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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:12.04.2010
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/R78-09
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 63, ArbGG § 83a
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster, 2 M 10/09; Fundstellen: ZMV 6/2010, S. 320, KuR 2/2010, S. 288
Schlagworte:Erledigung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses
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Leitsatz:

1. Die Annahme der Beschwerde zur Entscheidung (§ 63 Abs. 2 MVG.EKD) setzt voraus, dass die Beschwerde überhaupt noch zu einer Sachentscheidung führt.
2. Für die Verfahrensfortsetzung im Sinne der Herbeiführung einer Sachentscheidung in der Beschwerde kommt es darauf an, dass für die Antragstellerin noch ein Feststellungsinteresse besteht.
3. Ein Feststellungsinteresse der gegen die Antragstellerin erstinstanzlich unterlegenen Beschwerdeführerin, die sich auf die Abwehr des Sachantrags der Antragstellerin beschränkt hat und beschränkt, liegt rechtlich bei Ausscheiden vor der Beendigung des gerichtlichen Verfahrens nicht vor.
4. Ist das erledigendes Ereignis - hier: Beendigung des Arbeitsverhältnisses - objektiv und unstreitig vor Beendigung des Verfahrens eingetreten, so das Verfahren trotz des Widerspruchs der beschwerdeführenden Mitarbeitervertretung entsprechend § 83a Abs. 2 ArbGG einzustellen.

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster - vom 22. September 2009 - Az.: 2 M 10/09 - wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Auf die Erledigungserklärung der Antragstellerin wird die Erledigung des Verfahrens festgestellt.

Gründe:

