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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:20.04.2009
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/P59-08
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 38 Abs. 3, § 41 Abs. 1 Buchst. a, § 42 Buchst. b KSchG § 1
Vorinstanzen:Schiedsstelle der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Sprengel Berlin und Görlitz, Beschluss vom 21.8.2008 i.d.F. des Berichtigungsbeschlusses vom 4.11.2008 - 11/08; Fundstellen: Kirche und Recht 2/2009, S. 288 (Ls), NZA 20/2009, S. 1148 (Ls)
Schlagworte:Betriebsbedingte Kündigung einer Kirchenmusikerin, Kirchenmusikerin, Kündigung
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Leitsatz:

1. Entschließt sich eine Kirchengemeinde, die Stelle der einzigen Kirchenmusikerin auf Dauer wegfallen und stattdessen Kirchenmusik von ehrenamtlich Tätigen spielen zu lassen, notfalls aber durch Musiker einer Musikagentur, so ist eine deshalb ausgesprochene ordentliche Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt; in einem solchen Fall handelt es sich auch nicht um eine sozial nicht gerechtfertigte "Austauschkündigung".
2. Auch der kirchliche Arbeitgeber kann zur Erfüllung seiner Aufgaben unter allen rechtlich zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten diejenige wählen, die ihm am zweckmäßigsten erscheint; dazu gehört auch der wirtschaftliche Aspekt

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Widerantragstellerin wird der Beschluss der Schiedsstelle der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Sprengel Berlin und Görlitz, vom 21. August 2008 i.d.F. des Berichtigungsbeschlusses vom 4. November 2008 insoweit abgeändert, als die Widerantragstellerin die Feststellung begehrt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Frau D besteht.
2. Es wird festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Frau D zum 30. September 2009 besteht.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten im noch rechtshängigen Teil des Rechtsstreits über die beabsichtigte ordentliche Kündigung der A-Kirchenmusikerin Frau D zum nächstmöglichen Termin durch die Kirchengemeinde (Widerantragstellerin). Frau D ist seit Februar 2002 bei der Kirchengemeinde als ausgebildete Kirchenmusikerin mit einer Wochenarbeitszeit von 34 Stunden und 35 Minuten auf einer Stelle für B-Kirchenmusik angestellt. Das Arbeitsverhältnis unterliegt dem Tarifvertrag für kirchliche Mitarbeiter in der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (KMT). Die Kirchengemeinde gehört zur Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) und beschäftigt insgesamt 27 angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter als einzige Musikerin Frau D. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Beschluss ausgeführt, die Zusammenarbeit der Frau D mit der Kirchengemeinde gestalte sich schwierig.
Der Gemeinderat der Kirchengemeinde hat am 31. März 2008 beschlossen, den Bereich Kirchenmusik zum 30. September 2008 einzustellen und ab dem 1. Oktober Kirchenmusik nicht mehr mit bei ihr Angestellten zu erbringen, sondern fremd zu vergeben und durch Vermittlung eines Drittunternehmens ausführen zu lassen; der Arbeitsplatz "Kirchenmusik" werde künftig entfallen. Die dadurch ersparten Mittel sollen der Gemeindejugendarbeit zu Gute kommen. Hierzu hat die Dienststellenleitung das Mitberatungsverfahren bei der Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 8. Mai 2008 gem. § 45, § 46 Buchst. a) MVG.EKD eingeleitet. Die von der Mitarbeitervertretung verlangte Erörterung fand am 28. Mai 2008 und am 11. Juni 2008 statt; sie blieb erfolglos. Mit Schreiben vom 15. Juli 2008 hat die Dienststellenleitung die Erörterung für beendet erklärt.
Die Dienststellenleitung bemühte sich bis dato erfolglos, gem. § 74a KMT für Frau D eine Anschlussbeschäftigung zu vermitteln; Bemühungen, mit Frau D eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren, scheiterten. Mit Schreiben vom 15. Mai 2008 beantragte die Dienststellenleitung bei der Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung der Frau D mit der Begründung, sie werde Kirchenmusik nicht mehr durch eigene Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ausführen lassen. Die von der Mitarbeitervertretung beantragte Erörterung fand am 11. Juni 2008 statt; sie blieb erfolglos. Mit Schreiben vom 15. Juli 2008 hat die Dienststellenleitung die Erörterung für beendet erklärt. Mit ihrem Schriftsatz vom 17. Juli 2008 hat die Dienststellenleitung am 23. Juli 2008 die Schiedsstelle angerufen, und zwar als Widerantragstellerin in dem dort bereits anhängigen Verfahren, in welchem die Mitarbeitervertretung beantragt hat, dass die Dienststellenleitung die Kosten der Heranziehung eines Rechtsanwalts im Verfahren über die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zu der in Rede stehenden beabsichtigten Kündigung zu tragen habe.
