhörung der Beteiligten in der ersten Instanz , Streitgegenstand im Beschlussverfahren , Verfahren der Beteiligung der Mitarbeitervertretung in den Fällen der uneingeschränkten oder eingeschränkten Mitbestimmung nach § 38 Abs. 2 bis 4 MVG.EKD im Rahmen eines mitarbeitervertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens?
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Leitsatz:

1. In einem kirchgerichtlichen Verfahren aus Anlass der Durchsetzung, Klärung oder Wahrung der der Mitarbeitervertretung zustehenden mitarbeitervertretungsrechtlichen Befugnisse und Rechte kann die Heranziehung eines Rechtsanwaltes erforderlich sein; die Dienststelle hat dann die entstandenen Kosten zu tragen. Etwas Anderes gilt nur dann, wenn das mitarbeitervertretungsrechtliche Beschlussverfahren aussichtslos ist.
2. Die Kosten eines mitarbeitervertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens sind nicht mehr als "erforderlich" i.S.d. § 30 Abs. 2 Satz 1 MVG-EKiR anzusehen, wenn im Zeitpunkt der Einleitung dieses mitarbeitervertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens die Anrufungsfrist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR ersichtlich versäumt ist.
3. Der verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwalt hat im Rahmen des § 30 Abs. 2 Satz 1 MVG-EKiR den Grundsatz zu beachten, die Dienststelle nicht mit unverhältnismäßigen, nicht erforderlichen Kosten zu belasten.
4. Ob eine außergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwaltes in der streitigen Angelegenheit erforderlich war mit dem Entstehen einer Geschäftsgebühr zugunsten des Rechtsanwaltes, ist nicht Streitgegenstand eines mitarbeitervertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens über die Frage, ob die Dienststelle die Kosten für ein mitarbeitervertretungsrechtliches Beschlussverfahren zu tragen hat.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Dienststellenleitung wird der Beschluss der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Ev. Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der Ev. Kirche im Rheinland vom 24. August 2007 - 1 GS 23/2007 - abgeändert:
Der Antrag der Mitarbeitervertretung wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Mitarbeitervertretung begehrt die Feststellung, dass die Dienststelle verpflichtet ist, die Anwaltskosten der Mitarbeitervertretung in dem Verfahren 1 GS 23/2007 der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland zu tragen.
Die Beteiligten haben sich über die Freistellung eines Mitglieds der Mitarbeitervertretung von der Arbeit nach § 20 MVG-EKiR gestritten. Nach ihrem Vortrag konnte die Mitarbeitervertretung die Auskünfte der Dienststelle über die Zahl der nach § 20 Abs. 2 MVG-EKiR relevanten Mitarbeiter nicht nachvollziehen und machte daher hilfsweise zur Freistellung entsprechende Auskunftsansprüche geltend. Der Mitarbeitervertretung liegt eine Beschäftigtenstatistik vor, die nicht nur die Mitarbeiter enthält, die nach § 20 Abs. 2 MVG-EKiR relevant für die Berechnung des Umfangs der Freistellung sind. Nach Vortrag der Mitarbeitervertretung konnte der die Listen führende Kollege nicht nachvollziehbar erklären, welche Personen dieser Liste aus welchen Gründen nicht in der Mitarbeiterliste aufgeführt sind, die die Dienststellenleitung für die Berechnung des Umfangs der Freistellung vorgelegt hat.
Die Mitarbeitervertretung hatte mit Schreiben vom 27. Februar 2007 (Freistellung des MAV-Mitglieds Herrn D) (Bl. 21 der Vorakten) "die Erörterung in o.g. Angelegenheit ... für beendet" erklärt. In ihrer Sitzung vom 7. März 2007 hatte sie die Hinzuziehung eines anwaltlichen Beistandes beschlossen (Bl. 38 der Vorakten) und mit Schreiben vom 8. März 2007 (Bl. 22 der Vorakten) bei der Dienststellenleitung "die Übernahme der Kosten für die Hinzuziehung eines anwaltlichen Beistandes gemäß § 61 Abs. 4 MVG in o.g. Angelegenheit" beantragt. Diesen in der Personalabteilung am 12. März 2007 eingegangen Antrag lehnte die Dienststellenleitung mit Schreiben vom 13. März 2007 (Bl. 23 der Vorakten) ab.
