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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:09.02.2009
Aktenzeichen:KGH.EKD II-0124/P24-08
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 42, MVG.EKD a.F. § 60 Abs. 4 S. 3, § 63, MVG-AnwG Bln-Brandenburg-schlesische Oberlausitz Art. 1, Art. 5 S. 1, Rechtsverordnung zum MVG-AnwG DW
Vorinstanzen:Schieds - und Schlichtungsstelle des Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V., II-14/08
Schlagworte:Endgültige Entscheidung der Schlichtungsstelle in Fällen des § 42 MVG.EKD
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Leitsatz:

Für den Bereich des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz e.V. gilt das MVG.EKD weiterhin in der Fassung bis zum 31. Dezember 2003. Damit ist eine Beschwerde in den Fällen des § 42 MVG.EKD nicht gegeben, da die Schlichtungsstelle in diesen Fällen abschließend entscheidet. Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung ändert daran nichts.

Tenor:

Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung und die Beschwerde der Dienststellenleitung gegen den Beschluss der Schieds- und Schlichtungsstelle des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. vom 30. April 2008 – II-14/08 – werden als unstatthaft verworfen

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten vorliegend darüber, ob die Mitarbeitervertretung einen Grund hat, ihre Zustimmung zur Einstellung und Eingruppierung der Mitarbeiterin Frau D. zu verweigern.
Die Dienststellenleitung hat mit zwei Schreiben vom 10. Januar 2008 die Mitarbeitervertretung zur beabsichtigten Einstellung und Eingruppierung von Frau D. beteiligt. Frau D. sollte als Heilerziehungspflegerin tätig werden und in Entgeltgruppe 6, Stufe 1, eingruppiert werden. Nach einer mündlichen Erörterung, die am 23. Januar 2008 stattfand, erklärte die Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 29. Januar 2008 die Erörterung für erledigt.
Daraufhin rief die Dienststellenleitung mit Schreiben vom 12. Februar 2008 die Schiedsstelle an.
Die Dienststellenleitung hat die Auffassung vertreten, dass der Mitarbeitervertretung ein Grund für die Verweigerung der Zustimmung zur Einstellung nicht zustehe. Die Eingruppierung solle zutreffend vorgenommen werden. Sie habe nach den für die Dienststelle geltenden Regeln erfolgen sollen. Die Arbeitsordnung stelle keine einseitige Festsetzung von arbeitsrechtlichen Bestimmungen durch den Dienstgeber dar, sondern sei Bestandteil des Kirchenarbeitsrechts im Rahmen des Dritten Weges. Die Satzung des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. sehe in § 7 Abs. 4 Ziffer 6 ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass der Diakonische Rat Ausnahmen von der Verpflichtung der Mitglieder zur Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. zulasse. In gleicher Weise sehe die Rechtsverordnung für die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. in § 4 Abs. 2 die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung durch den Diakonischen Rat gemäß § 7 Abs. 4 Ziffer 6 Satz 2 der Satzung vor. Die formalen Erfordernisse von § 4 Abs. 2 der Rechtsverordnung für die Arbeitsrechtliche Kommission und § 7 Abs. 4 Ziffer 6 der Satzung würden ebenfalls eingehalten sein, die Arbeitsrechtliche Kommission wäre ordnungsgemäß vor Erteilung der Ausnahmegenehmigung beteiligt worden. Auch die Arbeitsvertragslinien des Diakonischen Werkes der EKD (AVR.DW.EKD) sähen in § 1 a Abs. 3 Buchstabe b vor, dass die AVR.DW.EKD bzw. die gliedkirchlich diakonischen Arbeitsvertragsrichtlinien keine Anwendung finden würden, wenn die jeweilige Dienststelle über eine Ausnahmegenehmigung verfüge.