Die Dienststellenleitung hat im Wesentlichen vorgebracht, die Mitarbeitervertretung habe keinen Grund, ihre Zustimmung zur ordentlichen Kündigung der Frau D zu verweigern. Die Kündigung sei aus dringenden betrieblichen Gründen - Wegfall der Erbringung von Kirchenmusik durch eigenes Personal - sozial gerechtfertigt. Eine Auswahl aus sozialen Gründen habe nicht stattzufinden. Frau D sei die einzige Kirchenmusikerin der Kirchengemeinde; auf anderen Arbeitsplätzen könne sie nicht eingesetzt werden. Zwar werde auch erwogen, ob Frau D aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt werden solle; hierauf werde die vorliegend beabsichtigte Kündigung jedoch nicht gestützt. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens im ersten Rechtszug wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Dienststellenleitung nebst dazu überreichten Anlagen vom 14. und 17. Juli 2008 Bezug genommen.
Die Dienststellenleitung hat - soweit hier noch von Bedeutung - beantragt,
festzustellen, das für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 MVG.EKD für die beantragte ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Frau D besteht.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt, den Antrag der Dienststellenleitung zurückzuweisen, und im Wesentlichen vorgebracht: Die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt. Es fehle an einem dringenden betrieblichen Erfordernis. Die Übertragung der Ausführung der Kirchenmusik auf Dritte sei mit dem Kirchenmusikrecht und der Kirchenverfassung nicht vereinbar. Der Kündigungsgrund sei vorgeschoben; offenbar solle mit Hilfe der beabsichtigten betriebsbedingten Kündigung der Konflikt mit Frau D gelöst werden. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens im ersten Rechtszug wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Mitarbeitervertretung nebst dazu überreichten Anlagen vom 23. Juni und 20. August 2008 Bezug genommen.
Die Schiedsstelle hat mit ihrem Beschluss vom 21. August 2008 i.d.F. des Berichtigungsbeschlusses vom 4. November 2008 den noch rechtshängigen Antrag der Dienststellenleitung zurückgewiesen und insoweit zusammengefasst ausgeführt, die beabsichtigte Kündigung verstoße gegen § 1 KSchG, weil die Unternehmerentscheidung, die Kirchenmusik einzustellen, nicht dringend sei. Sie sei schon kirchenrechtlich bedenklich; entscheidend komme jedoch hinzu, dass sie aus sachfremden Motiven heraus erfolgt sei. Für die Kündigung der Frau D sei nicht der angegebene betriebliche Grund maßgebend, sondern allenfalls ein verhaltensbedingter Grund. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss des Schiedsstelle hatte die Mitarbeitervertretung im Hinblick auf die irrtümliche Fassung der Entscheidungsformel Beschwerde eingelegt und diese zurückgenommen, nachdem die Entscheidungsformel des angefochtenen Beschlusses durch den Berichtigungsbeschluss der Schiedsstelle vom 4. November 2008 berichtigt worden war. Insoweit ist das Beschwerdeverfahren erledigt. Die Dienststellenleitung hat gegen den Beschluss ebenfalls Beschwerde eingelegt. Der Senat hat die Beschwerde hinsichtlich des Antrags auf Abweisung der Kostenübernahme nicht, wohl aber hinsichtlich des Antrags, dass für die Mitarbeitervertretung kein Zustimmungsverweigerungsgrund zur beabsichtigten ordentlichen betriebsbedingten Kündigung der Frau D besteht, zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 9. Februar 2009).