Die Mitarbeitervertretung rief mit am 2. Mai 2007 eingegangenem Schriftsatz vom 30. April 2007 die Gemeinsame Schlichtungsstelle mit freistellungsbezogenen Anträgen (Bl. 2 der Vorakten) und dem weiteren Antrag an,
festzustellen, dass die Dienststellenleitung verpflichtet ist, die Anwaltskosten der Antragstellerin in diesem Verfahren zu tragen.
Die Dienststellenleitung machte Verfristung der freistellungsbezogenen Anträge geltend unter Hinweis auf § 61 Abs. 1 MVG-EKiR und trug "hilfsweise" zur Sache vor.
Im Protokoll über die Sitzung der Gemeinsamen Schlichtungsstelle vom 17. August 2007 ist unter Ziffer 5 Abs. 1 festgehalten (Bl. 45 der Vorakten):
"Die Vorsitzende führt aus, dass die Frist zur Anrufung der Schlichtungsstelle mit der Erklärung des Scheiterns der Erörterung in Gang gesetzt wurde. Daher sei die Frist von zwei Monaten nach § 61 Abs. 1 MVG-EKiR voraussichtlich verstrichen. Die Frist würde voraussichtlich nicht erst mit dem Beschluss in Gang gesetzt, ein Schiedsstellenverfahren einzuleiten und einen Rechtsbeistand zu beauftragen. Daher müsste voraussichtlich die Beteiligte zu 1) ein neues Verfahren durchführen."
Dann heißt es weiter:
"Inhaltlich dürfte die Beteiligte zu 1) einen Anspruch auf Vorlage einer nachvollziehbaren Liste der für die Berechnung des Freistellungsanspruchs nach § 20 Abs. 2 MVG-EKiR maßgeblichen Mitarbeitenden haben. Wenn zwischen der Beschäftigtenstatistik, die nicht nur die Mitarbeiter enthält, die nach § 20 Abs. 2 MVG-EKiR relevant für die Berechnung des Umfangs der Freistellung ist, und der Liste der Mitarbeiter, die die Beteiligte zu 2) vorlegt, Unterschiede bestehen, sind diese der Beteiligten zu 1) nachvollziehbar darzulegen. Nach Vortrag der Beteiligten zu 1) konnte aber der die Listen führende Kollege nicht nachvollziehbar erklären, welche Personen dieser Liste aus welchen Gründen nicht in der Mitarbeiterliste aufgeführt sind, die die Beteiligte zu 2) für die Berechnung des Umfangs der Freistellung vorgelegt hat. Hier besteht also Nachbesserungsbedarf. Da die vorliegenden Listen inzwischen veraltet sind, sollte man jetzt auf aktuelle Listen zurückgreifen.
6. Die Beteiligte zu 2) sagt zu, die aktuellen Listen - die Liste aller Personen, die von der Beteiligten zu 2) Zahlungen erhalten, und die Liste der für die nach § 20 Abs. 2 MVG-EKiR relevanten Mitarbeiterzahlen - der Beteiligten zu 1) kurzfristig vorzulegen, kurzfristig durchzusprechen und nachvollziehbar zu machen, wie ihre Berechnung der Anzahl der Mitarbeitenden zustande kommt. Der Beteiligten zu 1) ist nachvollziehbar darzustellen, wie sich die erste Liste auf die zweite Liste reduziert.
7. Die Beteiligte zu 1) wird einen neuen Antrag an die Beteiligte zu 2) stellen, parallel hierzu sagt die Beteiligte zu 2) die Erstellung der aktuellen Liste bis zum 07.10.2007 zu.
8. Die Beteiligte zu 1) wird bis zum 30.09.2007 erklären, ob sie die Anträge zurücknimmt. Die Vorsitzende wird über die Kosten gesondert entscheiden."
