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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 12.02.2010 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD II-0124/P53-08 |
Rechtsgrundlage: | MVG.EKD § 42 Buchstabe c |
Vorinstanzen: | Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen, 2. Kammer in Münster (Westf.), 2 M 47/08; Fundstelle: ZMV 3/2010, S. 156 |
Schlagworte: | Dienstleistung, Sozialberatung, Sozialberatung als Dienstleistung |
Leitsatz:
Es liegt kein Fall einer nach § 42 Buchstabe c MVG.EKD mitbestimmungspflichtigen Einstellung vor, wenn ein drittes Unternehmen mit seinen Bediensteten die Dienstleistung „Sozialberatung“ in einem Krankenhaus erbringt, ohne dass die Bediensteten arbeitsteilig auf Weisung des Krankenhauses mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Krankenhauses zusammenarbeiten (Abgrenzung von KGH.EKD, Beschluss vom 29. Januar 2007 – II-0124/M38-06, ZMV 2007, S. 197).
Tenor:
Die Beschwerde gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen, 2. Kammer in Münster (Westf.), vom 15. August 2008 – 2 M 47/08 wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I. Die antragstellende Mitarbeitervertretung beansprucht für das Tätigwerden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Johanniter-Ordenshäuser im Bereich Sozialdienst des Krankenhauses ein Mitbestimmungsrecht. Augrund eines so genannten Kooperationsvertrags, auf dessen schlagwortartige Inhaltswiedergabe Bezug genommen wird, nahm am 15. Mai 2008 ein aus zwei Personen bestehendes Beratungsteam der Johanniter-Ordenshäuser in einem Raum des Sozialdienstes des Krankenhauses seine Arbeit auf. Im selben Raum ist auch der Sozialdienst des Krankenhauses mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Krankenhauses tätig.
Die Mitarbeitervertretung hat vorgebracht, die Dienststellenleitung habe die Beschäftigten der Johanniter-Ordenshäuser zur Krankheitsvertretung eingestellt und beschäftigt, ohne die nach § 42 Buchstabe c MVG.EKG erforderliche Zustimmung der Mitarbeitervertretung einzuholen. Sie hat die Unterlassung dieser Einstellung und Beschäftigung, hilfsweise die Feststellung begehrt, dass durch diese Einstellung und Beschäftigung ihr Mitbestimmungsrecht verletzt sei.
Die Schlichtungsstelle hat den Schlichtungsantrag durch ihren Beschluss vom 15. August 2008 als unbegründet zurückgewiesen, weil keine Eingliederung der Beschäftigten der Johanniter-Ordenshäuser in die Dienstgemeinschaft vorliege.
Gegen diesen ihr am 1. September 2008 zugestellten Beschluss wendet sich die Mitarbeitervertretung mit ihrer am 23. September 2009 (Fax) eingelegten Beschwerde, mit der sie die Stattgabe ihrer erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt. Zu deren Begründung hat sie innerhalb der bis zum 1. Dezember 2008 verlängerten Begründungsfrist mit ihrem Schriftsatz vom 1. Dezember 2008 (Fax) vorgetragen, die Schlichtungsstelle hätte die angebotenen Beweise, dass die Beschäftigten der Johanniter-Ordenshäuser doch in den Betrieb des Krankenhauses eingegliedert seien, erheben müssen. Zudem habe die Schlichtungsstelle den für den Standpunkt der Mitarbeitervertretung streitenden Beschluss des Kirchengerichtshofes der EKD vom 29. Januar 2007 – II-0124/M38-06 verkannt, wonach die Beschäftigung von nicht beim Krankenhaus angestellten Anästhesieärzten bei Operationen im Krankenhaus eine Einstellung i.S. des § 42 Buchstabe c MVG.EKD darstelle. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründungsschrift Bezug genommen.
II. Die Beschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil hierfür kein Grund gegeben ist.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit, Zulässigkeit und Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 63 MVG.EKD i.V.m. § 1 EGMVG.Westfalen (KABl. 2003, S. 404).
2. Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD bedarf die Beschwerde gegen Beschlüsse der Kirchengerichte der Annahme durch den Kirchengerichtshof der EKD. Sie ist nach § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD anzunehmen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen, 2. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, 3. der Beschluss von einer Entscheidung des Kirchengerichtshofes der Evangelischen Kirche in Deutschland oder einer Entscheidung eines obersten Landesgerichts oder eines Bundesgerichts abweicht oder 4. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der Beschluss beruhen kann. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor.
3. Die Beschwerde ist nicht nach Nummer 1 des § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses zur Entscheidung anzunehmen.
a) Ernstliche Zweifel an der materiell-rechtlichen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses sind nur anzunehmen, wenn die Entscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich anders zu treffen sein wird; die bloße Möglichkeit einer entgegen gesetzten Entscheidung genügt nicht. (std. Rspr.: KGH.EKD 10. November 2008 – I-0124/P37-08 – ZMV 2009, S. 36; KGH.EKD 7. April 2008 - I-0124/P5-08 – ZMV 2009, S. 37; KGH.EKD 21. April 2009 – I-0124/R10-09 – www.ekd.de). Die Auffassung der Beschwerde, es genüge, wenn bei summarischer Prüfung die Unrichtigkeit der angefochtnen Entscheidung zumindest ähnlich wahrscheinlich erscheine wie deren Richtigkeit, findet im MVG.EKD keine Stütze.
b) Es liegt kein Fall einer nach § 42 Buchstabe c MVG.EKD mitbestimmungspflichtigen Einstellung vor, wenn ein drittes Unternehmen mit seinen Bediensteten die Dienstleistung „Sozialberatung“ in einem Krankenhaus erbringt, ohne dass die Bediensteten arbeitsteilig auf Weisung des Krankenhauses mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Krankenhauses zusammenarbeiten (Abgrenzung von KGH.EKD 29. Januar 2007 – II-0124/M38-06 - ZMV 2007, S. 197). Dies hat die Vorinstanz zutreffend erkannt.
