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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:23.03.2011
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/S50-10
Rechtsgrundlage:AVR.DW.EKD Anlage 1 zu § 12, EG 3, Richtbeispiel, Anlage 1 zu § 12, EG 4, Anmerkung 4, Anmerkung 13
Vorinstanzen:chlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster (Westf.), 2 M 98/09
Schlagworte:Eingruppierung Mitarbeiterin am Empfang und in der Telefonzentrale
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Leitsatz:

Verantwortliche Budgetverwaltung i.S. der Anmerkung 13 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD bedeutet in der Regel, dass das Ausgabe- oder Verbrauchsverhalten verantwortlich so gesteuert wird, dass die Budgetgrenzen eingehalten werden. Die Wahrung eines permanenten Kassenvorschusses von 500,- € in einer auf Einnahmen ausgerichteten Kasse fällt nicht unter die Anmerkung 13.

Tenor:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster (Westf.). - vom 1. Juli 2010 - Az.: 2 M 98/09 - abgeändert:
Es wird festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund bestanden hat, die Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin D in die EG 3 A 1 c der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD zu verweigern.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Mitarbeitervertretung einen Grund hatte, ihre Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin D in die Entgeltgruppe 3 Teil A Nr. 1 Buchstabe c Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD (kurz: EG 3 A 1 c AVR) zu verweigern.
Die antragstellende Dienststellenleitung führt ein Krankenhaus, Frau D ist - neben fünf anderen Mitarbeiterinnen - für den Empfang und die Telefonzentrale zuständig. Diese Tätigkeiten sind im Tagesverlauf vorwiegend auszuüben. Neben den Aufgaben „Empfang“ und „Telefonzentrale“ obliegt Frau D wie auch den anderen fünf Mitarbeiterinnen der Barverkauf von Telefonkarten, die Einnahme, Verwahrung und Herausgabe des sog. Schlüsselpfandes, der Verkauf von Postkarten und Briefumschlägen, Fotokopien, Gästeessen. Die Einnahmen werden in einer Registrierkasse registriert. Die Kasse ist programmiert; sie kontiert und saldiert, sie stellt Berichte (Finanzbericht, Warengruppenbericht, Tageseinnahmen und Kassenbestand) zusammen und druckt diese auf dem Kassenstreifen aus. Der tägliche Kassenbestand ist auf 500,- Euro festgelegt; die tägliche Kassenabrechnung besteht darin, den Saldo der Einnahmen und den Überschuss zum ständigen Kassenbestand von 500,- Euro zu errechnen, beides aufzuschreiben und den Saldo in der Verwaltung abzugeben. Für das Schlüsselpfand wird eine gesonderte Kassette benutzt: Das Schlüsselpfand wird dort bei Herausgabe des Zimmerschlüssels an den Patienten eingelegt und bei Rückgabe des Schlüssel hieraus wieder an den Patienten zurückgegeben. Weiterhin hat Frau D die verschlossenen Behälter mit den Bargeldeinnahmen der Cafeteria und des Aufnahmebüros zu verwahren und diese der Verwaltung bei Schichtende zu übergeben. Zu den Aufgaben der Mitarbeiterinnen im Empfang zählt auch, das Telefaxgerät und das Kopiergerät - beides übliche Geräte - zu bedienen.
Die Dienststellenleitung ist der Ansicht, die Tätigkeiten der Frau D fallen in Entgeltgruppe 3 Teil A Nr. 1 Buchstabe c Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD. Die Voraussetzungen für das dazu gehörende Richtbeispiel „Mitarbeiterin im Empfang, in der Registratur und in der Telefonzentrale“ seien erfüllt, aber nicht überschritten.
Sie hat beantragt,
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund besteht, die Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin D in die Entgeltgruppe 3 A 1 c Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD zu verweigern.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, es handele sich wegen der Vielzahl der aufgeschlüsselten Tätigkeiten nicht um die übliche Arbeit am Empfang und in der Telefonzentrale; wegen der Verschiedenheit und des Umfangs der zugewiesenen Aufgaben falle die Tätigkeit in die EG 4 A 3 AVR.DW.EKD.
Die Schlichtungsstelle hat mit ihrem Beschluss vom 1. Juli 2010 den Antrag der Dienststellenleitung zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zutreffend sei die EG 4 B 2 AVR.DW.EKD. Zwar entsprächen die überwiegenden Aufgaben der Frau D den Tätigkeitsmerkmalen einer Mitarbeiterin im Empfang und in der Telefonzentrale. Sie trage jedoch wegen des ständigen Kassenvorschusses von 500,- Euro die Verantwortung für diese Haushaltsmittel.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Dienststellenleitung mit ihrer Beschwerde. Sie macht vor allem geltend, die Tätigkeit der Frau D hebe sich nicht aus der EG 3 A 1 c AVR.DW.EKD heraus. Verantwortung für Haushaltsmittel trage Frau D nicht; sie habe auch keine buchhalterischen Aufgaben zu leisten. Ebenso wenig habe sie technisch komplizierte Geräte zu bedienen. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Dienststellenleitung im zweiten Rechtszug wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 9. August und 10. September 2010 sowie vom 2. März 2011 Bezug genommen.