Mit dem der Dienststellenleitung am 29. August 2007 zugestellten Beschluss vom 24. August 2007 hat die Gemeinsame Schlichtungsstelle festgestellt, dass die Dienststelle verpflichtet ist, die Kosten - zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts - zu übernehmen, die der Mitarbeitervertretung durch die Hinzuziehung von Frau Rechtsanwältin B als Beistand im Verfahren entstanden sind.
Als Begründung ist ausgeführt, die Voraussetzungen für die geltend gemachte Kostenübernahme lägen vor. Die Hinzuziehung eines Anwalts als Rechtsbeistand sei erforderlich gewesen. Die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen für den Umfang der Freistellung von Mitgliedern der Mitarbeitervertretung nach § 20 MVG-EKiR seien allerdings in der Regel nicht schwierig. Der Ablauf im konkreten Fall habe aber die Sachlage so verkompliziert, dass die Heranziehung eines Anwalts erforderlich geworden sei. Das wird bezogen auf die begehrte Freistellung, aber auch mit dem Hinweis begründet, außerdem sei in den verschiedenen Verfahren, die die Beteiligten vor der Schlichtungsstelle gegeneinander führten, deutlich geworden, dass sich das Verhältnis in der Dienststelle so schwierig gestalte, dass Sachverhalte und Rechtsfragen, die im Regelfall so einfach seien, dass eine Mitarbeitervertretung sie auch ohne Beteiligung eines rechtlichen Beistandes klären könne, in dieser Dienststelle komplizierter seien.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Dienststellenleitung mit ihrer am 27. September 2007 beim Kirchengerichtshof eingegangenen und am 26. Oktober 2007 begründeten Beschwerde, mit der sie vorträgt, das Verfahren sei wegen Verfristung der Anträge aussichtslos gewesen, weshalb die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Mitarbeitervertretung nicht erforderlich gewesen sei.
Die Mitarbeitervertretung habe angeblich mit Schreiben vom 27. Februar 2007 die Erörterung für beendet erklärt. Der Zugang dieses Schreibens habe bei der Dienststellenleitung jedoch nicht festgestellt werden können.
Sei das Schreiben vom 27. Februar 2007 der Dienststellenleitung nicht zugegangen, liege ein Verstoß gegen § 33 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 MVG-EKiR vor. Andere Stellen, hier die Gemeinsame Schlichtungsstelle, dürften erst angerufen werden, wenn die Bemühungen um eine Einigung in der Dienststelle gescheitert seien. Das Scheitern der Einigung müsse gemäß § 33 Abs. 3 Satz 3 MVG-EKiR von der Mitarbeitervertretung schriftlich erklärt werden.
Ausgehend vom 27. Februar 2007 habe die Frist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR mit Ablauf des Ablauf des 27. April 2007 geendet. Obwohl die Zwei-Monats-Frist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR bereits abgelaufen gewesen sei, habe die Mitarbeitervertretung ihre Antragsschrift erst am 2. Mai 2007 bei der Gemeinsamen Schlichtungsstelle eingereicht.
Gleichwohl habe die Gemeinsame Schlichtungsstelle die Hinzuziehung der Beistände der Mitarbeitervertretung als erforderlich angesehen, obwohl sie selbst darauf hingewiesen habe, "die Frist von zwei Monaten nach § 61 Abs. 1 MVG-EKiR" sei "voraussichtlich verstrichen". In der Sache selbst habe kein in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwieriger Sachverhalt vorgelegen, was im Einzelnen ausgeführt wird.
Die Dienststellenleitung beantragt,
den Beschluss der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der EKiR vom 24. August 2007 - Az.: 1 GS 23/2007 - aufzuheben und den Antrag abzuweisen,
hilfsweise,
den Beschluss der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der EKiR vom 24. August 2007 zum Aktenzeichen 1 GS 23/2007 insoweit aufzuheben, wie festgestellt wird, dass die Beteiligte zu 2) verpflichtet ist, andere Kosten als die durch ein außergerichtliches Tätigwerden zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes (maximal einer Geschäftsgebühr innerhalb eines Satzrahmens von 0,5 bis 2,5 ggf. zzgl. Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen) durch die Hinzuziehung von Frau Rechtsanwältin B zu erstatten und den Antrag im Übrigen abzuweisen.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Erklärung über die Beendigung der mündlichen Erörterung könne Wirkungen im Hinblick auf § 61 Abs. 1 MVG-EKiR nur nach Zugang bei der Dienststellenleitung entfalten. Der Antrag sei nicht verfristet.