Zu Unrecht meint die Beschwerde, die Vorinstanz habe verkannt, dass die Beschäftigten der Johanniter-Ordenshäuser die Krankheitsvertretung für eigene Beschäftigte in deren Krankenhaus übernommen hätten. Die tatsächlichen Feststellungen, vor allem der inhaltlich unstreitige Kooperationsvertrag wie auch die unstreitigen Tatsachenbehauptungen sprechen für die Wertung der Vorinstanz und gegen diese Annahme und Wertung der Beschwerdeführerin. Mit der Behauptung, jene Beschäftigten seien zur Krankheitsvertretung eingesetzt, trägt die Mitarbeitervertretung – auch im Beschwerderechtszug – keine dem Zeugenbeweis zugängliche Tatsache, sondern lediglich eine rechtliche Wertung vor. Sie trägt insoweit – außer der Mitteilung der Dienststellenleitung an vier Chefärzte auch keine substantiellen Indiztatsachen vor. Es mag sein, dass die langfristige Erkrankung von zwei Mitarbeiterinnen des Sozialdienstes Anlass war, die Dienstleistung „Sozialberatung“ von den Johanniter-Ordenshäuser in Anspruch zu nehmen. Die Kooperationsvereinbarung zeigt indessen, dass dies nicht im Wege der Personalgestellung oder – überlassung geschieht, sondern dadurch, dass die Johanniter-Ordenshäuser diese Aufgabe für bestimmte Bereiche des Krankenhauses als Dienstleitung ausführen. Der Umstand, dass die Sozialberater des Krankenhauses mit den Angehörigen der Johanniter-Ordenshäuser zumindest noch zur Zeit der erstinstanzlichen Erntscheidung im selben Raum des Krankenhauses tätig waren, lässt für sich ebenfalls nicht darauf schließen, dass ein Fall der Einstellung i.S. des § 42 Buchstabe c MVG.EKD vorliegt. Die weiteren Behauptungen, wonach die den Johanniter-Ordenshäuser angehörenden Mitarbeiter in den Betrieb des Krankenhauses eingegliedert sein sollen, stellen ebenfalls lediglich pauschale, dem Zeugenbeweis nicht zugängliche Wertungen ohne wesentlichen Tatsachengehalt dar. Das genügt indessen nicht. Vielmehr sind substantiierte Tatsachenbehauptungen erforderlich, die das Gericht seinerseits der von ihm vorzunehmenden rechtlichen Bewertung zu Grunde legen kann, und über die, falls sie entscheidungserheblich substantiiert bestritten und unter Beweis gestellt sind, das Gericht Beweis erhebt.
c) Die Vorinstanz hat den Beschluss des Kirchengerichtshofes der EKD vom 29. Januar 2007 – II-0124/M38-06 (a.a.O.) nicht verkannt. Die Sachverhalte des vorliegenden Falles und des dort entschiedenen Falles unterscheiden sich im wesentlichen Punkt grundlegend. Die Anästhesisten gehörten im Fall II-0124/M38-06 (a.a.O.) zum Operationsteam; sie waren insoweit in den Krankenhausbetrieb untrennbar integriert. Eben dieses ist bei der Dienstleistung „Sozialberatung“, wie sie hier in Rede steht, nicht der Fall.
4. Die Rüge der Beschwerde, das Gericht hätte die angebotenen Beweise erheben müssen, führt ebenfalls nicht zur Annahme der Beschwerde. Die Voraussetzungen des § 63 Abs. 2 Satz 2 Nummer 4 liegen nicht vor. Die „Beweisangebote“ der Mitarbeitervertretung betreffen keine streitigen Tatsachen, sondern rechtliche Bewertungen. Solche sind keinem Beweis zugänglich.
5. Die Beschwerde ist auch nach § 63 Abs. 2 Satz 2 Nummer 2 MVG.EKD nicht zur Entscheidung anzunehmen.
a) Der Annahmegrund der grundsätzlichen Bedeutung bezieht sich nicht auf den Fall insgesamt, sondern auf die Rechtsfrage(n), die sich in dem Fall stellt(en) und beantwortet werden muss (müssen). Für den Annahmegrund „grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage“ (§ 63 Abs. 2 Satz 2 Nummer 2 MVG.EKD) muss die Rechtsfrage so genau bezeichnet sein, dass sie grundsätzlich mit „Ja“ oder mit „Nein“ beantwortet werden kann. Eine solche Rechtsfrage zeigt die Beschwerde nicht auf.
b) Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage im Sinne dieser Vorschrift ist gegeben, wenn die Entscheidung der mitarbeitervertretungsrechtlichen Streitigkeit von der Beantwortung dieser Rechtsfrage abhängt, diese klärungsbedürftig und klärungsfähig und die Klärung von allgemeiner Bedeutung für die kirchliche oder diakonische Rechtsordnung ist (KGH.EKD 30. Juni 2006 – I-0124/M21-06 – ZMV 2006, S. 307; vgl. zur grundsätzlichen Bedeutung nach § 63 Abs. 1 Buchstabe g MVG.EKD a.F.: KGH.EKD 19. Mai 2005 – II-0124/K40-04 - ZMV 2006, S. 89). Auch insoweit lässt die Beschwerde eine substantiierte Darlegung vermissen.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m.§ 22 Abs. 1 KiGG.EKD).