Nach Verkündung des erstinstanzlichen Beschlusses (Protokoll vom 21. August 2008) hat der Kirchenvorstand am 2. September 2008 erneut über die Angelegenheit beschlossen; auf den Inhalt des Beschlusses (Anlage AG 6) wird Bezug genommen. Nach Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses der Schiedsstelle hat der Kirchenvorstand am 4. November 2008 beschlossen, die vorherigen Beschlüsse zu ergänzen und mit Rücksicht auf die Ausführungen zur Kirchenmusik im angefochtenen Schiedsstellenbeschluss die Kirchenmusik nicht an Fremde zu vergeben, sondern die Aufgaben der Kirchenmusik ab 1. Oktober 2009 von drei Gemeindemitgliedern wahrnehmen zu lassen; nur im Verhinderungsfall werde eine benannte Musikagentur mit der Durchführung der Kirchenmusik beauftragt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschlusstext Bezug genommen (Anlage AG 7). Die Dienststellenleitung leitete wegen dieses Beschlusses erneut das Mitberatungsverfahren bei der Mitarbeitervertretung gem. §§ 45, 46 Buchst. a) MVG.EKD ein (Schreiben vom 25. November 2008 - Anlage AG 8 = Anlage B 2). Mit ihrem Schreiben vom 1. Dezember 2008 bat die Dienststellenleitung die Mitarbeitervertretung unter Hinweis auf die vorherigen Beschlüsse des Kirchenvorstands erneut um ihre Zustimmung zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung, die zum 30. September 2009 beabsichtigt sei (Anlage B1).
Die Dienststellenleitung macht geltend, der angefochtene Beschluss halte der rechtlichen Prüfung nicht stand. Die kirchenmusikrechtlichen Bedenken hätten zur Ergänzung der vorherigen Beschlüsse geführt, indem die Kirchenmusik nunmehr ehrenamtlich gemacht werde und die Musikagentur nur ausfallweise herangezogen werden solle. Die Mitarbeitervertretung verkenne die Rechtslage. Die Entscheidung, die Kirchenmusik in der Kirchengemeinde nicht mehr durch eigene Angestellte erbringen zu lassen, sei eine sogenannte freie Unternehmerentscheidung. Eine solche Entscheidung könne nur daraufhin überprüft werden, ob sie überhaupt gefallen sei und ob sie nicht offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sei. Die unstreitig gefallene Entscheidung des Kirchenvorstands halte dieser Missbrauchskontrolle stand. Die Grundordnung der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz eröffne zumindest die Wahlmöglichkeit für die Kirchengemeinde, ob die Kirchenmusik von hauptamtlichen Mitarbeitern oder von ehrenamtlichen Mitgliedern erbracht werden solle. Die hohen Lebensalter zweier Gemeindemitglieder stehe dem Konzept nicht entgegen; die Kirchengemeinde gehe auch davon aus, dass sich nach der Umsetzung des Konzepts weitere Menschen finden, die ehrenamtlich Kirchenmusik machen werden. Wegen der Einzelheiten ihres zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen der Dienststellenleitung vom 9. Dezember 2008 und vom 14. April 2009 Bezug genommen.
Die Dienststellenleitung beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 MVG.EKD zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Frau D zum 30. September 2009 besteht.
Die Mitarbeitervertretung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss und macht geltend, die erneute Anhörung mit Schreiben der Dienststellenleitung vom 1. Dezember 2008 sei unzureichend. Gleichwohl habe sie die Erörterung verlangt (Schreiben vom 15. Dezember 2008). Die Kündigung verstoße gegen § 1 KSchG; es fehle an dringenden betrieblichen Erfordernissen zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung, weil auch das neue Konzept des Kirchenvorstands nicht schlüssig sei und weil der Wegfall der Erbringung von Kirchenmusik durch eigene Angestellte nur vorgeschoben sei. Ein Gemeindemitglied sei weit mehr als 80 Jahre alt, sehr alt sei auch ein anderes und das weitere Mitglied habe nicht einmal eine C-Prüfung als Kirchenmusikerin. Tatsächlich gehe es um das Verhalten der Kirchenmusikerin D, wie sich schon daran zeige, dass Frau D zweimal - wenn auch zu Unrecht - abgemahnt worden sei. Wegen der Einzelheiten ihres zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen der Mitarbeitervertretung vom 6. Oktober und 2. Dezember 2008 sowie vom 13. März 2009 Bezug genommen.
II. Die im Rahmen der Annahme zur Entscheidung statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2009) ist begründet. Entgegen der Vorinstanz war festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund (mehr) besteht, die Zustimmung zur ordentlichen, auf die Beendigung der Erbringung von Kirchenmusik durch eigene Angestellte gestützte betriebsbedingte ordentliche Kündigung der Kirchenmusikerin D zum 30. September 2009 zu verweigern.
1. Gem. § 60 Abs. 5 i. V. m. § 42 Buchst. b) MVG.EKD war festzustellen, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund hat, ihre Zustimmung zu beabsichtigten ordentlichen Kündigung zu verweigern. Gem. § 1 MVG-Anwendungsgesetz der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz vom 23. April 2005 (KABl. S. 70) gilt das MVG.EKD dort in der jeweils geltenden Fassung nach Maßgabe der - hier nicht einschlägigen - Bestimmungen eben dieses Anwendungsgesetzes.