Die Zulässigkeit des Antrages scheitere auch nicht an § 33 Abs. 3 MVG-EKiR.
Jedenfalls habe die Dienststellenleitung erst aus dem Schreiben der Mitarbeitervertretung vom 8. März 2007 (Bl. 22 der Vorakten) die Erklärung des Scheiterns der innerbetrieblichen Einigungsbemühungen erkennen können.
Der Antrag vom 30. April 2007 sei insgesamt zulässig. Auch die Hilfsanträge seien zulässig, was im Einzelnen ausgeführt wird.
Die streitgegenständlichen Fragen seien auch in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht so schwierig gewesen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erforderlich gewesen sei. Auch das wird im Einzelnen ausgeführt.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz wird auf die Beschwerdebegründung vom 26. Oktober 2007, die Beschwerdebeantwortung vom 31. März 2008 und auf die Replik vom 3. April 2008 Bezug genommen.
Der Kirchengerichtshof hat die Beschwerde mit Beschluss vom 25. Februar 2008 zur Entscheidung angenommen.
II. Die Beschwerde ist begründet.
Der zulässige Feststellungsantrag der Mitarbeitervertretung ist auch in der Fassung der Gemeinsamen Schlichtungsstelle unbegründet.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit, Zulässigkeit und über das Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 63 MVG.EKD i.V.m. § 1 MVG-EKiR (KABl. 2005, S. 142).
2. Die Dienststelle ist nicht verpflichtet, die Kosten - zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes - zu übernehmen, die der Mitarbeitervertretung durch die Hinzuziehung von Frau Rechtsanwältin B als Beistand im Verfahren entstanden sind.
Nach § 30 Abs. 2 Satz 1 MVG-EKiR ist die Dienststelle verpflichtet, die durch die Tätigkeit der Mitarbeitervertretung entstehenden erforderlichen Kosten zu tragen.
Hierunter fallen auch solche Kosten, die im Zusammenhang mit der gerichtlichen Inanspruchnahme von Rechten der Mitarbeitervertretung anfallen. Eine Verpflichtung der Dienststelle zur Freistellung von Kosten, die der Mitarbeitervertretung durch die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes entstanden sind, besteht grundsätzlich dann, wenn die Mitarbeitervertretung bei pflichtgemäßer Berücksichtigung der objektiven Begebenheiten und Würdigung aller Umstände, insbesondere auch der Rechtslage, die Führung eines Verfahrens und die Beauftragung eines Rechtsanwaltes für erforderlich halten konnte. Die Prüfung der Erforderlichkeit hat die Mitarbeitervertretung nicht allein anhand ihrer subjektiven Bedürfnisse vorzunehmen. Sie ist vielmehr gehalten, die Interessen der Dienstgemeinschaft an einer sachgerechten Ausübung des kirchlichen Amtes eines Mitarbeitervertreters einerseits und die berechtigten Interessen der Dienststelle andererseits gegeneinander abzuwägen. Dabei hat sie auch die Kostenbelange der Dienststelle zu berücksichtigen. Die Kostentragungspflicht der Dienststelle entfällt nur dann, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich aussichtslos ist. Das ist dann der Fall, wenn die Rechtslage unzweifelhaft ist und zu einem Unterliegen der Mitarbeitervertretung führen muss. Davon kann jedoch dann nicht ausgegangen werden, wenn über ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist und die Rechtsauffassung der Mitarbeitervertretung als vertretbar erscheint (vgl. für den staatlichen Bereich z.B. BAG Beschluss vom 20. Oktober 1999 - 7 ABR 25/98 - AP Nr. 67 zu § 40 BetrVG 1972 m.w.N.; BAG Beschluss vom 19. März 2003 - 7 ABR 15/02 - AP Nr. 77 zu § 40 BetrVG 1972; BAG Beschluss vom 17. August 2005 - 7 ABR 56/04 - AP Nr. 10 zu § 55 InsO m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Gemeinsame Schlichtungsstelle die Einleitung des mitarbeitervertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens zu Unrecht als erforderlich angesehen. Für die Einleitung dieses Beschlussverfahrens bestand jedenfalls Ende April 2007/Anfang Mai 2007 kein vernünftiger Anlass mehr.