I. Die antragstellende Dienststellenleitung wollte festgestellt wissen, dass für die beteiligte Mitarbeitervertretung kein Grund bestanden hat, die Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin A in Entgeltgruppe 8 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD zu verweigern. Frau A ist seit 15. Oktober 2007 befristet zunächst bis zum 14. Oktober 2008, dann verlängert bis zum 14. Oktober 2009 eingestellt worden. Das Arbeitsverhältnis hat mit Ablauf der Befristung sein Ende gefunden.
Die Schlichtungsstelle hat dem Antrag der Dienststellenleitung,
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 MVG.EKD hinsichtlich der Eingruppierung der Mitarbeiterin A in die EGr. 8 AVR nicht vorliegt und die Zustimmung der Mitarbeitervertretung als ersetzt gilt,
durch ihren Beschluss vom 22. September 2009 stattgegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Mitarbeitervertretung vom 5. November 2009, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren, den Antrag der Dienststellenleitung zurückzuweisen, weiter verfolgt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründungsschrift vom 9. Dezember 2009 nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Mitarbeitervertretung hat mit ihrem Schriftsatz vom 22. Januar 2010 mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis der Frau A - dies ist unstreitig - mit dem Ablauf seiner Befristung am 14. Oktober 2009 sein Ende gefunden hat. Sie macht geltend, das Feststellungsinteresse für die Fortführung des Verfahrens der beschwerdeführenden Mitarbeitervertretung bestehe fort. Wegen der Einzelheiten wird auf jenen Schriftsatz Bezug genommen.
Die Dienststellenleitung hat mit ihrem Schriftsatz vom 11. Februar 2010 hierauf mit dem Hinweis entgegnet, infolge der Beendigung der personellen Maßnahme sei das Verfahren wegen Erledigung der Hauptsache einzustellen. Es bestehe kein Feststellungsinteresse mehr, möge auch die Stelle inzwischen anderweitig besetzt sein.
II. Die Beschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil hierfür kein Grund gegeben ist.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit, Zulässigkeit und Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 63 MVG.EKD i.V.m. § 1 EGMVG.Westfalen (KABl.Westf. 2003, S. 404) und i.V.m. den entsprechend heranzuziehenden Bestimmungen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens über die Beschwerde im Beschlussverfahren sowie die darin in Bezug genommenen Vorschriften.
2. Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD bedarf die Beschwerde gegen die verfahrensbeendenden Beschlüsse der Kirchengerichte der Annahme durch den Kirchengerichtshof der EKD. Sie ist nach § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD anzunehmen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen, 2. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, 3. der Beschluss von einer Entscheidung des Kirchengerichtshofes der Evangelischen Kirche in Deutschland oder einer Entscheidung eines obersten Landesgerichts oder eines Bundesgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 4. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der Beschluss beruhen kann. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor.
3. Die Annahme der Beschwerde zur Entscheidung (§ 63 Abs. 2 MVG.EKD) setzt voraus, dass die Beschwerde überhaupt noch zu einer Sachentscheidung führt. Daran fehlt es hier. Das für den Sachantrag der Dienststellenleitung nach § 256 Abs. 1 ZPO vorausgesetzte Feststellungsinteresse ist entfallen, nachdem die Mitarbeiterin A vor der Beendigung des gerichtlichen Verfahrens über die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zu ihrer Eingruppierung ausgeschieden ist. Hier ist die betreffende Mitarbeiterin „zwischen den Instanzen“, nämlich nach Verkündung der erstinstanzlichen Entscheidung und vor Einlegung der Beschwerde ausgeschieden. Darauf hat die Antragstellerin das Verfahren für erledigt erklärt. Die Mitarbeitervertretung hat dem - vorab - widersprochen; sie macht geltend es bestehe für sie nach wie vor ein Feststellungsinteresse.
a) Für die Verfahrensfortsetzung im Sinne der Herbeiführung einer Sachentscheidung in der Beschwerde kommt es darauf an, dass für die Antragstellerin noch ein Feststellungsinteresse besteht. Dies ist zu verneinen, wenn das Arbeitsverhältnis, welches die Grundlage für das Mitbestimmungsverfahren bildet, beendet ist. Hiervon geht auch die Antragstellerin aus; sie hat deshalb - zu Recht das Mitbestimmungsverfahren für erledigt erklärt.
b) Ein Feststellungsinteresse der gegen die Antragstellerin erstinstanzlich unterlegenen Beschwerdeführerin, die sich auf die Abwehr des Sachantrags der Antragstellerin beschränkt hat und beschränkt, liegt rechtlich nicht vor.
aa) Eine Befriedung mit Hilfe der Rechtskraft der Feststellungsentscheidung scheidet für die Mitarbeitervertretung aus. Es setzte voraus, dass sie Einfluss darauf hätte, aus welchem Grund der Sachantrag nicht zum Erfolg geführt hat. Aus welchen Gründen der Sachantrag zurückgewiesen oder verworfen wird, kann die Nichtantragstellerin oder Beschwerdeführerin indessen rechtlich nicht beeinflussen; sie hat auch kein Recht auf eine bestimmte Begründung. Die Gründe für eine Zurückweisung des Sachantrags nehmen folgerichtig an der Rechtskraft nicht teil.
bb) Die Mitarbeitervertretung ist durch den erstinstanzlichen Beschluss, mit welchem dem Sachantrag der Dienststellenleitung hinsichtlich der Eingruppierung stattgegeben worden ist, auch nicht länger materiell beschwert. Ist - wie hier - die Mitarbeiterin, um deren Eingruppierung es geht, ausgeschieden, endet der Zustand des Eingruppiertsein von selbst. Die Eingruppierung, die nach den §§ 38, 41 MVG.EKD der Zustimmung der Mitarbeitervertretung bedarf, bezieht sich stets eine konkrete Mitarbeiterin oder einen konkreten Mitarbeiter, nicht aber abstrakt auf einen Arbeitsplatz oder eine Stelle oder eine Funktion im Betriebsgeschehen. Ist das Arbeitsverhältnis beendet, so kann nicht mehr festgestellt werden, ob ein Grund für die Mitarbeitervertretung bestanden hat, die Zustimmung zur Eingruppierung zu verweigern oder ob diese mangels Verweigerungsgrundes als ersetzt gilt (KGH.EKD, Beschluss vom 20. Oktober 2008 - II-0124/P9-08 n.v.; für das BetrVG: BAG, Beschluss vom 14. November 1989 - 1 ABR 85/88- nicht amtlich veröffentlicht, www.juris.de). Die Wahrnehmung eines etwaigen Interesses der ausgeschiedenen Mitarbeiterin, in eine höhere Entgeltgruppe zu sein, gehört nicht zum Aufgabenbereich der Mitarbeitervertretung (KGH.EKD a.a.O.; vgl. für das BetrVG: BAG, Beschluss vom 3. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - BAGE 77, 1-12).
4. Weil das erledigende Ereignis objektiv und unstreitig vor Beendigung des Verfahrens eingetreten ist, war das Verfahren trotz des Widerspruchs der beschwerdeführenden Mitarbeitervertretung entsprechend § 83a Abs. 2 ArbGG einzustellen (vgl. BAG, Beschluss vom 10. Februar 1999 - 10 ABR 42/98 - AP Nr. 5 zu § 83a ArbGG 1979).
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).