Die Dienststellenleitung hat beantragt,
1) festzustellen, dass für die Antragsgegnerin kein Zustimmungsverweigerungsgrund zur beabsichtigten Einstellung von Frau D. gegeben sei;
2) festzustellen, dass für die Antragsgegnerin kein Zustimmungsverweigerungsgrund zu der beabsichtigten Eingruppierung von Frau D. in die Entgeltgruppe 6, Stufe 1, der AO in der Dienststelle A in der Fassung vom 1. Juli 2006 gegeben ist.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie hat vorgetragen, dass Einstellung und Eingruppierung gegen gerichtliche Beschlüsse der Schiedsstelle vom 16. Februar 2007 und des Kirchengerichtshofs der EKD vom 29. Januar und 23. März 2007 verstießen. Für die Arbeitsordnung der Dienststelle liege keine wirksame Ausnahmegenehmigung vor.
Die Schiedsstelle hat mit Beschluss vom 30. April 2008 unter Zurückweisung des Antrages im Übrigen festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Zustimmungsverweigerungsgrund zur beabsichtigten Einstellung von Frau D. gegeben ist und die Beschwerde zugelassen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass wegen einer fehlerhaften Eingruppierung die Zustimmung zur Einstellung nicht verweigert werden könne. Für die Eingruppierung liege ein Zustimmungsverweigerungsgrund vor, weil diese gegen eine Rechtsvorschrift verstoße. Für das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. und seine Mitgliedseinrichtungen gälten die Regelungen des Arbeitsrechtsregelungsgesetzes, welches die Landessynode auf Grund ihrer Grundordnung beschlossen hat. Der 3. Abschnitt des Arbeitsrechtsregelungsgesetzes und die hier zu erlassene und nähere Einzelheiten regelnde Rechtsverordnung für die Arbeitsrechtliche Kommission bände ebenfalls das Diakonische Werk, welches sich in seiner Satzung ausdrücklich unter den Schutz der Landeskirche stelle und eine Bindung an die Ordnung der Kirche festgelegt habe. Hieraus folge, dass das Diakonische Werk ebenso wie seine Mitglieder grundsätzlich gehalten sei, sich der Basis des Dritten Weges zu bewegen, nämlich den Arbeitsverträgen Regelungen zugrunde zu legen, die auf diesem Weg geschaffen worden seien. Die Anwendung von durch Arbeitgeber selbst geschaffenen Regelungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung von Arbeitsverträgen verstoße gegen das Kirchenrecht. Auch wenn und soweit der Diakonische Rat eine Ausnahmegenehmigung erteilt habe, rechtfertige dies kein anderes rechtliches Ergebnis, denn keinesfalls erstrecke sich die Ausnahme auf einseitig gestaltete Normsetzung. Auch die zugelassene Ausnahme müsse sich an kirchenrechtlich verbindlichen Regeln orientieren und mit ihnen übereinstimme.
Gegen diesen ihr am 13. Mai 2008 zugestellten Beschluss hat die Mitarbeitervertretung mit Schriftsatz vom 27. Mai 2008, beim Kirchengerichtshof eingegangen am 20. Mai 2008, Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist zur Begründung der Beschwerde bis zum 28. Juli 2008 mit Schriftsatz vom 28. Juli 2008, beim Kirchengerichtshof eingegangen am selben Tag, begründet. Die Dienststellenleitung hat gegen den erstinstanzlichen Beschluss mit Schriftsatz vom 3. Juni 2008, beim Kirchengerichtshof eingegangen am 4. Juni 2008, Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 15. September 2008 durch Schriftsatz vom 15. September 2008, beim Kirchengerichtshof eingegangen am selben Tage, begründet.
Die Dienststelle trägt vor, dass der angefochtene Schiedsspruch bereits deshalb aufzuheben sei, weil an der Entscheidung eine beisitzende Richterin mitgewirkt habe, die kraft Gesetzes an der Ausübung ihres Richteramtes in dem vorliegenden Verfahren gehindert gewesen sei. Die beisitzende Richterin sei Mitglied der Arbeitsrechtlichen Kommission des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. Der Diakonische Rat habe vor einer Entscheidung über eine beantragte Ausnahmegenehmigung eine Stellungnahme der Arbeitsrechtlichen Kommission eingeholt. Zudem habe die beisitzende Richterin in ihrer Eigenschaft als Mitglied der Arbeitsrechtskommission den Diakonischen Rat aufgefordert, die Entscheidung über die erteilte Ausnahmegenehmigung zu überdenken und die erteilte Ausnahmegenehmigung zu revidieren.