Obwohl die Gemeinsame Schlichtungsstelle bereits im Termin zur Anhörung der Beteiligten am 17. August 2007 laut Protokoll vom 22. August 2007 darauf hingewiesen hatte, die Frist zur Anrufung der Schlichtungsstelle sei mit der Erklärung des Scheiterns der Erörterung in Gang gesetzt worden, daher sei die Frist von zwei Monaten nach § 61 Abs. 1 MVG-EKiR voraussichtlich verstrichen, die Frist werde voraussichtlich nicht erst mit dem Beschluss in Gang gesetzt, ein Schlichtungsstellenverfahren einzuleiten und einen Rechtsbeistand zu beauftragen, und auch im Tatbestand des angefochtenen Beschlusses ausgeführt ist, die Anträge der Mitarbeitervertretung seien voraussichtlich wegen Fristablaufs nach § 61 Abs. 1 MVG-EKiR unzulässig gewesen, zwischen der Erklärung des Scheiterns der Erörterung und dem Antrag bei der Schlichtungsstelle seien mehr als zwei Monate verstrichen, hat dieser Umstand bei der Entscheidungsfindung der Gemeinsamen Schlichtungsstelle keine Berücksichtigung gefunden, jedenfalls wird er in den Gründen des Beschlusses nicht erwähnt.
Das beanstandet die Beschwerde zutreffend.
Denn die Antragsfrist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR war durch die am 2. Mai 2007 bei der Gemeinsamen Schlichtungsstelle eingegangen Antragsschrift der Mitarbeitervertretung vom 30. April 2007 nicht gewahrt.
Die Frist zur Anrufung des Kirchengerichts/der Schlichtungsstelle beträgt grundsätzlich zwei Monate nach Kenntnis eines Tatbestandes nach § 60 Abs. 1 MVG-EKiR. Unter Kenntnis ist positive Kenntnis zu verstehen. § 60 Abs. 1 MVG-EKiR regelt die Alleinzuständigkeit des Kirchengerichts/der Schlichtungsstelle für alle Streitigkeiten, die sich aus der Anwendung des MVG-EKiR ergeben. Dazu gehört, ohne dass es insoweit Erörterungen bedarf, die Freistellung von Mitgliedern der Mitarbeitervertretung von der Arbeit i.S.d. § 20 MVG-EKiR.
Nachdem die Mitarbeitervertretung mit dem von ihrem Vorsitzenden unterzeichneten Schreiben vom 27. Februar 2007 unter dem Betreff "Freistellung des MAV-Mitglieds Herrn D" und unter Hinweis auf ihre vorangegangenen Schreiben vom 29. Januar 2007 und vom 16. Februar 2007 erklärt hatte, dass sie die Erörterung in o.g. Angelegenheit für beendet erkläre, da auf ihren Antrag auf Erörterung in der o.g. Angelegenheit trotz Fristsetzung bis zum 20. Februar 2007 seitens der Dienststellenleitung nicht reagiert worden sei, hat sie selbst zu erkennen gegeben, dass sie positive Kenntnis von einem Sachverhalt hat, in dem ein Rechtsverstoß der Dienststellenleitung liegen könnte. Auf diese positive Kenntnis der Mitarbeitervertretung kommt es an (vgl. Bohnenkamp in Berliner Kommentar zum MVG, § 61 Rn. 4), nicht - auch - auf eine solche der Dienststellenleitung, so dass es auf die Frage, ob und wann der Dienststellenleitung das Schreiben vom 27. Februar 2007 zugegangen ist, nicht ankommt.