Die Zustimmungsverweigerung kann nur auf einen der in § 41 Abs. 1 MVG.EKD aufgezählten Gründe gestützt werden. Vorliegend kommt als Zustimmungsverweigerungsgrund nur ein Verstoß gegen eine gesetzliche Bestimmung (§ 41 Abs. 1 Buchst. a) MVG.EKD) in Betracht, nämlich ein Verstoß gegen § 1 KSchG, weil es - so die Begründung der Mitarbeitervertretung - an dringenden betrieblichen Erfordernissen mangele. Ein solcher Verstoß liegt jedoch entgegen der Ansicht der Mitarbeitervertretung und der erstinstanzlichen Entscheidung nicht vor. Vielmehr ist die beabsichtigte Kündigung auch unter Berücksichtigung der Einlassungen der Mitarbeitervertretung wegen dringender betrieblicher Erfordernisse sozial gerechtfertigt i.S. des § 1 Abs. 2 KSchG. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für Frau D besteht bei der Dienststelle unstreitig nicht. Mangels vergleichbarer Arbeitnehmer ist auch kein Raum für eine soziale Auswahl.
a) Entschließt sich eine Kirchengemeinde, die Stelle der einzigen Kirchenmusikerin auf Dauer wegfallen zu lassen und stattdessen Kirchenmusik von ehrenamtlich Tätigen spielen zu lassen, notfalls aber durch Musiker einer Musikagentur, so ist eine deshalb ausgesprochene ordentliche Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt; in einem solchen Fall handelt es sich auch nicht um eine sozial nicht gerechtfertigte "Austauschkündigung" (vgl. für den Fall, die Funktion einer Gleichstellungsbeauftragten in einer säkularen Gemeinde künftig durch eine ehrenamtliche Kraft wahrnehmen zu lassen: BAG, Urteil vom 18. September 2008 - 2 AZR 560/07 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 162 = NZA 2009, 142). Die Entscheidung des Arbeitgebers, den Personalbestand auf Dauer zu reduzieren, gehört zu den sog. unternehmerischen Maßnahmen, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen und damit den entsprechenden Beschäftigungsbedarf entfallen lassen können. Eine solche Unternehmerentscheidung ist hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich des Begriffs "Dauer" zu verdeutlichen, damit das Gericht u.a. prüfen kann, ob sie - i.S. der Rechtsprechung zur betriebsbedingten Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG (u.a. BAG Urteil vom 30. April 1987 - 2 AZR 184/86 - BAGE 55, 262 = AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung) - nicht offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Insofern gelten die Grundsätze der abgestuften Darlegungslast: Zunächst hat der Arbeitgeber darzulegen, dass und wie die von ihm getroffene Maßnahme durchgeführt werden soll. Dann ist es Sache des Arbeitnehmers vorzutragen, warum die getroffene Maßnahme offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sein soll. Alsdann hat sich der Arbeitgeber hierauf weiter einzulassen (vgl. BAG, Urteil vom 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - BAGE 92, 61 = EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 101 = NZA 1999, 1095). Auch der kirchliche Arbeitgeber kann zur Erfüllung seiner Aufgaben unter allen rechtlich zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten diejenige wählen, die ihm am zweckmäßigsten erscheint; dazu gehört auch der wirtschaftliche Aspekt (vgl. für den öffentlichen Arbeitgeber: BAG, Urteil vom 18. September 2008 - a.a.O.).
b) Gemessen hieran erweist es sich, dass für die in Rede stehende beabsichtigte Kündigung dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen. Die Entscheidung der Kirchengemeinde ist einleuchtend und plausibel. Die Gegenargumente, mit der die Ernsthaftigkeit oder die Dauer der Entscheidung in Frage gestellt werden sollen, schlagen nicht durch.