Sie beantragt,
den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen vom 01.07.2010, Geschäftsnummer: 2 M 98/09, abzuändern und dem Antrag, dass für die Beschwerdegegnerin kein Grund besteht, die Eingruppierung der Mitarbeiterin Frau D in die Entgeltgruppe 3 A 1 c AVR.DW.EKD zu verweigern, stattzugeben.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und stellt nochmals darauf ab, dass und weshalb sich die Tätigkeit aus der EG 3 AVR.DW.EKD heraushebe. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Mitarbeitervertretung im Beschwerderechtszug wird auf den Inhalt ihres Schriftsatzes nebst Anlagen vom 31. Januar 2011 Bezug genommen.
Der Senat hat die Beschwerde zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 29. Dezember 2010).
II. Die Beschwerde ist begründet. Die Frau D übertragene Tätigkeit fällt in EG 3 A 1 c AVR.DW.EKD. Die Voraussetzungen der von der Schlichtungsstelle für richtig gehaltenen EG 4 B 2 AVR.DW.EKD sind nicht gegeben. Dies hat die Vorinstanz verkannt. Aber auch die von der Mitarbeitervertretung für zutreffend gehaltene EG 4 Teil A 3 AVR.DW.EKD liegen nicht vor.
1. Wie die Vorinstanz richtig erkennt hat, entspricht die der Frau D übertragene Tätigkeit überwiegend den Richtbeispielen in EG 3 A 1 c AVR.DW.EKD, nämlich Mitarbeiterin im Empfang und in der Telefonzentrale.
2. Zu Unrecht hat die Vorinstanz indessen angenommen, die Voraussetzungen der EG 4 B 2 AVR.DW.EKD lägen vor.
a) Hierin sind „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Entgeltgruppe 3 (Anm. 3) eingruppiert, denen zusätzlich die Verantwortung für Sach- oder Haushaltsmittel (Anm. 13) für einen gesamten Arbeitsbereich ausdrücklich übertragen worden ist“. Als Richtbeispiel ist hierzu die „Vorarbeiterin im Reinigungsdienst“ aufgeführt. Die Anmerkung 13 lautet: „Die Verantwortung für Sach- oder Haushaltsmittel setzt die ausdrückliche Übertragung dieser Aufgabe voraus und bedeutet die Verwaltung bzw. Steuerung von Bar- bzw. Bankguthaben und/oder Verbrauchs- und Sachgegenständen innerhalb eines Budgets“.
b) Vorliegend fehlt es an der in Anmerkung 13 vorausgesetzten Verantwortlichkeit i.S. einer Verwaltung oder Steuerung der Geldmittel „innerhalb eines Budgets“. Der permanente Kassenvorschuss stellt kein Budget dar. Verantwortliche Budgetverwaltung i.S. der Anmerkung 13 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD bedeutet in der Regel, dass das Ausgabe- oder Verbrauchsverhalten verantwortlich so gesteuert wird, dass die Budgetgrenzen eingehalten werden. Frau D ist keine verantwortliche Budgetverantwortung übertragen worden. Die Vorinstanz hat die bloße Verantwortlichkeit für eine ordnungsgemäße Führung und Verwahrung der Kasse mit dem permanenten Kassenvorschuss von 500,- Euro zu Unrecht als Verantwortung für Haushaltsmittel i.S. der EG 4 B 2 AVR.DW.EKD angesehen. Diese Tätigkeit ist zwar verantwortungsvoll; sie erfordert Sorgfalt, Präzision und Redlichkeit. Sie schuldet aber nicht, dass bestimmte Ausgabegrenzen nicht überschritten werden; solche Grenzen sind ihr nicht vorgegeben.
3. Es liegen aber auch nicht die Voraussetzungen der von der Mitarbeitervertretung für zutreffend erachteten EG 4 A 3 AVR.DW.EKD vor.
a) Hierunter fallen solche „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die Fertigkeiten und Kenntnis voraussetzen“ mit (A) „Tätigkeiten unter fachlicher Anleitung (Anm. 4) in den Tätigkeitsbereichen ... 3. Verwaltung mit verschiedenen oder umfangreichen Tätigkeiten“. Die Anmerkung 4 lautet: „Tätigkeiten unter fachlicher Anleitung setzen Fertigkeiten und Kenntnisse voraus, die i.d.R. durch eine einjährige Ausbildung, aber auch anderweitig erworben werden können. Fachliche Anleitung bedeutet eine enge Anbindung an fachlich höher qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“.
b) Es ist nicht ersichtlich, dass die Mitarbeiterin D i.S. der Anmerkung 4 unter enger fachlicher Anleitung zu arbeiten hat. Die Tätigkeit im Empfang und in der Telefonzentrale fällt nach der Systematik der Anlage 1 zu § 12 erkennbar in die EG 3 AVR.DW.EKD. Dies macht die dortige Aufführung dieser Tätigkeiten als Richtbeispiel deutlich. Ob die Frau D mit dem Verkauf von Gästeessen, Telefonkarten, Postkarten usw., der Verwahrung von Geldkassetten oder der Bedienung des Tresors für Patientenwertsachen übertragenen Tätigkeiten über die Tätigkeiten „im Empfang“ hinausgehen, kann dahingestellt bleiben. Wenn sie nicht hierunter fallen, so sind die Voraussetzungen der Anmerkung 4 jedenfalls durch diese Teiltätigkeiten nicht erfüllt. Es fehlt daran, dass diese Teiltätigkeiten eine einjährige Ausbildung oder eine gleichwertige Qualifizierung voraussetzen. Der nicht zu übersehende Umstand, dass an die Arbeitszuverlässigkeit und Ehrlichkeit Anforderungen gestellt werden und dass diese Tätigkeiten insgesamt eine relative Vielseitigkeit aufweisen, ändert daran nichts.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).