Im Übrigen hält die Dienststelle die erstinstanzliche Entscheidung aus Rechtsgründen für unzutreffend. Die Dienststelle wende die Arbeitsordnung auf Grundlage der ihr erteilten Ausnahmegenehmigung des Diakonischen Rates an. Es handele sich daher nicht um einseitig gesetzte Regelungen, sondern um die Anwendung von Regelungen, die der Diakonische Rat auf der Grundlage seiner kirchenrechtlichen Befugnisse zur Anwendung zugelassen habe.
Die Dienststelle beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses der Schieds- und Schlichtungsstelle des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. vom 30. April 2008 – II-14/08 – festzustellen, dass für die Beschwerdegegnerin (Beteiligte zu 2) kein Zustimmungsverweigerungsgrund zur beabsichtigten Eingruppierung von Frau D. in die Entgeltgruppe 6 Stufe 1 der Arbeitsordnung in der Dienststelle A in der Fassung vom 1. April 2007 gegeben ist.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
1) die Beschwerde der Dienststellenleitung zurückzuweisen;
2) den Beschlusses der Schieds- und Schlichtungsstelle des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. vom 30. April 2008 – II-14/08 – teilweise abzuändern und festzustellen, dass der Beschwerdeführerin ein Zustimmungsverweigerungsgrund zur Einstellung der Mitarbeiterin D. zusteht.
Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend, soweit er den Antrag der Dienststellenleitung zurückgewiesen hat, meint aber, dass ihr ein Zustimmungsverweigerungsrecht zur Einstellung von Frau D. zustehe.
Die Dienststellenleitung beantragt,
die Beschwerde der Mitarbeitervertretung zurückzuweisen.
II. Die Beschwerden sind nicht statthaft, weil die Entscheidung der Schieds- und Schlichtungsstelle nicht anfechtbar ist.
1. Für die Frage der Statthaftigkeit der Beschwerde ist vorliegend das MVG.EKD in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung maßgeblich. Die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hat - bisher - die Bestimmungen über die Beschwerde im MVG.EKD durch Artikel 5 Nr. 31 des KiGG.EKD vom 6. November 2003, das am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist, nicht übernommen (Rechtsverordnung zum MVG-Anwendungsgesetz zur Anpassung von Regelungen des Mitarbeitervertretungsrechts der EKD und der EKiBB an die Verhältnisse im Bereich des Diakonischen Werks Berlin Brandenburg vom 11. November 1994 [ABl.EKiBB S. 221], geändert durch Verordnung vom 19. Februar 1999 [ABl.EKiBB S. 47]).
Nach § 60 Abs. 4 Satz 3 MVG.EKD a.F. entscheidet die Schiedsstelle in den Fällen der eingeschränkten Mitbestimmung, hier § 42 Buchstabe a und c i.V.m. § 41 MVG.EKD a.F., „abschließend“ darüber, ob für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung vorliegt. Unter einer „abschließenden“ Entscheidung ist zu verstehen, dass gegen solche Entscheidungen die Beschwerde an den KGH.EKD nicht gegeben ist. (vgl. KGH.EKD vom 8. August 2005 - II-0124/L12-05 – n.v., zur vergleichbaren Regelung in § 62 Abs. 5 Satz 1 MVG.K KGH.EKD vom 20. Oktober 2008 - I-0124/P41-08 n.v.; vom 9. Oktober 2006 – I - 0124/M33-06 - ZMV 2007, S. 33, auch schon vom 12. September 2007 - II-0124/N48-07 n.v.).
2. Die Statthaftigkeit lässt sich auch nicht mit Erfolg daraus herleiten, dass im angegriffenen Beschluss die Beschwerde zugelassen wird. Das ändert jedoch nichts an der Unzulässigkeit der eingelegten Beschwerde, denn ein unzulässiges Rechtsmittel wird nicht durch eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung zulässig (VerwG.EKD vom 7. Dezember 2000-I-0124/E11-00).
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 22 KiGG.EKD).
Der Senatsvorsitzende Prof. Dr. Friedrich ist infolge längerfristiger Erkrankung an der Unterschrift verhindert (§ 315 ZPO).