c) Der Umstand, dass die beschwerdeführende Kirchengemeinde ihr Begehren im zweiten Rechtszug auf von ihr gefasste Beschlüsse stützt, die erst nach der Verkündung der erstinstanzlichen Entscheidung ergangen sind, hat nicht etwa zur Folge, dass deswegen erneut ein Verfahren im ersten Rechtszug geführt werden müsste. Vielmehr können im Verfahren über die Frage, ob der Mitarbeitervertretung ein Grund zur Seite steht, ihre Zustimmung zu einer beabsichtigten Kündigung zu verweigern, zur Rechtfertigung und Begründung des Begehrens der Dienststellenleitung auch solche Tatsachen vorgebracht werden, die erst nach Beendigung der Verhandlung im ersten Rechtszug entstanden sind. Dies liegt daran, dass das gesamte vorgerichtliche wie auch gerichtliche Verfahren in solchen Fällen auf eine erst künftig auszusprechende Kündigung gerichtet ist. Das Verfahren ist insoweit strukturell vergleichbar mit dem Verfahren der Zustimmungsersetzung nach § 103 BetrVG. Der Umstand, dass dort der betroffene Arbeitnehmer beteiligt ist, im vorliegenden Verfahren jedoch nicht, ist insoweit unerheblich. Im Verfahren der Ersetzung der Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung nach § 103 BetrVG ist anerkannt, dass der Arbeitgeber auch solche Umstände heranziehen darf, die erst während des laufenden gerichtlichen Verfahrens - gleichgültig, in welcher Tatsacheninstanz es sich befindet - entstanden sind (BAG in ständiger Rechtsprechung, zuletzt BAG Beschluss vom 23. April 2008 - 2 ABR 71/07 - AP Nr. 56 zu § 103 BetrVG 1972 = NZA 2008, 1081). So liegt es auch hier. Das Beschwerdeverfahren in Mitarbeitervertretungssachen richtet sich - soweit kirchengesetzlich nichts anderes bestimmt ist -, nach dem Vorschriften über das arbeitsgerichtliche Verfahren der Beschwerde in Beschlusssachen (vgl. § 63 Abs. 7 MVG.EKD); es ist ein Tatsachenverfahren.
Allerdings ist erforderlich, dass die Dienststellenleitung vor Einführung solcher neuen Umstände der Mitarbeitervertretung Gelegenheit gibt, ihre Einlassung angesichts der neu in das Verfahren einzuführenden Umstände zu überdenken. Hierzu muss die Dienststellenleitung die Mitarbeitervertretung wiederum vollständig über die neu einzuführenden Tatsachen unterrichten und erneut deren Zustimmung zu der nunmehr beabsichtigten Maßnahme - sie mag ggfs. den veränderten Umständen angepasst sein - beantragen. Erteilt die Mitarbeitervertretung ihre Zustimmung nicht, sei es, dass sie sie form- und fristgerecht verweigert, sei es, dass sie fristgerecht die Erörterung verlangt, so darf die Dienststellenleitung diese neuen Umstände in das gerichtliche Verfahren einführen. Auch insoweit ist die Rechtslage mit der nach § 103 BetrVG vergleichbar; für das dortige Verfahren verlangt das BAG in ständiger Rechtsprechung, dass dem Betriebsrat die neuen Umstände mitgeteilt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sein muss, bevor die neuen Tatsachen in das gerichtliche Verfahren nach § 103 BetrVG eingeführt werden (BAG Beschluss vom 23. April 2008 - 2 ABR 71/07 a.a.O.). Auch diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Dienststellenleitung hat die Mitarbeitervertretung durch ihr Schreiben vom 1. Dezember 2008 über die neuen Umstände unterrichtet und erneut um die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung der Frau D, nunmehr zum 30. September 2009, gebeten. Die Mitarbeitervertretung hat hierauf innerhalb der Frist des § 38 Abs. 3 Satz 1 MVG.EKD erneut die Erörterung beantragt.
d) Zumindest die im zweiten Rechtszug von der Dienststellenleitung neu eingeführten Umstände, wie sie sich insbesondere aus dem Beschluss des Kirchengemeindevorstands vom 4. November 2008 ergeben, sind geeignet die beabsichtigte Kündigung der Frau D zum 30. September 2009 nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial zu rechtfertigen; demgemäß steht der Mitarbeitervertretung kein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 41 MVG.EKD zur Seite.