Beginnt die Frist sonach am 27. Februar 2007, so war sie am 27. April 2007 abgelaufen mit der Folge, dass mit dem am 2. Mai 2007 bei der Gemeinsamen Schlichtungsstelle eingegangenen Schriftsatz vom 30. April 2007 die Antragsfrist nicht gewahrt werden konnte.
Daran ändert auch § 33 Abs. 3 MVG-EKiR nichts.
Es ist zwar richtig, dass Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung über strittige Fragen mit dem ernstlichen Willen zur Einigung zu verhandeln haben. Es ist auch richtig, dass, kommt trotz ernsthafter Bemühungen zwischen Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung eine Einigung nicht zustande, das Scheitern der Einigung von der Mitarbeitervertretung oder von der Dienststellenleitung schriftlich erklärt werden muss.
Das ändert aber nichts am Lauf der Anrufungsfrist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR. Im Zweifel ist in der - rechtzeitigen - Anrufung des Kirchengerichts/der Schlichtungsstelle die ausdrückliche Erklärung des Scheiterns der Einigung zu sehen.
Jedenfalls verlängert sich die Anrufungsfrist durch ernsthafte Bemühungen um eine Einigung und um die Beseitigung des Interessengegensatzes/der Streitfrage nicht.
Somit war jedenfalls am 30. April/2. Mai 2007 die Einleitung des dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegenden Beschlussverfahrens nicht mehr erforderlich. Das war für die Mitarbeitervertretung auch erkennbar. Die Anrufungsfrist des § 61 Abs. 1 MVG-EKiR muss jeder Mitarbeitervertretung bekannt sein, so dass sie selbst schon bei der gebotenen Prüfung des zeitlichen Abstandes zwischen dem Schreiben vom 27. Februar 2008 und dem Beschluss "Freistellung Herr D: Anwalt, Schlichtung anrufen, einstimmig" am 7. März 2007 (Bl. 38 der Vorakten), zu dem Ergebnis kommen musste, dass das beabsichtigte, aber noch nicht eingeleitete Verfahren aussichtslos ist, allenfalls eine Erledigung "losgelöst" von der Verfristung möglich wäre, was die Dienststellenleitung, wie ihr Schreiben vom 3. September 2007 (Bl. 57 der Vorakten) an die Gemeinsame Schlichtungsstelle zeigt, gerade nicht wollte.
Hinzukommt, dass die beauftragte Rechtsanwältin im Rahmen des § 30 Abs. 2 MVG-EKiR ihrerseits den Grundsatz zu beachten hat, die Dienststelle nicht mit unverhältnismäßigen, nicht erforderlichen Kosten zu belasten. Es gilt der Grundsatz der Kostenschonung der Dienststelle (vgl. für den staatlichen Bereich Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 23. Auflage, § 40 Rn. 29 m.w.N.). Mit diesem Grundsatz ist es nicht vereinbar, wenn der Rechtsanwalt trotz abgelaufener Anrufungsfrist ein mitarbeitervertretungsrechtliches Beschlussverfahren beim Kirchengericht/bei der Gemeinsamen Schlichtungsstelle anbringt.
Ob unter den gegebenen Umständen im März 2007 eine außergerichtliche Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten in der streitigen Angelegenheit - Freistellung des Mitglieds der Mitarbeitervertretung Herrn D - erforderlich gewesen wäre mit der Folge, dass eine Gebühr zugunsten der Verfahrensbevollmächtigten entstanden ist, kann offen bleiben. Eine solche Gebühr wegen außergerichtlicher Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der Mitarbeitervertretung ist nicht Streitgegenstand. Es geht nur um die Kosten, die der Mitarbeitervertretung durch die Heranziehung von Frau Rechtsanwältin B als Beistand im "Verfahren" [scil.: mitarbeitervertretungsrechtlichen Beschlussverfahren] entstanden sind.
Ist der Feststellungsantrag in der Fassung des Beschlusses der Schlichtungsstelle unbegründet, ist der von der Beschwerdeführerin gestellte Hilfsantrag nicht zur Entscheidung angefallen.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).