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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:12.02.2010
Aktenzeichen:KGH.EKD II-0124/P56-08
Rechtsgrundlage:ATZO.RWL § 2 MVG.EKD § 42 Buchstabe k
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen, 2. Kammer in Münster (Westf.), 2 M 44/08
Schlagworte:Ablehnungsgründe, Altersteilzeit, Altersteilzeit - Ablehnungsgründe
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Leitsatz:

„Kann“ der Arbeitgeber mit dem Mitarbeiter die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis vereinbaren, so muss die Ablehnung des entsprechenden Antrags des Mitarbeiters analog § 315 BGB billigem Ermessen entsprechen. Dies ist nur der Fall, wenn der Arbeitgeber die wesentlichen Umstände des Falles und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen, 2. Kammer in Münster (Westf.) vom 28. August 2008 – 2 M 44/08 wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Mitarbeitervertretung einen Grund hat, gem. § 42 Buchstabe k MVG.EKD ihre Zustimmung zur Ablehnung des Altersteilzeitantrages der Frau D zu verweigern. Frau D ist 1948 geboren und hat den Beruf der Krankenschwester erlernt. Seit 1. Oktober 1990 arbeitet sie in Vollzeit bei der Dienststelle; sie ist als Stationsleitung eingesetzt. Mit ihrem Schreiben vom 20. März 2008 hat sie einen Antrag auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags (Blockmodell) für die Zeit ab 1. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2013 gestellt. Auf das Arbeitsverhältnis findet unstreitig u.a. die Ordnung zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (ATZO) vom 29. April 1999 (KABl.EvKvW 1999, S. 142) nebst späteren Änderungen Anwendung. Nach näherer Maßgabe von § 2 ATZO „kann“ der Arbeitgeber mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitverhältnis vereinbaren. Die Dienststellenleitung beabsichtigt, den Altersteilzeitantrag der Frau D abzulehnen. Sie hat deswegen die Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 7. April 2008 angehört, die ihre Zustimmung mit Schreiben vom 17. April 2008 verweigert hat. Auf den Inhalt beider Schreiben wird Bezug genommen.
Am 24. April 2008 (Fax) hat die Dienststellenleitung die Schlichtungsstelle angerufen. Durch Beschluss vom 29. August 2008 hat die Schlichtungsstelle den Antrag abgelehnt. Sie hat die von der Mitarbeitervertretung mitgeteilten Gründe für ihre Zustimmungsverweigerung (§ 42 Buchstabe k MVG.EKD, dass die von der Dienststellenleitung geltend gemachten wirtschaftlichen Gründe nicht nachvollziehbar seien und die Ablehnung des Altersteilzeitantrages das billige Ermessen nach § 315 BGB nicht wahre, zur Begründung ihrer Entscheidung herangezogen.
Gegen den ihr am 16. September 2008 zugestellten Beschluss der Schlichtungsstelle wendet sich die Dienststellenleitung mit ihrer am 6. Oktober 2008 eingereichten Beschwerde. Hierauf und auf die 17. November 2008 eingereichte Beschwerdebegründungsschrift nebst Anlagen wird Bezug genommen.
II. Die Beschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil hierfür kein Grund gegeben ist.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit, Zulässigkeit und Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 63 MVG.EKD i.V.m. § 1 EGMVG.Westfalen (KABl. 2003, S. 404).
2. Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD bedarf die Beschwerde gegen Beschlüsse der Kirchengerichte der Annahme durch den Kirchengerichtshof der EKD. Sie ist nach § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD anzunehmen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen, 2. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, 3. der Beschluss von einer Entscheidung des Kirchengerichtshofes der Evangelischen Kirche in Deutschland oder einer Entscheidung eines obersten Landesgerichts oder eines Bundesgerichts abweicht oder 4. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der Beschluss beruhen kann.
Keine dieser Voraussetzungen liegt vor, vor allem nicht die zu Nummer 1 des § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD.
a) Ernstliche Zweifel an der materiell-rechtlichen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses sind nur anzunehmen, wenn die Entscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich anders zu treffen sein wird; die bloße Möglichkeit einer entgegen gesetzten Entscheidung genügt nicht. (std. Rspr.: KGH.EKD 10. November 2008 – I-0124/P37-08 – ZMV 2009, S. 36; KGH.EKD 7. April 2008 - I-0124/P5-08 – ZMV 2009, S. 37; KGH.EKD 21. April 2009 – I-0124/R10-09 – www.ekd.de).
Solche Zweifel zeigt die Beschwerde nicht auf. Innerhalb der Beschwerdefrist hat sie nach näherer Maßgabe der Beschwerdebegründungsschrift vom 17. November 2008 nur geltend gemacht, dass die Auffassung der Schlichtungsstelle rechtlich nicht haltbar sei. Damit trägt sie – ohne dies im Hinblick auf § 63 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD näher auszuführen – zum Annahmegrund der „ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit“ der anzufechtenden Entscheidung (§ 63 Abs. 2 Satz 2 Nummer 1 MVG.EKD) vor.
b) Die Schlichtungsstelle hat den Antrag der Dienststellenleitung zu Recht zurückgewiesen. Weil die Dienststellenleitung vor Anrufung der Schlichtungsstelle § 315 Abs. 1 und 3 Satz 1 BGB nicht gewahrt hat, hat die Mitarbeitervertretung ihre Zustimmung zu Recht verweigert, wie die Schlichtungsstelle richtig erkannt hat. Die nunmehr von der Beschwerde näher dargestellten wirtschaftlichen Belastungen reichen für sich allein nicht aus, um annehmen zu können, dass die Sachentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich anders zu treffen sein wird.
Die Dienststellenleitung darf zwar den Altersteilzeitantrag der Frau D gemäß § 2 Abs. 1 ATZO nach billigem Ermessen analog § 315 BGB ablehnen, weil die Abänderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit dem Mitarbeiter vereinbart werden „kann“ (vgl. zur entsprechenden Bestimmung in § 2 TV ATZ: BAG, Urteil vom 12. Dezember 2000 – 9 AZR 706/99 – AP Nummer 1 zu § 3 ATG; vgl. zur früheren Fassung des § 2 ATZO: KGH.EKD, Beschluss vom 10. November 2008 – I-0124/P38-08, n.v., Parallelentscheidung zu I-0124/P37-08 – ZMV 2009, S.36/37). Indessen ist auch nach ihrem Vorbringen in der Beschwerdeinstanz nicht erkennbar, dass die Dienststellenleitung die Grenzen billigen Ermessens (§ 315 BGB) gewahrt hat. Die Ausübung des Ermessens ist „billig“ i.S. des § 315 Abs. 1 und 3 Satz 1 BGB, wenn die Dienststellenleitung (Arbeitgeber) die wesentlichen Umstände des Falles und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat (vgl. BAG, a.a.O.). Vorliegend ist nur erkennbar, dass die Dienststellenleitung ihre Interessen als Arbeitgeber ins Feld geführt hat, nicht aber, dass sie alle wesentlichen Umstände des Falles wie die bisherige Dauer des Vollzeitarbeitsverhältnisses, die Schwerbehinderung der Frau D und deren Einfluss auf die Beanspruchung durch Arbeitsleistung berücksichtigt hat, geschweige denn, dass sie die Interessen der Frau D zur Kenntnis genommen und mit den eigenen Interessen abgewogen hat.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).