aa) Die erstinstanzlich und von der Mitarbeitervertretung angeführten kirchenrechtlichen Bedenken dagegen, auf diese Weise die Kirchenmusik in der hier beteiligten Kirchengemeinde nicht mehr durch eine(n) ausgebildete(n) Kirchenmusiker(in), der oder die im Anstellungsverhältnis zur Gemeinde steht, darbieten zu lassen, sondern zu laisieren, sind nicht zu teilen. Weder die Grundordnung der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz noch deren Kirchengesetz über den kirchenmusikalischen Dienst in der Evangelischen Kirche der Union (Kirchenmusikgesetz - KiMuG) nebst Ergänzung tragen die rechtlichen Bedenken, die die Mitarbeitervertretung geltend macht und die im angefochtenen Beschluss angedeutet werden. Beide übersehen vielmehr, dass die Kirchenmusik - bei aller ihrer Bedeutung - ein der Verkündung nur dienendes Element ist und dass jeder evangelische Laie grundsätzlich berechtigt ist, zu predigen und bestimmte sakrale Handlungen vorzunehmen. Auch in der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz gibt es den kirchenmusikalischen Dienst im Ehrenamt, wie nicht zuletzt § 5 des Kirchengesetzes zur Ausführung des Kirchengesetzes über den kirchenmusikalischen Dienst in der Evangelischen Kirche der Union (Kirchenmusikgesetz - KiMuG) vom 15. Juni 1996 für die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, § 7 KiMuG zeigen.
bb) Auch die hohen Lebensalter zweier Gemeindemitglieder sind nicht geeignet, die Dauerhaftigkeit der Entscheidung, Kirchenmusik künftig vor allem von ehrenamtlich Tätigen spielen zu lassen, ernsthaft in Frage zu stellen. Der kirchenmusikalische formale Ausbildungsstand des weiteren Gemeindemitglieds besagt für sich allein nichts über die Qualität der von ihr dargebotenen Musik.
cc) Die Erwägungen der Mitarbeitervertretung zur Haushaltssituation der Gemeinde sind unbehelflich. Der Umstand, dass die Kirchengemeinde in ihrem Mitteilungsblatt mitgeteilt hat, der Haushalt für 2008 sei gesichert, besagt nichts darüber, ob und inwieweit es sinnvoll oder erforderlich ist, die kirchengemeindliche Jugendarbeit künftig zu fördern.
dd) Zwar ist nicht zu übersehen, dass die Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit der Kirchengemeinde mit der bei ihr angestellten Frau D, wie sie die Vorinstanz skizziert und die Mitarbeitervertretung näher dargestellt hat, durchaus ein wesentliches Motiv gewesen sein können, die einzige Stelle für Kirchenmusik nicht weiter zu besetzen und die Kirchenmusik künftig nicht mehr von Bediensteten der Kirchengemeinde ausführen zu lassen. Ein derartiges Auseinanderfallen von Kündigungsgrund und Kündigungsmotiv ist in der Praxis immer wieder zu beobachten. Indessen ist ein solcher Umstand rechtlich nur dann beachtlich, wenn dadurch die Dauer und insoweit dann letztlich auch die Ernsthaftigkeit der Entscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Arbeiten nicht mehr durch eigenes Personal ausführen zu lassen, in Frage gestellt wird. Hierfür ist vorliegend jedoch nichts Durchschlagendes ersichtlich. Die hypothetische Frage der Vorinstanz und die darauf von ihr selbst entwickelte Antwort erweisen sich letztlich als ein nicht durch Tatsachen begründetes Argument. Der angefochtene Beschluss gibt für die derart zum Ausdruck gekommene Bewertung jedenfalls keine auf nähere Tatsachen gegründete Aufzeichnung eines Kausalzusammenhangs.
2. Sollte sich allerdings trotz der eindeutigen, auf Dauer angelegten Beschlusslage der beteiligten Kirchengemeinde herausstellen, dass die Kirchenmusik dort doch nicht auf Dauer nur ehrenamtlich, notfalls durch über eine Musikagentur im Einzelfall vermittelte Kirchenmusiker, gespielt werden kann oder wird, so kann ein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht kommen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (4. Dezember 1997 - 2 AZR 140/97 - BAGE 87, 221; 28. Juni 2000 - 7 AZR 904/98 - BAGE 95, 171) kann dem betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer ein Wieder-einstellungsanspruch zustehen, wenn sich zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergibt. Entsteht diese erst nach Ablauf der Kündigungsfrist, kommt nur ausnahmsweise ein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht. Dem Wiedereinstellungsanspruch können berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Diese können auch darin bestehen, dass der Arbeitgeber den in Betracht kommenden Arbeitsplatz bereits wieder besetzt hat. Der Arbeitgeber kann sich auf die Neubesetzung des Arbeitsplatzes nicht berufen, wenn hierdurch der Wiedereinstellungsanspruch treuwidrig vereitelt wird (BAG, Urteil vom 9. November 2006 - 2 AZR 509/05 - BAGE 120, 115 = AP Nr. 1 zu § 311a BGB = DB 2007, 861).
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).